Ausbildung

Ein anderer Weg zum Konsens

Wie sich die Bundesapothekerkammer die neue Approbationsordnung vorstellt

eda/wes | Bei der Eröffnung des Fortbildungskongresses Pharmacon vor mehr als zwei Wochen in Schladming forderte der Vizepräsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Thomas Benkert, mit deutlichen Worten eine Reform der Approbationsordnung für Apotheker. Im vergangenen November hatte die Mitgliederversammlung der BAK ein Thesenpapier verabschiedet, das darstellt, wie sie sich die Apotheker­ausbildung der Zukunft vorstellt. Bei der Auseinandersetzung mit den Hochschul- und Krankenhausvertretern setzte man bisher auf eine gemeinschaftliche Lösung. Doch nun sollen mit dem Thesenpapier die Interessen der BAK vorrangig abgebildet werden. Erhofft man sich im Aschluss den baldigen Konsens mit allen anderen Interessenvertretern?

Es ist ein weiter Weg, aber die ersten Schritte sind aus Sicht der Bundesapothekerkammer (BAK) getan: Der BAK-Vorstand hatte bereits seit Längerem einen Reform­bedarf bei der Approbationsordnung (AAppO) für Apotheker gesehen. Vor mehr als zwei Jahren veröffentlichte man deshalb zusammen mit dem Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD), der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) sowie den in der Konferenz der Fachbereiche Pharmazie organisierten Hochschullehrern den „Kompetenzorientierten Lernzielkatalog Pharmazie ‚Perspektivpapier Apotheke 2030‘“ (KLP-P).

Der Katalog soll definieren, wie sich vor dem Hintergrund des Perspektivpapiers „Apotheke 2030“ die universitäre und praktische Ausbildung der Apotheker verändert und welche neuen Inhalte und Kompetenzen dafür vermittelt werden müssen.

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Ein gemeinsam verabschiedeter Katalog impliziert auch gemeinsame Ziele und ein gemeinschaftliches Interesse daran, diese anzusteuern und zu erreichen. Damit die allgemeinen Erwartungen nicht allzu hoch aus­fielen, veröffentlichte die ABDA den KLP-P Ende 2017 ganz im Stillen auf ihrer Website. Selbst Prof. Dr. Jana Jünger, die Leiterin des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP), das bekanntlich für den ersten Abschnitt der pharmazeutischen Prüfung zuständig ist, stieß eher zufällig auf den KLP-P und freute sich über das Papier der Pharmazeuten (DAZ 2019, Nr. 51, S. 20). Denn auch Jünger, von Hause aus Humanmedizinerin, präferiert, die Schwerpunkte der apothekerlichen Ausbildung mehr auf Themen wie Medikationsmanagement, pharmazeutische Betreuung und verstärkte Patientenorientierung zu legen.

Doch dass der KLP-P alleine tatsächlich die Antwort auf den Reform­bedarf sein könne, wurde von Anfang an bezweifelt. Zu groß war und ist nach wie vor der Widerstand in den Hochschulen. Eine Novellierung wurde somit unausweichlich.

Im November 2019 erteilte die BAK-Mitgliederversammlung dem Vorstand das Mandat für eine Novellierung der Hochschulausbildung der Apotheker. Der Vorstand darf nun mit den unterschiedlichsten Vertretern Gespräche und Verhandlungen über die zukünftige Ausrichtung der Ausbildung führen. Das Thesenpapier (s. Kasten) stellt dabei die Grundlage dar. Beteiligt daran waren auch vier junge Apotheker, die ihre Ausbildung nach der AAppO von 2001 absolviert hatten und seitdem Erfahrungen in öffentlichen Apotheken gesammelt haben. Als nächste Schritte plant die BAK im Frühjahr einen runden Tisch einzuberufen, bei dem Berufsvertreter aus der Praxis, Studierende, Hochschullehrer, Funktionsträger der ADEXA und anderer Verbände zusammenkommen. Man will sich möglichst auf einen gemeinsamen Nenner einigen. Mit diesem Grundkonsens soll dann frühestens zum Jahreswechsel 2020/2021 der Kontakt mit dem Bundesgesundheitsministerium aufgenommen werden. Selbst wenn sich alle Beteiligten im Vorfeld irgendwie einigen konnten, darf man nicht unterschätzen, dass letztendlich die Bundesländer noch das Recht haben, in diesen Prozess einzugreifen.

