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Herpes-Zoster-Viren können sich in den Ganglien verstecken

Liegt das klinisch typische Bild eines Herpes Zoster vor, kann auf eine Laborbestätigung verzichtet werden, so charakteristisch ist eine Gürtelrose – wie die Abbildung 1 zeigt. Ursache ist ein Wiederaufflammen einer Infektion mit Varizella-Zoster-Viren, die sich lebenslang in den Spinal- und Hirnnervenganglien verbergen können. Werden sie Jahrzehnte später wieder aktiv, kann am Rumpf eine Gürtelrose „aufblühen“. | Von Sabine Fischer

Herpes Zoster (oft auch kurz Zoster genannt) oder Gürtel­rose wird durch das Varizella-Zoster-Virus (VZV) ausgelöst. Dieses alpha-Herpesvirus gehört zur Familie der Herpesviridae. Die exogene Erstinfektion erfolgt meist im Kindesalter und äußert sich in Form eines Exanthems, den sogenannten Windpocken oder Varizellen. Nach der Erkrankung persistiert das Virus in Spinal- und Hirnnervenganglien. Solange die körpereigene VZV-spezifische Immunabwehr das Virus in Schach hält, bleibt es bei einer latenten Infektion ohne klinische Symptome. Kommt es jedoch zu einer Reduktion der Immunabwehr, z. B. durch Alterungsprozesse, immunsuppressive Therapie oder eine Infektion mit dem HI-Virus entsteht durch Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus das klinische Bild der Gürtel­rose [1, 2].

Vorkommen und Übertragung

Das Varizella-Zoster-Virus kommt weltweit vor. Die Übertragung erfolgt bei einer Gürtelrose direkt von einer Person zur anderen durch Schmierinfektion nach Kontakt mit virushaltigem Bläscheninhalt. Ansteckungsfähigkeit besteht vom Auftreten des Exanthems bis zur vollständigen Verkrustung der Bläschen. Dementsprechend kann durch Abdecken der Hautläsionen die Infektiosität deutlich reduziert werden. Die Inzidenz und die Schwere der Erkrankung steigen mit zunehmendem Alter, vor allem ab 50 Jahren. Dies ist durch eine Reduktion der zellvermittelten Immunität im Alter zu erklären. Es ist davon auszugehen, dass ca. die Hälfte der 85-Jährigen mindestens unter einer Herpes-Zoster-Episode gelitten haben. Kinder hingegen sind nur selten betroffen. Bei einer Studie in 27 europäischen Ländern konnte eine Inzidenz für Herpes Zoster zwischen 2,0 bis 4,6 pro 1000 Personenjahren ohne geografischen Trend festgestellt werden [1, 3]. Liegt das typische klinische Bild eines Zosters vor, kann auf eine Laborbestätigung verzichtet werden. In allen anderen Fällen erfolgt die Absicherung im Labor mittels PCR aus Blut, Abstrichmaterial oder Liquor [2].

Klinische Symptome

Da es sich bei Herpes Zoster nicht um eine Neuinfektion, sondern um eine Reaktivierung von latent vorhandenen Varizella-Zoster-Viren handelt, kann eine Erkrankung nur bei Personen auftreten, bei denen bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Varizella-Zoster-Infektion vorlag. Eine Ausnahme stellen Personen dar, die mit einem Lebendimpfstoff gegen Varizellen geimpft wurden. Jedoch erkranken gegen Varizellen geimpfte Kinder deutlich seltener an Zoster als nicht geimpfte [1]. Drei bis fünf Tage nach Reaktivierung der Varizella-Zoster-Viren kommt es zum als Gürtelrose bekannten Hautausschlag. Dieser besteht typischerweise aus halbseitig auftretenden Bläschen, die mit verschiedenen Missempfindungen wie Juckreiz, Parästhesien oder Taubheitsgefühl einhergehen können (s. Abb. 1). Meist tritt der Ausschlag am Rumpf oder Brustkorb auf. Mit zunehmendem Alter ist jedoch auch öfters der Kopfbereich betroffen. Bevor es zum Auftreten der Bläschen kommt, verspüren Patienten häufig ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Abgeschlagenheit und Fieber sowie leichten Schmerzen oder Kribbeln im betroffenen Dermatom. Als Dermatom wird die Hautregion bezeichnet, welche einem bestimmtem Segment im Rückenmark und dem entsprechenden Nerv zugeordnet ist. Nach ca. fünf bis sieben Tagen beginnen die Bläschen auszutrocknen und es bilden sich gelbliche Krusten [2].

