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Schwerpunkt Retaxierung

Achtung, Falle!

Wann Apotheken Gefahr laufen, retaxiert zu werden

Täglich trudeln in deutschen Apotheken Retaxierungen der Krankenkassen ein. Dabei sind es in den meisten Fällen immer die gleichen Fehler bzw. Gründe, die eine Retax nach sich ziehen. Welches die typischen Fallen sind und wie man ihnen vorbeugen kann, wird im folgenden Beitrag dargestellt. | Von Corinna Lammert

In der bereits auf S. 44 vorgestellten DAP-Umfrage wurden Apothekenteams u. a. nach den häufigsten Gründen für Retaxierungen gefragt. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten Retaxierungen wegen eines falschen Zuzahlungsstatus, Missachtung der Rabattverträge, fehlender Sonder-PZN und einer unwirtschaftlichen Abgabe (Vergleich Original vs. Import) zustande kamen. Retaxierungen aufgrund solcher Fehler sind einfach nur sehr ärgerlich und im Grunde oft vermeidbar.

Falscher Zuzahlungsstatus

Krankenkassen retaxieren gerne Rezepte, bei denen der Status falsch angekreuzt wurde. Üblicherweise kommt es zu Problemen, wenn der Arzt fälschlicherweise den Ge­bührenstatus als „frei“ gesetzt hat und der Apotheker dem Patienten das Medikament dementsprechend ohne Zuzahlung abgegeben hat. Es gibt aber auch Retaxierungen, wenn die Apotheke das Kreuz für „Gebühren frei“ selber ankreuzt und dies nicht den Tatsachen entspricht bzw. es nicht von der Apotheke abgezeichnet wird. Wenn die Apotheke ein Kreuz beim Zuzahlungsstatus selber setzt, sollte immer ein Blick auf den aktuellen Befreiungsausweis geworfen werden, da nämlich vor allem zum Jahreswechsel oft noch die alten Ausweise vorgezeigt werden. Übrigens können Apotheken mittlerweile bei einigen Krankenkassen den aktuellen Zuzahlungsstatus der Patienten selbst abfragen. Ein Teil der AOKs bietet mittlerweile über ein Online-Portal eine OHA (Online Hintergrund Abfrage) an. Dort können sich Apo­theken registrieren und den Befreiungsstatus von Ver­sicherten abfragen. Für den Fall, dass die verschreibende Person ein falsches Kreuz gesetzt hat, können Apotheken sich auf § 6 Abs. 2d4 Rahmenvertrag beziehen. Denn laut des Rahmenvertrages haben Apotheker trotzdem einen Vergütungs­anspruch, wenn es „sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. […] Um einen unbedeutenden Fehler im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Buchstabe d) handelt es sich insbesondere: […] wenn die Apotheke eine von der verschreibenden Person fälschlicherweise als „Gebühr frei“ gekennzeichnete Verordnung ohne Einbehaltung einer Zuzahlung abgibt“. Bei einem durch den Arzt falsch gesetzten Zu­zahlungsstatus darf die Krankenkasse also nicht die Apotheke retaxieren.