Praxisrelevanz und Patientenorientierung: Das steht im BAK-Thesenpapier

jb | Im Thesenpapier der BAK heißt es unter dem Punkt „Allgemeine Thesen zur Ausbildung“, dass die Einheitlichkeit der Approbation erhalten bleiben müsse, so dass der Apotheker seinen Beruf in allen pharmazeutischen Tätigkeitsbereichen ausüben kann. Weiter müssten die zu vermittelnden Kenntnisse und Kompetenzen ständig auf ihre Relevanz hin überprüft und angepasst werden.

Außerdem wird vorgeschlagen, dass die Vermittlung berufsspezifischer digitaler Kompetenz in der pharmazeutischen Ausbildung berücksichtigt werden muss. Zudem spricht sich die BAK in dem Papier explizit gegen eine Umstellung auf das Bachelor-Master-System aus.

Bei den Thesen zur universitären Ausbildung heißt es, dass die Ausbildungsinhalte im Grundstudium hinsichtlich ihrer Bedeutung für die spätere pharmazeutische Berufsausübung überprüft und angepasst werden sowie die Ausbildungsinhalte der Pharmazeutischen Biologie stärker auf moderne pharmazeutisch-biologische Inhalte angepasst werden müssen. Und auch die Inhalte der pharmazeutischen Technologie müssen auf den Prüfstand – nämlich hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Apotheke und die pharmazeutische Industrie.

Dann geht es um die Klinische Pharmazie. Hier findet die BAK, dass die Fächer Klinische Pharmazie und Pharmakologie erweitert und inhaltlich stärker aufeinander abgestimmt werden müssen. Im Zentrum der Wissensvermittlung stehe dabei die Patientenorientierung. Außerdem müsse die interprofessionelle Ausbildung gefördert werden. Eine weitere These lautet: „Der Apotheker muss befähigt werden, sein Fachwissen über Arzneimittel, krankheitsgerechtes Verhalten und Prävention jeweils adressatengerecht, insbesondere an Patienten und Angehörige der Heilberufe weiterzugeben“.

Auf die Pharmazeutischen Prüfungen wird in dem Papier dann noch einmal separat eingegangen. Diese müssten stärker kompetenzorientiert ausgerichtet werden. Fürs erste Staatsexamen wünscht man sich, dass der Gegenstandskatalog, der vom Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) herausgegeben wird, überarbeitet wird. So solle sich die Pharmazeutische Prüfung im ersten Abschnitt stärker auf pharmazeutisch relevante Fragestellungen ausrichten.

Von einer Abschaffung der MC-Fragen (Multiple Choice) ist in dem Thesenpapier keine Rede. Zentralen Gegenstandskatalogen und Prüfungsfragen für das zweite und dritte Staatsexamen erteilt man eine klare Absage. MC-Fragen wie im ersten Abschnitt seien für den zweiten und dritten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung nicht geeignet, ebenso wenig wie eine zentrale Vorgabe von Prüfungsaufgaben für andere Prüfungsformen. Unter anderem gebe es dann nämlich zu wenig Flexibilität im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen.

Am Rande des Fortbildungskongresses in Schladming bestand die Möglichkeit, mit BAK-Vizepräsident Thomas Benkert und der ABDA-­Geschäftsführerin Pharmazie, Dr. Christiane Eckert-Lill, zu sprechen.

DAZ: Worum soll es bei der aktuellen Novellierung der AAppO konkret gehen?

Benkert: Es geht darum, die Ausbildung praxisnäher zu gestalten. In der Apotheke haben sich die Aufgabenbereiche verändert. Vor mehr als fünf Jahren hat die ABDA-Mitgliederversammlung das Perspektivpapier „Apotheke 2030“ beschlossen, das darstellt, wie wir uns den Apothekerberuf in den nächsten Jahren vorstellen. Dazu muss natürlich auch die Ausbildung passen.

DAZ: Also eine aktualitätsbedingte Überarbeitung. Nach wie vor steht somit die Tätigkeit in der öffentlichen Apotheke im Mittelpunkt der Ausbildung, nicht wahr?

Eckert-Lill: Mehr als 80 Prozent der Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland arbeiten in der öffentlichen Apotheke. Daher wird das Berufsbild dort maßgeblich geprägt. Wir sind im Hinblick auf das Perspektivpapier aber auch der Meinung, dass die Absolventen so ausgebildet sein sollten, dass sie ihren Beruf in allen anderen möglichen Tätigkeitsfeldern ausüben könnten. Deshalb müssen wir schauen, welcher Anspruch an die Ausbildung auch dort gestellt wird.

Benkert: Damit macht man das Spektrum in der Ausbildung auch breiter, wenn man aufzeigt, dass der Weg nicht nur in die Offizin führen kann, sondern auch ins Krankenhaus, in die Industrie, Bundeswehr, Wissenschaft und so weiter. Eine gemeinsame Basis soll also erhalten bleiben.

