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Pilotprojekt in sieben Städten
HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe bald für 50 Euro im Monat
Ab Ende September wird es im Rahmen eines Projektes die Möglichkeit geben, ein Truvada-Generikum, zugelassen für die HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP), sehr kostengünstig zu beziehen. Das Besondere daran: Dieses Präparat kostet nur ein Zehntel davon, was die auch zur HIV-Behandlung zugelassenen Präparate kosten. Es soll in der Startphase in sieben deutschen Städten zu haben sein.
Außer dem Original-Truvada sind auch Generika neben der HIV-Behandlung für die PrEP zugelassen. Sie sind seit Ende Juli auf dem Markt. Das Problem dabei: Die PrEP wird von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. Und auch in der generischen Variante fallen noch 18,22 Euro pro Tablette an, die Packung für drei Monate kostet 1.639,62 Euro. Der Preis des Originals Truvada liegt sogar bei 2454,85 Euro.
In sieben deutschen Städten könnte das allerdings demnächst anders sein. Wie das geht? Dahinter steckt der Kölner Apotheker Erik Tenberken. Er konnte den Generika-Hersteller Hexal gewinnen, sein Truvada-Generikum im Rahmen eines PrEP-Projektes zu vertreiben. Das teilte Tenberken am vergangenen Samstag bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der HIV-Versorgung mit. Die Tabletten werden dann individuell für jeden Patienten verblistert – in Einheiten à 28 Stück. Abgabepreis sollen laut Tenberken 50,05 Euro sein, also etwa 1,79 Euro pro Tablette.
Legal und bezahlbar sollte es sein
Der Kölner Apotheker erklärt gegenüber DAZ.online, er sei bereits seit 1,5 Jahren dran an dem Thema. Schon bevor die Generika auf dem Markt waren. Die Patienten bestellen sich ihre PrEP im Internet aus Indien mit Rezepten aus Nepal oder ganz ohne Rezept, erzählt Tenberken. „Da dreht sich mir als Apotheker der Magen um. Es heißt zwar, alles sei geprüft. Aber weiß man das? Und wie das gelagert wurde, weiß ich auch nicht.“ Dazu kommt, dass sich der Bezug über das Internet jeglicher ärztlicher Kontrolle entzieht. Bei sachgemäß durchgeführter PrEP muss eine HIV-Infektion sicher ausgeschlossen sein, ebenso wie andere STID.
Eine PrEP, die legal und bezahlbar ist, das sei sein Ziel gewesen, so Tenberken. Unter 60 Euro im Monat sollte der Preis liegen. Originalhersteller Gilead wollte ihm nicht entgegenkommen, erzählt er weiter. Hexal hingegen sei sofort bereit gewesen.
Wie kommt der Preis zustande?
Im Endeffekt wird der Rabatt, den das Blisterzentrum als Lohnhersteller erhält, an den Patienten durchgereicht. Kosten für die Verblisterung werden aufgeschlagen. Der Abgabepreis von 50,05 Euro ergibt sich dann gemäß der Arzneimittelpreisverordnung, also EK plus 3 Prozent plus 8,51 plus Mehrwertsteuer. „Geld verdienen wir damit nicht.“ sagt Tenberken. „Manchmal muss man auch Dinge mit Herz, Sachverstand und Ethik tun.“ Tenberken ist daher Hexal sehr dankbar. Wichtig ist ihm, dass die Qualität stimmt. Teilnehmen können nur HIV-kompetente Apotheken. Alles soll über die Apotheken vor Ort laufen. „Wir Apotheker vor Ort können nur bestehen, wenn wir Dinge anbieten, die nur Apotheken können.“
Auch Ärzte, die die PrEP verordnen wollen, müssen über die notwendige Qualifikation verfügen. Letzteres sichert die notwendige medizinische Betreuung und Aufklärung. Denn ein Patient, der trotz HIV-Infektion eine PrEP beginnt, erhält sozusagen eine unvollständige Therapie mit der Gefahr von Resistenzen. „Das wäre der Super-GAU.“ so Tenberken.
