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Wirtschaft
So könnte es laufen
Vorschlag für ein Abrechnungskonzept zum Dienstleistungshonorar
Über den Stand der laufenden Verhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband zu den neuen honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen ist bisher nichts bekannt. Es bleibt weiter offen, welche Dienstleistungen die Apotheken erbringen sollen und wie sie dafür honoriert werden können. Letzteres war immer ein zentrales Problem. Dabei sollten die Apotheken nicht ohne Honorarregeln in Vorleistung treten müssen. Dieses Ziel wurde mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz erreicht. Ab dem 15. Dezember 2021 wird gemäß Arzneimittelpreisverordnung ein zusätzlicher Festzuschlag von 20 Cent für jede Packung eines Rx-Fertigarzneimittels zur Finanzierung der neuen Dienstleistungen erhoben. Die ABDA erwartet daraufhin etwa 150 Millionen Euro pro Jahr für die Apotheken. Doch alles Weitere müssen die Vertragspartner in der Selbstverwaltung aushandeln. Angesichts der Konstruktion der neuen Finanzierung gilt zumindest unter Apothekern der Nacht- und Notdienstfonds als ideales Vorbild für die Zusammenführung der Gelder. Denn die Einnahmen entstehen nach dem gleichen Mechanismus wie bei der Notdiensthonorierung. Daher könnte der Fonds mit der zusätzlichen Aufgabe beauftragt werden, oder es könnte ein ähnlich arbeitender Fonds etabliert werden. Doch die schwierige Frage bleibt, wie das Geld auf die Apotheken verteilt wird. Einen so einfachen Schlüssel wie die Zahl der Vollnotdienste gibt es bei den Dienstleistungen nicht.
Das Dilemma
Aus Apothekersicht muss das gesuchte Konzept vor allem eine sichere finanzielle Grundlage für die Dienstleistungen schaffen. Nach den berufspolitischen Wünschen der Apotheker soll das System mit neuen Leistungen langfristig zu einer zusätzlichen tragenden Säule der Apothekenfinanzierung werden. Idealerweise brauchen die Apotheken einen festen Betrag pro Leistungseinheit. Doch der gesamte verfügbare Betrag für eine bestimmte Zeit ergibt sich aus der Zahl der in dieser Zeit abgegebenen Rx-Packungen und ist damit nicht zu beeinflussen. Außerdem ist im Vorhinein unbekannt, wie viele Leistungen alle Apotheken in diesem Zeitraum erbringen werden. Dies erscheint als Dilemma. Die naheliegende Lösung über ein Punktwertsystem ist für die Apotheken inakzeptabel. Denn bisher unbekannte und plötzlich beliebte Leistungen, die viel Nachfrage auslösen, würden den Punktwert verfallen lassen. Es entstünde ein Hamsterradeffekt, und die Dienstleistungen würden zum Verlustgeschäft. Denn es geht dabei um Leistungen, die über die bisherige Versorgung hinausgehen und damit neue Kosten auslösen. Die Apotheken würden dann für besonders gute Leistungen bestraft. So würden die Dienstleistungen scheitern, und damit wäre auch den Patienten nicht geholfen.
Gutscheine: am Thema vorbei
Darum darf die Nachfrage nicht beliebig groß werden. Denkbar wäre ein Voucher-Konzept, bei dem Krankenkassen ihren Versicherten Gutscheine ausstellen. Über die Zahl der Gutscheine ließe sich das Leistungsvolumen steuern. Doch dies wäre ein patientenferner Mechanismus und widerspräche der Grundidee, dass die Apotheker in diesen Dienstleistungen ein neues heilberufliches Profil entwickeln. Die Apotheker sollten selbst in der Interaktion mit den Patienten erkennen, wann welche Leistungen angebracht sind. Dazu gehören die pharmazeutische Expertise der Apotheker und ein Maßstab für die Begrenzung des Angebots angesichts der knappen finanziellen und personellen Ressourcen.
Worauf zielt der Rechtsanspruch?