Missachteter Rabattvertrag

Die Missachtung eines Rabattvertrages ist ein besonders ärgerlicher Fehler, weil dies meist zu einer Nullretaxierung führt. Zunächst ist bei der Rezeptbelieferung zu beachten, dass wirklich vom verschriebenen Arzneimittel und der auf dem Rezept angegebenen Krankenkasse ausgegangen wird. Geht man von einem anderen wirkstoffgleichen, aber nicht aut-idem-konformen Arzneimittel aus, kann dies zu Fehl­abgaben führen, da hier teils abweichende Rabattverträge existieren. Dies kann beispielsweise bei Arzneimitteln mit unterschiedlichen Indikationen oder abweichenden, nicht austauschbaren Darreichungsformen der Fall sein. Auch die IK-Nummer sollte wie auf dem Rezept vermerkt eingegeben werden. Es lohnt sich auch immer, bei Patienten mit Kundenkarte die IK-Nummer auf dem Rezept mit der in der Kundendatei gespeicherten IK-Nummer zu vergleichen, da Patienten manchmal zwischendurch die Krankenkasse wechseln und dies nicht immer allen in der Rezeptbearbeitung Beteiligten mitgeteilt wird. Natürlich gibt es zahlreiche Fälle, in denen von der Abgabe eines Rabattarzneimittels abgewichen wird. Bei berechtigtem Abweichen von Rabattverträgen wegen Nichtverfügbarkeit, akutem Fall oder pharmazeutischen Bedenken muss immer eine Dokumentation auf dem Rezept aufgebracht werden. Dazu muss die Sonder-PZN 02567024 plus der entsprechenden Faktor sowie in bestimmten Fällen auch eine individuelle Begründung auf dem Rezept vermerkt werden. Eine fehlende Dokumentation ist eine weitere typische Retaxfalle.

Fehlende Sonder-PZN

Eine fehlende Sonder-PZN/Dokumentation auf dem Rezept führt erfahrungsgemäß häufig zu Retaxierungen. Der Rahmenvertrag verlangt für eine Abweichung von der Abgaberangfolge eine definierte Dokumentation auf dem Rezept, bestehend aus Sonder-PZN, zugehörigem Faktor sowie im Akutfall und bei pharmazeutischen Bedenken eine zusätzliche Begründung, abgezeichnet mit Datum und Kürzel. Ganz nach dem Sprichwort „Doppelt hält besser“ sollten daher am besten immer Sonder-PZN und Vermerk auf dem Rezept notiert werden. Ist eine Dokumentation unvollständig, besteht dennoch Hoffnung: Denn laut § 6 Abs.2 g3 hat die Apotheke trotzdem Anspruch auf eine Vergütung, wenn es „sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. […] Um einen unbedeutenden Fehler im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Buchstabe d) handelt es sich insbesondere: Wenn bezogen auf den Rahmenvertrag […] die Apotheke in den Fällen des § 14 Absatz 1 (Nichtverfügbarkeit), des § 14 Absatz (Akutversorgung, Notdienst) sowie des § 14 Absatz 3 i.V.m. § 17 Absatz 5 ApBetrO („pharmazeutische Bedenken“) dieses Rahmenvertrages

  • entweder nur das vereinbarte Sonderkennzeichen oder
  • nur einen Vermerk auf der papiergebundenen Verordnung aufträgt oder
  • im Fall, dass Vermerk und Sonderkennzeichen auf der papiergebundenen Verordnung fehlen, einen objektivier­baren Nachweis im Beanstandungsverfahren erbringt; […]“

Für den Fall, dass sowohl die Sonder-PZN als auch der Vermerk vergessen wurde, hat die Apotheke die Möglichkeit, bei einem Einspruch anhand von Beweisen die Notwendigkeit der Abweichung von der Abgaberangfolge zu belegen. Ein Beweis für pharmazeutische Bedenken könnte laut Kommentar des Deutschen Apothekerverbands zum Beispiel folgender sein: „[…] die Angabe der verordneten Dosierung und der Nachweis, dass Rabattartikel in der geforderten Dosierung nicht verabreicht werden können (z. B. wegen fehlender Teilbarkeit) oder eine entsprechende Bestätigung durch den Arzt“. Auch die Dokumentation einer Nichtlieferbarkeit ist demnach im Nachgang noch möglich. Da aber jede Retaxation und der damit einhergehende Aufwand für die Bearbeitung zeitaufwendig ist, sollte schon direkt bei der Rezeptbearbeitung darauf geachtet werden, dass die Dokumentation auf dem Rezept vollständig ist. Aber nicht nur auf die Dokumentation der Sonder-PZN muss geachtet werden. Beispielsweise kann auch eine fehlende Unterschrift auf der Rückseite des Rezeptes bei Hilfsmitteln zu Retaxierungen führen. Dabei muss die Unterschrift von dem Versicherten oder einem gesetzlichen Vertreter geleistet werden, eine Unterschrift durch Apothekenmitarbeiter ist unzulässig und wird von den Krankenkassen retaxiert.

