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Digitalisierung

Die Player dürfen „spielen“

Ein Überblick über die wichtigsten E-Rezept-Pilotprojekte

eda | Das E-Rezept kommt, so viel steht fest. Weniger konkret möchte sich die Politik allerdings zum jetzigen Zeitpunkt festlegen, wie die technische Infrastruktur dazu aussehen soll. Außerdem scheint noch völlig offen, wer sich letztendlich am besten positionieren wird – Apothekerverbände, Krankenkassen, Softwarehäuser, Abrechnungsdienstleister oder vielleicht sogar auslän­dische Arzneimittelversender? Mit den elektronischen Verordnungen geht es wie nie zuvor um die Hoheit über Gesundheitsdaten und Arzneimittelumsätze. Kein Wunder also, dass einerseits Ängste geschürt und andererseits Hoffnungen geweckt werden. Lässt sich anhand der aktuell laufenden Pilotprojekte bereits erkennen, wer am Ende das erfolgreichste Konzept vorlegen wird?

Für diese Personalie erntete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) heftige Kritik: Als im vergangenen Sommer bekannt wurde, dass der damals 54-jährige Markus Guilherme Leyck Dieken neuer Chef der Gematik mbH werden soll, wurde in Publikumsmedien wie dem „Spiegel“ und „Spiegel Online“ ausführlich über sein üppiges Salär berichtet. Der promovierte Mediziner und ehemalige Pharmamanager soll eine jährliche Grundvergütung von 300.000 Euro erhalten, hinzu komme eine variable Komponente von 40.000 Euro pro Jahr sowie eine Altersvorsorge von rund 32.000 Euro und ein monatlicher Dienstwagen-Zuschuss von 1350 Euro. Leyck Diekens Vorgänger, der Jurist Alexander Beyer, der die Gematik seit 2015 geleitet hatte, musste hingegen mit einem Jahresgehalt von 180.000 Euro und ohne Dienstwagen auskommen.

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Markus Leyck Dieken betrachtet als Gematik-Chef die Aktivitäten in der digitalen Gesundheitswirtschaft genau und soll sie am Ende spezifizieren.

Die Nichtregierungsorganisation Transparency International erinnerte im Zusammenhang mit der Ernennung daran, dass der Minister schon einmal Berührungspunkte mit der Pharmalobby hatte, als er mit DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller eine Agentur namens Politas führte. In einer Pressemitteilung forderte Transparency International die Selbstverwaltung und die Bundestagsfraktionen dazu auf, den Personalwechsel an der Spitze der Gematik zu verhindern. Auch aus dem Krankenkassenlager und von Vertretern des Koalitionspartners SPD sowie der Opposition wurde das Vorgehen Spahns harsch kritisiert.

Die Gematik als Antrieb der Digitalisierung

Die Aufregung war deshalb groß, weil Spahn kurz vorher die Gesellschafterstruktur der Gematik zugunsten seines Ministeriums (BMG) verändert hatte. Das BMG hält seitdem 51 Prozent der Anteile. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen ist dagegen nur noch mit 24,5 Prozent be­teiligt, muss die Gematik aber zu 100 Prozent finanzieren. Die übrigen Gesellschafteranteile verteilen sich auf die ­Spitzenorganisationen der Leistungserbringer im Gesundheitswesen. Damit hat Spahn ein deutliches Zeichen gesetzt: Die Arbeit der Gematik hat für ihn allerhöchste Priorität. Sie ist für seinen politischen Erfolg sogar von entscheidender Bedeutung.

Bereits 2005 wurde die Gematik als Gesellschaft für Tele­matikanwendungen der Gesundheitskarte mbH gegründet und soll seitdem die Einführung, Pflege und Weiterentwicklung der elektronischen Gesundheitskarte und ihrer Infrastruktur verfolgen. Gefühlt befand sich die Gematik 14 Jahre lang unter den verschiedenen Gesundheitsministern in einer Art Winterschlaf. Jens Spahn hat die Digitalexperten nun geweckt und treibt sie an wie kein anderer Minister zuvor. Längst geht es nicht mehr nur um die von Ex-Ministerin Ulla Schmidt (SPD) in Aussicht gestellte Chipkarte, sondern um zukunftsweisende Prestigeprojekte wie die elektronische Patientenakte, den elektronischen Medikationsplan oder das elektronische Rezept. Dafür ist notwendig, dass zunächst quer durch die Republik eine Datenautobahn geschaffen wird, die sogenannte Telematikinfrastruktur (TI). Sie vernetzt Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser, Apotheken und Krankenkassen untereinander und soll für einen reibungslosen und vor allem sicheren Austausch der Patientendaten sorgen.

