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Beratung
Kopfschuppen
Beratungswissen von A bis Z
Abschuppung. Die Desquamation (Abschuppung) der Kopfhaut ist ein physiologischer Prozess, der täglich stattfindet. Normalerweise sind die Hautschüppchen nur schwer zu erkennen und werden durch die Haarwäsche entfernt. Sie können jedoch auch stark vermehrt auftreten oder in Verbindung mit Hauttalg größere, gelbliche Konglomerate bilden.
Beschwerden. Neben den unästhetischen Partikeln, die besonders deutlich im Scheitelbereich und auf dunkler Oberbekleidung sichtbar sind, treten häufig zusätzliche Beschwerden auf. Dazu zählen z. B. bei trockener Kopfhaut Juckreiz und Spannungsgefühl. Da sich die Behandlungsmethoden bei trockener und seborrhoischer Kopfhaut unterscheiden, sollten diese Symptome im Beratungsgespräch erfragt werden.
Cytochrom P450. Das Cytochrom-P450-Enzym Lanosterol-Demethylase (CYP51A1) katalysiert einen Zwischenschritt in der Biosynthese von Ergosterol, einem Bestandteil der Pilzzellmembran. Azol-Antimykotika, die auch zur Kopfschuppenbehandlung eingesetzt werden (s. Tab.), hemmen dieses Enzym.
Wirkstoffklasse | Wirkstoff | Präparate | Status |
---|---|---|---|
Antimykotika | Ciclopirox | Batrafen® S Shampoo 10 mg/g | Rx AM |
Ciclosan® Anti-Schuppen Shampoo 11,59 mg/g | Kosmetikum | ||
Stieprox® Shampoo 7,72 mg/ml | Kosmetikum | ||
Climbazol | Aqeo® Anti Schuppenshampoo Plus Climbazol 15 mg/g, Salicylsäure 20 mg/g | MP | |
Lygal® duo Shampoo | Kosmetikum | ||
Clotrimazol | Cloderm® Anti-Schuppen-Shampoo | Kosmetikum | |
Ketoconazol | Ketozolin® 2% Shampoo Ket® med 20 mg/g Shampoo Terzolin® 2% Lösung | aAM | |
Octopirox (Piroctonolamin) | Sebamed® Antischuppen-Shampoo, Lactel® Nr. 1 Schuppen Shampoo | Kosmetikum | |
Keratolytika | Salicylsäure | Lygal® Kopfsalbe N Salicylsäure 30 mg/g Psorimed® Lösung (100 mg/g) Squamasol® Gel (100 mg/g) | aAM |
Phytotherapeutika | Huflattich-Extrakt | Rausch® Huflattich Anti-Schuppen Haarspülung, Shampoo | Kosmetikum |
Teebaumöl | Alkmene® Teebaumöl Anti-Schuppen-Shampoo | Kosmetikum | |
Weidenrinden-Extrakt | Rausch® Weidenrinden Spezial Shampoo, Spülung | Kosmetikum | |
Weitere | Schieferöl (Natriumbituminosulfat) | Crino Cordes® N Shampoo Ichthoderm® Creme | aAM |
Selendisulfid | Selsun® Suspension 25 mg/ml Selukos® Shampoo 25,8 mg/ml | aAM | |
Urea | Eucerin® DermoCapillaire kopfhautberuhigendes Urea Shampoo | Kosmetikum | |
Zink-Pyrithion | Ducray Squanorm trockene Schuppen Shampoo | Kosmetikum | |
Zinksulfat N-2-Hydroxyethylacetamid | Ducray Squanorm Anti Schuppen Zink Haartinktur | Kosmetikum |
Duftstoffe in Haarpflegemitteln zählen zu den möglichen Auslösern einer vermehrten Kopfschuppenbildung. Ein Beispiel ist die nach Maiglöckchen riechende synthetische Verbindung Butylphenyl-Methylpropional (BMHCA, Lilial®). Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission (SCCS) betrachtet diese Substanz bei externer Anwendung als nicht sicher, da sie Hautirritationen auslösen kann. Die EU-Bewertung ist derzeit noch nicht abgeschlossen.
Entzündungen der Kopfhaut und damit verbundene Schuppenbildung können außer durch Inhaltsstoffe von Haarpflegemitteln auch durch Bakterien oder Pilze verursacht werden. Hefepilze der Gattung Malassezia (M. restricta, M. furfur, M. globosa) gehören zwar zur physiologischen Flora der Kopfhaut. Sie können sich jedoch auch übermäßig vermehren und mithilfe einer pilzeigenen Lipase Talglipide zu hautreizenden gesättigten Fettsäuren abbauen.
Föhnhitze. Werden Haare und Kopfhaut zu heiß geföhnt, reicht die Talgproduktion nicht mehr aus, um die Kopfhaut in einem gesunden Gleichgewicht zu halten. Daher möglichst nur mit lauwarmer Luft oder gar nicht föhnen.
