Beschluss im Bundesrat

Bundesländer fordern Rx-Versandhandelsverbot

Berlin - 25.11.2016, 11:15 Uhr

Am Freitag nahm der Bundesrat den Vorschlag Bayerns für ein Rx-Versandverbot an. (Foto: Bräuer)

Am Freitag nahm der Bundesrat den Vorschlag Bayerns für ein Rx-Versandverbot an. (Foto: Bräuer)


Mit einer knappen Mehrheit und nach einer kuriosen Abstimmung fordert die Länderkammer von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ein Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel. Die Regierung sprach sich gegen die Initiative aus, da es ein anderes Gesetzesvorhaben verzögern wird – so auch die Honorarreform für Apotheker. Daher sind die Erfolgsaussichten für die Länderinitiative gering.

Der Bundesrat hat am heutigen Freitag die Initiative Bayerns verabschiedet, über eine Änderung im Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz den Rx-Versandhandel zu verbieten. „Eine Minderheit“, hieß es nach der Auszählung der Stimmen zwar zuerst, doch dabei blieb es nicht: Eine erneute Auszählung ergab, dass sich doch eine knappe Mehrheit der Stimmen im Plenum der Länderkammer für das Verbot entschlossen hat. „Gut, dass wir nochmal nachgezählt haben“, erklärte die vorsitzende Präsidentin Malu Dreyer.

Zuvor hatte sich die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) nochmal für ihren Plan starkgemacht. Durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) würde die mit dem Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) von der Bundesregierung beabsichtigte Verbesserung der Arzneimittelversorgung „konterkariert“, sagte Huml. „Wir dürfen keinen ruinösen Preiskampf zulasten unserer Apotheken zulassen“, betonte sie.

Vor-Ort-Apotheker sollen erste Anlaufstelle bleiben

Es könne nicht sein, dass EU-Versandapotheken Einnahmen durch Chroniker oder hochpreisige Arzneimittel an sich ziehen, während Vor-Ort-Apotheken Aufgaben wie die Rezepturherstellung oder Notfallversorgung übernehmen. „All das können nur öffentliche Apotheken vor Ort leisten“, erklärte Huml. Vor allem in einer älter werdenden Gesellschaft sei es immer wichtiger, dass Apotheker vor Ort erste Anlaufstelle in Gesundheitsfragen bleiben.

Wenn die Politik jetzt nicht aktiv werde, würden wichtige Strukturen zerstört – daher will Huml nicht abwarten. „Ansonsten geht die flächendeckende Versorgung unwiederbringlich verloren“, betonte sie. Das Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln sieht sie als „unumgänglich“: Es sei EU-rechtlich zulässig, was sie auch daran festmachte, dass bislang nur sieben Mitgliedstaaten den Rx-Versandhandel erlauben. Auch sei es ihrer Meinung nach verfassungsrechtlich gerechtfertigt: Das hohe Gut der Gesundheit könne nur durch eine flächendeckende Arzneimittel-Versorgung geschützt werden.

Hingegen trete der eher „geringe“ Eingriff für Apotheken, die in Deutschland Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln betreiben, laut Huml dahinter zurück. Auch der Rx-Umsatz sei für Versandapotheken „eher gering“. 

Huml: Rx-Versandverbot alternativlos – und im Patienteninteresse

Sie betonte, dass Kritiker bisher kein Konzept vorgelegt hätten, auf welchem anderen Wege die negativen Auswirkungen des EuGH-Urteils zur Rx-Preisbindung auf die Arzneimittelversorgung abgewendet werden könnten. „Andere Versorgungsstrukturen sind weder vorhanden noch erwiesenermaßen besser“, erklärte die bayerische Gesundheitsministerin. „Das ist im Interesse der Patientinnen und Patienten, das ist im Interesse der Menschen in unserem Land.“

Zwar setzt sich das Bundesgesundheitsministerium auch für ein Rx-Versandverbot ein, doch hat Minister Hermann Gröhe (CDU) andere Pläne: Anders als der Bundesrat will er das Verbot nicht über das AMVSG durchsetzen, sondern über ein eigenes Gesetzesvorhaben. Staatssekretärin Ingrid Fischbach begründete diesen Schritt vor der Bundesratsabstimmung nochmal: Um das Rx-Versandverbot einzuführen, müsste die Bundesregierung im Rahmen eines sogenannten Notifizierungsverfahrens allen EU-Mitgliedstaaten die Gelegenheit zur Stellungnahme geben, wodurch es zu Verzögerungen des AMVSG kommen würde.

Bundesratsinitiative hätte Nebenwirkungen

Diese Verzögerung sei „nicht hinnehmbar“, erklärte Fischbach, die gleichzeitig betonte, dass es aufgrund des EuGH-Urteils Handlungsbedarf gäbe: Es dürfe nicht sein, dass es in Folge der Entscheidung zu einer ungerechten Lastenverteilung käme und Vor-Ort-Apotheken ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Auch für Apotheker hätten die Verzögerungen ungünstige Auswirkungen, denn das AMVSG sieht auch die geplante Honorarerhöhung für Rezepturen und BtM-Abgaben vor. 

Das AMVSG ist nicht zustimmungspflichtig. Die Initiative der Länder wird daher lediglich als Empfehlung an den Bundestag weitergeleitet. Die Bundesregierung muss allerdings eine Stellungnahme dazu abgeben. Da der Bundestag die Initiative als eigenen Änderungsantrag an das AMVSG anhängen müsste, sind die Erfolgsaussichten für den Länderantrag zum Rx-Versandverbot insgesamt gering: Sollte sich die SPD dazu entscheiden, das bislang aus ihren Reihen teils sehr kritisch bewertete Rx-Versandverbot mitzutragen, wird die Bundesregierung sich wohl eher für eine eigene gesetzliche Regelung entscheiden. Aber die ABDA kann es zumindest als Erfolg verbuchen, die Mehrheit im Bundesrat hinter sich zu wissen. 

In der Großen Koalition sieht die Lage jedoch weiter unklar aus, wie auch Fischbach verdeutlichte: Sie trug das Rx-Versandverbot nicht als zentrale Forderung vor: Die Bundesregierung prüfe derzeit noch, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, erklärte sie.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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