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Arzneimittel und Therapie
Nebenwirkung bullöses Pemphigoid
Welche Wirkstoffklassen das Risiko besonders erhöhen
Das bullöse Pemphigoid ist eine blasenbildende Autoimmunerkrankung mit subepidermaler Ablösung und Entzündung. Am Rumpf, in den Beugen der Extremitäten, in Körperfalten und selten in der Mundschleimhaut lassen sich bei Betroffenen bis zu 10 cm große pralle, klare bis hämorrhagische Blasen auf rotem Grund finden. Werden die Blasen zum Platzen gebracht, führt das zu flachen, blutig-krustig belegten Erosionen, die ohne Narbenbildung abheilen. Die Therapie besteht aus einer systemischen Gabe von Glucocorticoiden. Falls diese nicht ausreicht, werden auch Immunsuppressiva wie Methotrexat oder Azathioprin eingesetzt. Das bullöse Pemphigoid wurde auch mit neuropsychiatrischen Erkrankungen einschließlich zerebrovaskulären Krankheiten und Demenz in Verbindung gebracht. Die jährliche Inzidenz ist steigend. Ursachen dafür könnten die erhöhte Lebenserwartung, ein vermehrter Gebrauch bestimmter Arzneimittel, ein erhöhtes Bewusstsein hinsichtlich atypischer Varianten des bullösen Pemphigoids und bessere diagnostische Methoden sein.
Systematischer Review zahlreicher Studien
Das bullöse Pemphigoid kann durch UV-Strahlen hervorgerufen werden oder auch tumorbegleitend auftreten. Viele Studien deuten außerdem auf einen Zusammenhang mit zuvor verwendeten Arzneimitteln hin. Eine umfassende Analyse dazu gab es bisher nicht. Dies haben Forscher in Taiwan nun mit einer großen Metaanalyse nachgeholt. Um bereits vorhandene Daten systematisch zu sammeln und zu evaluieren, haben sie große Datenbanken (PubMed, Cochrane Central Register of Controlled Trials, Embase) nach Studien durchsucht, die das Risiko oder die Wahrscheinlichkeit eines bullösen Pemphigoids im Zusammenhang mit Arzneimitteln untersuchten. Die Metaanalyse ausgewählter Studien erfolgte auf Grundlage der Meta-analysis of Observational Studies in Epidemiology (MOOSE)-Richtlinien. Das Bias-Risiko der eingeschlossenen Beobachtungsstudien wurde mithilfe des Newcastle-Ottawa-Scales evaluiert. Für randomisierte klinische Studien kam Cochrane Collaboration’s tool zum Einsatz. Arzneimittel der gleichen Kategorie wurden dabei in Untergruppen zusammengefasst. In einer speziellen Sensitivitätsanalyse wurden Studien, deren Daten nicht hinsichtlich neuropsychiatrischer Erkrankungen angepasst wurden, ausgeschlossen.
Diuretika und Antidiabetikaunter Verdacht
Für die Metaanalyse wurden 13 Fall-Kontroll-Studien, eine Kohortenstudie und eine randomisierte klinische Studie mit insgesamt 285.884 Patienten verwendet. In der Gruppe der Diuretika zeigten die gepoolten Daten von fünf Fall-Kontroll-Studien einen signifikanten Zusammenhang zwischen bullösem Pemphigoid und vorangegangener Anwendung von Aldosteron-Antagonisten (gepoolte Odds Ratio [OR] = 1,75: 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,28 bis 2,40), nicht aber von Thiaziden und Schleifendiuretika.
Bei der Untersuchung von Antidiabetika deuteten die Ergebnisse von sechs Fall-Kontroll-Studien mit 245.651 Patienten auf einen signifikanten Zusammenhang mit Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4)-Inhibitoren hin (gepoolte OD = 1,92: 95%-KI: 1,55 bis 2,38). Auch die Kohortenstudie mit 31.700 Teilnehmern zeigte, dass die Behandlung von Diabetikern mit DPP-4-Inhibitoren mit einem signifikant erhöhten Risiko für ein bullöses Pemphigoid verbunden ist (adjustierte Hazard Ration [HR] = 2,38; 95%-KI: 1,16 bis 4,88). Dagegen zeigten die gepoolten Daten diverser Fall-Kontroll-Studien hinsichtlich Metformin, Sulfonylharnstoffen, Thiazolidindionen (Glitazone) und Glucagon-like-Peptide-1 (GLP-1)-Analoga keine signifikante Assoziation zum bullösen Pemphigoid. In einer randomisierten Studie wurde zudem ein erhöhtes Vorkommen des bullösen Pemphigoids bei Diabetikern, die Linagliptin erhalten hatten, festgestellt (0,2% in der Linagliptingruppe versus 0% in der Placebogruppe).
CAVE bei Antiparkinsonmitteln
Unter den Antiparkinsonmitteln wurde sowohl für Anticholinergika (gepoolte OR = 3,12: 95%-KI: 1,54 bis 6,33) als auch für dopaminerge Arzneimittel (gepoolte OR = 2,03: 95%-KI: 1,34 bis 3,05) ein signifikanter Zusammenhang zum bullösen Pemphigoid gefunden.
Andere Arzneimittel und Arzneimittelgruppen, die in die Analyse eingingen, für die aber kein (signifikanter) Zusammenhang mit einem bullösen Pemphigoid festgestellt werden konnte, waren Antipsychotika, Anxiolytika und Sedativa, ACE-Hemmer und Sartane, α- und β-Blocker, Calciumkanalblocker sowie zentral wirksame Antihypertensiva und Vasodilatatoren, Aspirin, Warfarin, Clopidogrel und Dipyridamol, Statine und Fibrate, tri- und tetracyclische Antidepressiva, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer sowie nicht selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID), Antibiotika sowie die gastrointestinal wirkenden Protonenpumpeninhibitoren und Histamin-2-Rezeptorantagonisten. Studien mit Chemotherapeutika und Checkpoint-Inhibitoren waren aufgrund der Komplexität des Immunsystems der Krebspatienten und damit verbundener Schwierigkeiten beim Datenpooling von der Analyse ausgeschlossen.
Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Verwendung von Aldosteron-Antagonisten, DPP-4-Inhibitoren, Anticholinergika und dopaminergen Arzneimitteln signifikant mit der Entstehung eines bullösen Pemphigoids assoziiert ist. Diese Arzneimittel sollten nach Ansicht der Autoren mit Umsicht verordnet werden, insbesondere bei Hochrisikopatienten wie Ältere und Menschen mit neurologischen Erkrankungen. |
Literatur
Bullöses Pemphigoid. Pschyrembel online, www.pschyrembel.de/bull%C3%B6ses%20Pemphigoid/K0GHP/doc/, Abruf am 26. August 2020
Liu S-D et al. Association between medication use and bullous pemphigoid. A systematic review and meta-analysis. JAMA Dermatology 2020, doi: 10.1001/jamadermatol.2020.1587
Pemphigoid bullöses, Altmeyers Enzyklopädie, www.enzyklopaedie-dermatologie.de/dermatologie/pemphigoid-bulloses-2948, Abruf am 26. August 2020
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