Einführung des E-Rezeptes in mehreren Stufen

Nachdem sich im vergangenen Jahr fast alle der etwa 170.000 Praxen an die TI angeschlossen haben, folgen in diesem Jahr die rund 19.000 öffentlichen Apotheken. Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) gibt die Frist bis Ende September 2020 vor. Etwa zeitgleich, bis Ende Juni 2020, ist Leyck Dieken mit seiner Gematik gefordert, die technische Spezifikation für E-Rezepte zu definieren. Sowohl die Ärzte als auch die Apotheker sind mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bzw. dem Deutschen Apothekerverband (DAV) in diesen Prozess mit eingebunden, wobei die Apotheker das Fachprojekt E-Rezept federführend betreuen. Sie müssen definieren, wie mit den E-Rezepten zwischen den Institutionen umgegangen werden soll und welche Formalien bei der Ausstellung und Abrechnung eingehalten werden müssen.

Besondere Rezeptformen, wie Betäubungsmittel- oder T-Rezepte, sind übrigens zunächst nicht in digitaler Form vorgesehen. Diese wird es vorerst weiterhin in Papierform geben. Die Gematik hat angekündigt, sich nach der Einführung des „klassischen“ Rezeptes mit diesen speziellen Verordnungen zu beschäftigen und sie ein Jahr später einzuführen.

War Minister Spahn bei der Umgestaltung seiner Gematik noch ziemlich selbstbewusst und kompromisslos vorgegangen, verhält sich die BMG-Tochtergesellschaft seitdem auffallend im Hintergrund und passiv. Wie genau sich das E-Rezept in die Versorgungslandschaft einfügen soll, welche Daten von den Patienten selbst, welche Informationen hingegen direkt zwischen Praxen und Apotheken übertragen werden, hat die Gematik bisher nicht definiert. Jedenfalls gibt es für die Verbände, Softwarehäuser und Abrechnungsdienstleister offiziell noch keine konkreten Vorgaben.

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Im Rahmen von E-Rezept-Modellprojekten dürfen sich alle Akteure ausprobieren und messen.

Pilotprojekte explizit erwünscht

Das hat triftige Gründe: Denn Spahn und Leyck Dieken wollen die Player im Gesundheitswesen erst einmal tatsächlich „spielen“ lassen. Ärzte, Apotheker, Krankenkassen, Softwarehäuser und Abrechnungsdienstleister dürfen in Praxistests die digitale Zukunft ausprobieren: Patienten telemedizinisch behandeln und Arzneimittelverordnungen anschließend digital ausstellen, beliefern sowie abrechnen. Die Gematik schaut sich das Treiben derweil aus der Ferne an. Auf Anfrage des „Deutschen Ärzteblatts“ erklärt ein Sprecher, dass man die Anforderungen an eine Konzeption jetzt – auch über den Gesellschafterkreis hinaus – mit viel mehr Akteuren als früher betrachte.

„Über den Gesellschafterkreis hinaus“ ist das Stichwort, das einen in diesem Zusammenhang aufhorchen lässt. Denn längst geht es bei Digitalprojekten im Gesundheitswesen nicht mehr nur darum, die hiesigen Standesorganisationen, Verbände und Unternehmen einzubeziehen.

Manne Lucha von den Grünen, Sozialminister in Baden-Württemberg, erklärte während einer Veranstaltung im vergangenen Oktober in Stuttgart, dass man sich bei der Entwicklung innovativer Versorgungsformen von traditionellen Denkweisen verabschieden müsse: „Es gibt kein standesrechtliches Vorrecht. Es geht darum, wer die beste und intelligenteste Lösung entwickelt und anbietet.“ Die Politik sieht also nicht nur die Berufsstände der Ärzte und Apotheker in der Pflicht, für Entwicklungen in ihren Bereichen zu sorgen, sondern lässt Unternehmen, Dienstleister und Start-ups ebenfalls zum Zug kommen.

Lautet die Antwort „52“?

Das zeigt sich mittlerweile auch bei den Pilotprojekten rund um die elektronischen Verordnungen. Gefühlt im Wochentakt wird seit Herbst 2019 ein neues Projekt bekannt. Auf einer Fachkonferenz zum Thema E-Rezept des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) äußerte sich Leyck Dieken im vergangenen November folgendermaßen dazu: „Wir brauchen sie (die Pilotprojekte, Anm. d. Red.), um zu lernen. Aber am Ende zählt die Spezifizierung der Gematik. Darauf werden die Anbieter ihre Systeme dann aufbauen müssen.“

Doch wie viele Projekte man tatsächlich braucht, um zu lernen, lässt der Gematik-Chef offen. Sind es noch zu wenige, oder vielleicht schon zu viele? „Uns hat es schon erstaunt, dass es insgesamt 52 Pilotprojekte gibt. Ein Beispiel von den AOKen: Die AOKen in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg haben jeweils eigenständige Projekte. Es ist ja schon logisch, dass mindestens eine ihren Projektaufbau nach der Spezifizierung anpassen muss.“ Leyck Dieken rät daher: „Vielleicht sollte der ein oder andere Modellbetreiber in eine Phase der Orientierung eintreten und innehalten und auch überlegen, ob es sich lohnt, weiter zu investieren.“

52 Pilotprojekte? Diese Zahl geistert seit dem Auftritt Leyck Diekens in den Fachmedien herum und sorgt für Aufsehen. Einerseits hätte man wahrscheinlich mit deutlich weniger Initiativen gerechnet. Andererseits stellt sich die Frage, wer diese konkrete Anzahl überhaupt erfasst hat: Die Gematik? Das BMG?