Apotheken in sieben Städten nehmen teil
Verblistert wird bei der Kölschen Blister GmbH für kooperierende Apotheken. Die Apotheken laden den Auftrag beim Blisterzentrum hoch, dieses verschickt die Blister dann an die Apotheken. Patienten holen ihren Blister dann gegen Vorlage des Originalrezepts in einer der teilnehmenden Apotheken ab. In der ersten Phase sind das außer Tenberkens Kölner Birken-Apotheke Apotheken in sechs weiteren deutschen Städten: nämlich in Düsseldorf (Albert-Schweitzer-Apotheke), in Hannover (Leibniz-Apotheke), in Hamburg (Alexander-Apotheke Sankt Georg), in Berlin (Witzleben-Apotheke, Apotheke in der Axel-Springer-Passage), in München (Marien-Apotheke) und in Frankfurt am Main (Eichwald-Apotheke). Allesamt Mitglieder der DAH2KA e.V. Nach und nach werden weitere Apotheken dazukommen nach Verfügbarkeit der Tabletten. Eine aktuelle Übersicht, welche Apotheken dabei sind, soll laut Tenberken demnächst auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken zu finden sein.
Magdalene Linz: „Verhinderung einer HIV-Infektion hat eine sehr hohe Priorität"
Eine der kooperierenden Apotheken ist die von Niedersachsens Kammerpräsidentin Magdalene Linz. Auf die Frage, warum sie sich beteiligen will, sagt sie gegenüber DAZ.online: „Die Verhinderung einer HIV-Infektion hat eine sehr hohe Priorität und unterstützt die Strategie des BMG zur Eindämmung von HIV, Hepatits B und C und anderen sexuell übertragbaren Infektionen. Durch den in intensiven Verhandlungen erzielten günstigen Preis für die PrEP wird die Prophylaxe auch in Deutschland für viele Betroffene bezahlbar, und die illegale Einfuhr aus dem Ausland, die Fälschungen Tor und Tür öffnet, ist nicht mehr erforderlich. Apotheker vor Ort sorgen durch dieses Angebot für massive Einsparungen im Gesundheitswesen, wie eine aktuelle Studie aus den Niederlanden, die von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter in Auftrag gegeben wurde, nachweist."
PrEP könnte bis 2030 rund 9000 HIV-Infektionen verhindern
Demnach könnte die PrEP bei Einführung ab 2018 bis zum Jahr 2030 etwa 9.000 HIV-Infektionen verhindern. Die Studie geht dabei von etwa 17.000 Euro jährlichen Behandlungskosten bei HIV-Infizierten gegenüber etwa 10.000 Euro jährlichen Kosten für eine tägliche PrEP mit dem Originalpräparat Truvada aus. Sinkt der Preis für das PrEP-Medikament um etwa 40 Prozent auf etwa 5.800 Euro pro Jahr, würde die tägliche PrEP dem Gesundheitssystem sogar Kosten sparen. Die PrEP in der Form, wie sie demnächst zu haben sein wird, wird sogar nur etwa 650 Euro (Arzneimittelkosten) im Jahr kosten.
Hersteller Hexal erhoffe sich mit diesem Pilotprojekt, mehr Menschen mit einem hohen Risiko zur Ansteckung mit HIV, die PrEP unter qualitativ abgesicherten Bedingungen zu ermöglichen, um so Neuansteckungen mit HIV zu vermeiden, wie eine Sprecherin gegenüber DAZ.online erklärt. Das bedeute, der Zugang zu einem in Deutschland zugelassenen Arzneimittel erfolge unter qualifizierter ärztlicher Betreuung und unter Sicherstellung der von den Zulassungsbehörden geforderten Aufklärung zur PrEP-Einnahme.
Wer zahlt die Kosten für die Untersuchung?
Was noch nicht klar ist, ist, wer die Kosten für die notwendigen ärztlichen Untersuchungen trägt. Hier gehen bei den Ärzten die Meinungen auseinander. Die Deutsche Aidshilfe, die die Entwicklung begrüßt, fordert sogar eine komplette Übernahme der Kosten zum Beispiel durch Krankenkassen. „Viele Leute mit einem hohen HIV-Risiko könnten sich auch 650 Euro im Jahr allein für die Tabletten nicht leisten. Auch die erforderliche medizinische Begleitung samt Untersuchungen kostet Geld."
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