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Interview mit Kordula Schulz-Asche (Grüne)
„Versandapotheken sind ein wichtiger Bestandteil der Versorgung“
Damit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sein geplantes Rx-Versandverbot umsetzen kann, braucht er im Bundestag Mehrheiten. Der Koalitionspartner SPD hat bereits Widerstand angekündigt. Und auch die Grünen im Bundestag wollen den Rx-Versandhandel erhalten.
Für die Apotheker gibt es nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung nur ein politisches Ziel: das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Nach nur einem Gespräch im Bundesgesundheitsministerium konnte die ABDA-Spitze in der vergangenen Woche Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe von diesem Ziel überzeugen; Gröhe will den Rx-Versandhandel verbieten. Kurze Zeit später kündigte aber die SPD Widerstand an: Man dürfe jetzt keine Schnellschüsse planen, hieß es von den Sozialdemokraten.
Unterstützung erhält die SPD nun von den Grünen: Die Arzneimittel-Expertin der Oppositionspartei, Kordula Schulz-Asche, will die Versandapotheken nicht schwächen, weil sie für viele Patienten eine wichtige Alternative seien. Im Bundestag braucht Gröhe die Stimmen der Grünen nicht unbedingt. Sollte sein Gesetz zum Versandhandelsverbot durch den Bundesrat müssen, könnten die Grünen über die Bundesländer aber noch eine wichtige Rolle spielen. Allerdings: NRW-Gesundheitsministerin Steffens hat sich schon für ein Verbot des Rx-Versandes ausgeprochen. Im Interview mit DAZ.online erklärt Schulz-Asche, welchen Kurs die Grünen verfolgen.
DAZ.online: Frau Schulz-Asche. Mit der SPD ist ein Verbot des Rx-Versandhandels wohl nicht zu machen. Wie sieht es bei den Grünen aus?
Schulz-Asche: Der EuGH hat in seinem Urteil beschrieben, dass der freie Warenverkehr zwar grundsätzlich mit dem Ziel der Gewährleistung einer sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung einzuschränken ist. Das gilt aber nur dann, wenn der damit verbundene Eingriff auch tatsächlich dieses Ziel verfolgt und erreicht. Die Apothekenpreisbindung,die der EuGH nun in Teilen aufgehoben hat, wurde mit dem Ziel eingeführt, einen ruinösen Preiswettbewerb unter den Apotheken zu verhindern und so eine sichere und flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Auch wir wollen bei Arzneimitteln die Qualität der Versorgung in den Vordergrund stellen und keine Preiskämpfe zulassen, die zu einer schlechteren Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln führen. Weitere Eingriffe in den Arzneimittelmarkt, wie das angesprochene Verbot des Versandhandels, müssen sich nun an diesen Zielen messen lassen und Nachweislich zur Stärkung der Arzneimittelversorgung beitragen. Dass ein Verbot des Versands von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln diese vom EuGH aufgestellten Kriterien erfüllen kann, ist aus unserer Sicht fraglich.
DAZ.online: Warum sollte der Versandhandel erhalten werden?
Schulz-Asche: Der Versand von Rx-Arzneimitteln, welche durch die Rot-Grüne Regierung in 2004 ermöglicht wurde, im Übrigen unter Zustimmung der Union, stellt ein berechtigtes Verbraucherinteresse dar. Apotheken, wie auch Versandapotheken, stellen wichtige Bestandteile unserer Gesundheitsversorgung dar und bedienen unterschiedliche Bedürfnisse. Auch in Teilen der SPD schreckt man übrigens davor zurück, kranken Menschen den einfachen Weg der Arzneimittelversorgung per Versandhandel zukünftig zu versperren.
Die Bundesregierung hat einiges versäumt
DAZ.online: Den Versandhandel wollen sie erhalten. Durch das Urteil hat sich im Markt aber einiges getan. Was soll Ihrer Meinung nach denn nun passieren?
Schulz-Asche: Es liegt jetzt an der Bundesregierung, alle möglichen Alternativen aufzuzeigen, mit denen auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige und bezahlbare Versorgung sichergestellt werden kann. Die Bundesregierung hatte ja genug Zeit, um sich darauf vorzubereiten.
DAZ.online: Wie meinen Sie das?
Schulz-Asche: Eineinhalb Jahre hing das Verfahren über die Zukunft der deutschen Arzneimittelversorgung beim EuGH, und trotzdem hat sich die Bundesregierung offensichtlich keine Zeit genommen, sich für den jetzt eingetretenen Fall vorzubereiten. Im Urteil selbst wird deutlich darauf hingewiesen, dass zur Beibehaltung der bisherigen Rechtslage keine ausreichenden Gründe vorgetragen wurden. Das ist ein klares Versäumnis der Regierung - zu Lasten der Patienten. Minister Gröhe sollte nun endlich deren Wohl in den Mittelpunkt stellen und aufzeigen, welche Handlungsoptionen wir haben, um im Einklang mit europäischem Recht auch in Zukunft die Arzneimittelversorgung sicherzustellen.
DAZ.online: Sollte es die CDU doch schaffen, im Bundestag eine Mehrheit für das Rx-Versandverbot zu organisieren, könnten die Grünen im Bundesrat noch Widerstand leisten. Wirken Sie darauf hin?
Schulz-Asche: Über ein mögliches Vorgehen kann erst entschieden werden, wenn alle Optionen auf dem Tisch liegen und Chancen und Risiken aller Alternativen eruiert wurden. Für mich und meine Parteikolleginnen und –kollegen in den Ländern steht dabei im Vordergrund, dass die Patienten von einer möglichen Lösung profitieren müssen und die Daseinsvorsorge von Apotheken, auch im ländlichen Raum, sichergestellt wird. Von Schnellschüssen, die dann in einem späteren Verfahren womöglich erneut kassiert werden, raten wir ab.
13 Kommentare
Der Zweitbeste Weg
von Wolfgang Müller am 02.11.2016 um 17:12 Uhr
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50%
von Anita Peter am 02.11.2016 um 13:40 Uhr
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von Jöntgen am 02.11.2016 um 12:34 Uhr
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von gabriela aures am 02.11.2016 um 13:37 Uhr
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von Dr. Radman am 01.11.2016 um 16:04 Uhr
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von Anita Peter am 01.11.2016 um 14:18 Uhr
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