Sondersitzung im Brandenburger Landtag

Lunapharm-Affäre: Wurden Informationen vorsätzlich unterschlagen?

Berlin - 25.07.2018, 15:30 Uhr

Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) musste sich heute mit dem LAVG-Präsidenten Detlev Mohr vor dem Gesundheitsausschuss im Landtag verantworten. (s / Foto: Imago)

Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) musste sich heute mit dem LAVG-Präsidenten Detlev Mohr vor dem Gesundheitsausschuss im Landtag verantworten. (s / Foto: Imago)


Golze will über Reimportquote sprechen

Zusätzlich zu internen Maßnahmen möchte die Ministerin über die Reimportquote  diskutieren. „Beim Thema Reimporte müssen wir mit den Kollegen der Gesundheitsministerkonferenz sprechen, welche Schlussfolgerungen auf bundespolitischer Ebene gezogen werden müssen."

Denn auch wenn sich das Brandenburger Landesamt pro Jahr mit etwa 30 Rückrufen und Warnmeldungen zu Arzneimitteln befassen müsse, sei die Lunapharm-Affäre ein besonderer Fall, da hier offensichtlich kriminelle Energien vorlägen. Und von diesen habe zumindest derjenige Mitarbeiter beim Landesamt gewusst, dem das Landeskriminalamt (LKA) am 7. März 2017 das Amtshilfeersuchen ausgehändigt hatte. „Das passiert nicht alle Tage“, versicherte Golze.

LAVG-Chef zeigt zwei eigene Mitarbeiter an

Von diesem Amtshilfeersuchen will LAVG-Präsident Mohr vor anderthalb Jahren noch nichts gewusst haben. Von dem Diebstahlsverdacht habe er erst durch die Sendung des Magazins ARD-Kontraste erfahren. In seinem Landesamt gebe es strikte Vorschriften, wie bei Verdacht auf Arzneimitteldiebstahl oder -fälschung verfahren werden müsse. So habe das Landesamt umgehend eine anlassbezogene Inspektion durchgeführt, dem Händler die Betriebserlaubnis entzogen, die im Lager befindlichen Medikamente unter Quarantäne gestellt und die Arzneimittel aus dem Handel zurückgerufen. Eben diese Maßnahmen, die das Ministerium vergangene Woche – anderthalb Jahre zu spät – in die Wege geleitet hatte.

Doch nicht nur das Amtshilfeersuchen ging am LAVG-Chef vorbei, sondern auch, dass am 5. April 2017 eine LAVG-Mitarbeiterin von LKA-Beamten verhört wurde. Und zwar diejenige, die zuvor bei Lunapharm eine Inspektion durchgeführt hatte, angeblich weil der Händler Ware aus einer griechischen Apotheke ohne Exporterlaubnis bezogen hätte. „Von Diebstahl war seinerzeit nicht die Rede“, betonte Mohr. „Offenbar wurden mir Informationen vorenthalten.“ Die Staatsanwaltschaft Neuruppin überprüfe gerade, ob die damalige Inspektorin sowie der andere angezeigte Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt haben.

Kontrollverlust und „Missmanagement“

Die heutige Sondersitzung fand auf Antrag des gesundheitspolitischen Sprechers der CDU, Raik Nowka, und der Vize-Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Ursula Nonnemacher, statt. Beide erhoben schwere Vorwürfe gegen die beiden Behörden.  „Wir erleben heute die Aufarbeitung des wahrscheinlich bisher größten Medikamentenskandals im Land Brandenburg. Wir müssen davon ausgehen, dass bisher tausenden Patienten die Chance auf Heilung entzogen wurde“, erklärte der CDU-Gesundheitspolitiker.

Nonnemacher beklagte, dass bei der Sitzung kein pharmazeutischer oder medizinischer Experte anwesend sei, um das Ausmaß der Gesundheitsgefährdung zu beurteilen. Die Grünen-Politikerin kritisierte die Strukturen in der Arzneimittelaufsicht: „Es kann doch nicht sein, dass ein Rechtshilfeersuchen bei einer einfachen Sachbearbeiterin landet.“

Auch Vertreter der Linken, SPD und AfD monierten, dass Golze und Mohr ihre Mitarbeiter offenbar nicht unter Kontrolle gehabt hätten. Jeder LAVG-Mitarbeiter hätte den durch das LKA übermittelten Verdacht an den damaligen Dezernatsleiter, dieser an die Abteilungsleiterin, diese an den Präsidenten Mohr und dieser wiederum an Ministerin Golze weitergeben müssen. Außerdem wurde kritisiert, dass das LKA einfache Mitarbeiter und nicht die Behördenleitung befragt habe. Dies sei im ersten Schritt nicht unüblich, da man sich noch auf der Arbeitsebene befinde, erklärte dazu Oberstaatsanwalt Junker. Die befragte LAVG-Mitarbeiterin sei Fachfrau und habe Lunapharm inspiziert, erläuterte er die Amtspraxis.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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