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DAZ aktuell
Opiumtinktur ist ein Fertigarzneimittel!?
Aktuelles Urteil des Landgerichts Düsseldorf
Bei den Rechtsstreitigkeiten zur Opiumtinktur, die in Apotheken abgefüllt wird, sind Gerichtsverfahren zu den verschiedenen Vertriebsebenen zu unterscheiden. Auf der Ebene der Hersteller oder Vertreiber geht es um die Ware, die an Apotheken geliefert wird. Wenn Apotheken beklagt werden, geht es um Arzneimittel, die dort abgegeben werden.
Aktuell gibt es ein neues Urteil zur Herstellerebene – darum zunächst ein Rückblick auf die bisherigen Entscheidungen zu dieser Ebene: Dabei standen sich die dänische Firma Pharmanovia als Herstellerin des Opiumtinktur-Fertigarzneimittels Dropizol® und die Firma Maros als Herstellerin von Opiumtinktur zu Rezepturzwecken gegenüber. Pharmanovia hatte argumentiert, die an Apotheken gelieferte Opiumtinktur zu Rezepturzwecken sei ein Fertigarzneimittel. Das Landgericht Hamburg war dieser Sicht jedoch nicht gefolgt und hatte einen Antrag auf einstweilige Verfügung zurückgewiesen (DAZ 2019, Nr. 38, S. 22). Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) hatte die Entscheidung bestätigt (DAZ 2020, Nr. 21, S. 16) und zur Fertigarzneimitteldefinition in § 4 Abs. 1 AMG erklärt, ein Mittel sei nur dann zur Abgabe an den Verbraucher bestimmt, „wenn es von demjenigen, der es in den Verkehr bringt, mit einer entsprechenden Zweckbestimmung versehen wird“. Das OLG hatte weiter erklärt, bei dem Produkt dürfte es sich um ein Zwischenprodukt handeln. Dass dies vom Apotheker auch ohne eine maßgebliche weitere Verarbeitung abgegeben werden könne, stehe dem nicht entgegen.
Entscheidung in Düsseldorf
Um die an Apotheken gelieferte Opiumtinktur der Firma Maros geht es nun auch in einem Rechtsstreit zwischen der dänischen Firma Atnahs Pharma Nordics, die den Hersteller Pharmanovia übernommen hat, und der Firma Maros vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf. Das LG Düsseldorf sieht in dem strittigen Produkt ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel und untersagte der Firma Maros am 9. Juni, Opiumtinktur Ph. Eur. „als fertig hergestellte eingestellte Opiumtinktur zur Abgabe an Apotheken in Verkehr zu bringen“ oder in Verkehr bringen zu lassen (Az: 12 O 193/20). Auf Anfrage der DAZ kündigte Maros jedoch an, Berufung gegen das Urteil einzulegen, sodass dies nicht rechtskräftig werde.
Für das LG Düsseldorf muss die Bestimmung „zur Abgabe an Verbraucher“ nicht auf eine unmittelbare Abgabe gerichtet sein. Wie weit eine mittelbare Abgabe reiche, lasse sich durch den Gegenbegriff des Zwischenprodukts konkretisieren. Nach Einschätzung des LG Düsseldorf ist es „von vorneherein irrelevant“, dass die Opiumtinktur nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in Verkehr gebracht wird. Entscheidend sei vielmehr, dass in der Apotheke keine weitere „Verarbeitung“ im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 AMG erfolge. In dieser Vorschrift geht es um die Unterscheidung zwischen einem Fertigarzneimittel und einem Zwischenprodukt. Demnach sind Zwischenprodukte für eine weitere „Verarbeitung“ bestimmt. Dazu erklärt das LG Düsseldorf, dass die Begriffe der „Verarbeitung“ und des „Abfüllens“ und „Abpackens“ zwar jeweils Unterfälle des „Herstellens“ gemäß § 4 Abs. 14 AMG darstellen, „der Begriff ‚Verarbeitung‘ jedoch etwas anderes als das Abfüllen bzw. Abpacken meinen muss“.
Der Annahme eines Rechtsbruchs stünde entgegen, wenn das Inverkehrbringen durch einen Verwaltungsakt ausdrücklich erlaubt wäre, erklärte das LG Düsseldorf weiter. Dies könne jedoch keine Herstellungserlaubnis, sondern allenfalls eine Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach § 21 Abs. 4 AMG sein. Danach entscheidet das BfArM auf Antrag einer Landesbehörde über die Frage der Zulassungspflicht. Die Regierung Oberfranken habe einen solchen Antrag zur strittigen Opiumtinktur gestellt, im Rahmen einer Ermessensentscheidung habe das Gericht von einer Aussetzung des Verfahrens jedoch abgesehen, da mit einer baldigen Entscheidung der Verwaltung nicht zu rechnen sei.
Folgen für andere Arzneimittel?
Angesichts der unterschiedlichen Einschätzungen der Gerichte dürfte der weitere Verlauf mit noch mehr Spannung erwartet werden. Dabei geht es zwar stets nur um das jeweilige Produkt, aber aus Apothekersicht ist auch zu bedenken, dass die Sachverhalte bei anderen Arzneimitteln ähnlich sind und Entscheidungen bei künftigen Verfahren zu anderen Produkten herangezogen werden könnten. Insbesondere hatte das Hanseatische OLG am 22. Dezember 2020 entschieden, dass Cannabisblüten, die an Apotheken geliefert werden, ein Ausgangsstoff und kein Arzneimittel sind (DAZ 2021, Nr. 5, S. 18). |
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