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Pandemie Spezial
Biontech/Pfizer versus Moderna
Die zugelassenen mRNA-Impfstoffe im Vergleich
Projekt „Lightspeed“, das Entwicklungsprogramm für Comirnaty®, hat uns noch im alten Jahr die Verabreichung erster Impfdosen beschert. Trotz der aufkommenden Kritik muss festgehalten werden, dass in Woche zwei nach Impfstart und vor Zulassung des Moderna-Impfstoffs in Deutschland bereits 367.331 Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs Comirnaty® verabreicht wurden (RKI-Statistik, Stand 06.01.2021). Der Aufwand hinter der Logistik und der Organisation der von den Bundesländern einzurichtenden Impfzentren ist immens. Die Integration dieses Impfstoffes in die Regelversorgung stellt jedoch noch eine ungleich höhere Herausforderung dar. Insbesondere die korrekte Lagerung der Impfstoffe kann in Impfzentren leichter sichergestellt werden. Wichtig ist außerdem, dass aufgrund des hohen Durchsatzes in diesen Zentren Impfstofflieferungen in großen Mengen aufgebraucht werden, bevor sie verfallen. In Anbetracht der zumindest anfänglichen Impfstoffknappheit ist dies von Bedeutung. Voraussetzungen für einen Übergang in die Regelversorgung beispielsweise durch den Hausarzt werden daher eine ausreichende Verfügbarkeit von Impfstoffen sowie die Gewährleistung einer korrekten Lagerung in der Apotheke und beim Arzt sein. Fest steht: mit jeder weiteren Zulassung und jeder gelieferten Charge wird sich die Situation verbessern.
Comirnaty: die Datenlage
BNT162b2 (Comirnaty®) wird in einer fortwährenden, multinationalen, Placebo-kontrollierten klinischen Prüfung getestet. Als primäre Endpunkte wurden die Prävention von COVID-19-Erkrankungen ab Tag 7 nach einer zweiten Injektion sowie das Sicherheitsprofil definiert. Comirnaty® enthält je Dosis 30 µg Nukleosid-modifizierte mRNA, welche in Lipid-Nanopartikeln formuliert wurde, um die mRNA in die Wirtszelle einbringen und eine transiente Expression erreichen zu können. Die mRNA kodiert für das membranverankerte Spikeprotein von SARS-CoV-2 in voller Länge, wobei zwei Punktmutationen innerhalb der zentralen Helix eingeführt wurden. Diese Mutationen fixieren das Spikeprotein in einer antigenetisch bevorzugten Prä-Fusions-Konformation [1].
43.448 Studienteilnehmer im Alter von mindestens 16 Jahren wurden entweder dem auch mit BNT162b2 bezeichneten Impfstoff (n = 21.720) oder einer Placebobehandlung (n = 21.728) zugeteilt. Jeweils zwei intramuskuläre Injektionen im Abstand von 21 Tagen waren erforderlich (18.556 Teilnehmer der Comirnaty®-Gruppe und 18.530 Teilnehmer der Placebo-Gruppe erhielten beide Injektionen). In der Comirnaty®-Gruppe wurden im bisher berichteten Studienzeitraum acht COVID-19-Fälle verzeichnet, unter Placebo wurden 162 Fälle berichtet. Hieraus errechnet sich eine Wirksamkeit von circa 95%, einer COVID-19-Erkrankung vorzubeugen.
Von Bedeutung ist insbesondere, dass vergleichbare Effektivitäten in allen Subgruppen festgestellt wurden, unabhängig von Alter, Geschlecht, Ethnizität sowie bei Patienten aus Risikogruppen. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten nur selten auf und wurden unter Verum und Placebo ähnlich oft berichtet. Klassische Impfreaktionen (Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen, Fieber) traten unter Comirnaty®-Behandlung jedoch sehr häufig auf [2]. Die eingereichten Daten führten zu einer bedingten Zulassung des Impfstoffs in der Europäischen Union. Der Zulassungsinhaber ist verpflichtet, kontinuierlich neue Erkenntnisse zu melden, insbesondere weitere Resultate der über zwei Jahre angelegten klinischen Prüfung.