GERDA ist eine zentrale Lösung: Ein Server, der sog. Fachdienst, ist der Rezeptspeicher, der von allen Beteiligten genutzt werden kann.

Weder noch, denn verschiedenen Medienberichten zufolge wird gar keine Liste über Pilotprojekte geführt und bei der Zahl soll es sich um eine Schätzung Leyck Diekens handeln. Doch die Dimension könnte durchaus stimmen. Vertreter beteiligter Softwarehäuser gehen sogar von um die 60 aus.

Dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass die verschiedenen E-Rezept-Pilotprojekte sehr unterschiedlich dimensioniert sind und es untereinander zu Überschneidungen kommen kann, wenn man realisiert, wer genau beteiligt ist und welche technischen Lösungen zum Einsatz kommen.

Für einen Überblick ist es daher gar nicht zielführend, zu versuchen, auf alle Projekte einzugehen. Doch bei vier E-Rezept-Prototypen lohnt sich aktuell ein genaueres Hinschauen.

Übrigens: Welches Projekt Leyck Dieken selbst favorisiert oder welches Vorhaben am nächsten an den Plänen des BMG ist, hat der Gematik-Chef bisher nicht verraten. Das GERDA-Projekt in Baden-Württemberg sei ihm aber sehr gut bekannt, ließ er die Besucher der BAH-Fachkonferenz wissen. Er kündigte an, dass er sich das Vorhaben vor Ort anschauen wolle.

Die schwäbische GERDA

Das E-Rezept-Pilotprojekt der Apothekerinnen und Apotheker in Baden-Württemberg wird mitunter als Vorzeigeprojekt oder sogar als Leuchtturm­projekt bezeichnet. Das liegt wohl daran, dass sich Kammer und Verband von Anfang an dafür entschieden haben, einen diskriminierungsfreien und marktoffenen Ansatz zu verfolgen, d. h. möglichst alle Apotheken, Ärzte, Softwarehäuser und Krankenkassen einzubinden. Eine Insellösung mit nur wenigen Praxen, Apotheken und Patienten sollte nicht infrage kommen. Gleichzeitig wurde die NGDA, die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker mbH, einer hundertprozentigen Tochter der ABDA-eigenen Avoxa, beauftragt, die technische Infrastruktur dafür zu programmieren. Außerdem wird das Pilotprojekt mit rund einer Million Euro vom Sozialministerium in Baden-Württemberg gefördert, ein politisches Statement – zumindest auf Landesebene.

Standespolitisches Ziel ist es, einen „Wildwuchs“ an Einzellösungen zu vermeiden und sich als ABDA perspektivisch an die Lösung der Gematik zu binden. Der „Super-GAU“ wäre gewesen, so Kammergeschäftsführer Dr. Karsten Diers bei einer Informationsveranstaltung im vergangenen Oktober, wenn sich E-Rezeptplattformen durchgesetzt hätten, von denen die Apotheken die Verordnungen für die Patienten kostenpflichtig herunterladen hätten müssen. „Dann hätten wir ab nächstes Jahr (2020, Anm. d. Red.) einen Wettbewerb um Download­preise.“ Ein diskriminierungsfreies System sei aber auch darauf ausgerichtet, so Christian Krüger, Geschäftsführer der NGDA, dass perspektivisch nicht nur alle Ärzte und Apotheker, sondern auch Versandapotheken an das System angebunden werden können. Das würde die Lebenswirklichkeit der Patienten widerspiegeln.

Krüger und sein Team entwickelten für Kammer und Verband einen sogenannten Fachdienst, der den Namen „Geschützter E-Rezept-Dienst der Apotheker“ erhielt – GERDA als Akronym. GERDA ist Teil des telemedizinischen Pilotprojektes der Ärzte in Baden-Württemberg namens „Docdirekt“, doch soll im Rahmen weiterer Modell- und Pilotprojekte auch bundesweit zum Einsatz kommen können. Bei „Docdirekt“ handelt es sich quasi um eine Online-Praxis, die von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg, also von den Ärzten selbst, betrieben wird. Die technische Infrastruktur sowie die Kommunikationsplattform wurden von dem Unternehmen „Teleclinic“ entworfen. Im Rahmen einer telemedizinischen Sprechstunde können sich Patienten via Webcam im Internet von Ärzten beraten lassen. Möglich ist diese Form der Fernbehandlung, weil die baden-württembergische Landesärztekammer 2016 das Fernbehandlungsverbot teilweise aufgehoben hatte, um genau solche Pilotprojekte zuzulassen. „Docdirekt“ ist daher nicht flächendeckend für GKV-Patienten verfügbar, sondern nur in den Regionen Stuttgart und Tuttlingen. Bereits 2017 startete Teleclinic gemeinsam mit apotheken.de, dem Apotheken-Dienstleister des Deutschen Apotheker Verlags, ein erstes Projekt im PKV-Bereich.