Grenzen. Zum Arztbesuch sollte Betroffenen geraten werden, wenn nach etwa vier Wochen keine Besserung auftritt. Auch wenn auf der sich schuppenden Kopfhaut zusätzlich rote Flecken oder Pusteln, kreisrunder Haarausfall, nässende Stellen oder Krusten auftreten oder beim Verdacht auf eine allergische Reaktion sollte der Hautarzt aufgesucht werden.
Haarwäsche. Wie oft man sich die Haare waschen sollte, hängt von der Art der Schuppen ab. Fettige Schuppen sollten durch eine tägliche Haarwäsche entfernt werden. Anti-Schuppen-Shampoos können dabei zwei- bis dreimal wöchentlich im Wechsel mit einem anderen milden Produkt eingesetzt werden. Dagegen empfiehlt es sich bei trockener Kopfhaut, die Abstände zwischen den Haarwäschen wenn möglich auf vier bis sechs Tage auszudehnen. Außerdem sollten bei Kopfschuppen in Verbindung mit trockener Kopfhaut keine Kämme mit scharfkantigen Zinken oder harte Bürsten verwendet werden.
Ingwer. Im Kosmetikbereich können Anti-Schuppen-Shampoos zahlreiche Zusätze enthalten. Dazu zählen durchblutungsfördernde Ingwer- oder Rosmarin-Extrakte, die Kopfhautregeneration förderndes Dexpanthenol oder Klettenwurzel-Extrakt mit antientzündlichen und haarstärkenden Eigenschaften.
Juckreiz. Kopfschuppen in Verbindung mit Juckreiz sollten schnellstmöglich behandelt werden. Denn wenn Betroffene zur Juckreiz-Linderung kratzen, können Hautschäden auftreten, und die Infektionsgefahr steigt.
Keratolyse. Zum Lösen festsitzender Schuppen eignen sich Produkte mit keratolytisch wirkender Salicylsäure (s. Tab.).
Lipase-Inhibition. Die Hemmung der Lipase-Aktivität von Malassezia-Hefepilzen ist ein möglicher spezifischer Therapieansatz zur Behandlung von Kopfschuppen. 2019 wurden die Ergebnisse einer Untersuchung veröffentlicht, in der man 60.000 Wirkstoffe der Traditionellen Chinesischen Medizin bezüglich einer Hemmwirkung auf die Mono- und Diacylglycerol-Lipase (Mrlip1) von M. restricta gescreent und vielversprechende Kandidaten identifiziert hatte.
Mykosen. Da bei Kopfschuppen häufig eine übermäßige Vermehrung hauteigener oder pathogener Pilze vorliegt, gibt es zahlreiche Monopräparate mit antimykotischen Wirkstoffen. Azole (Clotrimazol, Ketoconazol, Climbazol) hemmen die Synthese von Ergosterol, einem essenziellen Bestandteil der Pilzzellmembran. Ciclopirox (Ciclopirox-Olamin) und Octopirox (Pirocton-Olamin) reichern sich im Inneren der Pilzzelle an, binden irreversibel an Zellorganellen und behindern dadurch die Vermehrung der Pilze. Climbazol und Ciclopirox sind in Antischuppen-Shampoos auch in Kombination mit weiteren Wirkstoffen (z. B. Salicylsäure, Pflanzenauszügen) enthalten.
Neurodermitis, Psoriasis, eine Besiedlung mit pathogenen Pilzen (Tinea capitis), angeborene Verhornungsstörungen (Keratodermien) oder ein Kontaktekzem können ebenfalls mit einer starken Schuppenbildung verbunden sein. Bei Verdacht auf eine dieser Erkrankungen sollten Betroffene einen Hautarzt konsultieren.
Ölkur. Bei sehr trockener Kopfhaut kann eine Behandlung mit einem natürlichen Basisöl unterstützend wirken. Dazu eignet sich beispielsweise Weizenkeimöl, das wegen seines hohen Vitamin-E-Gehaltes zusätzlich entzündungshemmende Eigenschaften besitzt. Einige Tropfen werden vor dem Schlafengehen in die Kopfhaut eingerieben, danach umwickelt man den Kopf locker mit einem Tuch. Am nächsten Morgen werden die Haare mit einem milden Shampoo gewaschen.
Pflanzliches. Zahlreiche Shampoos, Spülungen und weitere Zubereitungen zur Anwendung bei Kopfschuppen enthalten Pflanzenauszüge. Beispielsweise wirkt Huflattich aufgrund seines Gehalts an Schleimstoffen und Schwefel antiseptisch und antiinflammatorisch. Auszüge aus Weidenrinde besitzen unter anderem antiphlogistische und antibakterielle Eigenschaften.
Qual. Eine vermehrte Bildung von Kopfschuppen kann bei den Betroffenen zu einem hohen Leidensdruck führen.