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Abb. 1: Der typische halbseitige Hautausschlag bei Gürtelrose ist ein umschriebenes Exanthem, in dem sich gruppiert stehende Bläschen entwickeln. In 80% der Zosterfälle geht der Hautmanifestation ein Prodromalstadium voraus. Ist der Zoster auch überwiegend thorakal lokalisiert, kann er mit zunehmendem Alter häufiger im Kopfbereich auftreten.

Ist der Nervus trigeminus betroffen, kommt es zum sogenannten Zoster opthalmicus. Hierbei kann es neben Hauterscheinungen unter anderem auch zu Konjunktivitis, Keratitis, intraokulärer Drucksteigerung oder einer Lähmung der Augenbewegung bis hin zur Erblindung kommen. Sind die Hirnnerven VII und VIII involviert, spricht man von Zoster oticus. Charakteristisch sind Ohrenschmerzen, Verminderung des Hörvermögens, Schwindel, Lähmung von Gesichtsnerven sowie eine Bläschenbildung an den Ohrmuscheln. Eine weitere Manifestation ist der Zoster genitalis, bei welchem die Nerven im Genitalbereich befallen sind. Betroffen sind dann Geschlechtsteile bis hin zu den Oberschenkeln. Eine Sonderform stellt der Zoster sine herpete dar. Hierbei kommt es zwar zu Schmerzen im betroffenen Dermatom, der charakteristische Hautausschlag tritt jedoch nicht auf. Normalerweise heilt die Gürtelrose nach zwei bis vier Wochen aus. Vor allem bei Kindern und jungen Erwachsenen ist von einem komplikationslosen Verlauf auszugehen. Nach Abheilung des Ausschlags kann es jedoch als Folge einer Entzündung in den Ganglien (Ganglionitis) zum Andauern der Schmerzen kommen. Bestehen diese nach drei Monaten noch spricht man von postzosterischer Neuralgie. Sie ist die häufigste Komplikation des Zosters [1, 2].

Therapie

Die wichtigsten Ziele der Zostertherapie sind eine Verbesserung der Lebensqualität, eine Verringerung von Hautsym­ptomen (Dauer und Ausbreitung) und Schmerzen (Intensität und Dauer) sowie die Reduktion der Inzidenz für eine postzosterische Neuralgie.

Antivirale Therapie. Zur Standardtherapie werden die vier oralen Nukleosidanaloga Aciclovir (auch parenteral), Valaciclovir, Famciclovir und Brivudin eingesetzt (Tabelle 1). Sie hemmen die DNA-Polymerase und somit die Virusvermehrung. Bei Kindern wird – sofern keine Risikofaktoren vorliegen – aufgrund der meist milderen Verläufe und der fehlenden Sicherheitsdaten keine antivirale Therapie empfohlen.

