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Eine sichere Bank?

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Die Einführung des E-Rezepts gleicht der Abschaffung des Bargelds, sagen manche und haben mit dieser Aussage nicht ganz Unrecht. Denn so gesehen war das bisherige Muster-16-Papierrezept tatsächlich eine Art Scheck, mit dem sich die jeweilige Leistung im GKV-System abrechnen ließ, und das sogar mit hoher Sicherheit – zumindest bis zu dem Tag, als die AvP-Pleite mehreren Tausend Apotheken auf die Füße fiel.

Darüber hinaus muss man realisieren, dass sich mit den digitalen Verordnungen ganz neue Geschäftsmodelle und Begehrlichkeiten ergeben werden. Das Zuweisen und Makeln galt lange Zeit als abstrakte Gefahr, die letztendlich in eine sehr konkrete Forderung der Apothekerschaft gegenüber der Politik umschlug. Mit Erfolg: Ein Makel- und Zuweisungsverbot für elektronische Verordnungen und deren Tokens wird es geben, und es schließt alle Beteiligten mit ein: Ärzte, Apothekenpersonal, Versender sowie „Dritte“.

Offen bleibt mal wieder, ob diese Re­gelungen eingehalten und durchgesetzt werden können. Doch viel drängender bleibt zu klären, welche Angebote und Services überhaupt unter dieses Verbot fallen. Kurzum: Welcher politische Wille steckt dahinter? Betrachtet man die Genese des entsprechenden Änderungsantrags zum Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG), bekommt man eine grobe Ahnung. Hieß es zuvor, dass das Sammeln, Vermitteln oder Weiterleiten von E-Rezepten und deren ­Tokens verboten ist, hat man diese Aufzählung nun eingedampft auf den Begriff der Zuweisung. Eine nur geringfügige ­Änderung rein kosmetischer Natur?

Der DAZ liegt die erste Einschätzung eines Juristen vor, der meint, dass man auf diese Weise die zukünftige Bedeutung von Apothekenplattformen nicht aushebeln wollte. Denn deren Sinn ist es ja bekanntlich nicht, mit E-Rezepten bzw. deren Tokens geschäftsmäßig und im Eigeninteresse zu handeln, sondern Apotheken und Nutzer zusammenzuführen, damit so unter anderem auch Tokens übermittelt werden. Die Zuweisung sei also etwas anderes als das Sammeln, Vermitteln oder Weiterleiten.

Zugegeben, eine nicht ganz abwegige Deutung des jetzt im Gesetz verankerten Makel- und Zuweisungsverbots. Doch ­damit ist die juristische Auseinandersetzung mit dem Thema längst nicht am ­Ende. Sehr wahrscheinlich werden sich auch die Gerichte in den nächsten Jahren mit dem einen oder anderen Geschäftsmodell beschäftigen müssen. Dabei wird es vielleicht gar nicht nur um zwielichtige Machenschaften gehen, sondern auch um digitale Services, die noch kurz zuvor nach einer „sicheren Bank“ für Apotheken und Patienten aussahen.

Es bedarf somit dringend weiterer Regelungen und Konkretisierungen – und diese sind auch angekündigt in Form einer ominösen Rechtsverordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium, auf die man seit Monaten wartet. Diese Verordnung soll zum Beispiel klären, ob es für E-Rezept-Tokens weiterhin eine „Teilen“-Funktion geben wird und inwiefern weitere Apps neben der Gematik-App E-Rezepte empfangen, verwalten und weiterleiten dürfen. Warten wir also ab, wie sich der Minister das Gesundheitssystem der Zukunft vorstellt und wie er es präsentieren wird – als Digestif für die ­bisherigen Leistungserbringer oder als Aperitif für künftige Stakeholder.

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