Unwirtschaftliche Abgabe

Auch Retaxierungen wegen unwirtschaftlicher Abgabe gehören zur Tagesordnung in Apotheken. Dies spiegelt sich auch oft in den Anfragen an das DAP wider. Da Importe und bezugnehmende Originale als identisch angesehen werden, sind diese miteinander austauschbar. Eine Retaxfalle wäre zum Beispiel, wenn ein nicht rabattierter Import abgegeben wird, obwohl das Original rabattiert ist. Das gilt natürlich auch umgekehrt, wenn anstelle eines rabattierten Originals ein nicht rabattierter Import abgeben wird. Auch ein Aut-idem-Kreuz schützt in diesem Fall nicht vor einem Austausch, da Importe und bezugnehmende Originale als identisch angesehen werden. Vorrang hat in diesen Fällen immer der Rabattvertrag. Auch sind Importe nicht immer die wirtschaftlichere Option. Es kann vorkommen, dass ein Import im Vergleichs-VK teurer als das Original ist. In diesem Fall wäre dann das Originalpräparat abzugeben, da das teurere Importpräparat gemäß Rahmenvertrag als unwirtschaftlich gilt. Sind keine Rabattverträge vorrangig zu beachten, gilt Folgendes: Bei Originalverordnungen dürfen Apotheken das Original oder alle Importe bis zur Preisgrenze (Preisanker) des Originals unter Berücksich­tigung des persönlichen Einsparziels abgeben. Bei einer Importverordnung dürfen Apotheken unter den Importen frei wählen, die nicht teurer als der verordnete Import sind. Fällt das Original auch in diese Preisgrenze, kann dieses natürlich auch abgegeben werden. Dabei ist immer der Vergleichs-VK zu betrachten. Hier ist noch eine weitere Besonderheit zu beachten. Gemäß § 13 Absatz 2 Satz 4 Rahmenvertrag muss das Arzneimittel mit den geringsten Mehrkosten für den Patienten abgegeben werden:

„Es darf nur ein Fertigarzneimittel ausgewählt werden, das abzüglich der gesetzlichen Rabatte nicht teurer als das namentlich verordnete Fertigarzneimittel ist. Hiervon aus­genommen ist der Fall, dass für diese Mehrkosten durch die Versicherte/den Versicherten geleistet werden müssen, aber aufzahlungsfreie Fertigarzneimittel zur Verfügung stehen; diese sind in diesem Fall bevorzugt abzugeben. Überschreitet der Abgabepreis sämtlicher, zur Auswahl stehender Fertig­arzneimittel den Festbetrag, ist ein Fertigarzneimittel mit einer möglichst geringen Aufzahlung für die Versicherte/den Ver­sicherten auszuwählen.“

Wenn also ein Arzneimittel zwar im Vergleichs-VK günstiger ist, jedoch mit höheren Mehrkosten für den Patienten verbunden ist, muss in diesem Fall ein Arzneimittel gewählt werden, welches die geringeren Mehrkosten hat, auch wenn der Vergleichs-VK höher ist.