Risikofaktoren, die im Beratungsgespräch erfragt werden sollten, sind Pubertät, Schwangerschaft, Allergien. Ungeeignete Haarkosmetika sowie Styling-Methoden wie Dauerwelle, Färben oder Glätten können nicht nur die Haare, sondern auch die Kopfhaut stark beanspruchen und eine Schuppenbildung begünstigen.
Selendisulfid führt zu verschiedenen Effekten auf der Kopfhaut. Es wirkt fungistatisch auf Dermatophyten, darunter auch auf die an der Entstehung von Kopfschuppen beteiligten Hefepilze. Weiterhin kann die Verbindung eine erhöhte Zellproliferation der Kopfhautepidermis reduzieren.
Talgproduktion. Da Androgene die Talgproduktion fördern, sind Männer von fettigen Kopfschuppen häufiger betroffen als Frauen.
UV-Strahlung kann bei entzündeter und seborrhoischer Kopfhaut eine positive Wirkung haben. Im Sommer sollte trockene Kopfhaut jedoch nicht intensiver Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden, besonders in der Mittagsszeit sollte der Kopf bedeckt werden.
Vergleich. Produkte mit Inhaltsstoffen aus Myrte (Myrtus communis L.) sind in Anti-Schuppen-Shampoos kaum verbreitet. Da Myrten-Extrakt jedoch in der Traditionellen Persischen Medizin bei Kopfschuppen angewendet wird, hat eine Arbeitsgruppe an jeweils 37 Probanden die Wirkung eines Ketoconazol-Shampoos mit einem wässrigen Myrten-Extrakt, versetzt mit Essig, verglichen. Es zeigten sich positive Effekte des Pflanzenextraktes auf Kopfschuppen-Symptome (z. B. Juckreiz), ohne dass schwere Nebenwirkungen festgestellt wurden.
Winter. Kopfschuppen treten im Winter häufiger als in anderen Jahreszeiten auf, da der Aufenthalt in geheizten trockenen Räumen auch die Kopfhaut austrocknet.
Xerodermie. Hauttrockenheit (Xeros griech.: trocken) ist häufig auf einen Mangel an Harnstoff, einen natürlichen Feuchthaltefaktor, zurückzuführen. Daher sind bei trockener und juckender Kopfhaut Produkte mit Urea besonders empfehlenswert, beispielsweise begleitend zu einer ärztlich verordneten Schuppenbehandlung oder im Wechsel mit einem Schuppenshampoo.
Youtube. Kunden mit Kopfschuppen, die sich online über Behandlungsmöglichkeiten informieren möchten, finden beispielsweise auf Youtube eine Vielzahl von seriös und weniger seriös erscheinenden Videos mit Behandlungstipps.
Zink. Im Rahmen einer 2018 publizierten Studie wurde Zink-Pyrithion bei Kopfschuppen untersucht. Die Autoren identifizierten drei mögliche Mechanismen für die Wirkung dieser Substanz auf M. restricta: eine Erhöhung der zellulären Zinkkonzentration, eine Hemmung der Mitochondrienfunktion und eine Verminderung der Expression der Lipase, die für die vermehrte Produktion Kopfhaut-reizender Fettsäuren verantwortlich ist. |
Auf einen Blick
- Zu den häufigsten Ursachen von Kopfschuppen zählen Haarpflege-Fehler (z. B. zu heißes Föhnen), Kopfhauterkrankungen (Mykosen) oder systemische Krankheiten, die unter anderem auch zu einer Schuppenbildung auf der Kopfhaut führen können (z. B. Psoriasis, Neurodermitis).
- Die Behandlung im Rahmen der Selbstmedikation hängt davon ab, ob die Kopfhaut trocken ist oder eine übermäßige Talgproduktion (Seborrhö) aufweist.
- Hefepilze der Gattung Malassezia, die zur physiologischen Hautflora zählen, können insbesondere bei seborrhoischer Kopfhaut stark vermehrt sein. In diesem Fall sind Antimykotika (z. B. Ketoconazol) eine geeignete Behandlungsoption.
- Außerdem sind bei Kopfschuppen Shampoos, Spülungen und Lotionen mit Pflanzenauszügen (z. B. Weidenrindenextrakt) empfehlenswert.
Literatur
Opinion on Butylphenyl methylpropional (BMHCA). Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS), SCCS/1540/14, letzte Revision am 16. März, https://ec.europa.eu/health/scientific_committees/consumer_safety/docs/sccs_o_189.pdf, Abruf am 11. Dezember 2019
Park M et al. Understanding the mechanism of action of the anti-dandruff agent Zinc Pyrithione against Malassezia restricta. Scientific Reports 2018;8:12086, DOI: 10.1038/s41598-018-30588-2 1
Ali S et al. Identification and evaluation of inhibitors of lipase from Malassezia restricta using virtual high-throughput screening and molecular dynamics studies. Int J Mol Sci 2019;20:884, DOI: 10.3390/ijms20040884
Chaijan MR et al. The myrtus communis L. solution versus ketoconazole shampoo in treatment of dandruff: A double blinded randomized clinical trial. J Pak Med Assoc 2018;68(5):715-720
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