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Apothekerkammer Hamburg
Siemsen vergleicht ABDA mit Würgeschlangen
Scharfe Töne gegen die ABDA schlug Hamburgs Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen bei der Kammerversammlung am gestrigen Dienstag an: Er verglich die oberste Standesorganisation mit Würgeschlangen. Zudem kündigte er an, dass seine Kammer bei der ABDA-Mitgliederversammlung am Donnerstag gegen den vorgelegten Haushaltsentwurf stimmen werde.
Beim Anblick der Würgeschlangen im Tierpark Hagenbeck kommt dem Hamburger Kammerpräsidenten Kai-Peter Siemsen die ABDA in den Sinn. Warum? „Wir hören nichts, es ist völlig ruhig, keine Regung ist zu erkennen. Sie verschlingt jährlich 361.000 Euro - das ist ein Drittel unseres gesamten Haushalts (gemeint sind der Haushalt und der ABDA-Beitrag der Apothekerkammer Hamburg, der Berichterstatter), um sich dann jährlich um drei bis fünf Mitarbeiter zu vermehren“, erläuterte Siemsen.
Ähnlich beschrieb er die Würgeschlangen: „Sie liegen die meiste Zeit stumm und regungslos rum, alle paar Wochen verschlingen sie riesige Mengen Nahrung, in dem sie zuvor dem Opfer die Luft und den Kreislauf abschnüren. Dann liegen sie wieder völlig ruhig rum, bis sie sich vielleicht vermehren“, berichtete Siemsen aus dem Zoo. Siemsen äußerte sich dazu in seinem Bericht bei der Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg am gestrigen Dienstagabend. Dort verschärfte er die Kritik, die schon in anderen Kammern angeklungen war, weiter. Er kritisierte sowohl das Schweigen zur jüngsten politischen Entwicklung als auch den seit Jahren immer weiter steigenden ABDA-Haushalt.
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Zur ABDA erklärte Siemsen: „Die aktuellen Themen der Gesundheitspolitik oder die gesellschaftlichen Herausforderungen an die Gesundheitsberufe werden nicht reflektiert oder mit eigenen Konzepten belegt, jedenfalls nicht öffentlich, aber auch nicht im Gesamtvorstand.“ Zu den Gesprächen mit Minister Spahn erklärte Siemsen, Spahn kündige an, sich um seine Aufgaben kümmern zu wollen. Die ABDA wolle dies nicht durch öffentliche Forderungen und Kommentierungen stören, ergänzte Siemsen ironisch. Doch mit einer solchen Vorgehensweise seien die Apotheker in den letzten Jahren nicht erfolgreich gewesen, erklärte Siemsen und ergänzte: „Unser Präsidialsystem ist leider nicht bereit, effektive Selbstreflektion zu betreiben.“ „Hinterzimmerdiplomatie mag in bestimmten Fällen sinnvoll und angemessen sein“, aber sie müsse am Ende Erfolge liefern und die würden fehlen, erklärte Siemsen.
Wertschätzung für Apotheker fehlt
„Seit geraumer Zeit nehmen wir Apotheker nicht mehr an der wirtschaftlichen Entwicklung im Gesundheitswesen teil“, sagte Siemsen. Die Ärzte dagegen würden bei einer Forderung nach längeren Praxisöffnungszeiten reflexartig mehr Honorar einfordern. Außerdem beklagte Siemsen die „Qual mit all den bürokratischen Herausforderungen“. Dazu zitierte er den Facebook-Post eines Apothekers, der zahlreiche bürokratische Hindernisse des Apothekenalltags beschreibt. Er könne verstehen, dass die Kollegen sich darüber ärgern, erklärte Siemsen. Neben der fehlenden Zeit sei dafür die fehlende Wertschätzung entscheidend. Das gängige Symbol dieser Wertschätzung sei das Geld. Doch die Apotheker würden die vielen, auch neuen Arbeiten aus dem Honorar in der Höhe wie vor 15 Jahren erbringen. „Das ist keine Wertschätzung“, folgerte Siemsen. Zudem sei es für ihn unverständlich, warum die ABDA immer wieder mit Durchschnittszahlen argumentiere, obwohl ein Großteil der Apotheken kaum noch überlebensfähig sei.
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Siemsen äußerte nicht nur Kritik an der ABDA und an den politischen Ergebnissen für die Apotheker, sondern er kündigte auch eine Reaktion an. Er erklärte, die Apothekerkammer Hamburg werde bei der ABDA-Mitgliederversammlung am Donnerstag gegen den vorliegenden Haushaltsentwurf stimmen. Siemsen beklagte, der Haushalt der ABDA steige von Jahr zu Jahr. Zu jeder neuen Stelle werde ausführlich beschrieben, was alles ohne diese Stelle nicht mehr möglich sein werde. Dabei würden „wahre Weltuntergangsszenarien“ gezeichnet. Für Geschäftsbereiche in durchschnittlicher Apothekengröße gebe es nicht nur eine Geschäftsführung, sondern auch eine Abteilungsleitung.
„Zu hohe Kosten, zu wenig Output“
In der Vergangenheit hätten die Mitgliedsorganisationen die Haushalte bis auf wenige Gegenstimmen genehmigt, obwohl er als Vorsitzender des Haushaltsausschusses mit seinen Mitstreitern auf verschiedene Missstände hingewiesen und Transparenz gefordert habe. Doch „der Widerstand in den Ländern wächst“, erklärte Siemsen und führte weiter aus: „Viele Kammern sind nicht mehr willens, diesen Selbstbedienungsladen so zu finanzieren“. Der neue Haushaltsentwurf sehe erstmals lineare Beitragssteigerungen von 3,48 Prozent vor. Im Mai habe der Gesamtvorstand den Entwurf mit einer Gegenstimme der Kammer Hamburg zustimmend zur Kenntnis genommen.
Nun mehre sich in Kammerversammlungen Widerstand gegen die Pläne. Auch der Hamburger Kammervorstand habe seine ablehnende Haltung bekräftigt. „Der Vorstand ist der festen Überzeugung, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht ausgeglichen ist. Zu viele Mitarbeiter, zu hohe Kosten, zu wenig zählbarer Output“, fasste Siemsen zusammen. In Zeiten, in denen die Mehrheit der Apotheken den Gürtel immer engen schnallen müsse, sei es nicht mehr zu vermitteln, „so viel Geld für suboptimale Ergebnisse zu zahlen“, erklärte Siemsen.
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Zudem machte Siemsen auf die Petition des Apothekers Christian Redmann für das Rx-Versandverbot aufmerksam. Die Klarstellung der ABDA, Petitionen seien kein Mittel der Lobbyarbeit, sei für die Petition sogar förderlich, argumentierte Siemsen. Denn Petitionen würden im Petitionsausschuss nicht behandelt, wenn sie durch Verbände oder Institutionen initiiert worden seien.
Die Kammerversammlung, die in Hamburg eine Vollversammlung aller Kammermitglieder ist, diskutierte die Äußerungen Siemsens nicht weiter. Nach seiner Rede wurde nur kurz über den elektronischen Heilberufeausweis gesprochen. Möglicherweise lag dies an der fortgerückten Zeit. Denn vor Siemsens Bericht hatte Christian Krüger, Geschäftsführer der Netzgesellschaft Deutscher Apotheker, ausführlich über SecurPharm informiert.
5 Kommentare
Paradox
von Reinhard Rodiger am 28.06.2018 um 13:10 Uhr
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von Christian Giese am 27.06.2018 um 14:22 Uhr
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von Michael Zeimke am 27.06.2018 um 10:12 Uhr
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