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Schwerpunkt Retaxierung
Hilfe zur Selbsthilfe
Wie das DAP die Apotheken bei der Verhinderung und beim Klären von Retaxierungen unterstützt
Im Laufe der Zeit hat das DAP weit mehr als 100 abgabespezifische Arbeitshilfen zur Retaxvermeidung und zur Unterstützung bei der Rezeptbelieferung entwickelt. Hauptthemen sind z. B. die Umsetzung von Rabattverträgen, der Rahmenvertrag, Arzneiversorgungsverträge, die Packungsgrößenverordnung sowie die vergleichende Beurteilung von Original und Import. Für fast jede Abgabesituation existiert eine DAP-Arbeitshilfe, die bei der Rezeptbearbeitung Schritt für Schritt, meist in Form eines Fließschemas, zur richtigen Abgabe leitet.
Allround-Arbeitshilfe „Rezept-Check“
Für die Rezeptprüfung, die bei jeder Rezeptbelieferung gleich zu Anfang erfolgen sollte, bietet das DAP eine 12-seitige Arbeitshilfe an. Diese listet anhand eines nummerierten Beispielrezeptes auf, welche Angaben ein vollständig ausgefülltes Kassenrezept enthalten muss. Diese gilt es immer sorgfältig zu prüfen, denn fehlende oder nicht korrekte Angaben auf dem Rezept können eine Retax nach sich ziehen. Einige Bestandteile auf dem Rezept darf der Apotheker aber auch selbst korrigieren oder ergänzen. Wussten Sie, dass der Apotheker in dringenden Fällen die Dosierung, auch ohne Rücksprache mit dem Arzt, ergänzen darf? Ebenso darf der Apotheker die Angaben ergänzen, wenn der Hinweis auf die schriftliche Anweisung oder einen Medikationsplan fehlt und ihm die Angaben zweifelsfrei bekannt sind. Wenn der Patient einen Medikationsplan oder eine Dosierungsanweisung vorlegen kann, dann kann der Apotheker z. B. den Hinweis „Medikationsplan liegt vor“ oder die genaue Dosierung aus dem Plan auf der Verordnung ergänzen. Zusätzlich ist die Ergänzung abzuzeichnen und das Datum zu ergänzen, falls die Änderung und das Abgabedatum nicht auf einen Tag fallen. Diese Informationen und viele andere hilfreiche Tipps finden Sie in der DAP-Arbeitshilfe „DAP Rezept-Check“.
BtM-Rezepte – immer wieder eine Retaxfalle
Die korrekte Belieferung von BtM-Rezepten folgt strengen rechtlichen und vertraglichen Regelungen. Auch zu diesem Thema fasst das DAP alle wichtigen Informationen und Vorgaben in schematischen Arbeitshilfen zusammen, um Apothekenteams bei der Abgabe zu unterstützen. Beispielsweise gibt die DAP-Arbeitshilfe „Erforderliche Angaben auf dem BtM-Rezept“ Tipps zum Schutz vor den häufigsten Retaxationen bei BtM-Verordnungen und listet alle Angaben auf, die laut Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung auf einem BtM-Rezept enthalten sein müssen. Auch hier führt ein nummeriertes Beispielrezept durch die erforderlichen Angaben auf einer BtM-Verordnung. Bei Ergänzungen und Korrekturen hat die Apotheke auch hier Spielraum. Nach Rücksprache mit dem Arzt können alle Änderungen selbstständig (Ausnahmen: Unterschrift des Arztes und Aut-idem-Kreuz) auf dem BtM-Rezept vorgenommen werden. Auf Teil I und II des Rezeptes vermerkt der Apotheker seine Korrekturen oder Ergänzungen und zeichnet diese mit dem Datum und seiner Unterschrift ab. Der Arzt hingegen muss Teil III der Verordnung korrigieren oder ergänzen.
Was ist bei einem T-Rezept zu beachten?
