Orale Laxanzien in abgeteilter Darreichungsform
N1 = 8-12 N2 = 27-33 N3 = 48-50
Movicol und Macrogol: Arzneimittel oder Medizinprodukt? Original oder Import? Rabattverträge? Verordnet nach Stückzahl oder Normgröße? Welche Macrogole zahlt die Krankenkasse – und nur für Kinder oder auch für Erwachsene? Welche Macrogole erstattet sie definitiv nicht? Was Apotheken bei Macrogol-Verordnungen prüfen müssen, um Retaxationen zu vermeiden.
Bei Macrogol-Rezepten denken sich Apotheker und PTA regelmäßig einen Knoten in den Kopf. Wie beliefere ich das Rezept korrekt, ohne dass eine Retaxation der Krankenkasse in die Apotheke flattert. Was Apotheker austauschen dürfen, wann sie substituieren müssen – DAZ.online hat eine kleine Macrogol-Hilfe erstellt.
Ein Arzneimittel darf nicht gegen ein Medizinprodukt ausgetauscht werden und umgekehrt. Macrogole können als apothekenpflichtige und verschreibungspflichtige Arzneimittel zugelassen sein oder als apothekenpflichtige und verschreibungspflichtige Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter zertifiziert. Eine ärztliche Verordnung über Macrogole sollten Apotheker zunächst überprüfen: Was hat der Arzt eigentlich verordnet, ein Arzneimittel oder ein Medizinprodukt? Ist die Produktgruppe nicht klar erkennbar – sollte die Apotheke durch ärztliche Rücksprache für eine eindeutige Verordnung sorgen. Das verhindert unnötigen Ärger mit Retaxationen.
Am einfachsten und klarsten ist das Macrogol-Rezept, wenn der Arzt die PZN auf das Rezept schreibt. Eindeutig wird es auch, wenn der Arzt den Produktnamen laut Lauer-Taxe, den pharmazeutischen Hersteller und die Stückzahl – bei Medizinprodukten – beziehungsweise bei Arzneimitteln die Normgröße und/oder deren Stückzahl verordnet. Wie wichtig der pharmazeutische Hersteller ist, zeigt das Beispiel Movicol Junior aromafrei: Importe von CC-Pharma, Emra, Milinda und PharmaGerke sind Arzneimittel. Der Originalanbieter Norgine vertreibt Movicol Junior aromafrei als verschreibungspflichtiges Medizinprodukt. Ein Austausch Original gegen Import schließt sich aus. Bei einer Verordnung von Importen muss die Apotheke aber Rabattverträge beachten oder bei Nichtlieferbarkeit des Imports preisgünstige Alternativen.
Manche pharmazeutische Unternehmer wie die Hexal AG oder die AbZ Pharma GmbH vermarkten ihre Macrogole auf beiden Schienen und haben ihr Macrogol-Sortiment sowohl als Arzneimittel als auch Medizinprodukt zugelassen beziehungsweise zertifiziert.
Ist Macrogol als Arzneimittel verordnet, darf auch nur ein
anderes Macrogol-Arzneimittel abgegeben werden. Die Laxanzien können apothekenpflichtig
sein oder der Verschreibungspflicht unterliegen. Apotheker müssen sich – wie für
alle anderen Arzneimittel auch – an den Rahmenvertrag über die
Arzneimittelversorgung halten, folglich Rabattverträge
beachten.
Verschreibungspflichtige Macrogol-haltige Arzneimittel sind die Importe Movicol Junior aromafrei von CC-Pharma, Emra, Milinda und Pharma Gerke. Das einzig generische Präparat gibt es von Al: Macrogol Al 6,9 g Plv. Rx-Movicole erstattet die GKV auch für Erwachsene. Selbst wenn diese – wie die oben genannten – nur für Kinder zugelassen sind. Die Apotheke riskiert keine Retaxation. Die Verantwortung liegt beim Arzt, er verordnet off label außerhalb der zugelassenen Indikation. Ein eventueller Regress trifft somit den Arzt und nicht die Apotheke.
