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Pharmaverband zu Lunapharm-Affäre
Weg mit den Parallelimporten?
Die Lunapharm-Taskforce hat dieser Tage ihre Ergebnisse für mögliche Konsequenzen aus dem Arzneimittelskandal präsentiert. Unter anderem befürworten die Experten um Professor Martin Schulz (AMK) und Professor Wolf-Dieter Ludwig (AkdÄ) die Streichung der Importquote und ein Verbot des Parallelvertriebs. Eine gute und konstruktive Idee? DAZ.online hat sich beim Pharmaverband vfa umgehört.
Am Dienstag hat die Lunapharm-Taskforce ihren vorläufigen Untersuchungsbericht vorgelegt. Das Expertengremium, darunter Dr. Ulrich Hagemann, Professor Martin Schulz (AMK), Professor Wolf-Dieter Ludwig (AkdÄ), erachten unter anderem die Abschaffung der Importförderung (§ 129 Abs. 1 Satz Nr. 2 SGB V) für sinnvoll, um künftig kriminelle Arzneimittelzwischenfälle wie bei Lunapharm zu vermeiden. Auch ein Verbot des Parallelimports sollte man ihrer Meinung nach diskutieren. Doch: Hilft dies wirklich, kriminelle Machenschaften wie bei Lunapharm zu verhindern? Die Meinung hierzu ist in der Pharmabranche – verständlicherweise – nicht einheitlich. Aber was sagen die Hersteller selbst dazu? Was denkt der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) darüber? DAZ.online hat sich die Position des vfa genauer angeschaut.
vfa: Parallelimport gefährdet Arzneimittelsicherheit
Erst jüngst hatte sich die Geschäftsführerin des vfa, Birgit Fischer, in der Tageszeitung „Welt" zum praktizierten Parallelimport von Arzneimitteln im Zusammenhang mit der Arzneimittelsicherheit geäußert: „Dieser sogenannte Parallelimport kann die Sicherheit von Arzneimitteln gefährden“, erklärte Fischer. Auch gegenüber DAZ.online bestätigt der Verband diese Position. Handelswege über verschiedene Gesundheitssysteme seien manipulationsanfälliger als die direkte Belieferung eines Gesundheitssystems, erklärt ein vfa-Sprecher. Zusätzlich bringt der Verband forschender Arzneimittelhersteller einen weiteren Aspekt auf den Tisch: Der vfa sieht den Parallelimport auch deswegen kritisch, weil er immer wieder zu Versorgungsengpässen in Ländern führe, aus denen Medikamente parallelexportiert werden. Und das trifft nach Ansicht des vfa auch zunehmend Deutschland.
Deutschland zunehmend Ausfuhrland für Parallelimporteure
Mittlerweile hätten „viele neue Medikamente hierzulande einen geringeren Preis (…) als in einigen anderen EU-Ländern“, erklärt der vfa. Das zeigten die Anmeldungen bei der EMA: „Hier wird bei AMNOG-Arzneimitteln Deutschland inzwischen deutlich häufiger als Herkunftsland angegeben denn als Zielland". Die Folge: Deutschland werde für Parallelhändler folglich mehr und mehr Ausfuhrland.
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vfa will Importförderquote abschaffen
Eine direkte Abschaffung des Parallelimports von Arzneimitteln, wie ihn der europarechtliche Grundsatz des freien Warenverkehrs im europäischen Binnenmarkt ermöglicht, fordert der vfa nicht, jedoch erklärt er: „Konkret spricht sich der vfa für die Abschaffung der Parallelimportförderklausel aus, die die Apotheker verpflichtet, einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes mit Parallelimport-Medikamenten zu erzielen. “
Arzneimittelimporteure: Arzneimittelaufsicht hat versagt
Der Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD), in dem unter anderem Kohlpharma Mitglied ist, bringt für die Vorschläge der Lunapharm-Taskforce, verständlicherweise wenig Gegenliebe auf. Er reagierte „mit großer Verwunderung" und argumentiert, dass aus dem gesamten Bericht sich in keiner Weise die Forderungen nach Streichung des §129 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V sowie die Befürwortung für ein generelles Verbot des Parallelvertriebes von Arzneimitteln in der EU begründet ableiten lässt. Er sieht das Problem wohl eher im Versagen der Aufsichtsbehörden und kritisiert die seiner Ansicht nach falsche Schlussfolgerungen der Taskforce: „In der vorläufigen Aufarbeitung um das offensichtlich kriminelle Handeln eines Kleinsthändlers und dem eklatanten Versagen der Arzneimittelaufsicht im Kontext von illegal gehandelter Arzneimittel aus Diebstählen zieht die Taskforce teilweise die falschen Schlüsse“. Außerdem erklärte der VAD, dass sich die Taskforce von der ABDA habe instrumentalisieren lassen.
