Hüffenhardt

Landgericht verbietet DocMorris-Automaten dauerhaft

Berlin - 21.12.2017, 11:30 Uhr

Verboten: Das Landgericht Mosbach hat den Arzneimittel-Automaten von DocMorris im baden-württembergischen Hüffenhardt dauerhaft verboten. (Foto: diz)

Verboten: Das Landgericht Mosbach hat den Arzneimittel-Automaten von DocMorris im baden-württembergischen Hüffenhardt dauerhaft verboten. (Foto: diz)


Das Landgericht Mosbach hat den Arzneimittel-Automaten von DocMorris im baden-württembergischen Hüffenhardt für unzulässig erklärt. Damit hat das Gericht seine einstweiligen Verfügungen, die zu einer schnellen Schließung des Abgabe-Automaten geführt hatten, bestätigt. Ein weiteres wichtiges Verfahren ist allerdings noch in der Schwebe.

Niederlage für DocMorris vor dem Landgericht Mosbach: Der im Frühjahr dieses Jahres kurzzeitig eröffnete Arzneimittel-Automat der niederländischen Versandapotheke in Hüffenhardt muss dauerhaft geschlossen bleiben. Das entschied das Gericht in Baden-Württemberg am heutigen Donnerstagvormittag. Geklagt hatten mehrere Apotheker und der Landesapothekerverband Baden-Württemberg.

Prozessteilnehmer berichteten, dass der Automat laut Richterin gegen wesentliche Rechtsnormen verstößt, insbesondere gegen das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz und gegen die Apothekenbetriebsordnung. Doc Morris hatte während des Prozesses argumentiert, dass der Automat eine Art des Versandhandels sei und auf andere Versand-Konzepte wie etwa Lieferando verwiesen. Dieser Argumentation soll die Richterin laut Teilnehmern nicht gefolgt sein.

Das Gericht selbst teilte in einer Pressemitteilung mit, dass es DocMorris fortan verboten sei, Arzneimittel in Hüffenhardt abzugeben, „wenn sich die Arzneimittel bei Initiierung des Abgabevorgangs nicht in Räumen befinden, die von der Apothekenbetriebserlaubnis der Beklagten in den Niederlanden umfasst sind". Bei jeder Zuwiderhandlung muss DocMorris mit Ordnungsgeldern rechnen. Das Gericht begründet seine Entscheidung in der Mitteilung damit, dass die Arzneimittelabgabe gegen das Arzneimittelgesetz verstoße und damit auch wettbewerbswidrig sei. Zulässig sei nur die Arzneimittelabgabe in einer Apotheke oder mittels Versandhandels durch eine Apotheke. Beides liege bei der Arzneimittelabgabestelle in Hüffenhardt nicht vor. 

Wörtlich hieß es zur Begründung: „Alleine der Umstand, dass die Arzneimittel über das Internet angefordert würden, mache deren Abgabe nicht zum Versandhandel.“ Der Hüffenhardter Automat sei auch keine reine Abholstation, wie beim Versandhandel üblich, weil der Kunde keinen Kaufvertrag über die Medikamente schon vor der Abholung abschließe.

Verwaltungsgericht Karlsruhe entscheidet über Schließung

DocMorris hatte in diesem Jahr in der alten, geschlossenen Apotheke des Ortes Hüffenhardt einen Automaten eröffnet, der zunächst OTC-Medikamente abgab und auch Rezepte annahm. Schnell wurde der Automat vom zuständigen Regierungspräsidium wieder geschlossen, DocMorris eröffnete anschließend aber erneut, um „nur“ noch OTC-Präparate abzugeben. Aber auch die OTC-Abgabe wurde vom Landgericht Mosbach in mehreren einstweiligen Verfügungen untersagt – seitdem sind die ehemaligen Apothekenräume samt Abgabe-Automat geschlossen.

Geklagt hatte vor dem Landgericht unter anderem der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV), der sich nach den Eilverfahren auch im Hauptsacheverfahren davon überzeugen will, dass das Geschäftsmodell von DocMorris in Hüffenhardt rechtswidrig ist.Der Verband hatte vor Gericht vorgetragen, dass das niederländische Unternehmen in Hüffenhardt einen Apothekenbetrieb eröffnet habe und somit den hierzulande gültigen Regelungen unterliege. DocMorris hielt dagegen, dass dies nur ein Teil des Versandhandels sei.

Neben dem nun abgeschlossenen Verfahren am Mosbacher Landgericht läuft derzeit noch ein Prozess am Verwaltungsgericht in Karlsruhe. Hier klagt DocMorris selbst – und zwar gegen die Schließungsverfügung des Regierungspräsidiums. Spannend könnte es also werden, wenn das Karlsruher Gericht der Schließung aus verwaltungsrechtlichen Gründen widerspricht. Dann gäbe es ein zivilrechtliches und ein verwaltungsrechtliches Urteil, die sich beide widersprechen. Ob DocMorris die Türen zum Automaten wieder öffnen dürfte, ist unklar. Eine Revision gegen das heute verkündete Urteil durch DocMorris ist möglich, das Unternehmen hatte dies auch schon angekündigt.Diese Revision müsste DocMorris innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Oberlandesgericht in Karlsruhe einlegen.

Ein Urteil mit politischer Brisanz

Auch aus politischer Sicht ist das Urteil wichtig. Denn die Meinung der Landespolitik in Baden-Württemberg zu dem Automaten fiel bislang sehr unterschiedlich aus. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) hatte mehrfach betont, dass er das Vorgehen von DocMorris als gefährlich einstufe, weil dadurch bestehende Versorgungsstrukturen gefährdet würden. Gleichzeitig hatte sich allerdings Innen- und Digitalminister Thomas Strobl (CDU) dafür ausgesprochen, den Automaten weiter zu betreiben. Automatisierte Apotheken hätten Vorteile für die Patienten, erklärte Strobl.

Hinzu kommt, dass Baden-Württemberg im ärztlichen Bereich gerade in der Vorreiterrolle für Telemedizin-Modelle steht: Die Ärztekammer Baden-Württemberg hatte als einzige in Deutschland die Videoberatung von Patienten zugelassen. Irgendwann dürfte automatisch die Frage aufkommen, ob die Mediziner online auch verschreiben können. Und auch in der Arzneimittelversorgung stehen spannende Diskussionen im Ländle an: Der LAV will schon bald die erste digitale Rezeptsammelstelle in Baden-Württemberg eröffnen. Ob und inwiefern das heutige Urteil gegen den DocMorris-Automaten auch dieses Vorhaben der Apotheker  betreffen könnte, ist derzeit noch völlig unklar.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Apothekenautomat

von Struwwelpeetr am 21.12.2017 um 12:26 Uhr

Selbstverständlich geht DocMorris in Berufung. Woher der durch den Artikelschreiber verströmter Optimismus stammt, damit möge das Problem erledigt sein, kann nur von bei Apothekern inzwischen verbreitetes märchenhaftes Wunschdenken kommen. Selbstverständlich wird auch jede jetzt noch existierende zweite Apotheke verschwinden. Mit oder ohne Automaten. Ob das eine gute oder schlechte Entwicklung ist, steht auf einem anderen Blatt!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.