Diese Sichtweise würde auch ein Problem lösen, das sich aus der gesetzlichen Grundlage ergibt. Gemäß dem neuen § 129 Abs. 5e SGB V haben die Versicherten einen „Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen durch Apotheken“, während die Finanzierung dafür faktisch gedeckelt ist. Allerdings bleibt offen, worin der Anspruch genau besteht. Dies kann nur in der Selbstverwaltung ausgehandelt werden. Die Deckelung der Finanzierung ist für die Apotheken als Leistungserbringer nur akzeptabel, sofern die Patienten nicht nach Belieben Leistungen einfordern können. Vielmehr sollte der Apotheker den Leistungsbedarf feststellen. Dann sollte die Honorierung durch den Anspruch des Patienten auf die nötige Leistung gesichert sein. Diese Auslegung erscheint auch mit Blick auf das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot in der GKV als angemessen.
Steuerung durch Apotheken
Die Leistungen sollten also bedarfsabhängig von den Apotheken angeboten werden. Dann lässt sich auch die Leistungsmenge überblicken und ein Gleichgewicht zwischen dem Bedarf und dem Angebot finden. Eine sehr einfache Umsetzung dieser Idee könnte darin liegen, dass alle Apotheken etwa so viele Leistungen anbieten, wie mit den in dieser Apotheke abgegebenen Rx-Packungen finanziert werden können. Die Zahl dieser Packungen ist etwa bekannt. Ein solches Konzept könnte funktionieren, wenn alle Apotheken dem gleichen Gedankengang folgen würden und die gleichen Kostenstrukturen hätten. Doch das ist unrealistisch. Stattdessen drohen Fehlanreize. Ohne feste Preise für die Leistungen könnten Apotheken mit günstigen Kostenstrukturen so viele Dienstleistungen anbieten, dass andere Apotheken Verluste erzielen und das Angebot aufgeben. Das liefe der flächendeckenden Umsetzung zuwider und böte den Apotheken insgesamt keine Perspektive.
Der Vorschlag
Doch diese Fehlanreize lassen sich vermeiden. Dazu schlägt der Verfasser ein zweistufiges Konzept mit diesen Regeln vor:
- Für jede Dienstleistung wird ein fester Honorarbetrag in Euro und Cent vereinbart.
- Für jede Apotheke wird in jedem Abrechnungszeitraum (Monat oder Quartal) eine „gesicherte Honorarsumme“ bestimmt. Dies ist ein fester Prozentsatz des Betrags, den diese Apotheke in diesem Zeitraum an den zu gründenden Dienstleistungsfonds abführt. Als realistisches Beispiel soll von 80 Prozent ausgegangen werden. Die „gesicherte Honorarsumme“ für eine Apotheke entspricht dann der Zahl der dort in dieser Zeit abgegebenen Rx-Packungen mal 20 Cent mal 0,8.
- Im ersten Honorierungsschritt erhält jede Apotheke den festen Honorarbetrag für alle erbrachten Dienstleistungen, bis die „gesicherte Honorarsumme“ für diese Apotheke erreicht ist.
- Wenn eine Apotheke so wenige Dienstleistungen erbringt, dass damit die „gesicherte Honorarsumme“ nicht erreicht wird, werden nur erbrachte Dienstleistungen honoriert. Die „gesicherte Honorarsumme“ ist keine Pauschale für „Nichtstun“.
- Der Fonds ermittelt für jeden Abrechnungszeitraum, welche „Restauszahlungssumme“ bundesweit nach der Auszahlung der „gesicherten Honorarsumme“ an alle Apotheken verbleibt.
- Außerdem ermittelt der Fonds, wie viele Dienstleistungen im ersten Honorierungsschritt nicht honoriert wurden und welcher theoretische „Restrechnungsbetrag“ damit für alle Apotheken gemeinsam verbleibt.
- Die zur Verfügung stehende „Restauszahlungssumme“ wird durch den ausstehenden „Restrechnungsbetrag“ dividiert. Dies ergibt eine Zahlungsquote zwischen null und eins.