Parallelimportierte Arzneimittel schaffen keinen wirtschaftlichen Nutzen
Während der VAD nach wie vor auf Einsparungen durch Importe verweist, erschließt sich dem vfa nicht mehr, welchen wirtschaftlichen Nutzen parallelimportierte Arzneimittel nach Einführung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) im Jahr 2011 noch haben. Vfa-Geschäftsführerin Birgit Fischer erklärt gegenüber DAZ.online hierzu: „Historisch wurde die Importförderklausel einmal als ein Preisdämpfungsinstrument eingeführt. Zwischenzeitlich greifen aber in Deutschland neue Preisregulierungen, die unter anderem 2011 mit dem AMNOG eingeführt wurden, so dass es auch keine ökonomischen Gründe mehr für die Importförderklausel gibt.“
Importe häufig günstiger als Original in Lauer-Taxe
Doch nach wie vor sind Import-Arzneimittel häufig kostengünstiger als das Original – es sei denn, es bestehen Rabattvereinbarungen mit dem Originalhersteller. Was sagt der vfa hierzu? Auch dieses Argument weiß der vfa zu entkräften: „In einer Untersuchung hat das IGES-Institut (unabhängiges Forschungs- und Beratungsinstitut für Infrastruktur- und Gesundheitsfragen) die Einsparungen durch Parallelimporte im Jahr 2016 auf nur 66,9 Millionen Euro beziffert. Zum Vergleich: Durch ein anderes Kostendämpfungsinstrument, nämlich Einzelverträge zwischen Herstellern und Krankenkassen, wurden im gleichen Jahr 3,9 Milliarden Euro gespart", sagt der vfa-Sprecher.
Importförderklausel Relikt aus alten Zeiten
Warum also gibt es die Importförderklausel überhaupt noch? Diese Frage drängt sich nahezu auf. Ignoriert somit die Bundesegierung – durch die Beibehaltung der Importförderklausel und die Erlaubnis von Parallelimporten – die Patientensicherheit? Der vfa sieht in der Abschaffung ersterer in der Tat ein wirksames Instrument zum Nutzen der Patientensicherheit: „Die Parallelimport-Förderklausel ist kein Gesetz der aktuellen oder der Vorgängerregierung, sondern ein Überbleibsel aus dem Jahr 1989." Und weiter: „Die aktuelle Regierung könnte durch Abschaffung dieser Klausel einen Beitrag zur Sicherheit in der Arzneimittelversorgung in Deutschland leisten", so der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller.
Ist mit Securpharm 2019 nicht alles gelöst?
Löst das Problem gefälschter Parallelimporte nicht auch Securpharm ab Februar des kommenden Jahres? Offenbar nicht, denn nicht alle Länder gehen zur gleichen Zeit an den Sicherheitsstart. So haben Italien und Griechenland sechs Jahre länger Zeit für die Umsetzung der EU-weiten Vorgaben. Daran stört sich auch der vfa: „Die europäische Fälschungsabwehr, zu der in Deutschland Securpharm gehört, wird aufgrund von Ausnahme-Regelungen erst in einigen Jahren alle EU-Länder abdecken, aus denen Parallelimporte kommen können. Der vfa hält es deshalb für angebracht, schon eher die Bedingungen für den Parallelhandel anzupassen".
1 Kommentar
Via Forderung
von Jörg Geller am 31.08.2018 um 16:31 Uhr
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