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Pandemie Spezial
Antigentests im Test
Preprint-Publikation untermauert Zuverlässigkeit von Schnelltests
In der Corona-Pandemie gelten Schnelltests als großer Hoffnungsträger, um SARS-CoV-2-Infektionen zu erkennen und eine weitere Ausbreitung einzudämmen. Als sogenannte Point-of-Care-Tests (POCTs) sollen sich Antigen-Schnelltests schnell und unkompliziert überall anwenden lassen, ohne Labor und langwierige Logistik. Inzwischen sind Antigentests mehrerer Hersteller in Deutschland und vielen anderen Ländern zugelassen. Sie können außerhalb des Labors eingesetzt werden, solange die Testergebnisse von medizinischem Personal überwacht werden.
Die PCR ist der Goldstandard für den Nachweis von SARS-CoV-2. Allerdings erfordert die Methode eine hoch entwickelte Laborausrüstung, geschultes Personal sowie Logistik für Probenversand und Ergebniskommunikation – und somit Zeit. Lieferengpässe von Materialien erschweren die Situation.
Hier könnten Antigentests entschärfend wirken. Sie sind günstig in der Herstellung und liefern vergleichsweise schnelle Ergebnisse. Wie auch PCR-Tests weisen Antigen-Schnelltests genetisches Material nach, statt Virus-Erbsubstanz jedoch Protein, und zwar Fragmente des Virus-Oberflächenproteins. Als Probenmaterial dient ein Nasen-Rachen-Abstrich, der nach Übertragen in eine Lösung auf einen Teststreifen aufgetragen wird. Das Ergebnis lässt sich nach weniger als 30 Minuten ablesen.
Jedoch war bislang unklar, wie valide die Testergebnisse sind. Weisen positive Ergebnisse verlässlich Infizierte nach? Und bedeuten negative Ergebnisse, dass man tatsächlich nicht infiziert ist?
Testergebnis negativ: sicher?
Um dies zu prüfen, hat ein Team der Charité Berlin und der Universität Kiel unter Leitung von Prof. Dr. Christian Drosten sieben Antigentests analysiert und die Studie am 13. November 2020 als Preprint veröffentlicht [1].
Untersucht wurden solche Tests, die Ende September bis Anfang Oktober entweder bereits auf dem deutschen Markt verfügbar oder als Prototyp-Produkt in Deutschland erhältlich waren.
Das Forscherteam wandte die Tests auf eine Reihe von Proben an: gelagerte Proben mit bekannter SARS-CoV-2-Viruslast, synthetisches SARS-CoV-2-Protein, Patienten-Proben mit anderen Atemwegserregern, Abstriche von gesunden Freiwilligen sowie Zellkulturproben mit endemischen und neu auftretenden Coronaviren.
Um einen Test bewerten zu können, werden zwei Maßgrößen herangezogen: Die Sensitivität und die Spezifität.
Spezifität und Sensitivität
Die Spezifität gibt den Anteil der Personen in Prozent mit negativem Testergebnis unter den Nicht-Infizierten an. Vereinfacht gesagt, die Spezifität gibt an, wie häufig der Test bei Gesunden negativ ist.
Die Sensitivität gibt den Anteil der Personen in Prozent mit positivem Testergebnis unter den Infizierten an. Vereinfacht gesagt, die Sensitivität gibt an, wie häufig der Test bei Vorliegen einer bestimmten Krankheit positiv ist.
Hohe Spezifität bei fünf Produkten
In der Studie überprüften die Forscher zuerst die Spezifität, d. h. wie genau der Test Nicht-Infizierte korrekt als negativ identifiziert. Je höher die Spezifität, desto weniger falsch-positive Ergebnisse treten auf. Bei fünf Produkten lagen die Spezifitäten zwischen 98,53 Prozent und 100 Prozent, nur zwei Produkte zeigten niedrigere Werte zwischen 94,85 Prozent und 88,24 Prozent (s. Tabelle).
