Influenzasaison 2017/18

Wirkt die aktuelle Grippeimpfung?

Stuttgart - 16.01.2018, 06:59 Uhr

Grippesaison 2017/18: Die Vierfachimpfung schützt am besten vor dem aktuell vorherrschenden Grippevirus. (Foto: Sherry Young / stock.adobe.com)

Grippesaison 2017/18: Die Vierfachimpfung schützt am besten vor dem aktuell vorherrschenden Grippevirus. (Foto: Sherry Young / stock.adobe.com)


Die Grippewelle hat Deutschland erfasst. Das Robert-Koch-Institut meldet bislang 3736 Grippepatienten, elf davon sind verstorben. Influenza B-Viren der Yamagata-Linie dominieren die aktuelle Grippe – und nur die Vierfach-Influenzaimpfung schützt davor. Patienten mit einer dreifachen Grippeimpfung könnten jedoch dennoch geschützt sein – meint das RKI. Und: Macht ein „Nachimpfen“ mit einem tetravalenten Grippeschutz jetzt noch Sinn? DAZ.online hat beim Institut nachgefragt.

Derzeit herrscht in Deutschland eine „mäßige Aktivitiät“ der Influenza-Viren. Zu dieser Einschätzung kommt die Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) am Robert-Koch-Institut (RKI) in ihrem aktuellen Wochenbericht für die erste Januarwoche 2018. Die Grippewelle rollt über Deutschland – vor allem im Süden und Westen der Republik – und auch die Nachbarländer kämpfen mit der Virusinfektion. Italien und Irland berichten eine „hohe Aktivität“ ihres nationalen Influenzageschehens, während in den direkten deutschen Nachbarländern Frankreich, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich eine vergleichbar mäßige Grippeaktivität wie in der Bundesrepublik vorliegt. 

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Welcher Virusstamm zeichnet für die derzeit kursierende Grippewelle maßgeblich verantwortlich? Laut dem RKI dominieren derzeit Influenza B-Viren der Yamagata-Linie die Influenzalage. Labordiagnostisch fand das Nationale Referenzzentrum für Influenza (NRZ) in 59 Prozent der positiven Influenzaproben die Influenza B-Komponente des Yamagata-Stamms. Ungünstig ist: Nur der tetravalente Impfstoff schützt vor den Yamagata-Influenzaviren, der trivalente bietet bei den Influenza B-Viren lediglich Schutz vor dem Subtyp Victoria.

Wogegen schützt die Grippeimpfung?

Die trivalente Vakzine gegen Grippe schützt in der Influenzasaison 2017/18 vor:

  • A/Michigan/45/2015 (H1N1) pdm09-ähnlicher Stamm
  • A/Hong Kong/4801/2014 (H3N2)-ähnlicher Stamm
  • B/Brisbane/60/2008- ähnlicher Stamm, Victoria-Linie

Der tetravalente Impfstoff bietet zusätzlich Schutz vor:

  • B/Phuket/3073/2013 - ähnlicher Stamm (Yamagata-Linie)

Wie schätzt das RKI die Wirksamkeit der Grippeimpfstoffe ein?

„Es ist tatsächlich so, dass die Komponente, die gegen die Yamagata-Linie schützt, in diesem Jahr nur im Vierfach-Impfstoff enthalten ist“, erklärt Marieke Degen vom RKI. Was ist mit den Grippeimpflingen, die sich lediglich mit einem trivalenten Impfstoff geschützt haben? Haben diese Patienten schlichtweg „Pech gehabt“? Offenbar nicht, wie Marieke Degen erläutert. Denn auch die Influenza-B-Komponente im Dreifach-Impfstoff könne aufgrund einer Kreuzimmunität einen gewissen Schutz vor der Yamagata-Linie bieten. Allerdings: „Ob das so ist und wie hoch der Schutz ausfällt, lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen".

Frühere Grippeimpfungen könnten vor der Yamagata-Linie schützen

Auch könnte sich ein jahrelanger und lückenloser „Impfeifer" bei den Patienten nun bezahlt machen und sich nachträglich positiv auf den aktuellen Grippeschutz auswirken – selbst wenn der Patient die Impfkomponente gegen den hauptsächlich zirkulierenden Yamagata-Stamm in dieser Saison nicht erhalten hat. Warum? Die B-Yamagata-Linie im Dreifachimpfstoff war bereits in den Impfstoffen früherer Grippesaisons enthalten. Auch hier besteht zumindest rein „theoretisch", relativiert Marieke Degen, die Möglichkeit, „dass Menschen, die sich damals haben impfen lassen, noch zu einem gewissen Teil immun sind“.

