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DAZ aktuell
Rechtsstellung von Opiumtinktur im Versandgefäß gefestigt
Berufung zurückgenommen
In dem Rechtsstreit zwischen der dänischen Firma Pharmanovia als Hersteller eines Opiumtinktur-Fertigarzneimittels und der Firma Maros als Hersteller von Opiumtinktur zu Rezepturzwecken hatte Pharmanovia argumentiert, die Tinktur zu Rezepturzwecken sei ein Fertigarzneimittel und werde unzulässigerweise ohne Zulassung vertrieben. Als weitere Folge würden damit auch die Apotheken ein zulassungspflichtiges Arzneimittel ohne Zulassung in den Verkehr bringen. Doch das Landgericht Hamburg hatte am 28. Mai 2019 einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen Maros zurückgewiesen (siehe DAZ 2019, Nr. 38, S. 22). Denn das Produkt sei nicht zur Abgabe an Verbraucher bestimmt. Weiter hatte das Gericht erklärt, derjenige, der das Arzneimittel in Verkehr bringe, habe es in der Hand, ob es zur Abgabe an den Verbraucher bestimmt sei und damit als Fertigarzneimittel in Verkehr gebracht werde.
OLG bestätigt erste Instanz
Für das Berufungsverfahren hatte das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) einen Verhandlungstermin im Mai 2020 angesetzt, sagte diesen jedoch vor dem Hintergrund der Pandemie ab. In einem Beschluss vom 21. April erklärte das Gericht, der zuständige Senat beabsichtige die Berufung zurückzuweisen (Aktenzeichen 3 U 144/19). Die erste Instanz habe den Antrag von Pharmanovia zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Das OLG erklärte, die Zulassungspflicht bestehe nicht bereits für industriell oder gewerblich hergestellte Arzneimittel, die nicht allein deswegen Fertigarzneimittel seien. Die Zulassungspflicht für Arzneimittel ergebe sich aus den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AMG. Dort geht es darum, ob das Produkt „zur Abgabe an den Verbraucher bestimmt“ ist. Dazu erklärte das Gericht: „Zur Abgabe an den Verbraucher ‚bestimmt‘ ist das Mittel nur dann, wenn es von demjenigen, der es in den Verkehr bringt, mit einer entsprechenden Zweckbestimmung versehen wird.“ Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass dies hier nicht der Fall sei.
OLG würdigt Funktion von Bulkware
Zusätzlich führte das OLG weitere Argumente an und erklärte, allein der Umstand, dass das Mittel vom Apotheker in seiner Zusammensetzung nicht verändert werde, rechtfertige nicht die Annahme, es handele sich um ein zur Abgabe an den Verbraucher bestimmtes Arzneimittel. Maßgeblich sei die Zweckbestimmung. Das Gericht erklärte weiter, bei dem besagten Produkt dürfte es sich um ein Zwischenprodukt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AMG handeln. Dass dies vom Apotheker auch ohne eine maßgebliche weitere Verarbeitung als Arzneimittel abgegeben werden könne, stehe der Einordnung als Zwischenprodukt nicht entgegen. Der Senat könne auch nicht der Annahme folgen, das Produkt werde nach Abfüllung durch den Apotheker als Fertigarzneimittel qualifiziert. Denn es sei nichts Ungewöhnliches daran, wenn eine Bulkware am Ende der Herstellung portioniert werde. Das Oberlandesgericht beanstandete auch die Werbung für die Opiumtinktur nicht. Denn diese verweise lediglich auf die Verwendbarkeit der Tinktur als Ausgangsstoff zur Herstellung von Fertig- und Rezepturarzneimitteln. Wie die Herstellung und der Vertrieb durch Apotheker rechtlich zu qualifizieren sei, lasse sie dagegen offen.
Aufgrund dieses Beschlusses riet das Hanseatische OLG der Antragstellerin, die Berufung zurückzunehmen. Dies ist inzwischen geschehen. Daraufhin erklärte das Gericht am 11. Mai 2020, dass nun kein Recht auf Berufung gegen das Urteil des Landgerichts vom Mai 2019 mehr bestehe.
Weitere Rechtsstreitigkeiten offen
Die Firma Maros sieht die Rezepturpraxis der Apotheken durch den Beschluss des OLG gestärkt. Auf Anfrage der DAZ erklärte Maros, letztlich sei der Verordnungswille des Arztes entscheidend, der auch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot geprägt sei. Dagegen verwies die Firma Innocur als Vertreiber des Opiumtinktur-Fertigarzneimittels auf die Feststellung des OLG, die Zulässigkeit der Abgabe des Produkts durch den Apotheker stehe im Streitfall nicht zur Prüfung an. Weiter erklärte Innocur, es werde deutlich, „dass die Abgabe des Präparats ohne Vornahme eigener wesentlicher Herstellungsschritte an den Patienten in den Risikobereich des Apothekers fällt“. Diesem bleibe es überlassen, die rechtlichen Konsequenzen des Vertriebsmodells zu tragen, folgerte Innocur und verwies dazu auf zwei Entscheidungen des Landgerichts Hamburg. Gemeint ist offenbar ein Rechtsstreit mit einer Hamburger Apotheke über die Abgabe von Opiumtinktur als Rezeptur (siehe DAZ 2020, Nr. 11, S. 15). Dieser Rechtsstreit dauert an. Außerdem erklärte Innocur gegenüber der DAZ, im Verfahren zur Werbung der Firma Maros bei Ärzten sei kein abschließender Beschluss ergangen, sondern das OLG habe einen rechtlichen Hinweis gegeben. Das OLG habe die Auffassung vertreten, dass es bei der Werbung der Firma Maros nicht um die von dieser vertriebene Opiumtinktur, sondern um die daraus hergestellten Rezepturarzneimittel gehe. |
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