COVID-19-Vakzine Moderna
Am 6. Januar 2021 hat nun das Committee for Human Medicinal Products (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) auch die Empfehlung für eine bedingte Zulassung für den Impfstoff der Firma Moderna ausgesprochen [3]. Die Zulassung wurde auf Basis dieser Entscheidung durch die Europäische Kommission erteilt. Ausführliche Informationen zum Wirkstoff finden sich auch auf der Website der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA, welche bereits im vergangenen Jahr eine „Emergency Use Authorization“ ausgesprochen hat [4]. Auch der Moderna-Impfstoff mRNA-1273 basiert auf einer Lipid-Nanopartikel-verkapselten mRNA, welche für das SARS-CoV-2-Spikeprotein in stabilisierter Prä-Fusions-Konformation kodiert. Die in 99 US-amerikanischen Studienzentren durchgeführte Phase-III-Studie schloss 30.420 Teilnehmer über 18 Jahre ein, je einer Hälfte der Probanden wurden intramuskuläre Injektionen mit mRNA-1273 (100 µg) oder Placebo-Injektionen verabreicht. 96% der Teilnehmer erhielten wie geplant zwei Injektionen, welche innerhalb eines Abstandes von 28 Tagen verabreicht werden sollten. Als primärer Endpunkt wurde die Prävention von COVID-19-Erkrankungen ab Tag 14 nach einer zweiten Injektion definiert. In der Placebo-Gruppe traten 185 COVID-19-Erkrankungen auf, nach Impfung mit mRNA-1273 elf Erkrankungen. Mit mRNA-1273 konnte somit eine hohe Wirksamkeit von circa 94% errechnet werden, einer COVID-19-Erkrankung vorzubeugen. Auch mit dem Moderna-Wirkstoff wurde bei Patienten über 65 Jahren ein guter Impfschutz gezeigt. Schwere COVID-19-Erkrankungen traten nur unter Placebo auf, und schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten auch in dieser Untersuchung nur selten und unter Verum und Placebo vergleichbar oft auf. Klassische Impfreaktionen wurden auch bei dem Moderna-Impfstoff sehr häufig berichtet [5]. Auch die Moderna-Studie soll über einen Zeitraum von zwei Jahren fortgeführt werden, um weitere Erkenntnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit zu gewinnen. Zusammengefasst scheinen die COVID-19-Vakzine von Moderna und Biontech/Pfizer hinsichtlich des klinischen Einsatzes vergleichbar geeignet zu sein.
Die andauernden Pivotal- sowie weitere Studien werden wichtige zusätzliche Erkenntnisse liefern. Drängende Fragen sind beispielsweise, wie lange der Impfschutz erhalten bleibt, wie gut die Immunisierung vor schwerwiegenden COVID-19-Verläufen schützt und ob auch immunsupprimierte Patienten einen ausreichenden Schutz aufbauen. Mit beiden Impfstoffen sollen zudem Studien mit Kindern durchgeführt werden. Comirnaty® kann ab 16 Jahren angewendet werden, der Moderna-Impfstoff derzeit ausschließlich bei Erwachsenen (s. Tab).