DAZ: Gibt es denn auch einen echten Paradigmenwechsel?

Benkert: Wir wollen versuchen, dass wir wegkommen vom reinen Auswendiglernen der Inhalte hin zu einem kompetenzorientierten Lernen.

DAZ: Die BAK-Mitgliederversammlung hat beschlossen, dass Pharmazie ein Examensstudiengang bleiben soll und es nicht den Universitäten überlassen wird, mit welchen Schwerpunkten sie die Absolventen ausbilden und befähigen. Es geht also vorrangig um eine breite Fächerung und die Etablierung bzw. Beibehaltung einheitlicher Standards?

Benkert: Die Spezialisierung kommt ja im Anschluss an das Studium. Worst Case wäre doch ein Bachelor-Master-Studiengang, bei dem man sich schon sehr früh auf sein späteres Tätigkeitsfeld festlegen müsste. Nach einigen Jahren will man dann seinen Tätigkeitsbereich vielleicht mal wechseln und müsste vieles nachholen.

DAZ: Rund um die Novellierung der Approbationsordnung gibt es bekanntlich die verschiedensten Interessengruppen. Allein die Studierenden und Hochschullehrer haben eigene Vorstellungen. Wer könnte die Pläne der BAK denn am ehesten unterstützen?

Eckert-Lill: Die Diskussionen rund um die Frage „Was ist das beste Ausbildungssystem?“ sind so alt wie das jeweilige Ausbildungssystem selbst. Es wird immer ein Ringen sein. Der Bundesverband der Deutschen Krankenhausapotheker (ADKA) hat im vergangenen Jahr seine Vorstellungen veröffentlicht, genauso wie die Studierenden, und die Hochschullehrer werden sicherlich auch bald folgen. Selbst innerhalb der Gruppierungen werden die Meinungen nie hundertprozentig gleich sein. Daher war es wichtig, dass die BAK als Vertretung aller Apothekerinnen und Apotheker, unabhängig vom jeweiligen Tätigkeitsfeld, sich selbst Gedanken zur zukünftigen Ausbildung gemacht hat. Nun muss man diskutieren und schauen, ob man einen Kompromiss finden kann, bevor das Ministerium eingeschaltet wird.

Benkert:

Beispielsweise darf eine Verlängerung der Studiendauer nicht dazu führen, dass sich die Studienplatzkapazitäten oder die Betreuungsintensität verringern. Eine Verlängerung wird also unweigerlich zu höheren Kosten für die Länder führen. Bei uns in Bayern gibt es schon vier universitäre Standorte, die mehr Apotheker ausbilden als rein rechnerisch im Freistaat gebraucht werden. Wenn wir jetzt noch mehr Studienplätze in Bayern einfordern würden, wird das Ministerium wahrscheinlich einen Finanzausgleich von weniger gut ausgestatteten Ländern einfordern.

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Thomas Benkert

DAZ: Erhalten Sie denn jetzt schon konkrete Rückmeldung aus den Reihen der Hochschulvertreter, ob und wie die Verlängerung der Studien­dauer oder Vermehrung von Studienplätzen geschultert werden kann?

Eckert-Lill: So weit sind wir in dem Prozess noch nicht.

DAZ: Aktuell wird das meiste Lehr- und Assistenzpersonal an den Hochschulstandorten aus den Bereichen der Pharmazeutischen Chemie rekrutiert. Angenommen, mit der Novellierung findet eine Verschiebung der Studieninhalte hin zu mehr klinischen Themen und weg von Inhalten der Pharmazeutischen Chemie statt: Lässt sich das dann auch personell in der Lehre kompensieren?

Benkert: Die Universitäten finanzieren sich zu einem bedeutenden Teil aus den Forschungsaktivitäten, den sogenannten Drittmitteln. Bisher ließen sich in einem pharmazeutisch-chemischen Bereich mehr finanzielle Mittel einwerben als im Bereich der Klinischen Pharmazie oder Versorgungsforschung. Offensichtlich ist der Bereich für potenzielle Geldgeber weniger spektakulär. Das sind aber die ganz normalen Zwänge eines Hochschulbetriebs.

Eckert-Lill: Wobei man hier natürlich differenzieren muss. Das Geld und die Stellen, die von den Hochschulen über Drittmittel eingeworben werden können, sind primär nicht für die Ausbildung vorgesehen, sondern für die jeweiligen Forschungsprojekte. Es geht also vor allem um Personal, das der Staat finanziert. Das heißt, eine Verschiebung der Lehrinhalte wird sich im Endeffekt nur auf die Lehr- und Assistenzstellen auswirken, die nicht durch Drittmittel finanziert werden.