Tab. 1: Übersicht über Dauer und Dosierung der antiviralen Standardsystemtherapie bei Zoster gemäß [2]
Wirkstoff
Dosierung
Einnahme-/Verabreichungshäufigkeit
Dauer
Valaciclovir oral
1000 mg
dreimal täglich
sieben Tage
Aciclovir oral
800 mg
fünfmal täglich
sieben Tage
Aciclovir i. v.*
8 bis 10 mg/kg Körpergewicht
dreimal täglich
sieben bis zehn Tage
Famciclovir
500 mg
dreimal täglich
sieben bis zehn Tage
Brivudin
125 mg
einmal täglich
sieben Tage

* Zoster bei immundefizienten und anderen Patienten mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf (z. B. viszerale, zentralnervöse Beteiligung oder Zoster im Hals-/Kopf-Bereich)

Abb. 2: Therapieschema nach [2]

Schmerztherapie. Für die Wahl der richtigen Schmerztherapie ist die Charakterisierung des Schmerzes wichtig. Unterschieden werden Wundschmerzen (nozizeptive Schmerzen), die im Rahmen der akuten Entzündungsreaktion entstehen, von neuropathischen Schmerzen, die aufgrund der Nervenbeteiligung vorliegen. Nozizeptive Schmerzen werden gemäß WHO-Stufenschema mit NSAIDs oder Opioiden behandelt (siehe Abb. 2). Liegen neuropathische Schmerzen vor, wird zusätzlich Gabapentin oder Pregabalin und eventuell ein Antidepressivum wie Amitriptylin eingesetzt. Nach Abheilung der Bläschen können lokal auch Capsaicin- oder Lidocain-Pflaster angewendet werden.

Lokaltherapie. Mittels Lokaltherapie kann keine relevante antivirale Wirkung erzielt werden. Lokaltherapeutika werden nur eingesetzt, um Krusten aufzuweichen oder zu lösen, eine bakterielle Infektion zu verhindern, um subjektiv Linderung zu verschaffen oder zur Schmerztherapie (siehe oben). Polihexanid-Gele wirken antiseptisch und helfen Verkrustungen zu lösen. Kühlende und gleichzeitig anti­septische Effekte werden durch Polyhexanid- oder Octenidin-­Lösungen erreicht. Adstringierende Zinkoxid­lotionen hingegen sind kritisch zu beurteilen, da sie durch ihre ­abdeckende Wirkung die Beurteilung der Hautausschläge erschweren.

Auf einen Blick

  • Herpes Zoster ist eine Infektionskrankheit, bei der es zur Reaktivierung von in Ganglien ruhenden Varizella-Zoster-Viren kommt.
  • An Gürtelrose kann nur erkranken, wer vorher bereits eine VZV-Infektion hatte (Windpocken).
  • Charakteristisch ist ein einseitiger Hautausschlag.
  • Häufigste Komplikation ist die postzosterische Neuralgie.
  • Die Standardtherapie erfolgt mit antiviralen Wirkstoffen, eventuell in Kombination mit Schmerzmitteln.
  • Ab 60 Jahren ist die Prävention mit Shingrix® als Standardimpfung empfohlen.

Impfung

In Deutschland stehen derzeit zwei Impfstoffe zur Verfügung: der attenuierte Lebendimpfstoff Zostavax® und der Totimpfstoff Shingrix®. Da der Totimpfstoff im Vergleich zum Lebendimpfstoff eine bessere Wirksamkeit und einen länger anhaltenden Impfschutz bei Personen über 50 gezeigt hat, empfiehlt die STIKO ausschließlich die Anwendung des Totimpfstoffes. Dieser hat den zusätzlichen Vorteil, dass er auch bei Patienten mit Immunschwäche eingesetzt werden kann. Bei Zostavax® ist dies nicht möglich. Die STIKO empfiehlt eine Impfung mit dem adjuvantierten Herpes-Zoster-Impfstoff Shingrix®

  • als Standardimpfung bei allen Personen ab 60 Jahren
  • als Indikationsimpfung bei allen Personen ab 50 Jahren, die ein erhöhtes Risiko für Herpes Zoster oder eine postzosterische Neuralgie haben infolge einer Immunsuppression oder Grunderkrankung wie rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, COPD, Diabetes mellitus Typ 2 oder Asthma bronchiale.

