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STANDESPOLITIK
Warum die ABDA das Honorargutachten ignoriert
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auf Stippvisite in Frankfurt: Den hessischen Kammerdelegierten erklärte er am vergangenen Mittwoch im Schnelldurchlauf, wie man die Interessen der Apotheker erfolgreich vertritt, warum die ABDA nur eindimensional kommuniziert, was es mit dem „Newsroom 1“ auf sich hat und dass die AG Honorar seit Jahren hinter verschlossenen Türen tagt.
Es gibt derzeit viele Themen, die in der Apothekerschaft für Beunruhigung sorgen – ganz gleich, in welches Bundesland man schaut. Daher verwundert es nicht, dass auch bei den Versammlungen der Landesapothekerkammern immer häufiger über die Informationspolitik der ABDA diskutiert wird: Wieso äußert sich die oberste Standesvertretung nur so zurückhaltend zum Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums? Gibt es einen „Plan B“, wenn das Rx-Versandverbot nicht in Kraft treten sollte? Welche Erwartungen stellt man an die neue Große Koalition?
Doch was die Öffentlichkeitsarbeit der ABDA – innerhalb und außerhalb des Berufsstandes – angeht, sind auch die Kammern und Verbände meistens die falschen Ansprechpartner. Denn die Zuständigkeiten sind klar geregelt und die 34 Mitgliedsorganisationen der ABDA haben ohnehin selbst alle Hände voll zu tun. Sie kümmern sich um die Angelegenheiten der vielen Apotheker vor Ort und pflegen die politischen und partnerschaftlichen Kontakte in den jeweiligen Ländern. Aber was läuft auf Bundesebene und wie stehen die deutschen Apotheker im europäischen Kontext dar?
Die offizielle Person für richtige Antworten
Für Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke steht fest: Um offizielle Antworten auf diese Fragen zu erhalten, lädt man am besten die richtigen Personen ein. Und so war es Friedemann Schmidt selbst, der am vergangenen Mittwoch aus dem verschneiten Leipzig seinen Weg nach Frankfurt fand, um mit den Delegierten über Themen wie Honorargutachten, Rx-Versandverbot und Koalitionsvertrag zu sprechen. Darüber hinaus war es dem ABDA-Präsidenten wichtig, dass alle Anwesenden die Politik und Strategien der obersten Standesvertretung etwas besser nachvollziehen können.
„Man kommt nicht drum herum, über Digitalisierung zu reden“
Es war weder ein spontaner noch ein überraschender Besuch von Friedemann Schmidt. Punkt 2 der Tagesordnung sah den Bericht des ABDA-Präsidenten fest vor. Die politischen Ausführungen drehten sich – wie nicht anders zu erwarten – um den Koalitionsvertrag und die Erwartungen an das neue Kabinett.
Vor allem die Reihenfolge der Begriffe im Titel des Koalitionsvertrages waren es, auf die Schmidt seine Zuhörer aufmerksam machte: Aufbruch, Dynamik, Zusammenhalt. Europa, Deutschland, unser Land.
Einerseits kämen mit den großen (europäischen) Themen wie Digitalisierung, SecurPharm oder die neuen Datenschutzrichtlinien viele Änderungen im Detail auf die Apotheken zu. Die Standesvertretungen hätten die Aufgabe zu erörtern und zu entscheiden, wie sie konkret umsetzbar wären. Andererseits wären es gerade die regionalen Herausforderungen, wie Ärztemangel oder (digitale) Modellprojekte, für die es auch übergeordnete Konzepte und langfristige Lösungen geben müsste. Wie verändert sich die Beziehung zwischen Ärzten und ihren Patienten, wenn die Kontakte zukünftig nur noch virtuell stattfinden? Inwiefern sind elektronische Verordnungen mit einer freien Apothekenwahl vereinbar?
„Günstige Situation“ mit Spahn und Altmaier
Im Zusammenhang mit dem vierten Kabinett Merkel konstatierte Schmidt, dass sich mit Peter Altmaier im Wirtschaftsministerium und Jens Spahn im Gesundheitsministerium durchaus eine „günstige Situation“ für die Apotheker ergeben hätte. Beide CDU-Politiker wären verlässliche und altbekannte Gesprächspartner für den Berufsstand. Bei Themen wie Digitalisierung oder Honorar müsste man Spahn mit konkreten Lösungen begegnen: „Da kommt man nicht drum herum.“
Mit Blick auf die vergangene Bundestagswahl und die lange Phase der Regierungsbildung sagte Schmidt, dass sich im Gesetzgebungsverfahren zum Rx-Versandverbot naturgemäß eine Diskontinuität ergeben hätte und wertvolle Zeit verloren sei. Doch das Thema wäre sowohl für die ABDA als auch die Koalitionsparteien nach wie vor das wichtigste im Apothekenbereich und alternativlos. Überhaupt würde sich durch die jetzt deutlich verkürzte Legislaturperiode eine ganz neue Situation ergeben. „Das Fenster für aktive Politik ist klein. Das kann sowohl gut als auch schlecht sein“, stellte er klar. Einen Vorteil sieht die ABDA in der Möglichkeit, dass keine großen, systemrelevanten Veränderungen zu erwarten seien. Der Nachteil sei aber, dass bis zur nächsten Wahl nur wenig Zeit bliebe, um mit den aktuellen Gesprächspartnern im Dialog zu stehen.