Vergessenes „A“ auf BtM-Rezepten

Retaxierungen bei BtM-Rezepten kommen ebenfalls häufig vor und in der Vergangenheit gab es in diesem Bereich regelrechte Retax-Wellen. Vor allem bei Cannabis-Rezepturen kann eine Null-Retaxation wegen eines fehlenden „A“ schnell sehr teuer werden. Aber auch bei anderen BtM-Rezepten ist eine Retax ärgerlich, denn in diesem Fall ist ein Versuch auf Einspruch meist aussichtslos. Da dieser Fehler nicht explizit im Rahmenvertrag aufgeführt ist, beziehen die Krankenkassen sich in diesem Fall oft auf die Sorgfaltspflicht der Apotheken und deren Möglichkeit, die Angabe des „A“ vor Abgabe selbst zu heilen. Die Apotheke kann ein vergessenes „A“ nach Rücksprache mit dem Arzt vor der Abgabe ergänzen (dies ist abzuzeichnen mit Datum und Kürzel), der Arzt muss dieses dann auf dem in der Praxis verbliebenen Durchschlag ebenfalls ergänzen. Das Bundesgesundheitsministerium plant laut einem Verordnungs­entwurf zur Änderung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) von Ende Oktober, die Höchstmengenregelung für Betäubungsmittel zu streichen, sodass es in Zukunft vielleicht eine Retaxfalle weniger zu beachten gilt. Ein besonderes Augenmerk sollte bei BtM-Rezepten zur Vorbeugung von Retaxationen auch auf das Ausstelldatum gelegt werden. BtM-Rezepte müssen im Gegensatz zu den „normalen“ GKV-Rezepten innerhalb von sieben Tagen plus Ausstelldatum in der Apotheke vorgelegt werden.

Sonderrezepte

Neben BtM-Rezepten gibt es noch weitere Sonderrezepte, bei denen besondere Vorgaben zu beachten sind. Bei Nicht­beachtung droht auch hier in vielen Fällen eine Retax.

Acitretin-, Alitretinoin- und Isotretinoinrezepte sind für Frauen im gebärfähigen Alter laut § 3b AMVV nur bis zu sechs Tage nach dem Tag der Rezeptausstellung gültig. Dabei darf für diese Patientengruppe das Retinoid-haltige Arzneimittel für einen maximalen Therapiebedarf von 30 Tagen verschrieben werden. Die Apotheke hat hier eine Prüfpflicht. In diesem Fall reicht daher die Angabe des Vorhandenseins eines Therapieplanes nicht aus. Die Dosierung muss genau auf dem Rezept angegeben sein, damit die Apotheke die Reichweite kontrollieren kann. Die Dosierung kann nach Rücksprache mit dem Arzt ergänzt und mit Datum und Kürzel abgezeichnet werden.

Auch bei T-Rezepten ist auf eine begrenzte Gültigkeit zu achten: Diese sind laut § 3a AMVV bis zu sechs Tage nach dem Ausstellungsdatum gültig. Auch hier gilt für Frauen im gebärfähigen Alter eine Begrenzung der Höchstmenge:

„Die Höchstmenge der auf Verschreibungen nach Absatz 1 Satz 1 verordneten Arzneimittel darf je Verschreibung für Frauen im gebärfähigen Alter den Bedarf für vier Wochen, ansonsten den für zwölf Wochen nicht übersteigen.“

Es ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass eine genaue Dosierung vermerkt sein muss, da aber auch hier die Reichweite kontrolliert werden muss, sollte diese immer erfragt und auf dem Rezept dokumentiert werden. Neben der Gültigkeit und der Reichdauer müssen bei T-Rezepten auch immer die Kreuze an der richtigen Stelle gesetzt sein. Diese dürfen laut § 3a Abs. 2 auch nur von der verschreibenden Person gesetzt werden. Die Apotheke hat hier also keine Heilungsmöglichkeit.

„Verschreibungen nach Absatz 1 Satz 1 müssen die Bestätigung der ärztlichen Person enthalten, dass die Sicherheitsmaßnahmen gemäß der aktuellen Fachinformation eines entsprechenden Fertigarzneimittels eingehalten werden, insbesondere, dass erforderlichenfalls ein Schwangerschafts-Präventions­programm durchgeführt wird und dass der Patientin oder dem Patienten vor Beginn der medikamentösen Behandlung ge­eignete medizinische Informationsmaterialien ausgehändigt wurden. Ferner muss auf der Verschreibung vermerkt sein, ob eine Behandlung innerhalb oder außerhalb der jeweils zugelassenen Anwendungsgebiete erfolgt.“

