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DAZ aktuell
Weitere Insolvenzanträge aus der AvP-Gruppe
Keine Treuhandgelder in der Bilanz
Das Firmengeflecht der AvP besteht aus der Muttergesellschaft AvP Service AG und vier Tochtergesellschaften (siehe AZ 2020, Nr. 40, S. 5). Zunächst hatte nur die AvP Deutschland GmbH einen Insolvenzantrag gestellt. Daraufhin wurden Insolvenzanträge weiterer Unternehmen der Gruppe erwartet, weil diese auf Zahlungen der AvP Deutschland GmbH angewiesen sind.
Weitere AvP-Unternehmen melden Insolvenz an
Mittlerweile wurde bekannt, dass die AvP Dienstleistung GmbH bereits in der vorigen Woche einen Insolvenzantrag gestellt und das Amtsgericht Düsseldorf Dr. Jan-Philipp Hoos zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt hat. Hoos nimmt diese Funktion auch bei der AvP Deutschland GmbH wahr. Die AvP Dienstleistung GmbH hatte die Rezeptabholung organisiert und die Datenerfassung für die Rezeptabrechnung durchgeführt. Weitere Aufgaben sind die Belegbereitstellung für die Abrechnungsempfänger und das Vertragsmanagement mit den Krankenhausapotheken. In der vorigen Woche hatte der Insolvenzrechtler Dr. Rainer Eckert, Hannover, im Live-Talk auf DAZ.online erläutert, dass nach einem Insolvenzantrag der AvP Dienstleistung GmbH sichergestellt werden könne, dass dort keine Rezepte mehr abfließen können.
Außerdem bestätigte das Amtsgericht Düsseldorf am 28. September, dass sich auch ein Insolvenzantrag der AvP Service AG zur Vorabprüfung beim Amtsgericht befinde. Aus Branchenkreisen war dazu zu hören, dass der Aufsichtsrat der AvP Service AG den Vorstand Mathias Wettstein mittlerweile entmachtet habe.
Keine Treuhandvermögen in der Bilanz verzeichnet
Diese Vorkommnisse werfen auch die Frage auf, wie die AvP bisher gewirtschaftet hat. Die im Bundesanzeiger einsehbaren Bilanzen der AvP Deutschland GmbH – zuletzt zum Jahresende 2018 – vermitteln einen Eindruck dazu. Die Bilanzsumme betrug zum Stichtag etwa 13,9 Millionen Euro. In der Bilanz sind weder die Abrechnungsbeträge der Apotheken noch irgendwelche Treuhandvermögen verzeichnet. Der Geschäftsbericht bezieht sich auf das Vermögen des Unternehmens und nicht auf das abgerechnete Finanzvolumen. Insofern spiegelt er wider, was die meisten Apotheker aufgrund der Verträge wohl erwartet haben: Die Abrechnungsbeträge wurden nicht als Vermögen des Unternehmens verbucht.
Die DAZ sprach darüber mit Steuerberater Niko Hümmer von der Kanzlei Dr. Schmidt und Partner in Koblenz. Zur AvP-Bilanz erklärte Hümmer: „Ein Wirtschaftsprüfer sollte das Vorliegen von vertraglich vorgesehenen Treuhandkonten prüfen.“ Wenn ein Unternehmen geprüft wird, das mit Treuhandgeldern von Kunden arbeitet, sollte geprüft werden, ob diese vertragsgemäß verbucht werden, meint der Steuerberater. Der vorläufige Insolvenzverwalter Hoos hatte im Live-Talk bei DAZ.online erklärt, dass er keine klar ausgewiesenen Treuhandkonten gefunden habe. Diesen Gedanken führt Hümmer nun weiter: „Wenn es keine klare Trennung gab und in den allgemeinen Geschäftsbedingungen widersprüchliche Regelungen enthalten sind, hätte das Geld in der Bilanz des Unternehmens gegebenenfalls ausgewiesen werden müssen.“ Dann wäre allerdings offensichtlich geworden, dass das Geld nicht in der vorgesehenen Weise abgetrennt wurde.
Solche Überlegungen sind keineswegs buchhalterische Spitzfindigkeiten, sondern sie haben für die Betroffenen einen bedeutsamen Hintergrund. Denn bei einer fehlerhaften Bilanz wären auch mögliche Ansprüche der geschädigten Apotheker gegen den Wirtschaftsprüfer zu prüfen, der die Bilanz testiert hat.
Fehlbetrag im Jahr 2018
Der Geschäftsbericht der AvP Deutschland GmbH weist für 2018 ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit mit einem Fehlbetrag von 1,22 Millionen Euro aus. Im Jahr 2017 war es noch ein positives Ergebnis von 1,77 Millionen Euro. Die Muttergesellschaft AvP Service AG wies für 2018 einen Jahresüberschuss von 1 Million Euro aus.
In der Gewinn- und Verlustrechnung der AvP Deutschland GmbH für 2018 sind erstaunlich hoch anmutende Zinsaufwendungen von 6,3 Millionen Euro verzeichnet. Die Zinsen sind auch das zentrale Thema im Kapitel der Bilanz zu den Marktpreis- und Liquiditätsrisiken. Dort heißt es: „Für die Gesellschaft existieren aufgrund des betriebenen Geschäftsmodells nur Marktpreisrisiken im Bereich der Kreditzinsen durch die refinanzierenden Banken.“ Dazu habe das Unternehmen „durch Errichtung eines Konsortialkredits die strategische Zusammenarbeit mit dem Bankenkreis mit einer Vertragslaufzeit von 3 + 1 Jahren gefestigt“. Die finanziellen Risiken lägen im hohen Transaktionsvolumen und der „variablen Zinsausstattung der Abrechnungskonten“. Zinsniveauänderungen würden den Zinsaufwand unmittelbar beeinflussen. Diesem Risiko werde durch den Einsatz von Zinssicherungsgeschäften (Swaps) entgegengetreten. In der Bilanz werden eine Rahmenkreditvereinbarung über 245 Millionen Euro mit variablem Zinssatz und zum Jahresende 2018 bestehende Zinsswaps mit einem Volumen von 80 Millionen Euro erwähnt. Zum Stichtag hatten diese Swaps einen negativen Zeitwert von fast fünf Millionen Euro. Die meisten Swaps wurden über eine Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossen. Obwohl dieses Zinsmanagement einige Fragen zur langfristigen Finanzierung aufwirft, kann es wohl kaum eine plötzliche Zahlungsunfähigkeit erklären. |
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