Adrenalin-Pens bleiben knapp

Fastjekt-Engpass bedingt Mangel bei Emerade und Jext

Stuttgart - 03.08.2018, 12:45 Uhr

Fastjekt ist Marktführer bei Adrenalin-Pens. Der Engpass schafft Versorgungsschwierigkeiten auch bei der Konkurrenz Emerade und Jext. (b/ Foto: Frank Rumpenhorst/picture alliance)

Fastjekt ist Marktführer bei Adrenalin-Pens. Der Engpass schafft Versorgungsschwierigkeiten auch bei der Konkurrenz Emerade und Jext. (b/ Foto: Frank Rumpenhorst/picture alliance)


Emerade®, Fastjekt®, Jext® sind nicht lieferbar. Prüfen Apotheker die Verfügbarkeit der Adrenalinpens, ist die Rückmeldung des Großhandels negativ. Offenbar liegt folgendes Szenario vor: Pfizer kämpft mit Produktionsproblemen bei Medas Fastjekt®. Jext® und Emerade® versuchen diese Ausfälle zu kompensieren – und rutschen selbst in Engpässe. Ist das plausibel?

Apotheker melden Engpässe bei Epinephrin-Pens. In Deutschland gibt es drei Arzneimittel Emerade®, Fastjekt®, Jext® – und alle leuchten bei Großhandelsanfragen rot auf: nicht lieferbar.
Gegenüber der Deutschen Presseagentur bestätigt Fastjekt®-Hersteller Pfizer den Engpass und erklärt: „Wir arbeiten intensiv an einer Lösung, wie wir schnellstmöglich die Produktion hochfahren und die Lieferung beschleunigen können“. Prozessänderungen hätten die Kapazität der Produktionsstätten zeitweise begrenzt, zudem warte Pfizer auf Lieferungen bestimmter Komponenten durch Drittanbieter. Pfizer fungiert bei Fastjekt® als Lohnhersteller, die Zulassung für den Epinephrin-Pen hat in Deutschland Meda Pharma. Der Engpass ist auch beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet. Laut der BfArM-Liste soll der Lieferengpass bei Fastjekt® Junior bis Ende August 2018, bei Fastjekt® bis Ende September dieses Jahres behoben sein.

Kein Notfall-Pen lieferbar, was steckt dahinter?

Allerdings ist  Fastjekt® nicht der einzige nicht lieferbare Adrenalin-Pen. Auch Jext® und Emerade® können derzeit nicht vollumfänglich den Bedarf des Notfall-Arzneimittels decken. DAZ.online hat mit Bausch & Lomb / Dr. Mann gesprochen, dem pharmazeutischen Unternehmer hinter Emerade®. Wie begründet der Hersteller den Emerade®-Engpass? Hat der jüngste Rote-Hand-Brief damit zu tun? Dr. Mann nennt zwei Hauptgründe für seinen Engpass.

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Galt schon seit einiger Zeit für Anaphylaktiker die Empfehlung, zwei Pens mitzuführen, erachtet es der Hersteller seit Juni dieses Jahres als zwingend erforderlich und informierte die Apotheker darüber in einem Rote-Hand-Brief. Der Grund: „Eine in seltenen Fällen beobachtete Blockade beim Auslösen von Emerade® (Adrenalin) 150/300/500 Mikrogramm Injektionslösung in einem Fertigpen“, schrieb die AMK damals in Abstimmung mit dem Hersteller.

Warum können Jext und Emerade den Fastjekt-Engpass nicht kompensieren?

Gegenüber DAZ.online erklärt Dr. Mann, dass lediglich eine Laborprüfung des Spritzenkörpers – nicht des gesamten Pens – „Probleme bei der vollständigen Entleerung gemacht hat“, allerdings hätten viele Apotheker die Rote-Hand-Information falsch interpretiert und als Rückruf verstanden. Was einen Mangel der Pens im Markt zusätzlich zuspitzt. Fairerweise muss man hier jedoch sagen, dass die AMK-Meldung tatsächlich von „Pen-Blockade“ spricht, nicht von Entleerungsstörungen in einem Laborversuch. Der Rückruf war jedoch nicht gefordert.

Jext und Emerade fehlen, weil Fastjekt fehlt

Der zweite Faktor, der den Engpass bei Emerade® triggert, ist sekundär bedingt – durch den Fastjekt®-Mangel: „Wir sind dran, wir versuchen die Lieferunfähigkeiten abzudecken, die von anderen Herstellern vorliegen“, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber DAZ.online. Allerdings spreche man hier nicht von einem reinen Problem für Deutschland, sondern von einem globalen. Zusätzlich verschärften neue Stabilitätsdaten und die Anpassung an sich daraus ergebende kürzere Haltbarkeiten das verfügbare Volumen im Markt.

Auch ALK, der Hersteller von Jext®, begründet seinen Engpass mit dem Fastjekt®-Versorgungsproblem. Die Nachfrage, die durch die Ausfälle beim Marktführer entstehe, sei nicht zu decken, auch wenn die eigene Produktion bereits hochgefahren worden sei, erklärte eine Sprecherin gegenüber der dpa.

Doch ist das überhaupt plausibel, dass zwei Epinephrin-Pen-Hersteller den Ausfall eines einzigen nicht auffangen und kompensieren können?

Fastjekt Marktführer mit über 77 Prozent 2016

Zieht man den Arzneiverordnungsreport 2016 zu Rate, so wurden 2015 insgesamt 0,5 Millionen durchschnittliche Tagesdosen (defined daily doses = DDD) Adrenalipens verordnet – davon entfielen 0,49 Millionen DDD allein auf Fastjekt®, 0,01 Millionen DDD auf Jext®. Emerade® ist in den Verordnungszahlen aus 2015 nicht aufgeführt. Fastjekt® genoss damit eine Vormachtstellung mit 98 Prozent der Verordnungen. Auch bei den aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2016 (Arzneiverordnungsreport 2017) ist Pfizer mit Fastjekt® Marktführer: Die Gesamt-Verordnungen lagen bei 0,15 Millionen DDD, Fastjekt® macht 0,11 Millionen DDD aus, Jext® liegt bei 0,03 Millionen DDD und Emerade® bei 0,02 Millionen DDD. Zwar ist der Anteil von Fastjekt® gesunken auf 73,33 Prozent, doch noch immer liegt der Epinephrin-Pen mit Abstand an erster Stelle der Verordnungen.

Fastjekt® ist das älteste Produkt im Markt, bereits 1989 wurde die Zulassung erteilt, 2010 folgte Jext® und Emerade® letztlich 2013. Somit scheinen die Aussagen der Hersteller durchaus plausibel.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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