Influenza A-Komponente H1N1 passt gut

Nach den besagten Influenza B-Viren der Yamagata-Linie machen zirkulierende Influenza A-Viren des Subtyps H1N1 etwa 30 Prozent der nachgewiesenen Grippeerkrankungen aus. Hier gibt es überaus gute Nachrichten, denn: „Die Komponente, die vor A(H1N1) schützt, ist sowohl im Dreifach- als auch im Vierfach-Impfstoff enthalten und scheint gut zu passen“, erklärt das RKI.

In der vergangen Grippesaison dominierten im Gegensatz zur diesjährigen mit einem Anteil von 75 Prozent Influenza-A-Viren H3N2 des Typs Bolzano. Dieser war in den Impfstoffen 2016/17 jedoch gar nicht enthalten gewesen. Die letztjährige Grippeimpfung deckte nur rund 25 Prozent der zirkulierenden Influenza A-Viren vom Typ H3N2 Hongkong ab.

Macht eine Nachimpfung mit vierfachem Grippeimpfstoff Sinn?

Hat sich ein Patient nun Anfang der Grippesaison 2017/18 mit einem dreifachen Impfstoff vor Influenza schützen lassen, könnte aktuell die Überlegung aufkommen, mit einem vierfachen Grippeschutz die Yamagata-Lücke nachträglich noch zu schließen. Was rät das RKI? Und wie verträglich sind potenzielle Nachimpfungen für die Patienten?

Das Institut spricht sich nicht explizit für eine generelle Nachimpfung mit einer quadrivalenten Vakzine aus. Jedoch könnten bestimmte Patientengruppen davon profitieren. Insbesondere bei Hochrisikopatienten solle individuell über eine Nachimpfung mit einem Vierfach-Impfstoff entschieden werden, heißt es seitens des RKI. Nur: Wer ist ein solcher „Hochrisikopatient"?

Hochrisikopatienten vierfach nachimpfen

Marieke Degen grenzt ein: „Unter Hochrisikopatienten verstehen wir Patienten, bei denen mehrere Risikofaktoren für einen schweren Grippeverlauf zusammenkommen, zum Beispiel Patienten, die gleichzeitig an einer COPD und einer Herzinsuffizienz leiden. Letzten Endes liegt die Entscheidung, ob eine Nachimpfung sinnvoll ist, aber im Ermessen des behandelnden Arztes.“ Auch spricht das RKI keine generelle Empfehlung zur Nachimpfung von medizinischem Personal aus, auch dies sei eine Einzelfallentscheidung und liege im Ermessen der Klinik beziehungsweise jedes Einzelnen. Jedoch gebe es auch innerhalb einer Klinik immer Mitarbeiter, die exponierter seien als andere, und bei denen der Betriebsarzt eine Impfung für sinnvoll erachten könnte.

Das Robert-Koch-Institut äußert sich auch zur Verträglichkeit einer vierfachen Nachimpfung. So gehen die Impfexperten davon aus, dass es bei einer Nachimpfung mit dem Vierfach-Impfstoff verstärkt zu den für Influenza-Impfungen üblichen unerwünschten Wirkungen kommen könne. Typischerweise klagen die Patienten nach der Grippeschutzimpfung über Schwellungen und Rötungen an der Injektionsstelle.

Ab wann schützt die Nachimpfung?

Auch zum jetzigen Zeitpunkt spricht sich das RKI noch für die Grippeschutzimpfung aus. Die Impfexperten äußerten sich zu diesem Punkt bereits in der Vergangenheit. So empfiehlt das Robert-Koch-Institut als optimalen Zeitpunkt für eine Grippeimpfung die Monate Oktober und November. Bis der volle Schutz der Impfung greife, dauert es im Schnitt zehn bis 14 Tage. Doch selbst zu Beginn einer Grippewelle kann es noch sinnvoll sein, sich zu impfen, da man nicht genau absehen könne, wie lange die Influenzawelle andauere.

Neue Impfempfehlung der STIKO: Vierfach gegen Grippe

„Wie gut die Impfstoffe diese Saison wirken, lässt sich im Moment noch nicht beurteilen. Unsere Fachkollegen benötigen dazu mehr Daten und können erst in ein paar Wochen eine Aussage dazu treffen –  und dann auch nur eine vorläufige“, erklärt Degen. Erst jüngst hatte die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut ihre Impfempfehlungen aktualisiert: Sah die STIKO bislang keinen grundsätzlichen Vorteil einer tetravalenten Grippeschutzimpfung gegenüber einem lediglich dreifachen Grippeschutz, hat sie ihre Meinung hierzu mittlerweile geändert. Mit Beginn der kommenden Grippesaison 2018/19 sollen alle Patienten, denen ein Grippeschutz empfohlen wird, mit der quadrivalenten Vakzine geimpft werden. 