Im November 2019 integrierten sich die Apotheker mit ihrem selbstentwickelten E-Rezept-Fachdienst GERDA in das Projekt und sorgen seitdem dafür, dass die rund 40 Tele­mediziner des Projektes ihren Patienten elektronische Verordnungen ausstellen können, die in den Apotheken im Stadtgebiet Stuttgart und Landkreis Tuttlingen eingelöst werden können. Einzige, aber wichtigste Voraussetzung: Die Apotheker in der Pilotregion müssen sich auf dem N-Ident-Portal dafür anmelden. Auf diesem Portal fand auch schon die Anmeldung für Securpharm statt.

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DAV-Chef Fritz Becker will durchsetzen, dass die standeseigene Web-App eine Monopolstellung unter allen E-Rezept-Applikationen erhält.

Bei GERDA handelt es sich um eine zentrale Lösung, d. h. ein Server (Fachdienst) fungiert als Rezeptspeicher, der von den Ärzten, Apotheken und Patienten genutzt werden kann. Der Arzt erstellt über den „Docdirect“-Workspace in seiner Praxis das E-Rezept und signiert es digital mit seinem Arztausweis im Kartenlesegerät. Der Patient muss die „Docdirect“-App auf seinem Smartphone oder Tablet installiert haben und erhält eine Benachrichtigung über ein neues E-Rezept für ihn selbst oder ein Familienmitglied in Form einer E-Mail und/oder Push-Notification. In der Patienten-App werden ein E-Rezept-Schlüssel sowie ein einsehbares Rezept hinterlegt. Von der App aus können Apotheken aus einem Register ausgewählt und die E-Rezept-Schlüssel übertragen werden.

Damit die jeweilige Apotheke auf das E-Rezept des Patienten zugreifen kann, muss sie sich auf dem zentralen Server authentifizieren. Der Patient wird informiert, ob die Warenwirtschaft der Apotheke das E-Rezept annimmt oder ablehnt. Darüber hinaus ist auch eine Chatfunktion zwischen Apotheke und Patient möglich, bei der Textbausteine über den Bearbeitungsstatus ausgetauscht werden können und wann bzw. wie die Bestellung verfügbar ist (z. B. per Botendienst). Der Fachdienst GERDA deckt übrigens auch den gesamten elektronischen Weg der Abrechnung von der Apotheke zur Krankenkasse ab. Zum Start von GERDA im November 2019 waren etwa zehn Apotheken in Stuttgart und Tuttlingen beteiligt. Wie sich das Projekt bislang entwickelt, dazu äußern sich die beteiligten Institutionen aktuell nicht konkret. Dem Vernehmen nach sollen im Rahmen von telemedizinischen Kontakten im Rahmen von Pilotprojekten naturgemäß weniger Rezepte ausgestellt werden als in der Regelversorgung. Doch GERDA erregt Aufmerksamkeit mit politischer Strahlkraft. So soll nicht nur Gematik-Chef Leyck Dieken, sondern auch das BMG das Gesamtkonzept laut „Ärzteblatt“ für eine „überzeugende Gesamtlösung“ halten und eine zeitnahe Zusammenarbeit erwägen.

E-Rezept-Pilotprojekte und Fernbehandlung – welche rechtlichen Grundlagen existieren?

ks | Die regionalen E-Rezept-Projekte werden landläufig als Modell- oder Pilot-Projekte bezeichnet – schließlich sind sie kein Teil der Regelversorgung. Doch welche rechtlichen Grundlagen stehen eigentlich dahinter?

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Das Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) regelt sogenannte Modellvorhaben in seinen §§ 63 ff. Mit § 64a SGB V gibt es sogar eine spezielle Vorschrift für Modellvorhaben in der Arzneimittelversorgung, die Ärzten, Apothekern und Krankenkassen solche Projekte mit einer Zeitdauer bis zu drei Jahren ermöglicht. Doch wer glaubt, hierauf stützten sich GERDA & Co. irrt. Bei GERDA haben der Landesapothekerverband Baden-Württemberg und die teilnehmenden Krankenkassen nach § 129 Abs. 5 SGB V einen ergänzenden Vertrag zum Rahmenvertrag geschlossen. Darüber hinaus gelten die Regelungen des Rahmen­vertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V sowie die Regelungen der kassenspezifischen Arzneimittelversorgungsverträge.

