Die Seite 3

Konsequent

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Redakteur

Die Apotheken waren im Corona-Jahr 2020 wirtschaftlich erfolgreich. Das zeigt der Apothekenwirtschaftsbericht (siehe Seite 58). Der höhere Durchschnittsumsatz beruht jedoch wie bisher überwiegend auf teureren Rx-Arzneimitteln und weniger Apotheken. Das gestiegene durchschnittliche Betriebs­ergebnis entstand durch die höhere Notdienstpauschale sowie durch Sonderfaktoren wie das Botendiensthonorar und die erste Stufe der Maskenaktion. Dazu lässt sich philosophieren, dass die Apotheken für ihren außergewöhnlichen Einsatz in der Krise belohnt wurden. Wirtschaftlich betrachtet kompensieren spezielle Honorare das strukturelle Defizit aus dem packungsbezogenen Festzuschlag, der unter der sinkenden Packungszahl leidet. Manche wundern sich möglicherweise, dass die AvP-Insolvenz das Ergebnis nicht stärker belastet. Doch bei den meisten Betroffenen stehen die Forderungen wohl noch ergebniswirksam in den Büchern, während niemand weiß, wie viel Geld dafür je fließen wird. Das zeigt, auf welchem unsicheren Boden einige wirtschaftlichen Ergebnisse stehen. Viele Zahlen sind nicht so objektiv, wie sie scheinen. Außerdem fehlen leider auch im jüngsten Wirtschaftsbericht Angaben zur Streuung der Betriebsergebnisse, die in Sachen AvP und zur Prognose künftiger Apothekenschließungen höchst aufschlussreich sein könnten.

Aus allen diesen Gründen ist es folgerichtig, dass der DAV-Vorsitzende Thomas Dittrich bei der Apothekenwirtschaftskonferenz des DAV den Ausnahmecharakter von 2020 betont hat (siehe Seite 18). Für 2021 erwartet er sinkende Betriebsergebnisse. Ebenso konsequent ist, dass er angesichts des großartigen Einsatzes der Apotheken in der Pandemie stabile Bedingungen und eine gute Honorierung auch für normale Zeiten fordert. Doch dafür fehlt ein konkreter Vorschlag. Was will die ABDA von der Politik? Einen höheren packungsbezogenen Festzuschlag? Wie hoch soll er sein? Oder eine neue standort- oder leistungsbezogene Honorarkomponente? Woran soll sie geknüpft werden? Die ABDA hat sich jahrelang mit dem EuGH-Urteil beschäftigt, aber nicht ­einmal in der Berufsöffentlichkeit ein Konzept für eine zukunftsfeste ­Honorierung diskutiert, das der Politik jetzt vorgelegt werden könnte. Das ­betrifft auch die pharmazeutischen Dienstleistungen. Dittrich ließ immerhin durchblicken, die Verhandlungen dazu würden „konstruktiv“ verlaufen, verriet aber keine Inhalte. So bleibt auch weiter offen, wie das Honorar auf die Apotheken verteilt werden kann, ohne Fehlanreize zu setzen. Von der ABDA ist dazu kein eigener Vorschlag öffentlich bekannt – und es gibt auch noch keine Reaktion auf den Vorschlag aus der DAZ 22 (DAZ 2021, Nr. 22, S. 20). Doch die Zeit drängt, bei den Dienstleistungen und bei der großen Honorierungsfrage. Denn Dittrich hat deutlich gewarnt, dass die ­Politik angesichts des Schuldenbergs und hoher Corona-Ausgaben bald in den Sparmodus schalten könnte. Das erscheint konsequent. Darum sollte auch die ABDA konsequent sein und rechtzeitig konkrete ­Honorarforderungen stellen, solange die Apotheker ein offenes Ohr in der Politik finden. Rechtzeitig heißt: jetzt!

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