- Falls die zur Verfügung stehende „Restauszahlungssumme“ größer als der „Restrechnungsbetrag“ ist, wird die Zahlungsquote auf eins festgesetzt. In diesem unwahrscheinlichen Fall verbleibt ein Restbetrag im Fonds, der auf den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen wird.
- Im zweiten Honorierungsschritt erhalten alle Apotheken für ihre im ersten Schritt nicht honorierten Dienstleistungen den vereinbarten festen Honorarbetrag multipliziert mit der Zahlungsquote.
Sichere Basis für alle Apotheken
Damit ist sichergestellt, dass das verfügbare Geld stets ausreicht. Jede Apotheke kann kalkulieren, für wie viele Dienstleistungen das vereinbarte Honorar zu erwarten ist. Im ersten Honorierungsschritt kann jeder Leistung ein festes Honorar zugeordnet werden. Dies schafft die dringend nötige Sicherheit für jede einzelne Apotheke, mit den neuen Leistungen eine für die Apotheke wirtschaftlich sinnvolle Mühe zu betreiben. Die nötige solide finanzielle Basis wird damit von der Gesamtheit der Apotheken auf jede einzelne Apotheke übertragen. Jede Apotheke erhält eine garantierte auskömmliche Finanzierung für eine absehbare Zahl von Leistungen. Dies wird erst durch das zweistufige Konzept möglich (siehe dazu den Kasten „Beispielrechnung für den Vorschlag eines Abrechnungskonzepts“).
Beispielrechnung für den Vorschlag eines Abrechnungskonzepts
Das vorgeschlagene Konzept zur Abrechnung der Honorare für pharmazeutische Dienstleistungen soll anhand einer Beispielspielrechnung verdeutlicht werden. Die Zahlen sind nur als Beispiel zu verstehen.
Im ersten Quartal 2022 werden in zwei Beispiel-Apotheken jeweils 10.000 Rx-Packungen abgegeben. Daraufhin führen diese Apotheken jeweils 2000 Euro an den Dienstleistungsfonds ab. Die „gesicherte Honorarsumme“ für diese Apotheken beträgt 80 Prozent davon, also jeweils 1600 Euro für das Quartal. Da die Zahl der abgegebenen Rx-Packungen gut zu beobachten ist, lässt sich die „gesicherte Honorarsumme“ im Voraus schätzen. Für alle Dienstleistungen gelten feste Honorarbeträge in Euro und Cent. Die A-Apotheke agiert zurückhaltend und erbringt nur so viele Dienstleistungen, dass sich deren feste Honorarbeträge auf 1500 Euro summieren. Dann erhält die A-Apotheke diesen Betrag aus dem Fonds.
Die B-Apotheke engagiert sich stark und erbringt mehr Dienstleistungen. Die ermittelten festen Honorarbeträge summieren sich auf 2200 Euro. Dann erhält die B-Apotheke im ersten Honorierungsschritt 1600 Euro, die „gesicherte Honorarsumme“. Damit steht noch ein Rechnungsbetrag von 600 Euro aus.
Nach dem ersten Honorierungsschritt sind für das Quartal 9 Millionen Euro im Fonds als „Restauszahlungssumme“ verblieben. Bis dahin wurden Honorarabrechnungen der Apotheken mit einem „Restrechnungsbetrag“ von 10 Millionen Euro noch nicht vergütet. Daraus ergibt sich für den zweiten Honorierungsschritt eine Zahlungsquote von 0,9 bzw. 90 Prozent. Die B-Apotheke erhält 90 Prozent der ausstehenden 600 Euro, also 540 Euro. Die B-Apotheke hat also in diesem Quartal Dienstleistungen für 2200 Euro erbracht, aber sie erhält nur 2140 Euro. Eine gewisse Differenz ist bei der gedeckelten Finanzierung unvermeidbar. Das vorgeschlagene Konzept sorgt dafür, dass keine unvorhersehbare Unterdeckung entsteht, die die Dienstleistungen nachträglich zum Verlustgeschäft machen würde. Falls die B-Apotheke jede Schmälerung des Honorars vermeiden will, wird sie im nächsten Quartal weniger Dienstleistungen anbieten. Doch sie muss nicht aus Furcht vor einem drohenden Verlust komplett auf Dienstleistungen verzichten.