Im Berliner Projekt erfolgt die Abrechnung mit den Krankenkassen ebenfalls auf Grundlage eines solchen ergänzenden Vertrages. Die Techniker Krankenkasse ist beim Hamburger Projekt einen anderen Weg gegangen – ihm liegt ein Selektivvertrag nach § 140a SGB V zugrunde. Danach können Kassen mit Leistungserbringern Verträge über eine besondere Versorgung abschließen. Die Ärzte wiederum haben ihre eigenen Vereinbarungen mit den Krankenkassen. In Baden-Württemberg, wo man den Weg für ausschließliche Fernbehandlungen bereits ebnete, ehe der Deutsche Ärztetag 2018 durch eine Änderung der Musterberufsordnung der Ärzte (MBO-Ä) nachzog, sieht die Berufsordnung der Ärzte vor, dass derartige Modellprojekte von der Landesärztekammer zu genehmigen sind.

So ist es auch beim von der Kassenärztlichen Vereinigung BaWü betriebenen Portal Docdirekt geschehen, das im vergangenen Jahr um GERDA ergänzt wurde. In Hamburg und Berlin wurde die Berufsordnung der Ärzte hingegen erst später und entsprechend der Vorgaben der MBO-Ä geändert, sodass eine ausschließliche Fernbehandlung im Einzelfall erlaubt ist, wenn dies ärztlich vertretbar ist, die ärztliche Sorgfalt gewahrt wird und die Patienten entsprechend aufgeklärt werden.

Wichtig für die nun laufenden Projekte ist nicht zuletzt, dass im August 2019 mit den Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorung (GSAV) das Fernverordnungsverbot aus dem Arzneimittelgesetz gestrichen wurde. Zuvor war es Apotheken nicht erlaubt, Rezepte zu bedienen, wenn diese ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt ausgestellt worden waren.

Berliner Apotheker testen die DAV-Web-App

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die Bundeshauptstadt Berlin zur „Zukunftsregion Digitale Gesundheit“ erklärt und will bis Ende 2022 digitale Lösungen testen und „in eine stärkere Praxisanwendung bringen“. Konkret soll es um Gesundheits-Apps und webbasierte Anwendungen gehen, die im Rahmen des Selbstmanagements durch den Patienten zur Behandlung, Linderung und Überwachung chronischer Erkrankungen dienen.

Im Rahmen dieses Vorhabens wird es auch ein Pilotprojekt zum E-Rezept geben. Ende Oktober 2019 wurde bekannt, dass das BMG zusammen mit der ABDA und dem Berliner Apothekerverein (BAV) eine Kooperation vereinbart hat. Spahns Ministerium fördert das Versorgungsmodell der Apotheker finanziell – in welcher Höhe ist bisher nicht bekannt. Laut „Tagesspiegel“ sind für die gesamte „Zukunftsregion“ bis Ende 2022 rund 20 Millionen Euro im Haushalt des BMG vorgesehen. Noch bevor die Kooperationspartner ihre Zusammenarbeit öffentlich machten, kristallisierte sich heraus, dass in Berlin aus technischer Sicht eine ähn­liche E-Rezept-Infrastruktur gebaut wurde, wie beim GERDA-Projekt in Baden-Württemberg. So war die ABDA-Tochter NGDA an der Konzeption und am Aufbau des Versorgungsmodells beteiligt.

Nach dem offiziellen Startschuss im November waren es drei Arztpraxen und zehn Apotheken, die am E-Rezept-Pilotprojekt teilnahmen. Im Februar 2020 sollen in einer zweiten Phase deutlich mehr Arztpraxen und Apotheken aus allen Berliner Bezirken teilnehmen. Die dritte Phase, für die es noch keinen konkreten Zeithorizont gibt, soll dann alle Berliner Arztpraxen und Apotheken einschließen. Laut DAV sollen zum Jahresende 2019 15 Arztpraxen sowie 40 Apotheken technisch in der Lage gewesen sein, E-Rezepte technisch zu verarbeiten.

Beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) 2019 in Berlin wurde die DAV-Web-App vorgestellt. Sie stellt das digitale Patientenangebot der deutschen Apothekerschaft dar, mit der E-Rezepte verwaltet und zur Apotheke übertragen werden sollen. Im Rahmen des Ber­liner Pilotprojektes wird sie erstmalig live getestet.