Vor allem bei nicht alltäglichen Rezepten, wie etwa T-Rezepten, ist bei der Rezeptbelieferung oft guter Rat teuer. Hier sind besondere Vorschriften zu beachten: So muss der Arzt z. B. auf dem Rezept bestätigen, dass alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten wurden. Auf dem DeutschenApothekenPortal finden Sie viele Arbeitshilfen zu diesem Thema und sogar ein Video, das Ihnen die Abgabe Schritt für Schritt erklärt. Seit Kurzem spielt mit dem Patentablauf von Lenalidomid der generische Austausch auch bei T-Rezepten eine Rolle: Auch bei T-Substanzen muss ein Austausch auf Rabattarzneimittel erfolgen, wenn ein aut-idem-konformer Austausch möglich ist. Ist die Abgabe eines Rabattarzneimittels nicht möglich, muss eines der vier preisgünstigsten aut-idem-konformen Arzneimittel abgegeben werden. Rabattierte Arzneimittel haben dabei wie gewohnt Vorrang bei der Abgabe. Sollte ein Rabattvertrag übersehen werden, könnte dies zu einer kostspieligen Nullretaxation führen. Informationen finden Sie in den DAP-Arbeitshilfen mit den Titeln „Erforderliche Angaben auf dem T-Rezept“ und „Generischer Austausch bei T-Rezepten“.
Entlassrezepte
Auch bei Entlassrezepten ist Vorsicht geboten. Das Entlassmanagement dient dazu, eine lückenlose Anschlussversorgung der Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt oder nach Erhalt stationsäquivalenter Leistungen sicherzustellen, sodass sich die Rezeptgültigkeit dieser Rezepte auf einen Zeitraum von drei Werktagen inklusive des Ausstellungsdatums beläuft. Achtung: Die Entlassrezepte weisen die additive Kennzeichnung „Entlassmanagement“ im Personalienfeld im Rezeptkopf auf. BtM- und T-Rezepte weisen diese Kennzeichnung hingegen nicht auf, sondern sind nur am Kennzeichen „4“ im Statusfeld und an der mit „75“ beginnenden BSNR zu erkennen. Die DAP-Arbeitshilfe „Entlassmanagement“ unterstützt Apotheken bei der Belieferung von Entlassrezepten und zeigt, worauf bei der Rezeptprüfung in der Apotheke besonders geachtet werden muss.
Rezepte mit Kreuz
Hat der Arzt das Feld „aut idem“ markiert (z. B. durch Kreuz, Kringel, Haken, Strich), bedeutet dies ein Substitutionsverbot auf ein wirkstoffgleiches generisches Arzneimittel. Allerdings gilt dies nicht für den Austausch zwischen Original und Import bzw. zwischen Import und Original. Diese Präparate gelten als identisch, daher greift das Austauschverbot allein durch Setzen des Kreuzes nicht. Bei Ersatzkassen gibt es eine Ausnahme: Hier kann der Austausch durch Setzen des Aut-idem-Kreuzes sowie eines zusätzlichen Vermerks, dass aufgrund von medizinisch-therapeutischen Gründen die Abgabe des verordneten Arzneimittels erfolgen soll, verhindert werden (vgl. § 5 Abs. 9 Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen). Für Primärkassen gibt es solch eine Regelung meistens nicht – Apotheken sollten dies im für sie zutreffenden Vertrag prüfen.
Die DAP-Arbeitshilfe „Umsetzung von Rabattverträgen: Rezepte mit Aut-idem-Kreuz“ zeigt anhand eines Fließschemas, wie die richtige Abgabe bei Originalarzneimitteln, Importen und Generika erfolgt.
Dokumentation Pharmazeutischer Bedenken
In begründeten Einzelfällen dürfen Apotheker Pharmazeutische Bedenken geltend machen, um eine therapiegefährdende Substitution auf ein Rabattarzneimittel zu verhindern. Die Anwendung sollte immer für den vorliegenden individuellen Fall geprüft werden und ein ausführliches Beratungsgespräch sollte vorher stattgefunden haben. Wenn aber feststeht, dass ein Austausch für den Patienten keine Option darstellt, können und sollten Apotheken von den Pharmazeutischen Bedenken Gebrauch machen. Dabei obliegt die Entscheidung dafür allein den Apotheken. Nur hier kann die Entscheidung gefällt werden, und diese darf auch nicht im Nachhinein von einer Krankenkasse infrage gestellt werden – vorausgesetzt, die Bedenken sind ausreichend gut für den vorliegenden Fall begründet und rahmenvertragskonform auf dem Rezept dokumentiert. Wie die richtige Rezeptbedruckung erfolgt, zeigt die DAP-Arbeitshilfe „Pharmazeutische Bedenken – Dokumentation“.