Mehr zur Vierfachimpfung gegen Grippe

Neue Impfempfehlung bei saisonaler Influenza

Stiko empfiehlt Vierfach-Grippeimpfung

Dreifach- und Vierfachimpfungen hatten in der Vergangenheit immer wieder zum Zwist zwischen Patienten und Krankenkassen geführt. Der Leistungskatalog der GKV orientiert sich bei den Impfungen an den STIKO-Empfehlungen, sprich bislang der Dreifachimpfung. Die GKV-Patienten fühlten sich gegenüber privat Krankenversicherten hier benachteiligt und zurückgesetzt – private Kostenträger sind auch seither in der Regel schon für die Vierfachimpfung bei Grippe in Leistung getreten und haben ihren Versicherten diese Kosten erstattet.

Wie hart trifft die Grippewelle Deutschland 2017/18?

Für eine Einschätzung zum Ausmaß der Grippewelle ist der jetzige Zeitpunkt offenbar zu früh. Vergangene Grippesaisons haben gezeigt: Die Influenza ist „wankelmütig“. So beschreibt auch Degen vom RKI abschließend: „Die Schwere und der Verlauf einer Grippewelle lässt sich nie vorhersagen, weil sie von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Grippewellen verlaufen von Saison zu Saison und auch von Region zu Region sehr unterschiedlich; wie heftig eine Welle tatsächlich war, weiß man erst am Ende der Welle.“ 



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

4fach Impfung als Kassenleistung

von Sebastian Fiebiger am 06.11.2019 um 19:42 Uhr

Ich kann bestätigen, was M. Schäfer schreibt. Allerdings wurden viele Kassenpatienten von ihren Hausärzten gar nicht über die Möglichkeit der 4-fach Impfung informiert. Es wurde unkommentiert 3-fach geimpft. Der Impfstoff wurde offenbar vorab eingekauft.

Meine Ärztin hat mich gefragt, welche Impfung ich möchte und mich auch kurz beraten.

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Vorsicht vor dem Verbreiten von Fehlinformation

von M. Schäfer am 23.02.2018 um 20:28 Uhr

Die Aussage über eine zwei Klassen Medizin hinsichtlich der aktuellen Grippeimpfung ist schlicht falsch. Ich selbst habe mich erst kürzlich mit einem tetravalenten Grippeimpstoff impfen lassen was von der Techniker Krankenkasse anstandslos übernommen wurde. Auch einige andere gesetzlichen Krankenkassen bieten diese Impfung an. Wie auch in vielen anderen Lebenslagen lohnt es sich auch hier zu informieren. Natürlich bieten nicht alle Kassen das selbe Leistungsangebot. Der Wechsel zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse ist allerdings jederzeit möglich.

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Versagen der Politik und der gesetzlichen Krankenkassen

von Uwe am 21.02.2018 um 19:23 Uhr

Das Ergebnis der 2 Klassenmedizin, die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen werden mit Schmalspurimpfstoff geimpft und bekommen die Grippe. Aber die Reichen, die privat versichert sind, bekommen 4-fach Impfstoff und sind geschützt. Wer wählt solche Politiker, die so etwas zulassen?

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AW: Wer die Wahl hat...

von Nik am 23.02.2018 um 20:18 Uhr

Leider ist es nur so, dass eine Partei eine Bürgerversicherung als zentralen Punkt versprochen hat... es aber in den Koalitionsverhandlungen nicht durchgesetzt hat...

AW: 2 Klassen-Medizin?

von KM.Bartels am 04.03.2018 um 18:56 Uhr

Nach Angaben/Empfehlung der AOK, der Kostenträger für Influenza Impfstoff wurden für die Saison 2017/2018 die Kosten der Tetravalente Influenza Impfung für hochrisiko Patienten übernommen. Genau so habe ich mich in der Hausarztpraxis verhalten. COPD/Herzinfarkt/ Immungeschwächte Patienten haben den 4-fach Impfstoff erhalten, OHNE Zuzahlung. Ärzte, die sich anders verhalten haben, waren evtl. nicht richtig aufgeklärt?? Vermutlich war die Mär von der 2 Klassenmedizin von Herstellern des Tetravalenten Impfstoffes forciert. Ab 2018 wird der 4-fach Impfstoff für Prsonen über 18 Jahren übernommen, für unter 18 auf Antrag vermutlich auch.

Impfung

von Bogner am 07.02.2018 um 21:25 Uhr

Meine Kinder sind beide mit dem 4fach Impfstoff gegen Grippe geimpft und beide haben nun die Influenza ...

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