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Lunapharm-Affäre
SPD verteidigt Preissystem sowie Importe und greift Behörden an
Der Skandal um mutmaßlich gestohlene Arzneimittel, die der brandenburgische Pharmahändler Lunapharm vetrieben haben soll, hat nun die ersten Gesundheitspolitiker auf Bundesebene alarmiert. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Sabine Dittmar bezeichnete die Enthüllungen gegenüber DAZ.online als „erschreckend“. Das Arzneimittel-Preissystem sowie die Importquote stellt sie aber nicht in Frage – vielmehr seien nun die Aufsichtsbehörden gefragt.
Das ARD-Magazin Kontraste hatte Mitte Juli darüber berichtet, dass der im brandeburgischen Mahlow ansässige Arzneimittelhändler Lunapharm mutmaßlich in Griechenland gestohlene Krebsmedikamente hierzulande in den Verkehr gebracht haben soll. Anschließend überschlugen sich die Ereignisse: Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) musste schwere Versäumnisse in der eigenen Aufsichtsbehörde eingestehen, es gab mehrere Arzneimittelrückrufe und inzwischen auch Anzeigen gegen zwei Beamte aus der Arzneimittelaufsicht.
Noch ist unklar, wo die betroffenen Arzneimittel überall gelandet sind – sie wurden aber deutschlandweit ausgeliefert. Insofern steigt nun auch die Bundespolitik in dieses Thema ein. Sabine Dittmar, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, erklärte auf Nachfrage von DAZ.online: „Der Fall Lunapharm ist wirklich erschreckend.“ Angesprochen auf den derzeit wütenden Konflikt zwischen Importeuren, Apothekern und der AOK Baden-Württemberg rund um die Importquote, sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin: „Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass es kriminelle Machenschaften und individuelles Fehlverhalten auch ohne Importquote in Deutschland gab und gibt. Diese Aktivitäten gilt es, streng zu ahnden.“
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte die Politik in einer Video-Botschaft in der vergangenen Woche zum Handeln aufgefordert. Aus Sicht von Schmidt hat die Gesundheitspolitik zwei Möglichkeiten: Entweder die Aufsichtsbehörden und deren Arbeit auszuweiten oder das Arzneimittel-Preissystem stärker zu regulieren, damit es weniger Anreize für kriminelle Machenschaften gebe. Die SPD-Politikerin Dittmar spricht sich klar gegen regulierende Maßnahmen aus und sieht die Aufsichtsbehörden nun in der Pflicht. Dittmar wörtlich: „Fakt ist, dass wir einen internationalen Markt für Arzneimittel haben. Wenn pharmazeutische Hersteller ihre Produktionswege und -kosten optimieren, dann machen sie das unabhängig von Importquoten und Rabattverträgen.“
Dittmar: Arzneimittel-Preissystem steht nicht zur Diskussion
Dittmar weiter: „Im Fall Lunapharm scheinen nach den bisherigen Erkenntnissen die bereits vorhandenen Mittel der Arzneimittelaufsicht nicht genutzt worden zu sein. Andernfalls hätten die Aktivitäten von Lunapharm eventuell früher unterbunden werden können. Ich erwarte von den nationalen Aufsichtsbehörden, dass sie sich mit diesem Fall intensiv auseinandersetzen, Defizite identifizieren und abstellen und die Arzneimittelaufsicht sowie die Kooperation mit den strafrechtlichen Ermittlungsbehörden insbesondere auch bei grenzüberschreitendem Arzneimittelverkehr sicherstellen.“
Auf die Frage, ob es auch angesichts des Valsartan-Skandals nicht einen größeren Reformbedarf im Arzneimittelbereich gebe, antwortete die SPD-Politikerin: „Unser Ziel muss es sein, Unternehmen für die Produktion in Deutschland zurückzugewinnen. Ob und wie das gelingen kann, werden wir bei der Fortführung des Pharma-Dialoges ab November thematisieren. Das Arzneimittelpreissystem steht für uns in diesem Zusammenhang aber nicht zur Diskussion.“ Dittmar wies zudem auf die für 2019 vorgesehene Einführung des Sicherheitssystems Securpharm hin. Sie sagte dazu: „Bedauerlich sind die langen Übergangsfristen für Bestandsware. Ob hier für die Übergangszeit ergänzende Maßnahmen zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit notwendig und sinnvoll sind, werden wir mit dem Koalitionspartner und dem BMG diskutieren.“
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Securpharm hätte gestohlene Klinik-Arzneimittel nicht aufgespürt
DAZ.online hatte allerdings bereits darüber berichtet, dass auch bei einem schon bestehenden Securpharm-Schutz der Skandal wohl nicht hätte verhindert werden können – jedenfalls zunächst nicht. Denn Griechenland gehört neben Italien und Belgien zu den Ländern, die sechs Jahre länger Zeit haben, die europäischen Fälschungsschutzvorgaben umzusetzen. Die verlängerte Umsetzungsfrist heißt im Klartext: Die individuellen Erkennungsmerkmale werden für Packungen, die in Griechenland in den Verkehr gebracht werden, vorerst nicht Pflicht sein. Sie sind damit – ebenso wie Packungen aus anderen europäischen Ländern, die vor dem Stichtag in den Verkehr gebracht wurden und noch bis zu ihrem Verfall verkauft werden können – die kritische Unbekannte im Fälschungsschutzsystem.
3 Kommentare
was will die SPD?
von Karl Friedrich Müller am 01.08.2018 um 11:49 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: was will die
von Dr Schweikert-Wehner am 01.08.2018 um 17:06 Uhr
AW: was will die SPD
von Bernd Küsgens am 01.08.2018 um 18:58 Uhr
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