Darüber hinaus bleiben Anreize für weitere Dienstleistungen. Der zweite Honorierungsschritt bietet Entfaltungsmöglichkeiten für besonders aktive Apotheken mit günstigen Kostenstrukturen. Dieser Raum lässt sich durch die Wahl des Prozentsatzes zur Ermittlung der „gesicherten Honorarsumme“ steuern – 80 Prozent sind nur ein Beispiel. Dabei ist zu bedenken, dass wohl mehr als 20 Prozent des Gesamthonorars in der zweiten Stufe verteilt würden. Denn wahrscheinlich werden zumindest anfangs nicht alle Apotheken die „gesicherte Honorarsumme“ ausschöpfen, und Apotheken, die Arzneimittel im Versand abgeben, können persönliche Dienstleistungen an diesen Patienten nicht anbieten. So verbindet das Konzept Sicherheit für die Gesamtheit der Apotheken mit zusätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten.
Heilberufliche und unternehmerische Honorierung
Zugleich gibt das Wissen, dass im zweiten Schritt mindestens 20 Prozent der Gesamthonorarsumme verteilt werden, eine gewisse Orientierung. Die Zahl der erbrachten Dienstleistungen wird daraufhin nicht inflationär steigen und das Honorar nicht auf einen unbedeutenden Betrag sinken. Die Unsicherheit bleibt überschaubar und auch den Apotheken, die sich darauf einlassen, bleibt die sichere Finanzierung für einen großen Teil ihrer erbrachten Leistungen. Dies ist betriebswirtschaftlich der entscheidende Aspekt. Denn der erste Honorierungsschritt sollte die Fixkosten zur Etablierung der neuen Leistungen und für die Aufrechterhaltung dieses neuen Systems sichern. Der Rest darf wie bei jeder unternehmerischen Tätigkeit mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sein. Plakativ ausgedrückt, könnte diese Honorierung als „80 Prozent heilberuflich und 20 Prozent unternehmerisch“ bezeichnet werden. Auch ein Verhältnis von 90 zu 10 erscheint diskutabel.
Die vorstellbare Variante, die „gesicherte Honorarsumme“ bei 100 Prozent des abgeführten Betrages (abzüglich eines Abschlags für die Verwaltung) anzusetzen, erscheint dagegen ungünstig. Der zweite Honorierungsschritt würde sich dabei nicht erübrigen, weil die Steuerung nie zu einer „Punktlandung“ auf den Euro genau führen wird und einige Apotheken den Betrag nicht ausschöpfen werden. Doch bei dieser Variante wäre im zweiten Honorierungsschritt nur ein so kleiner Betrag zu verteilen, dass dies keinen sinnvollen Anreiz für weiteres Engagement böte.
Geeignete Steuerungsgröße
Ein zentraler Aspekt des Konzepts besteht in der Auswahl der Steuerungsgröße, nämlich der Zahl der abgegebenen Rx-Packungen. Da die Einnahmen des Fonds von dieser Größe abhängen, besteht ein inhaltlicher Zusammenhang. Zudem lässt sich diese Größe in jeder Apotheke einfach beobachten, und sie ermöglicht eine faire Verteilung der Mittel. Jedes Verteilungskonzept wirft die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit auf. Während die Umverteilung zwischen den Apotheken im Notdienstfonds gewollt ist, gibt es dafür bei den Dienstleistungen keinen unmittelbar einsichtigen Grund. Selbstverständlich können Apotheken, die eher wenige Packungen abgeben, bei den Dienstleistungen sehr engagiert sein, aber dies kann nicht zur Regel erhoben werden. Vielmehr erscheint es als fair, wenn das Konzept im Ansatz darauf ausgerichtet ist, dass die Apotheken aus dem Fonds ungefähr so viel Geld erhalten, wie sie darin einzahlen. Außerdem kann die Zahl der abgegebenen Rx-Packungen nicht manipuliert werden. Letztlich erinnert die Wahl der Steuerungsgröße an die Bezahlung für die erste Tranche der FFP2-Masken.