Auch Entlassrezepte haben eine verkürzte Gültigkeit. Ein Entlassrezept ist drei Werktage inklusive dem Ausstellungsdatum gültig, Werktage sind alle Tage von Montag bis Samstag. Wird ein Rezept also am Freitag ausgestellt, ist es bis kommenden Montag gültig. Diese verkürzte Rezeptgültigkeit gilt auch für BtM- und T-Rezepte, die im Rahmen des Entlassmanagements ausgestellt werden. Bei Entlassrezepten muss besonders auf folgende Merkmale geachtet werden: Normale rosa Entlassrezepte tragen im Patientenfeld einen Balken mit der Aufschrift „Entlassmanagement“, die Betriebsstättennummer (BSNR) beginnt mit „75“ und im Statusfeld des Patienten ist die Ziffer „4“ eingetragen. Bei BtM- und T-Rezepten entfällt der Balken. Des Weiteren dürfen Ärzte auf ein Entlassrezept nur die kleinste definierte Normgröße oder weniger verschreiben. Das ist in den meisten Fällen eine N1-Packung, kann aber in Ausnahmen auch eine N2- oder N3-Packung sein, wenn keine kleineren Bereiche definiert sind. Zurzeit gilt noch bis zum 7. April 2023 die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung, laut der auf ein Entlassrezept auch eine Packung bis zur größten definierten Normgröße (N3) verschrieben werden darf.

Rezeptformalien

Neben den Fehlern wegen falscher Belieferung sind es oft auch die normalen Rezeptformalien, die zu Retaxationen führen. Deswegen sollten Apotheken Rezepte immer auf eine korrekte Ausstellung hin kontrollieren. Dabei werden von den verschreibenden Personen gerne die Arztunterschrift oder die Dosierung vergessen oder unvollständige Angaben zu Patienten und Arzt gemacht. Auch ein Blick auf das Ausstellungsdatum ist sinnvoll, um aufzudecken, dass das Rezept bei Vorlage in der Apotheke nicht mehr gültig ist. Laut § 11 Abs. 4 AM-RL sind GKV-Rezepte nach Ausstellungsdatum 28 Tage gültig.

„Verordnungen dürfen längstens 28 Tage nach Ausstellungsdatum zu Lasten der Krankenkasse beliefert werden. Die Belieferungsfrist endet auch dann mit dem Ablauf ihres letzten Tages, wenn dieser auf einen Samstag, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag fällt.“

Überschreitet ein GKV-Rezept die vorgegebene Frist, kann es noch als Privatrezept behandelt werden. Grundsätzlich gilt hier die allgemeine gesetzliche Gültigkeit einer Ver­ordnung nach § 2 Abs. 5 Arzneimittelverschreibungsver­ordnung (AMVV): „Fehlt die Angabe der Gültigkeitsdauer, so gilt die Verschreibung drei Monate.“ Der GKV-Patient hat also die Möglichkeit, das verschreibungspflichtige Arzneimittel als Selbstzahler zu erhalten.

Gerade für die Formalien gibt es viele Heilungsmöglich­keiten, von denen Apotheken unbedingt Gebrauch machen sollten, um Retaxationen vorzubeugen. Bei einer fehlenden Dosierung ist es der Apotheke erlaubt, diese durch Rücksprache mit dem Arzt zu ergänzen und mit Kürzel und Datum abzuzeichnen.