Sind die Macrogol-Arzneimittel apothekenpflichtig, darf die Apotheke diese nur für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und für Kinder mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr zulasten der Krankenkassen abgeben. Für diese Patientengruppe erstattet die GKV die Arzneimittelkosten. Ob eine Entwicklungsstörung bei einem Kind vorliegt oder nicht, muss die Apotheke nicht prüfen. Für Erwachsene sind Macrogole als apothekenpflichtige Arzneimittel eigentlich nicht erstattungsfähig. Sie stehen aber als Laxanzien in der sogenannten OTC-Übersicht, der Anlage 1 der Arzneimittel-Richtlinie „Zugelassene Ausnahmen zum Verordnungsausschluss“. Das heißt, in bestimmten Fällen können sie auch für Erwachsene auf Kassenrezept verschrieben werden, zum Beispiel während einer Opioid-Therapie.
Für Macrogol-Arzneimittel gilt die Packungsgrößenverordnung. Sie definiert für orale Laxanzien in abgeteilter Darreichungsform die N-Bereiche N1 = 8-12, N2 = 27-33, N3 = 48-50.
Bei einer Stückzahlverordnung eines Macrogol-Arzneimittels dürfen Apotheker nur die größte mit N3 = 50 Stück oder ein Vielfaches dieser Packung abgeben - wenn der Arzt auf das Vielfache durch ein Ausrufezeichen oder „exakte Menge“ hinweist. Fehlt dieser Vermerk allerdings, zählt das nach neuem Rahmenvertrag § 3 Absatz 7f zu den „unbedeutenden Fehlern“, die Krankenkassen nicht mehr retaxieren dürfen. Movicol Junior aromafrei 90 Stück von PharmaGerke erstattet die GKV als verschreibungspflichtiges Arzneimittel nicht. Das Gerke-Movicol überschreitet als Jumbopackung „die größte für das Fertigarzneimittel festgelegte Messzahl“, ist aber kein Vielfaches von Nmax. Wäre es als Medizinprodukt zertifiziert – wäre die Sachlage eine andere.
N1 = 8-12 N2 = 27-33 N3 = 48-50
Macrogole können auch als Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter im Verkehr sein. Wie bei Arzneimitteln, gibt es beide Möglichkeiten: apothekenpflichtig und verschreibungspflichtig. Medizinprodukte unterliegen nicht der Packungsgrößenverordnung, sie sind nicht normiert und haben folglich keine N-Kennzeichen. Ein Macrogol-Medizinprodukt-Rezept mit Stückzahl darf die Apotheke problemlos beliefern. Es gibt keine Höchstmenge, es gilt das Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Doch eine fehlende N-Bezeichnung macht nicht automatisch das Macrogol zum Medizinprodukt, siehe das obige Beispiel mit Movicol Junior aromafrei 90 Stück Gerke.
Medizinprodukte sind laut SGB V im Rahmen der Arzneimittelversorgung zunächst einmal nicht verordnungsfähig. Aber es gibt Ausnahmen. Diese listet Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie „Übersicht über verordnungsfähigen Medizinprodukte“. Nur Macrogole, die explizit auf dieser Positivliste zu finden sind und für die dort genannten „medizinisch notwendigen Fälle“ verordnet werden, zahlt die GKV. Derzeit (Stand: 17.08.2017) sind das ...
Der Arzt muss nur bei Hilfsmittelrezepten die Diagnose ergänzen. Bei Verordnungen über Arzneimittel oder Medizinprodukte ist die Angabe der Indikation nicht erforderlich. Jedoch, darauf verweist das Deutsche Apotheken Portal (DAP): Nenne der Arzt die Diagnose, müssen Apotheker prüfen, ob diese mit den Verordnungsfähigkeiten der Positivliste übereinstimme.
4 Kommentare
Anfrage
von Friedel Schmidt am 11.05.2019 um 14:47 Uhr
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Zum Glück nicht reingefallen
von Andreas Grünebaum am 18.08.2017 um 18:39 Uhr
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Irrsinn bei der Movicolverschreibung!
von Heiko Barz am 18.08.2017 um 8:59 Uhr
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AW: Irrsinn bei der Movicolverschreibung
von Andreas Grünebaum am 18.08.2017 um 18:42 Uhr
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