Zugelassen ist Shingrix® bereits ab 18 Jahren für Personen mit einem erhöhten Herpes-Zoster-Risiko.

Liefersituation für Shingrix entspannt sich

Wie der Hersteller GSK bekannt gibt, wurde die Produktion von Shingrix® seit Zulassung im Frühjahr 2018 kontinuierlich optimiert und weiter ausgebaut, um die sehr hohe Nachfrage bedienen zu können. Nach langfristigen Lieferproblemen führt das Paul-Ehrlich-Institut die Zehner-Packung des Gürtelrose-Impfstoffs auf der „Liste zur Liefersituation von Humanimpfstoffen“ nun nicht mehr als „eingeschränkt verfügbar“. Das Unternehmen GSK gibt an, regelmäßig Kontingente von Zehner- und Einer-Packungen bereitzustellen und somit eine kontinuierliche Marktversorgung zu gewährleisten [7].

Durch die Impfung soll die Reaktivierung der in den Ganglien ruhenden Varizella-Zoster-Viren verhindert werden, indem die T-Zell-basierte Immunabwehr erhöht wird. Um einen vollständigen Schutz zu erhalten sind zwei intramuskuläre Impfungen im Abstand von zwei bis sechs Monaten nötig. Inwieweit eine Auffrischung erfolgen muss, ist bislang nicht geklärt. Es ist davon auszugehen, dass der Impfschutz mindestens über zehn Jahre besteht. Die Impfung kann auch bei bereits ausgestandener Herpes-Infektion erfolgen. Zwar erkranken Menschen im Allgemeinen nur einmal an Herpes Zoster, jedoch ist gelegentlich auch eine zweite oder dritte Episode möglich [5, 6].

Gerade in Corona-Zeiten ist ein guter Impfschutz nicht nur sinnvoll, sondern eine Herpes-Zoster-Impfung kann auch mit Blick auf die COVID-19-Impfung ermöglicht werden. Nach ersten Erkenntnissen gibt es keine Hinweise darauf, dass die Wirksamkeit einer SARS-CoV-2-Impfung durch eine Zoster-Impfung negativ beeinflusst wird, die in zeitlicher Nähe verabreicht wurde. Von der STIKO werden 14 Tage Abstand vor und nach einer COVID-19-Impfung empfohlen. So lässt sich beispielsweise das Zoster-Impfschema, das zwischen erster und zweiter Dosis einen Abstand von zwei bis sechs Monaten vorsieht, flexibel mit einer Corona-Impfung kombinieren. |

Literatur

[1] Ratgeber Gürtelrose. Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), Stand 1. August 2017, www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Varizellen.html

[2] Diagnostik und Therapie des Zoster und der Postzosterneuralgie, S2k-Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, AWMF-Register-Nr.: 013-023, Stand Mai 2019

[3] World Health Organization, Weekly epidemiological record, No. 25, 2014, 89, 265–288

[4] Gürtelrose. Informationen von Gesundheitsinformation.de, einer Website des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), www.gesundheitsinformation.de/guertelrose.html

[5] Siedler A et al. Herpes zoster: Wer wie geimpft werden sollte. Dtsch Arztebl 2019;116(23-24):A-1182 / B-978 / C-966

[6] Herpes Zoster - Faktenblätter zu Impfen. Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), Stand 22. September 2020

[7] Liefersituation für Gürtelrose-Impfstoff entspannt sich. Informationen der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, 25. Januar 2021, https://de.gsk.com/de-de/presse/pressemeldungen/2021/liefersituation-fuer-guertelrose-impfstoff-entspannt-sich/

Autorin

Dr. Sabine Fischer ist Apothekerin aus Stuttgart. Seit dem Pharmaziestudium in Freiburg und einer Promotion in Tübingen arbeitet sie an einer PTA-Schule und in öffentlichen Apotheken. Nebenbei schreibt sie als freie Journalistin.

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