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Transatlantisches Freihandelsabkommen
Merkel und Obama hoffen weiter auf TTIP
Für das Freihandelsabkommen TTIP könnte diese Woche entscheidend werden: Barack Obama will bei seinem Deutschlandbesuch eine baldige Einigung ermöglichen. Doch die wichtigsten Ziele könnten unerreicht bleiben – außer im Bereich der Pharmaindustrie.
Es sind harte Zeiten für das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP: Im vergangenen Monat wiederholte Frankreich seine Drohung, es notfalls scheitern zu lassen, wenn die USA nicht entscheidende Schritte hin zu einem Kompromiss machen. In Hannover fanden sich am Wochenende 35.000 Menschen zusammen, die gegen TTIP protestierten. Mit dabei waren auch Vertreter des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, die Apotheker zur Teilnahme an der Demo aufgerufen hatten.
Dort ist US-Präsident Barack Obama am Sonntag gelandet, um die Hannover-Messe zu eröffnen – und um gleichzeitig die Verhandlungen zu TTIP voranzubringen. Angesichts der verfahrenen Lage setzte Reinhold Festge, Cheflobbyist des Maschinenbauverbandes VDMA, hohe Erwartungen in den Besuch von Obama: „Er ist vielleicht unsere letzte Chance, dass wir TTIP noch umgesetzt bekommen“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Seine Einschätzung nach sei eine „schweigende Mehrheit“ für das Abkommen.
Fraglich ist, ob es Obama und seinen EU-Partnern gelingt, die Verhandlungen noch in der Amtszeit des jetzigen US-Präsidenten abzuschließen – ansonsten dürfte sich das Freihandelsabkommen um Jahre verschieben. Unklar bleibt außerdem, was es mit sich bringt. Jürgen Knirsch von Greenpeace sieht TTIP als „Angriff auf die Demokratie“, während Industrievertreter sich zukünftig vereinheitlichte Standards und somit geringere Kosten erhoffen. Doch die Hoffnungen könnten enttäuscht werden. „Wir haben im Bereich Auto bisher eine Einigung bei Gurtverankerungen und Scheinwerfern erreicht“, verkündeten die Verhandler im Februar. Auch in vielen anderen Bereichen ist noch völlig offen, ob die Standards tatsächlich angeglichen werden können.
Wenn jedoch schon bei Blinker und Rückspiegel die Fragezeichen überwiegen, könnten für die Industrie die wichtigsten Vorteile wegbrechen. Die Verhandlungen im Bereich Maschinenbau sollte nach Informationen des Recherchebüros correctiv.org schon ganz eingestellt werden. Ein wichtiger Grund würde immer klarer: Die US-Verhandler hätten gar kein ausreichendes Mandat, um verbindliche Richtlinien zur Vereinheitlichung von Standards verhandeln zu können, da oft Bundesstaaten hierfür verantwortlich sind – und nicht Washington.
Anders sieht es beim zentral geregelten Pharmasektor aus: Hier gibt es schon seit einiger Zeit Einigung bei der Vereinheitlichung und gegenseitigen Anerkennung von klinischen Studien. Diese können helfen, doppelt durchgeführte Studien zu vermeiden, was die Industrie erfreut und Probanden keinem unnötigem Risiko aussetzt.
Dennoch gibt es auch hier Widerstand: Die Standards würden bei TTIP aus ökonomischen Gründen gewählt und nicht um Patienten zu schützen, wie Gerd Antes vom Deutschen Cochrane-Zentrum sagte. Wie der EU-Ombudsmann kritisiert er gegenüber DAZ.online scharf, dass TTIP zu vermehrter Intransparenz bei den Studienergebnissen führen könnte.
Auch die ABDA protestiert
TTIP soll außerdem die Patentlaufzeiten von Biopharmazeutika verlängern – und die Gesundheitsberufe deregulieren, was bei der ADBA und der Bundesärztekammer auf Widerstand gestoßen ist. „Freihandelsabkommen dienen der wirtschaftlichen Entwicklung, aber sie müssen dort ihre Grenzen haben, wo sie die medizinische Versorgung der Patienten beeinträchtigen“, schrieben sie in einer Stellungnahme. Die Generaldirektorin der WHO Margaret Chan sprach sogar davon, dass Regierungen sich durch Freihandelsabkommen zunehmend selber in Handschellen legen und sich ihrer politischen Handlungsmöglichkeiten berauben.
Während Bundeskanzlerin Angela Merkel in Hannover sagt, TTIP sei gut für die deutsche Wirtschaft – wie auch „für die gesamte europäische Wirtschaft“ – sieht ein Teil der Industrie TTIP immer kritischer. Zwar treten große Konzerne weiter für das Abkommen ein und der Verband NiedersachsenMetall plakatiert in Hannover mit „TTIP is hope“, doch laut einer Umfrage überwiegen für nur 22 Prozent der Mittelständler die positiven Auswirkungen. Bei der Mitgliederbefragung des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft und der Schöpflin-Stiftung gaben hingegen zwei Drittel der Firmen an, sie erwarten „eher negative“ oder „sehr negative“ Effekte durch TTIP.
1 Kommentar
TTIP
von Jens-Wilhelm Salchow am 25.04.2016 um 19:19 Uhr
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