Laut § 2 Abs. 6 AMVV gilt Folgendes:

„Fehlt das Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, oder fehlen Angaben nach Absatz 1 Nummer 2, nach Nummer 5, zur Gebrauchsanweisung nach Nummer 4a oder zur Dosierung nach Nummer 7, so kann der Apotheker, wenn ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht möglich ist, die Verschreibung insoweit ergänzen.“

Des Weiteren gilt nach § 2 Abs. 6a AMVV:

„Fehlt der Vorname der verschreibenden Person oder deren Telefonnummer zur Kontaktaufnahme oder der Hinweis in der Verschreibung auf einen Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine schriftliche Dosierungsanweisung nach Absatz 1 Nummer 7, so kann der Apotheker auch ohne Rücksprache mit der verschreibenden Person die Verschreibung insoweit ergänzen, wenn ihm diese Angaben zweifelsfrei bekannt sind.“

Danach dürfen Apotheken die Dosierung also nach Rücksprache mit dem Arzt ergänzen. Falls im dringenden Fall keine Rücksprache mit dem Arzt möglich ist, kann die Dosierung auch ohne Rücksprache ergänzt werden. Wenn der Hinweis auf einen vorliegenden Medikationsplan fehlt und dem Apotheker diese Angabe zweifelsfrei bekannt ist, darf auch dieser ohne vorherige Rücksprache ergänzt werden.

Aus beiden Paragrafen lässt sich zusätzlich schlussfolgern, dass Apotheken fehlende Angaben zu Patienten oder auch der verschreibenden Person ergänzen dürfen. Auch im Rahmenvertrag findet man laut § 6 dazu folgende Angaben:

„Der Vergütungsanspruch der Apothekerin/des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […] es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. Um einen unbedeutenden Fehler im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Buchstabe d) handelt es sich insbesondere:

Wenn papiergebundene Verordnungen, die einen für die abgebende Person erkennbaren Irrtum enthalten, unleserlich sind oder § 2 Absatz 1 Nummern 1 bis 7 AMVV bzw. § 9 Absatz 1 Nummern 1 bis 8 BtMVV – unbeschadet der jeweils anwendbaren Gültigkeitsdauer – nicht vollständig entsprechen und die abgebende Person nach Rücksprache mit der verschreibenden Person die Angaben korrigiert oder ergänzt. Bei elektronischen Verordnungen gilt dies entsprechend, wenn sie einen für die abgebende Person erkennbaren Irrtum enthalten oder die Angaben den §§ 2 Absatz 1 Nummern 4 bis 6 und 7 AMVV bzw. 9 Absatz 1 Nummern 3 bis 6 BtMVV nicht vollständig entsprechen.

Korrekturen und Ergänzungen sind durch die abgebende Person auf dem papiergebundenen Verordnungsblatt zu vermerken und abzuzeichnen, bei der elektronischen Verordnung im elektronischen Abgabedatensatz aufzunehmen und mittels qualifizierter elektronischer Signatur zu signieren.

Eine Rücksprache mit der verschreibenden Person ist hinsichtlich der Angaben nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 AMVV und § 9 Absatz 1 Nummer 1, § 11 Absatz 1 Nummer 1 BtMVV bei papiergebundenen Verordnungen nicht erforderlich, wenn die überbringende Person des Verordnungsblattes diese Angaben nachweist oder glaubhaft versichert oder die Angaben anderweitig ersichtlich sind. Die Freistellung von der Rücksprache gilt auch dann, wenn bei einem dringenden Fall diese nicht möglich ist, das verordnete Arzneimittel sich für die Apotheke jedoch zweifelsfrei aus der Verordnung ergibt und damit gemäß § 9 Absatz 1 Nummer 3 BtMVV bzw. § 17 Absatz 5a Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) abgegeben wurde. Zudem muss die verschreibende Person im Nachhinein unverzüglich durch die Apothekenleiterin/den Apothekenleiter informiert worden sein.

Für Verordnungen nach § 3a AMVV gilt die Freistellung von einer Rücksprache nach den Sätzen 4 und 5 nicht; die Angabe des Ausstellungsdatums durch die verschreibende Person bleibt bei diesen Verordnungen entgegen Satz 1 zwingend.“

Folgende Formalien dürfen also von der Apotheke nach Rücksprache mit dem Arzt korrigiert werden.

1. Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden Person einschließlich Telefonnummer,

2. Datum der Ausfertigung, Ausstellungsdatum,

3. Name und Geburtsdatum der Person (BtMVV: zusätzlich Anschrift) für die das Arzneimittel bestimmt ist

4. Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke, (BtMVV: sofern zusätzlich notwendig: Bezeichnung und Gewichtsmenge des enthaltenen Betäubungsmittels je Packungseinheit bei abgeteilten Zubereitungen je abgeteilter Form),

5. Bei Rezepturarzneimitteln die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem Teilmengen abgegeben werden sollen, sowie eine Gebrauchsanweisung; einer Gebrauchsanweisung bedarf es nicht, wenn das Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird.

6. BtMVV: Menge des verschriebenen Arzneimittels in Gramm oder Milliliter, Stückzahl der abgeteilten Form,

7. Darreichungsformen, sofern Angabe zusätzlich notwendig,

8. BtMVV: Kennzeichnungspflichten nach § 9 Nummer 6 BtMVV mit A, S, Z, K, N

9. Der Vermerk „Praxisbedarf“ anstelle der Angaben des Patienten und der Gebrauchsanweisung,

10. BtMVV: Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe oder im Falle, dass dem Patienten eine schriftliche Gebrauchsanweisung übergeben wurde, ein Hinweis auf diese schriftliche Gebrauchsanweisung

11. AMVV: Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird.

Apotheken haben also umfangreiche Korrekturmöglich­keiten, von denen sie Gebrauch machen sollten.

OTC-Arzneimittel / Medizinprodukte auf Rezept

Zu guter Letzt führen auch verschriebene OTC-Produkte oder Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter Apotheken öfter einmal in die Retaxfalle. Dabei sind zwei wichtige Dinge zu beachten, um diese zu vermeiden:

  • OTC-Produkte sind nur dann erstattungsfähig für Kinder über 12 Jahren und Erwachsene, wenn sie in der Anlage I der AM-RL (OTC-Übersicht) gelistet sind und dann auch nur für die aufgeführten Indikationen.
  • Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter sind nur dann erstattungsfähig, wenn sie in der Anlage V der AM-RL der verordnungsfähigen Medizinprodukte namentlich gelistet sind. Auch hier sind die aufgeführten Indikationen und Altersgrenzen zu beachten.

In beiden Fällen muss der Arzt keine Diagnose auf dem Rezept vermerken. Wichtig für die Apotheke ist aber, dass eine auf dem Rezept vermerkte Diagnose einer Prüfungspflicht unterliegt und das Produkt nur bei Überein­stimmung abgegeben werden darf. Bei den Medizinprodukten ist zusätzlich zu beachten, dass nur genau die Präparate erstattungsfähig sind, die auch gelistet sind. Zum Beispiel sind die Augentropfen Hylo-Gel erstattungsfähig, Hylo-Comod jedoch nicht, da nur das Hylo-Gel gelistet ist.

Eine weitere Falle kann auftreten, wenn es zu einem Wirkstoff sowohl verschreibungspflichtige als auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gibt.

Laut § 18 Abs.2 Rahmenvertrag gilt Folgendes:

„Zwischen Fertigarzneimitteln, die sich hinsichtlich der Verschreibungspflicht unterscheiden, ist ein Austausch nicht zulässig.“

Dies bedeutet also, dass ein verordnetes OTC-Arzneimittel nur gegen ein aut-idem-konformes OTC-Arzneimittel aus­getauscht werden darf. Der Austausch auf ein wirkstoff­gleiches Rx-Arzneimittel ist nicht zulässig – auch nicht im Rahmen von Rabattverträgen.

Für Apotheken lauern bei der Rezeptbelieferung also überall Retaxfallen, die sich fast immer durch vorherige sorgfältige Rezeptkontrolle in der Apotheke vermeiden lassen. |

Autorin

Corinna Lammert, Apothekerin, Studium in Bonn, Tätigkeit in der öffentlichen Apotheke, seit 2022 beim DAP

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