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Interview Fritz Becker (DAV)
„Ich hatte wegen der Rabattverträge die Polizei in der Apotheke“
Becker: Substitutionsausschlussliste muss offen sein
DAZ.online: Als nächste große Änderung folgte die Substitutionsausschlussliste. Warum gab es da so einen Krach mit den Kassen, der sich nur mithilfe des Gesetzgebers klären ließ?
Becker: Die Kassen wollten die Liste eng und verschlossen halten. Uns war es aber wichtig, dass man sie stetig weiterentwickeln kann. Aber das waren schon sehr kleinteilige Diskussionen, die aber für den einzelnen Patienten enorme Auswirkungen haben. Ich erinnere mich an einen Streit mit dem GKV-Spitzenverband, der sich um den Austausch von Fentanyl-Pflastern drehte. Die Kassen wollten einfach nicht einsehen, dass die Pflaster unterschiedlich schnell wirken.
DAZ.online: Jetzt legt der G-BA die Austausch-Verbote fest. Sind Sie zufrieden damit?
Becker: Die wichtigsten Wirkstoffe sind dabei, obwohl wir uns die Liste schon breiter vorgestellt haben. Wichtig ist nur, dass sie fortlaufend überprüft und weiterentwickelt wird. Problematisch wird es allerdings, wenn der Arzt auf die Idee kommt, trotz des Austausch-Verbotes einen anderen Hersteller zu verordnen. Das passiert ab und zu. Dann dürfen wir das Medikament nicht abgeben. Die beste Lösung wäre es daher, dass wir auch für die Medikamente auf der Liste die Sonder-PZN für pharmazeutische Bedenken setzen dürften.
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„Von Rabattverträgen war keiner so richtig begeistert“
DAZ.online: Die Entwicklung der Rabattverträge zeigt: Sie sind ein lernendes System. Welche Baustellen sind aus Ihrer Sicht noch offen?
Becker: Zunächst natürlich die Mehrfachvergabe. Es ist schade, dass sich der Gesetzgeber nicht dazu durchringen konnte, das zu beschließen. Aber ich würde mir auch von den Apothekern wünschen, dass sie häufiger auf die pharmazeutischen Bedenken zurückgreifen. Sie sollen mit ihren Patienten sprechen, um wichtige Gründe für die Sonder-PZN herauszufinden. Ganz oft bestehen Compliance-Probleme, die auf der Teilbarkeit von Tabletten beruhen. Nicht jeder Patient kann Tabletten ohne Weiteres teilen. Ich will die Apotheker außerdem auf die Möglichkeit der Akutversorgung hinweisen: Wenn ein Patient Samstagnacht mit Rezept zu mir kommt und ein Schmerzmittel braucht, dann ist das für mich Akutversorgung, bei der ich das Rabattarzneimittel austauschen darf.
DAZ.online: Die Kassen jedenfalls scheinen ihre Ausschreibungen zu lieben: Nach dem Generika-Markt schrieb die AOK Impfstoffe aus, es folgten Zytostatika. Macht das Verlangen nach Einsparungen vor keinem Versorgungsbereich Halt?
Becker: Am Anfang waren die Einsparungen der Kassen ja noch recht zaghaft. Im vergangenen Jahr beliefen sie sich schon auf 3,9 Milliarden Euro! Für die Kassen sind die Rabattverträge doch eine einzige Erfolgsgeschichte. Es ist doch klar, dass sie die auch auf andere Gebiete übertragen wollen. So wollen sie das Prinzip auch im Hilfsmittel-Bereich ausweiten.
2 Kommentare
Verdrängung
von Reinhard Rodiger am 05.04.2017 um 12:36 Uhr
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Becker und die "Rabattverträge"
von Heiko Barz am 05.04.2017 um 11:54 Uhr
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