Hersteller | Spezifität |
---|---|
Abbott Panbio™ COVID-19 Ag Rapid Test | 99,26% |
RapiGEN BIOCREDIT COVID-19 Ag | 100% |
Healgen® Coronavirus Ag Rapid Test Cassette (Swab) | 88,24% |
CORIS BioConcept COVID-19 Ag Respi-Strip | 100% |
R-Biopharm RIDA®QUICK SARS-CoV-2 Antigen | 94,85% |
NAL von minden NADAL COVID19-Ag Test | 99,26% |
Roche/SD Biosensor SARS-CoV Rapid Antigen Test | 98,53% |
Beim Test auf eine mögliche Kreuzreaktivität bezog das Forscherteam verschiedene Atemwegserreger ein (u. a. MERS- und SARS-CoV sowie weitere Coronaviren). Falsch positive Ergebnisse wurden nicht mit einem bestimmten Atemwegserreger in Verbindung gebracht. Laut Autoren deutet dies darauf hin, dass ein anderer spezifischer Faktor die verbliebenen falsch positiven Signale hervorruft.
Sensitivität: Viruslast ist entscheidend
Für die Frage nach der Sensitivität eines Tests ist es laut Studie entscheidend, wann ein Patient getestet wird und wie groß seine Viruslast im Nasen-Rachenraum ist:
Fast alle Antigen-Schnelltests schlugen laut Studie ab einer ähnlichen Konzentration an viralem Nukleokapsid-Protein an. Sie wiesen zuverlässig zwischen 5 und 25 ng/ml nach. Derart hohe Viruskonzentrationen werden in der ersten Symptomwoche beobachtet, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das Virus auf andere Menschen übertragen wird. Nur das RapiGEN-Produkt war laut Studie wesentlich weniger empfindlich.
Was sagen die Ergebnisse aus?
Damit ein Antigen-Test ein positives Ergebnis anzeigt, ist im Vergleich zur PCR-Testung zwar eine größere Virusmenge notwendig. Jedoch waren laut den Studienergebnissen bis auf einen Ausreißer alle analysierten Antigentests ausreichend genau, um übliche Viruslasten während der ersten Woche mit Krankheitssymptomen zu erkennen. Sie weisen Viren innerhalb des Konzentrationsbereichs nach, der annähernd der Viruskonzentration entspricht, ab der Patienten infektiös sind.
Somit könnte ein positives Ergebnis Ärzten helfen, über sofortige Isolationsmaßnahmen zu entscheiden. Auch wenn die hier analysierten Tests laut Autoren eine relativ geringe Rate an falsch-positiven Ergebnissen haben (s. Tabelle), kann bei positivem Ergebnis eine PCR zur Ergebnisbestätigung angeordnet werden. Die Autoren erwähnen, dass bei den Herstellern mit geringeren Spezifitätswerten zum Studienzeitpunkt noch Prototypen vorlagen. Sie gehen davon aus, dass sich die Qualität der Tests in Zukunft noch weiter verbessern wird.
Bei Krankenhaus-Patienten am Ende ihres klinischen Verlaufs könnte ein negatives Antigen-Schnelltest-Ergebnis ein zusätzliches Kriterium für die sichere Entlassung darstellen.
Insgesamt können, wie die Autoren betonen, Antigen-Schnelltests zur Entlastung der PCR-Labore beitragen. Hilfreich kann der Einsatz vor allem dort sein, wo sich Risikogruppen anstecken können, z. B. in Pflegeheimen, Kliniken oder Arztpraxen [2]. Wichtig ist, dass die Ergebnisse als eine momentane Beurteilung der Infektiosität und nicht als ein Ausschluss einer Infektion verstanden werden.
Anmerkung: Eine Begutachtung der Studie durch unabhängige Expertinnen und Experten steht noch aus. Um der Fachwelt und Öffentlichkeit die Studienergebnisse schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen, hat das Forscherteam seine Ergebnisse bereits als Preprint veröffentlicht. |
Literatur
[1] Corman VM, Haage VC, Bleicker T, Schmidt ML, Mühlemann B, Zuchowski M, Jó Lei WK, Tscheak P, Möncke-Buchner E, Müller MA, Krumbholz A, Drexler JF, Drosten C. Comparison of seven commercial SARS-CoV-2 rapid Point-of-Care Antigen tests. medRxiv 2020.11.12.20230292; doi: https://doi.org/10.1101/2020.11.12.20230292
[2] Hinweise des Robert Koch-Instituts, Diagnostik: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste_Diagnostik.html;#FAQId14968662
[3] Robert Koch-Institut Infografik: Corona-Schnelltest-Ergebnisse verstehen: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Infografik_Antigentest_PDF.html;jsessionid=3D8182A72B12B57CE27699779C5BDDDF.internet081
[4] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Antigentests auf SARS-CoV-2: https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Antigentests/_node.html
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