Darüber hinaus bietet das Konzept einen strategischen Vorteil für die langfristige Weiterentwicklung der Dienstleistungen und ihrer Finanzierung. Denn es zwingt die Partner in der Selbstverwaltung, für jede Dienstleistung ein Soll-Honorar festzulegen. Wenn sich später erweisen sollte, dass die Mittel nicht ausreichen, um den Bedarf an Dienstleistungen zu finanzieren, steht nicht das Einzelhonorar zur Disposition, sondern die Maßstäbe für den Bedarf müssten verändert werden oder der Gesetzgeber müsste die Finanzierung ausdehnen und hätte dafür dann eine überzeugende Rechtfertigung.
Sonderfall: Leistungen im Versorgungsablauf
Das vorgeschlagene Konzept löst das Steuerungsproblem. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass dieses Problem für einige sehr spezielle Leistungen gar nicht existiert. Dies betrifft Leistungen, die im Versorgungsablauf einfach „passieren“. Sie werden bisher unentgeltlich erbracht, sollten aber fairerweise honoriert werden. Dies entspricht nicht dem Prototyp neu zu schaffender Leistungen für eine neue Orientierung der Apotheken. Doch es gibt auch diesen Fall. Ein ideales Beispiel ist die Nicht-Abgabe eines Arzneimittels. Berend Groeneveld, der Vorsitzende des Landesapothekerverbandes Niedersachsen, hatte schon vor Jahren gefordert, dies bei der Gestaltung honorierter Dienstleistungen zu berücksichtigen. Denn Apotheken werden nur für abgegebene Packungen bezahlt, aber nicht für die Mühe, Doppel- oder Fehlverordnungen zu erkennen. Hier droht keine Ausweitung der „Nachfrage“. Ein Honorar für diese Fälle könnte vorab aus dem Fonds entnommen werden, bevor das beschriebene Honorarverteilungskonzept angewendet wird. Dabei wäre sogar eine Deckelung des Gesamtbetrags für diese Leistung hinnehmbar. Denn die Leistung wird in jedem Fall erbracht, und jedes Honorar ist besser als keine Bezahlung dafür.
Mit dem oben beschriebenen Konzept liegt ein Vorschlag zum Ablauf der Honorarverteilung vor, bei dem ein großer Teil der Dienstleistungen mit einem festen Betrag pro Leistungseinheit honoriert wird. Für die Leistungen müssen anhand des Aufwandes Abrechnungsbeträge festgesetzt werden, vorzugsweise anhand einer realistischen Arbeitszeit. Doch es bleibt zu klären, wie viel Geld die Apotheker für eine angenommene Arbeitsminute erhalten sollen.
Vollkostenrechnung nötig
Für neue Dienstleistungen, die nicht ohnehin im Versorgungsablauf stattfinden, kommt nur eine Vollkostenrechnung mit Gewinnzuschlag in Betracht (siehe „Dienstleistungen im Schwebezustand“, DAZ 2020, Nr. 9, S. 24 ff.). Die Apothekeninfrastruktur mit Räumen, Möbeln, Geräten, Verwaltungsabläufen und Mitgliedschaften darf nicht als gegeben vorausgesetzt werden. Vielmehr müssen die neuen Dienstleistungen ihren Beitrag dafür leisten. Denn anderenfalls wäre es stets ein wirtschaftlicher Nachteil für die Apotheke, wenn ein Mitglied des Teams eine Dienstleistung erbringt und nicht in der „normalen“ Versorgung tätig ist, mit der sich die Apotheke finanziert. Mit Honoraren auf der Grundlage einer Teilkostenrechnung könnten die neuen Dienstleistungen nie zu einem eigenständigen wirtschaftlichen Standbein für die Apotheken werden. Sie müssten immer aus der „normalen“ Arbeit subventioniert werden.