DAZ: Blicken wir zurück: Vor etwas mehr als zwei Jahren haben Sie den KLP-P, den „Kompetenzorientierten Lernzielkatalog Pharmazie ‚Perspektivpapier Apotheke 2030‘“, veröffentlicht. Welche Aufgabe hatte dieses Papier im Vorfeld zum jetzt veröffentlichten Thesenpapier der BAK?

Eckert-Lill:

Unter dem Lichte des Perspektivpapiers „Apotheke 2030“ beschreibt der KLP-P ein Delta zwischen dem, was Stand heute für die Arbeit in der öffentlichen Apotheke vermittelt werden muss, und dem, was wir meinen, für die Zukunft erforderlich ist. Diese Idee dahinter wurde vielleicht nicht immer und von jedem richtig verstanden.

Zum Weiterlesen

Studium entrümpeln?!

Der BPhD will Lehrinhalte überarbeiten und die Approbationsordnung ändern

DAZ 2017, Nr. 5, S. 22

„Die Ausbildung ein bisschen anpassen!“

Lernzielkatalog KLP-P verabschiedet – Perspektivpapier „Apotheke 2030“ war Grundlage

DAZ 2017, Nr. 49, S. 20

„Wir leisten uns den Luxus, am Bedarf vorbei auszubilden!“

ADKA-Präsident fordert Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker

DAZ 2019, Nr. 39, S. 24

„Gemeinsam nachdenken, wie zukünftige Prüfungen aussehen sollen“

MC-Fragen bald auch im zweiten Staatsexamen? – IMPP dementiert entsprechende Gerüchte

DAZ 2019, Nr. 51, S. 20

DAZ: Das heißt, der KLP-P hat nach wie vor seine Berechtigung neben dem Thesenpapier der BAK und wird die Grundlage für die Diskussionen bilden?

Eckert-Lill: Ganz genau.

Benkert: Es wäre natürlich erstrebenswert, wenn es ‒ analog der Medizin ‒ einen Kompetenzorientierten Lernzielkatalog Pharmazie gäbe, der die in der Approbationsordnung festgelegten Stoffgebiete konkretisiert.

DAZ: Nun ist die politische Welt um uns herum deutlich schnelllebiger geworden. In Niedersachsen wurden die Apotheker auf Station eingeführt, mit Strahlkraft in die gesamte Republik. Die Bundespolitik möchte den Berufsstand mit pharmazeutischen Dienstleistungen intensiver in die Gesundheitsversorgung einbinden. Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung sind beispielsweise bald möglich. Wie wirkt sich das auf die Approbationsordnung aus?

Benkert: Die Grundlagen, gerade in Klinischer Pharmazie, müssen ausgebaut werden. Das heißt, wir müssen weiter daran arbeiten, dass dieses Fach an allen Standorten auf einem hohen akademischen Niveau gelehrt wird. Die Spezialisierungen kommen nach dem Studium. Bei den Ärzten ist das genauso: Die Fachspezialisierung kommt im Anschluss an die Aus­bildung.

Eckert-Lill: Eine staatlich reglementierte Ausbildungsordnung legt sich nicht darauf fest, was in zehn Jahren kommen könnte. Deshalb werden die klassischen Instrumente, wie Fort- und Weiterbildung, auch in Zukunft ihre Bedeutung haben. Man wird nicht alles in das Studium packen können.

DAZ: Wie bewerten Sie die Rolle des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) in diesem Kontext? In den letzten Monaten kamen Gerüchte auf, wonach das IMPP seinen Einfluss auf alle pharmazeutischen Prüfungsabschnitte vergrößern und MC-Formate durchsetzen will.

Eckert-Lill:

MC-Prüfungen stehen ja deshalb in der Kritik, weil immer gesagt wird, man könnte damit nur Wissen abfragen, aber keine Kompetenz. Ich bin der Meinung, dass es von der Formulierung der Fragen und Antwortmöglichkeiten abhängt, ob man nun seinen Kopf einschalten muss oder nicht. Insofern lassen sich auch MC-Aufgaben kompetenzorientiert gestalten.

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Dr. Christiane Eckert-Lill

DAZ: Und mündliche Prüfungen?

Eckert-Lill: Derzeit definiert die Approbationsordnung, wie diese ablaufen sollen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen einer Novellierung auch über ganz neue Prüfungsformate, wie OSCE-Prüfungen, nachgedacht werden kann. Aber das sind Details, auf die man sich noch mit allen Beteiligten einigen muss. Zum jetzigen Zeitpunkt stellt sich diese Frage nicht.