Verwendung von Sonderkennzeichen
Auch Sonderkennzeichen kommen in Apotheken täglich zum Einsatz, und das aus den unterschiedlichsten Gründen: sei es eine nicht verfügbare Rabattarznei, ein Akutfall oder das Anmelden von Pharmazeutischen Bedenken. Die DAP-Arbeitshilfe „Sonderkennzeichen richtig anwenden“ gibt Ihnen hier eine Anleitung zur retaxsicheren Anwendung. Gut zu wissen: Eine nicht vorhandene oder nicht ausreichende Dokumentation auf dem Rezept führt in vielen Fällen zu einer Retax, daher sollte hier sorgfältig gearbeitet werden.
Der Preisanker ist auch noch da
Mit der namentlichen Verordnung eines bestimmten Arzneimittels setzt der Arzt eine Preisgrenze (= Preisanker). Diese darf die Apotheke bei der Auswahl und Abgabe eines Arzneimittels gemäß Rahmenvertrag nicht überschreiten. Der Preis des verordneten Arzneimittels ist die Preisobergrenze, bis zu der die Apotheke ein Arzneimittel auswählen darf, wenn keine Rabattverträge zu beachten sind. Kommt es zu einer Überschreitung des Preisankers, z. B. bei einer Nichtlieferbarkeit oder im akuten Abgabefall, so ist dies auf dem Rezept per Sonder-PZN und ggf. erklärendem Vermerk (abgezeichnet mit Datum und Kürzel) nach § 14 Abs. 1 und 2 Rahmenvertrag zu dokumentieren. Abgegeben wird dann das nächstpreisgünstigste verfügbare Arzneimittel. Achtung: Sollte es durch Anwendung Pharmazeutischer Bedenken zu einer Überschreitung des Preisankers kommen, so ist weiterhin eine Rücksprache mit dem Arzt nötig. Die DAP-Arbeitshilfen „Überschreitung des Preisankers“ und „Preisanker“ schildern das genaue Vorgehen.
Heilen muss erlaubt sein!
Apothekenmitarbeiter können in Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt bestimmte Angaben auf einem Muster-16- bzw. BtM-Rezept ergänzen oder korrigieren. Das Recht des Abgebenden zur Korrektur oder Ergänzung einer fehlerhaften Verordnung wurde schon im Juni 2016 im bundesweit gültigen Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung gemäß § 129 Abs. 2 SGB V genauer definiert. Auch im neuen Rahmenvertrag vom 1. Juli 2019 ist der entsprechende Paragraf zu finden. Wichtig: Jede Ergänzung oder Korrektur muss der Abgebende auf dem Rezept vermerken und abzeichnen. Die DAP-Arbeitshilfe „Heilungsmöglichkeiten nach § 6 Rahmenvertrag“ stellt dar, welche Angaben die Apotheke vor der Rezeptbelieferung auf Kassenrezepten und BtM-Rezepten nach Rücksprache ergänzen oder korrigieren darf, ohne mit einer Retaxation rechnen zu müssen.
Hier geht es zu den
DAP Retax-Arbeitshilfen:
Fazit
Retaxierungen wird es leider weiterhin in Apotheken geben. Auch wenn E-Rezepte irgendwann zur Normalität in Apotheken werden, wird es zahlreiche Fallstricke in der Rezeptbelieferung geben. Es hilft eigentlich nur, das Apothekenteam beim Thema korrekte Rezeptbelieferung und Vermeidung von Retaxierungen fit zu halten.
Tipp: Eine Weiterentwicklung der DAP Retax-Arbeitshilfen ist das DAP-Arbeitsbuch, das zu jeder enthaltenen Arbeitshilfe ein Kapitel mit ausführlichen Erläuterungen sowie FAQ enthält. |
Weitere Artikel zum Thema "Schwerpunkt Retaxierung" in dieser DAZ-Ausgabe:
- Thomas Noll: Ressourcenstehlend. Apotheken kämpfen gegen Retaxierungen.
- Christina Dunkel: Aufschlussreiche Ergebnisse. Umfrage zu Erfahrungen und Umgang der Apotheken mit Retaxierungen.
- Corinna Lammert: Achtung, Falle! Wann Apotheken Gefahr laufen, retaxiert zu werden.
- Armin Edalat: „Niemand ist uns entscheidend entgegengekommen“. AVWL-Chef Thomas Rochell hält Retaxierungen für schwerwiegende Sanktionen.
- Heike Warmers: Retaxiert, und nun? Apotheken sollten bestimmte Fristen einhalten.
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