Höchste Priorität haben dabei die freie Apothekenwahl und die kostenlose Übertragung der Daten von den Arztpraxen in die Apotheken. Wettbewerbsneutral und diskriminierungsfrei soll das Angebot sein – nicht nur den Patienten gegenüber, sondern auch aus Sicht der Vor-Ort-Apotheken, die sich für die Web-App registrieren müssen. Mehr als 12.000 Apotheken waren es Ende 2019. Die webbasierte Anwendung ist in keinem App-Store erhältlich, sondern plattformübergreifend abrufbar über den Browser. Die App ist mit einem „Retax-Filter“ versehen, der die Anzahl an be­anstandeten Rezepten reduzieren soll. Für die Zukunft sind Erweiterungen geplant, wie etwa Einnahmeerinnerungen oder Hinweise zum Verfallsdatum. So sollen Adhärenz und Arzneimitteltherapiesicherheit gefördert werden.

Pilotregion Wandsbek – das TK-Projekt

Mehr als 100 Versicherte der Techniker Krankenkasse (TK) nehmen in Hamburg-Wandsbek an einem E-Rezept-Pilot­projekt teil, das die Kasse zusammen mit einem Diabeteszentrum und zwei Apotheken vor Ort initiiert hat. Fünf Ärzte sind involviert, die laut „Ärzteblatt“ ihren Patienten Erst- und Folgeverordnungen über Insulin elektronisch ausstellen. Damit Patienten an dem Pilotprojekt teilnehmen können, müssen sie mit ihren Ärzten Versorgungsverträge nach § 140 Sozialgesetzbuch V schließen. Angelegt ist das Projekt auf mehrere 1000 Versicherte, alle Arztpraxen in dem Postleitzahlengebiet wurden angeschrieben.

Von Anfang Februar 2019 an lief eine Einschreibephase, ab Mai begann die Pilotphase und Ende August die Rekrutierungsphase. Das Projekt ist auf insgesamt 18 Monate ausgelegt. Den Versicherten wird die ärztliche Verordnung per QR-Code sowie Abbild des üblichen Muster-16-Rezepts auf die App „LifeTime“ übertragen.

Die TK verfolgt einen dezentralen Ansatz: Die Rezeptdaten werden direkt zwischen Praxis und Apotheke übertragen.

In der Apotheke wird dann der QR-Code abgescannt. Daraufhin werden die Rezeptdaten von der Praxis in die Apotheke über einen sicheren VPN-Tunnel übertragen. Es handelt sich somit um einen – im Gegensatz zum GERDA-Projekt – dezentralen Ansatz. Der Übertragungsweg ist Ende-zu-Ende verschlüsselt, sodass die Daten nur für die Kommunikationspartner (also die jeweilige Praxis und Apotheke) einsehbar sind.

Voraussetzung für die Anbindung an das Praxisverwaltungssystem und die Apothekensoftware ist entweder die Druckerschnittstelle oder Schnittstelle zur jeweiligen Software. Damit kann prinzipiell jede Arztpraxis und jede Apotheke angebunden werden. Der Datensatz für das elektronische Rezept wird über die Druckerschnittstelle generiert. Für die Erzeugung und das Abrufen von E-Rezepten wird der sogenannte elektronische Verordnungsassistent (eVA) verwendet. Diese Software hat die Firma eHealth-Tec programmiert. Die Abrechnung läuft über die Firma König EDV. Bei E-Health-tec handelt es sich um ein Tochterunternehmen der Zur-Rose-Gruppe, bei „König IDV“ um den gemeinsamen Abrechnungsdienstleister von DocMorris und der Shop Apotheke, der den beiden Versendern zu gleichen Teilen gehört.

Warum kooperiert die TK mit einer Zur-Rose-Tochter und einem Dienstleister für die EU-Versender? „Wir wollten ein System, das mit jedem anderen System kompatibel ist und andere beteiligen kann“, so Tim Steimle, Apotheker und Fachbereichsleiter Arzneimittel bei der TK, gegenüber DAZ.online anlässlich der E-Rezept-Themenwoche im August 2019. „Das war uns wichtig. Dass wir heute in Deutschland noch keine E-Rezepte haben, liegt nur daran, dass die Player sich abschotten.“ Deswegen habe man sich bei der TK für die beiden Firmen als technischen Dienstleister entschieden, weil diese Anforderung sonst offenbar niemand erfüllt – und es angeblich auch immer noch niemand tut. Steimle weiter: „Wir befördern an dieser Stelle den Versand nicht. Wir wissen, dass wir den Versandhandel beim E-Rezept auf Dauer nicht außen vor lassen können.“

Wahrscheinlich ist es das Wandsbeker Projekt, das sich auf die Fahnen schreiben darf, das erste E-Rezept Deutschlands für GKV-Versicherte in der Praxis erprobt zu haben. Mittlerweile wurden E-Rezepte von der Ausstellung beim Arzt über den Patienten zur Apotheke, von dort zum Rechenzentrum bis hin zur Krankenkasse digital verarbeitet. Seit August können auch die Versicherten der Hanseatischen Krankenkasse (HEK) teilnehmen.