Kalkulation eines Minutenpreises
Als Honorar auf der Grundlage von Vollkosten mit einem Gewinnzuschlag hatte der Verfasser für das Jahr 2020 für Apotheker 1,71 Euro pro Minute und für PTA 1,05 Euro pro Minute ermittelt (siehe ebenda). Dies ergibt sich aus einem 2016 dargestellten Rechenweg (siehe „Ertragsbringend oder nur kostendeckend?“, DAZ 2016, Nr. 41, S. 50 ff.) mit aktualisierten Daten. Diese Berechnung geht von den dokumentierten Betriebsergebnissen der Apotheken aus. Sie orientiert sich nicht an gesellschaftlichen Vergleichswerten oder idealen Gewinnerwartungen, sondern an der tatsächlichen Situation der Apotheken mit ihren bisherigen Aufgaben und mit einer Honorierung, deren Kernelement seit 2004 nur einmal in geringem Umfang an steigende Kosten angepasst wurde. Daher stellen die ermittelten Beträge eine Untergrenze dar.
In diesem Zusammenhang ist die Überarbeitung der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) beachtenswert. Auch dort stellt sich die Frage, mit welchem Minutenpreis die ermittelten Arbeitszeiten für einzelne Leistungen bewertet werden sollen. Dazu berichtete die Zeitschrift „VetImpulse“, eine Arbeitsgruppe der Bundestierärztekammer und des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt) habe durchschnittliche Kosten der tierärztlichen Leistung von 2,30 Euro pro Minute ermittelt. Die AFC Public Service GmbH sei in einem Gutachten für das Bundeslandwirtschaftsministerium auf 2,25 Euro pro Minute gekommen (siehe Reimers J. „Erhöhung um 25 bis 30%“, „VetImpulse“ vom 15. Mai 2021). Daraufhin erscheint die obige Kalkulation für Apotheker niedrig angesetzt. Möglicherweise sollte für die Apotheken ein anderer Rechenweg genutzt werden, der auch künftige Herausforderungen antizipiert.
Auswahl der Dienstleistungen
Damit zeichnet sich ab, wie Preise für pharmazeutische Dienstleistungen zu ermitteln sind, mit denen die Apotheken betriebswirtschaftlich sinnvoll arbeiten können. Dies ist auch im Interesse der Patienten nötig, damit das Angebot langfristig aufrechterhalten werden kann. Wenn die Preise der Apotheken und damit die Kosten für die Krankenkassen feststehen, ist zu fragen, welche Dienstleistungen unter Berücksichtigung dieser Preise beziehungsweise Kosten den größten Mehrwert für die Patienten erwarten lassen. Einige Dienstleistungen haben in Studien bereits ihren Nutzen gezeigt. Daneben gibt es viele Erfahrungen aus dem Ausland. Doch bei der Einführung neuer Leistungen sind die Erkenntnisse aus dem Inland naturgemäß begrenzt. Vielmehr sollte die gesicherte Finanzierung ermöglichen, Erfahrungen für künftige Dienstleistungen in noch größerem Maßstab zu gewinnen. Der Gesetzgeber hat diese Logik in der Finanzierungsstruktur berücksichtigt. Das Geld wird aufgrund der Rechtslage künftig eingesammelt. Die Frage an die Selbstverwaltung ist nicht, ob es für Dienstleistungen verwendet wird, sondern für welche. Dies ist bisher offen. Für die weitere Frage, wie diese Dienstleistungen abgerechnet werden können, soll der hier dargestellte Vorschlag als Anregung dienen. |
1 Kommentar
eine kleine anregende Anmerkung
von Dr. Dietmar Roth, Rottenburg am 06.06.2021 um 15:55 Uhr
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