DAZ: Gemeinsam mit dem IMPP?

Eckert-Lill: Das IMPP ist zuständig für den ersten Abschnitt, und wenn die Leiterin, Frau Prof. Jünger, hier etwas ändern möchte, kann sie das im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch tun. Aus unserer Sicht kann es aber nicht sein, dass das IMPP indirekt über die Definition der Prüfungsinhalte auch Einfluss auf die Ausbildungsinhalte nimmt.

Benkert: Es ist das klassische Henne-Ei-Problem. Was war zuerst da – die Ausbildung oder die Prüfung? Wir bilden ja nicht danach aus, dass es zur Prüfung passt, sondern andersherum: Die Prüfung muss zur Ausbildung ­passen.

DAZ: Wenn es aber doch in der Pharmazie einheitliche Standards geben soll, egal wo man studiert, dürfen doch Inhalte und Schwerpunkte nicht von jedem einzelnen Ausbilder definiert werden. Ist man mit dieser Überzeugung nicht auf Seiten von Frau Prof. Jünger und dem IMPP?

Benkert: Deshalb gibt es den KLP-P, der ein Spektrum vorgibt, in dem man sich frei bewegen darf. Die grundlegende Ausbildung ist dieselbe, Schwerpunkte und Nuancen darf es aber trotzdem geben.

Eckert-Lill: Sie werden eine Ausbildung nie hundertprozentig standardisieren können. Man muss den Pharmazeutischen Instituten nach wie vor Spielräume geben. Das tut die Approbationsordnung, und das finde ich auch richtig. Das Engagement dafür muss aber aus der Apothekerschaft selbst kommen und nicht von einem externen Institut.

DAZ: Aber ist die Erfahrung aus den letzten Jahren nicht eher, dass jeder sein eigenes Süppchen in Sachen Klinischer Pharmazie kocht, wenn man den Instituten zu viele Spielräume überlässt?

Eckert-Lill: Bei den Psychotherapeuten hat man das jetzt so gelöst, indem man den Staatsexamen-relevanten Ausbildungsinhalten Stundenkontingente vorgibt. Den Rest der Zeit können die Hochschullehrer dann in ihrer Verantwortung selbst ge­stalten. Wenn es also interessante Forschungsschwerpunkte gibt, dann dürfen die mit in die Ausbildung fließen. Das finde sich sehr spannend, und das macht den jeweiligen Beruf auch interessant.

DAZ: Der Bundesverband der Studierenden (BPhD) hat mit seinen Umfragen zum Stand der Klinischen Pharmazie aber herausgestellt, dass die Zufriedenheit mit der Lehre an den Standorten am größten ist, wo es auch tatsächlich Professuren für Klinische Pharmazie gibt. Sollte uns das nicht wachrütteln?

Benkert: Das setzen wir auch schon um. So konnten wir mit Unterstützung der Lesmüller-Stiftung eine Stiftungsprofessur für Klinische Pharmazie in Regensburg ins Leben rufen. Unsere Bedingung war, dass diese Stelle nach fünf Jahren verstetigt wird. Darauf haben sich die Universität und das Land auch eingelassen. Sollte die Professur nicht fortgeführt werden, fließt das Geld in die Stiftung zurück. Aber eine Art Verpflichtung wird es nicht geben können. Da haben die Universitäten die Freiheiten, die ihnen das Grund­gesetz zugesteht. Auch wenn es sich um Examensstudiengänge und Approbationsordnungen handelt.

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Thomas Benkert und Dr. Christiane Eckert-Lill im Gespräch mit DAZ-Chef­redakteur Dr. Armin Edalat (v. l.)

DAZ: Ist die Stiftungsprofessur ein einmaliger Vorgang oder ein Modell für die Zukunft, um die Klinische Pharmazie an verschiedenen Standorten zu etablieren?

Benkert: Die Stiftung wird leider nicht in der Lage sein, mehrere Standorte gleichzeitig zu finanzieren, daher wird es ein einmaliger Vorgang bleiben.

Eckert-Lill: Wenn die Approbationsordnung vorgibt, was ein Prüfungsfach sein muss, hat das nicht zwingend zur Folge, dass auch eine Professur ein­gerichtet werden muss. Auch wenn es wünschenswert und sinnvoll ist. Das ist nach wie vor Sache der Hochschule. Andersherum kann man aber sicher sagen: Wenn wir die Klinische Pharmazie nicht als Prüfungsfach hätten, sähe es noch viel katastrophaler aus. Es ist also schon eine Art ­Trigger.

DAZ: Frau Eckert-Lill, Herr Benkert, vielen Dank für das Gespräch. |

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