Im November wurde bekannt, dass die TK ihren 14.000 Mitarbeitern seit Mitte Oktober ärztliche Video-Beratungen anbietet und es ihnen gleichzeitig ermöglicht, die daraus resultierenden E-Rezepte in Vor-Ort-Apotheken einzulösen. Voraussetzung für die Apotheken ist, dass sie mit dem Awinta-Softwaresystem arbeiten. Das soll laut Angaben des Mutter-Konzerns Noventi für rund 30 Prozent der Apo­theken zutreffen.

DocMorris und die Ärzteverbände

Seit jeher kämpfen die Versandapotheker in Deutschland und die Arzneimittelversender im EU-Ausland mit zwei fundamentalen Wettbewerbsnachteilen. Im Vergleich mit der persönlichen und direkten Versorgung der Patienten aus den Präsenzapotheken ist die Belieferung mit Arzneimitteln über den Versandhandel deutlich verzögert. Einerseits müssen die Patienten bei der Bestellung von rezeptpflichtigen Präparaten nämlich ihre Papierrezepte den Anbietern per Post zukommen lassen. Andererseits dauert die Auslieferung der Pakete meistens mehrere Tage.

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„Das E-Rezept kommt“ – DocMorris setzt nicht nur auf die Kooperation mit großen Ärzteverbänden, sondern auch auf das Bewusstsein in der Öffentlichkeit.

Während es für das zweite Problem in den letzten Jahren immer wieder kreative Lösungsansätze gab, die zum Teil gerichtlich abgeschmettert wurden (z. B. Pick-up-Modelle oder Arzneimittelabgabeautomaten), war von Anfang an klar, dass sich mit der Einführung elektronischer Verordnungen und den damit einhergehenden veränderten Rahmenbedingungen die Bestellungen wesentlich schneller auslösen lassen und damit das erste Problem vom Tisch wäre.

Dementsprechend wurde dem E-Rezept vonseiten der Versender jahrelang entgegengefiebert – Bedenken bis Ängste gab es dagegen auf der Seite der Apotheker. Mit Jens Spahn als Gesundheitsminister werden die Träume der einen und die Albträume der anderen nun Wirklichkeit: Ein Rx-Versandverbot als Reaktion auf das EuGH-Urteil von 2016 lehnt er rigoros ab, und im Rahmen einer intensivierten Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen soll es u. a. E-Rezepte geben. Die Versender dürfen voraussichtlich weiterhin am deutschen Rx-Arzneimittelmarkt partizipieren und das E-Rezept könnte ihr Geschäftsmodell innovieren. Wie reagieren also die Marktführer auf diesen für sie vielversprechenden, neuen politischen Kurs?

Stellvertretend für die Stimmung in der Branche lässt sich ein Artikel in der „Welt“ vom März 2019 zitieren. Darin kommt Ulrich Wandel zu Wort, Finanzchef der Shop Apotheke – die Nummer zwei im Markt der Versender nach DocMorris. Neben einer Kaufempfehlung für Aktien liefert der Artikel das Statement Wandels, dass das E-Rezept ein Gamechanger sein wird, „der uns deutlich nach vorne katapultieren sollte“.

Um diesen Gamechanger auch tatsächlich für sich zu gewinnen, fährt der Marktführer DocMorris eine mehrgleisige Strategie, die mit mehr als 160 Millionen Euro finanziert werden soll. Konkret handelt es dabei um eine festverzinsliche, öffentliche Obligationenanleihe über 180 Millionen Franken, das entspricht etwa 163 Millionen Euro. Die Anleihe ist zu 2,50 Prozent verzinst und hat eine Laufzeit von fünf Jahren. „Der Nettoerlös der Anleihe wird von der Emittentin vorwiegend zur Finanzierung der Initiativen im Zusammenhang mit der Einführung des elektronischen Rezepts in Deutschland sowie für weitere Unternehmenszwecke verwendet“, hieß es damals in einer Pressemitteilung dazu.

Einerseits soll die Öffentlichkeit mit einer massiven Werbekampagne auf das E-Rezept initial aufmerksam gemacht (und gleichzeitig auf die eigene Website geleitet) werden. Andererseits hat DocMorris im vergangenen Jahr mit zwei großen, bedeutenden Ärzteverbänden Kooperationen geschlossen – dem Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa), in dem sich rund 160.000 Mediziner organisieren, sowie der Hausärzt­lichen Vertragsgemeinschaft AG, eine Dienstleistungsgesellschaft des Deutschen Hausärzteverbandes (DHÄV) und seiner Landesverbände. Immer wieder weist DocMorris ausdrücklich darauf hin, dass man bei den E-Rezept-Projekten auch mit Vor-Ort-Apotheken kooperiert.

