Arzneimittel und Therapie

Optimaler LDL-Wert gesucht

Patienten profitieren nach einem Schlaganfall von Zielwerten unter 70 mg/dl

cst | Dass nach einem ischämischen Schlaganfall eine lipidsenkende Therapie befolgt werden sollte, steht außer Frage. Doch wie weit muss der LDL-Cholesterol-Wert gesenkt werden, um das Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse effektiv zu reduzieren? Dazu gab es bislang keine einheitlichen Empfehlungen. Das könnte sich nun ändern.

Patienten, die einen ischämischen Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke (TIA) erlitten haben, sollten mit einem Statin behandelt werden. Das Risiko für einen weiteren Schlaganfall wird durch eine lipid­senkende Therapie deutlich reduziert. Welche Zielwerte sinnvoll sind, ist hingegen unklar. So empfehlen sowohl die American Heart Association und die American Stroke Association (AHA/ASA) als auch die European Socie­ty of Cardiology (ESC) und die European Atherosclerosis Society (ESC/EAS) in ihren aktuellen Leitlinien bei Patienten nach einem Schlaganfall eine intensive Statin-Therapie, ohne diese näher zu präzisieren. In der deutschen S3-Leitlinie „Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und TIA“ wird ein LDL-Cholesterol-Wert von < 100 mg/dl (< 2,6 mmol/l) genannt.

Foto: sasun Bughdaryan – stock.adobe.com

Eine lipidsenkende Therapie schützt Schlaganfall-Patienten vor weiteren kardiovaskulären Ereignissen.

In der Studie „Treat Stroke to Target“ wurde nun untersucht, ob ein Zielwert von unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) gegenüber einem Zielbereich von 90 bis 110 mg/dl (2,3 bis 2,8 mmol/l) Vorteile bringt. Als primärer Endpunkt wurde das Auftreten schwerwiegender Herz-Kreislauf-Ereignisse betrachtet. Dazu zählten ischämischer Schlaganfall, Herzinfarkt, dringend erforderliche Revaskularisation sowie Todesfälle mit kardiovaskulärer Ursache. 2860 Patienten wurden im Verhältnis 1 : 1 zufällig einer der beiden Interventionsgruppen zugeteilt. Voraussetzung für die Studienteilnahme war ein ischämischer Schlaganfall während eines Zeitraums von drei Monaten vor Studienbeginn oder eine TIA in den letzten 15 Tagen. Zudem lagen bei allen Patienten atherosklerotische Veränderungen vor. An der Studie waren 61 Zentren in Frankreich und 16 Zentren in Südkorea beteiligt. Die behandelnden Ärzte hatten bei der Therapiewahl freie Hand: Sie entschieden sowohl über die Art des Statins als auch über die Dosierung und ob zusätzlich eine Therapie mit Ezetimib durchgeführt werden sollte, um die gewünschten Zielwerte zu erreichen. Aus Kostengründen wurde die Studie nach einer medianen Beobachtungsdauer von 3,5 Jahren vorzeitig beendet, die verfügbaren Daten wurden ausgewertet. Die angestrebten Zielwerte wurden in beiden Gruppen erreicht: Bei den Patienten mit niedrigem Zielwert (< 70 mg/dl) konnten die LDL-Spiegel von durchschnittlichen 135 auf 65 mg/dl gesenkt werden, in der Gruppe mit den höheren Zielwerten (90 bis 110 mg/dl) von 136 auf 96 mg/dl. Der primäre Endpunkt trat unter der stärkeren Lipidsenkung deutlich seltener ein – und zwar bei 121 Patienten (8,5%) gegenüber 156 (10,9%) Patienten in der Gruppe mit den weniger stringenten Zielen. Mit einer adjustierten Hazard Ratio von 0,78 (95%-Konfidenzintervall 0,61 bis 0,98) war dieses Ergebnis statistisch signifikant. Befürchtungen, dass eine aggressivere Statin-Therapie das Risiko für einen hämorrhagischen Schlaganfall erhöht, konnten in der Studie nicht bestätigt werden: In dieser Hinsicht unter­schieden sich die Gruppen nicht signifikant.

Was die Sekundärprävention bei Schlaganfallpatienten betrifft, konnten mit dieser Studie einige offene Fragen geklärt werden. Doch in anderen Bereichen geht die Debatte um die optimalen Zielwerte bei der Lipidsenkung weiter. Mehr zu den aktuellen Diskussionen lesen Sie in einem Gastbeitrag von Professor Dietmar Trenk, Leiter der klinischen Pharmakologie am Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen, auf S. 27. |

Literatur

Amarenco P et al. A Comparison of Two LDL Cholesterol Targets after Ischemic Stroke. N Engl J Med 2019; doi:10.1056/NEJMoa1910355

Wechsler LR et al. Statins and Stroke - It‘s Complicated. N Engl J Med 2019; doi:10.1056/NEJMe1914757

Kernan WN et al. Guidelines for the prevention of stroke in patients with stroke and transient ischemic attack: a guideline for healthcare professionals from the American Heart Association/American Stroke Association. Stroke 2014;45(7):2160-236

Mach F et al. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J 2019; doi:10.1093/eurheartj/ehz455

Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). S3-Leitlinie Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke (Teil 1). AWMF-Registernummer: 030/133; https://www.dgn.org/leitlinien/3024-ll-23-ll-sekundaerprophylaxe-ischaemischer-schlaganfall-und-transitorische-ischaemische-attacke#Hyperlipid

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