Comirnaty® | COVID-19-Vakzine Moderna | |
---|---|---|
Zugelassen ab | 16 Jahren | 18 Jahren |
Verabreichung 2. Impfdosis | nach 21 Tagen bis 42 Tagen | nach 28 Tagenbis 42 Tagen |
Lagerung | –90 bis –60 °C: 6 Monate | –25 bis –15 °C: 7 Monate !nicht in Trockeneis unter –40 °C lagern! |
2 bis 8 °C: 5 Tage (ungeöffnet) | 2 bis 8 °C: 30 Tage | |
bis 30 °C: 2 Stunden | 8 bis 25 °C: 12 Stunden (ungeöffnet) | |
Auftauen !nicht wieder einfrieren! | 2 bis 8 °C: 3 Stunden | 2 bis 8 °C: 2,5 Stunden |
Raumtemperatur bis 30 °C: 30 min | Raumtemperatur 15 bis 25 °C: 1 Stunde | |
Verdünnung | 1,8 ml 0,9%ige Natrium-Chlorid-Lsg. | keine Verdünnung |
(Anbruch-) Haltbarkeit | nach Verdünnung: 6 Stunden | nach erster Entnahme: 6 Stunden |
Impfdosen pro Vial laut Zulassung | 5 (6) × 0,3 ml (spez. Spritzen/Kanülen) | 10 × 0,5 ml |
Vor Rekonstitution bzw. Verimpfen | vorsichtig schwenken, nicht schütteln! | vorsichtig schwenken, nicht schütteln |
Haltbarkeit, Aufbewahrung und Handhabung …
Comirnaty® kann ungeöffnet sechs Monate bei –90 °C bis –60 °C gelagert werden. Nach dem Herausnehmen aus dem Gefrierschrank kann der ungeöffnete Impfstoff vor der Verwendung bis zu fünf Tage bei 2 °C bis 8 °C und bis zu zwei Stunden bei Temperaturen bis 30 °C gelagert werden. Nach dem Auftauen darf der Impfstoff nicht erneut eingefroren werden. Die gefrorenen Durchstechflaschen sollten zum Auftauen in eine Umgebung von 2 °C bis 8 °C gebracht werden, das Auftauen einer 195-Durchstechflaschen-Packung kann nach Herstellerangaben drei Stunden dauern. Alternativ können gefrorene Durchstechflaschen zur sofortigen Verwendung auch 30 Minuten lang bei Temperaturen bis zu 30 °C aufgetaut werden. Vor der notwendigen Verdünnung wird die Durchstechflasche zehnmal vorsichtig umgedreht. Schütteln muss unterbleiben! Der aufgetaute Impfstoff wird anschließend in seiner ursprünglichen Durchstechflasche mit 1,8 ml Natriumchlorid-Injektionslösung (0,9%) unter aseptischen Bedingungen verdünnt. Die verdünnte Dispersion wird nochmals zehnmal vorsichtig umgedreht. Nach der Verdünnung enthält die Durchstechflasche 2,25 ml, woraus entsprechend Zulassung fünf Dosen à 0,3 ml entnommen werden. Inzwischen ist auch die rechnerisch und operativ mögliche Entnahme von sechs Dosen bei entsprechender Verwendung von Spritzen und/oder Nadeln durch die Zulassung gedeckt, wenn das Totvolumen unter 35 Mikroliter bleibt. Nicht verwendeter Impfstoff muss innerhalb von sechs Stunden nach der Verdünnung entsorgt werden. Ein Poolen von Impfstoffresten ist nicht erlaubt. Der Moderna-Impfstoff wird zwar ebenfalls immerhin bei Temperaturen von –25 °C bis –15 °C gelagert und angeliefert, die Ampullen können anschließend aber vor dem ersten Gebrauch bis zu 30 Tage bei 2 °C bis 8 °C, also unter Kühlschrankbedingungen, gelagert werden. Nicht angebrochene Durchstechflaschen können zudem bis zu zwölf Stunden zwischen 8 °C und 25 °C aufbewahrt werden. Nachdem die erste Dosis entnommen wurde, sollten die Vials zwischen 2 °C und 25 °C gelagert und nach sechs Stunden verworfen werden. mRNA-1273 wird vor Anwendung nicht verdünnt! Auch der Moderna-Impfstoff darf nicht geschüttelt werden. Einer Durchstechflasche können zehn Impfdosen mit jeweils 0,5 ml entnommen werden.
Hinsichtlich der Logistik scheint die Vakzine von Moderna im Vergleich zu Comirnaty® daher Vorteile zu bieten. Wichtiger erscheint insgesamt aber, dass nun überhaupt ein zweiter Impfstoff mit hoher Wirksamkeit zur Verfügung steht und so eine schnellere Durchimpfung möglich wird. |
Literatur
[1] https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/comirnaty-epar-product-information_de.pdf
[2] Polack FP et al. Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine. N Engl J Med 2020. 383(27):2603-2615
[3] https://www.ema.europa.eu/en/news/ema-recommends-covid-19-vaccine-moderna-authorisation-eu
[4] https://www.fda.gov/media/144637/download
[5] Baden LR et al. Efficacy and Safety of the mRNA-1273 SARS-CoV-2 Vaccine. N Engl J Med 2020. DOI: 10.1056/NEJMoa2035389
Weitere Beiträge des Pandemie Spezials in DAZ 2021, Nr. 2
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