„Aufgabe der ABDA ist Kommunikation nach außen, nicht nach innen“
Die anschließenden Rückfragen aus der Delegiertenversammlung bezogen sich vor allem auf die Art und Weise, wie sich die ABDA bezüglich des Rx-Versandverbotes und des Honorargutachtens sowohl innerhalb als auch außerhalb des Berufsstandes bisher positionierte. Im Januar auf dem Pharmacon-Kongress in Schladming hatten Apotheker die obersten Standesvertreter wie Friedemann Schmidt oder BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer diesbezüglich heftig kritisiert. In Hessen waren die Kommentare dagegen deutlich gemäßigter: „Herr Schmidt, ein Wort von Ihnen täte gut“ oder „Viele Kollegen haben Sorgen und Ängste“. Darauf war der ABDA-Präsident vorbereitet und signalisierte, dass er diese Gefühle absolut nachvollziehen könne. Doch Aufgabe der ABDA sei es nicht, ständig in Kontakt und Austausch mit allen Apothekern zu stehen, dies wäre viel mehr Sache der Kammern und Verbände. Die ABDA müsse dafür sorgen, dass der Berufsstand nach außen hin gut vertreten werde. „Der Erfolg misst sich letztendlich nicht an interner Kommunikation“, so Schmidt. Bei Politikern und in der Bevölkerung müsse Zustimmung, Anerkennung und Vertrauen geschaffen werden, daher verfolge die ABDA vor allem nur die eine Dimension der Kommunikation – und zwar nach außen. Das Arbeitsmotto könnte also vereinfacht lauten: „Schaden abwehren, Nutzen stiften“.
Verliererthema „Honorargutachten“
Beim Thema Honorargutachten holte Schmidt weiter aus und machte deutlich: „Die Prämisse des Gutachtens ist eine Systemveränderung. Das wird aber nicht unsere Diskussionsgrundlage sein.“ Man hätte in einem internen Beratungsgremium mit Namen „Newsroom 1“ (nicht zu verwechseln mit dem öffentlichen „Newsroom 2“ auf der Homepage der ABDA) intensiv und mit Unterstützung externer Evidenz darüber beratschlagt, wie man damit am besten umgeht. „Es gibt Gewinnerthemen und Verliererthemen. Das Honorargutachten ist da, um Schaden zu stiften.“ Das Fazit wäre gewesen, dass es kontraproduktiv sei, über solch ein qualitativ schlechtes Gutachten öffentlich zu diskutieren. Schmidt wies daraufhin, dass diese Strategie schon jetzt erfolgreich wäre, da es seit Monaten keine Berichterstattung mehr in der Laienpresse diesbezüglich gegeben hätte. Er ist überzeugt: „Wenn wir das so handhaben, wird das als konsentierte Position wahrgenommen. Jede öffentliche Debatte innerhalb des Berufsstands würde gegen dieses Prinzip verstoßen.“
Der anschließende Tenor der Delegierten war zum Teil kritisch, aber auch zustimmend. Prof. Theo Dingermann von der Universität Frankfurt sagte, dass er anfangs skeptisch war, ob die Apotheker gut beraten seien, das Honorargutachten „totzuschweigen“. So hätte auch er diese Frage beim Pharmacon-Kongress in Schladming schriftlich eingereicht. Die Ausführungen des ABDA-Präsidenten hätten ihn aber nun auch überzeugt. Die Apotheker dürften sich nicht in die Defensive der Argumentation drängen lassen und dies wäre beim Gutachten der Fall gewesen. Trotzdem plädiere er dafür, so etwas besser und frühzeitiger zu kommunizieren.
Auf die Frage, mit welcher Thematik sich die Arbeitsgemeinschaft Honorar der ABDA seit Jahren beschäftige, bekamen die Delegierten keine konkrete Antwort. Schmidt betonte, dass er darüber weder sprechen dürfe noch könne, da er nicht an dem Gremium beteiligt sei. Bislang fehlen Ausarbeitungen der ABDA, wie das Apothekenhonorar in Zukunft aussehen könnte. Dies sorgte dafür, dass zum Teil einzelne Kammervertreter wie die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Gabriele-Regina Overwiening, mit eigenen Vorschlägen bereits in Erscheinung traten.
6 Kommentare
Honorargutachten
von Uwe Hansmann am 11.03.2018 um 20:19 Uhr
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Die DV am Mittwoch
von Dr.Diefenbach am 10.03.2018 um 17:39 Uhr
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"Man kommt nicht drum herum"
von Dr. Heidrun Hoch am 10.03.2018 um 14:45 Uhr
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Ohne interne Kommunikation geht es nicht !
von Ulrich Ströh am 10.03.2018 um 10:22 Uhr
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Keine andere Vorgehensweise möglich
von Wolfgang Müller am 10.03.2018 um 9:44 Uhr
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Irrtum
von Reinhard Rodiger am 10.03.2018 um 0:01 Uhr
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