Das Kooperationsprojekt mit den Fachärzten soll ab diesem Jahr starten und über die Sanakey-Gruppe abgewickelt werden, eine Unternehmensgruppe, die zum SpiFa gehört und vom ehemaligen FDP-Bundestagsabgeordneten Lars Friedrich Lindemann geleitet wird, der auch Hauptgeschäftsführer des Fachärzteverbandes selbst ist. In einer Mitteilung heißt es dazu: „Der SpiFa und die zu ihm gehörende Sanakey-Gruppe werden mit der Apotheke DocMorris bei der Suche nach innovativen Lösungen bei Themen wie Arzneimitteltherapiesicherheit und -distribution zusammenarbeiten sowie ein Pilotprojekt zur Einführung des elektronischen Rezepts umsetzen.“

Seit November läuft bereits das Projekt mit den Hausärzten in der Region Westfalen-Lippe. Eine „begrenzte Zahl von Hausärzten“ soll dabei Arzneimittel „unter Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur und der praxiserprobten IT-Infrastruktur der E-Health-tec“ digital verordnen können. Viele Merkmale des Projektes sind unbekannt bzw. werden gegenüber der Fachpresse gar nicht kommuniziert.

Dem Vernehmen nach sollen es fünf Hausarztpraxen mit je zwei Patienten sein, die in ihre Teilnahme im Vorhinein einwilligen müssen. Wie viele Vor-Ort-Apotheken neben DocMorris dabei sind, ist schwierig zu ermitteln. In der Konzeption war vorgesehen, dass jede Praxis eine Apotheke auswählt und mit einbindet. Ob dies tatsächlich so umgesetzt wurde, kann aus Sicht der Apothekerkammer Westfalen-Lippe nicht bestätigt oder widerlegt werden.

Im Rahmen dieses Pilotprojektes erhalten gesetzlich versicherte Patienten anstelle eines Papierrezepts einen QR-Code, den sie per App, E-Mail oder als Ausdruck wahlweise bei einer der teilnehmenden Vor-Ort-Apotheken oder bei DocMorris einlösen können. Anscheinend soll es möglich sein, dass einige Arzt-Informations-Systeme (AIS) die Daten per Schnittstelle übertragen können. An die TI soll aber kein Anschluss stattfinden. Der Zeitraum ist auf sechs Monate ausgelegt. Zu einem späteren Zeitpunkt soll noch ein Modul zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in das Projekt integriert werden. Neben den Kooperationspartnern sind auch einige Krankenkassen beteiligt. So wirkt das Dienstleistungsunternehmen GWQ mit, das unter anderem mit einigen Betriebskrankenkassen (BKK) zusammenarbeitet.

Anke Richter-Scheer, die Vorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe, erklärt dazu: „Für Hausärztinnen und Hausärzte ist wichtig, dass durch das E-Rezept kein zusätzlicher Aufwand entsteht, sondern der Versorgungsalltag erleichtert und die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apotheken verbessert wird. Das nützt nicht nur uns, sondern vor allen Dingen unseren Patientinnen und Patienten.“

Die Apotheker, die Politik und das E-Rezept

... eine wechselvolle Beziehung

2021 soll der flächendeckende Einsatz des E-Rezeptes starten. Ob der Plan aufgeht? Zweifel sind nicht unberechtigt, blickt man auf die lange Vorgeschichte der elektronischen Verordnung zurück.

Zum Weiterlesen: DAZ 2019, Nr. 34, S. 58

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Fazit

Modell- und Pilotprojekte im Gesundheitswesen sind wichtig, vielleicht sogar unverzichtbar. Sie liefern die Erfahrungswerte und Datengrundlage für zukünftige Versorgungsformen. Neben der Testung eines innovativen Elements, wie dem E-Rezept, sollen Pilotprojekte vor allem herausstellen, wie die sektorenübergreifende Zusammenarbeit funktioniert, wie Patienten mit den Innovationen klarkommen und wie es um Sicherheit und Datenschutz bestellt ist. Doch solche Praxistests haben immer ein Verfallsdatum, ansonsten würden sie gar nicht erst genehmigt werden. Somit wird es auch unwahrscheinlich sein, dass eines der aktuellen E-Rezept-Pilotprojekte ein hundertprozentiges Vorbild für die Regelversorgung sein wird. Das serienreife E-Rezept wird höchstwahrscheinlich seine Merkmale aus einer Vielzahl von Prototypen ziehen – von dem einen mehr, von dem anderen weniger.

Die Frage, wer am Ende womöglich das Rennen machen wird, stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Für die beteiligten Verbände, Dienstleister und Unternehmen geht es vielmehr darum, untereinander und gegenüber der Politik ihre Bereitschaft und Expertise zu verdeutlichen und sich gegenseitig zu challengen.

Als Arzt oder Apotheker an einem E-Rezept-Pilotprojekt teilzunehmen, bietet also die seltene, aber wichtige Chance, sich in einer Konzeptionsphase aktiv einzubringen, Erfahrungen zu sammeln und gestaltend mitzuwirken – und das mit dem gesamten Praxis- bzw. Apothekenteam. |

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