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Die Proteste sind vorbei – und nun?

Foto: Philip Kottlorz Fotografie

Julia Borsch, Chefredakteurin der DAZ

Das war er also der Protestmonat. An vier Mittwochen im November sind Apothekenteams im Norden, Westen, Süden und Osten auf die Straße gegangen, um auf die Lage der Apotheken aufmerksam zu machen. Sie sind laut geworden, sie haben Geschlossenheit gezeigt. Sie haben ebenso wie die anwesenden Standespolitikerinnen und -politiker deutlich gemacht, dass es so nicht weitergeht und was sie von den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach halten, das Apotheken­system zu reformieren. Kompliment an alle, die dabei waren! (s. S. 12). Es war beeindruckend!

Dass der Protest den Minister nicht merklich beeindruckt hat, überrascht wohl niemanden. Auf ihn wird es auch am Ende nicht ankommen. Er macht zwar den ersten Aufschlag für ein Gesetz zu einer möglichen Apothekenreform – mit dem Entwurf ist jederzeit zu rechnen. Im Gesetzgebungsverfahren gibt es aber noch an vielen Stellen Einflussmöglichkeiten. Die ABDA setzt ihre Hoffnungen aufs parlamentarische Verfahren. Am Ende entscheidet das Parlament und nicht der Bundesgesundheitsminister allein. Die Standesvertretung hat auch bereits angekündigt, nach den Novemberprotesten erst einmal eine Protestpause einlegen zu wollen. Jetzt sei es an der Zeit politische Gespräche zu führen. Wenn das nichts bringe, müssten die Apotheken mit anderen Maßnahmen weitermachen, erklärte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kürzlich bei der Kammerversammlung in Kiel. Dafür gäbe es schon Pläne, die sie aber noch nicht verraten wollte.

In den Augen vieler Kolleginnen und Kollegen wäre die beste Möglichkeit, Druck auszuüben, die Kündigung der Rahmen- und Lieferverträge mit den Kassen. Nach dem Motto: Sollen die doch sehen, wie sie ihre Versicherten mit Arzneimitteln versorgt bekommen. Auch wenn das zunächst nach einer sehr charmanten Idee klingt, wird doch bei genauerem Hinsehen schnell deutlich: So einfach ist das nicht (s. S. 9). Da sind zum einen gesetzliche Regelungen, die über denen des Rahmenvertrags stehen und die ohne die Flanken, Erleichterungen und Klarstellungen, die der Rahmenvertrag bietet, für die Apotheken kaum rechtssicher zu erfüllen sind. Und zum anderen: Wollen die Apotheken gegen die Kassen nur den Hauch einer Chance haben, müssen sie als Kollektiv auftreten. Dieses Kollektiv wäre aber mit der Kündigung der Verträge dahin. Apothekenrechtsexperte Professor Elmar Mand glaubt nicht, dass der Abbruch der Vertragsbeziehungen zu den Kassen etwas Gutes für die Apotheken hervorbringt, er sieht in diesen Forderungen einen verständlichen, letztlich aber nur „symbolischen Verzweiflungsschrei“.

Somit bleibt nur abzuwarten, was die ABDA noch im Köcher hat, um auf die Proteste noch eins draufzusetzen. Leicht wird das sicher nicht.

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