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Pandemie Spezial
Corona-Ticker
Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze
Die wichtigsten Erkenntnisse und Mitteilungen über SARS-CoV-2 haben wir im Folgenden zusammengefasst.
Reinfektionen sind möglich
Mehrere Studien haben bisher gezeigt, dass die Antikörper-Titer gegen SARS-CoV-2 bei Genesenen bereits ein bis zwei Monate nach der Infektion deutlich gesunken sind. Bis zuletzt war unklar, ob damit auch Zweitinfektionen möglich sein könnten. Vor wenigen Tagen wurde nun die Reinfektion mit SARS-CoV-2 bei einem 33-Jährigen aus Hongkong bekannt. Forscher der Universität in Hongkong hatten über den Mann berichtet, der bereits Ende März 2020 leicht an COVID-19 erkrankt war und sich danach auch von der Infektion erholt hatte. Nach einer Spanienreise im August war bei ihm am Flughafen in Hongkong erneut SARS-CoV-2 nachgewiesen worden. Dabei blieb der Patient trotz Krankenhauseinweisung symptomfrei. Das nachgewiesene genetische Material war nicht identisch mit dem Genom des im Frühjahr nachgewiesenen Virus. Die Forscher schließen daraus, dass es sich nicht um ein Wiederaufflammen der ersten Infektion handelt, sondern um eine erneute Infektion. Ähnliche Fälle wurden laut Deutschlandfunk auch in Belgien und den Niederlanden gesehen: Hier war auch bei jeweils einer Person nach der Genesung nach wenigen Wochen eine erneute Infektion mit genetisch abweichenden SARS-CoV-2-Viren festgestellt worden. Ein weiterer Fall, der jetzt im Lancet zur Publikation eingereicht wurde, berichtet von einem 25-jährigen Amerikaner, bei dem bereits nach 48 Tagen eine erneute SARS-CoV-2-Infektion feststellbar war. Bei ihm verlief die Reinfektion sogar schwerer als die erste. Diese Erkenntnisse dürften mehrere Auswirkungen haben: So gehen die Forscher nicht davon aus, dass eine Herdenimmunität SARS-CoV-2 eliminieren kann, auch wenn Reinfektionen möglicherweise, wie auch bei dem Fall in Hongkong geschehen, milder verlaufen dürften. Zweitens dürften diese Erkenntnisse klar machen, dass ein Impfstoff wahrscheinlich keinen lebenslangen Schutz vor COVID-19 bieten kann. Um genauere Erkenntnisse darüber zu erlangen, fordern die Forscher, dass auch genesene COVID-19-Patienten in den Impfstoffstudien untersucht werden [Kai Wang-To K et al. Clinical Infectious Diseases 2020. doi:10.1093/cid/ciaa1275 und https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3681489].
Abwasser schlägt Alarm
Fragmente von SARS-CoV-2 können von infizierten Personen über den Stuhl ausgeschieden und anschließend im Abwasser detektiert werden. Wissenschaftler aus Frankfurt und Aachen haben dazu in neun Kläranlagen in Nordrhein-Westfalen Wasserproben entnommen und versucht, in diesen die Rückstände von SARS-CoV-2 zu quantifizieren. Sie erhoffen sich mithilfe dieser Methode, einen Anstieg der Virusinfektionen in der Allgemeinbevölkerung rechtzeitig wahrnehmen zu und dann gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen einleiten zu können. Laut den Forschern ist die Sensitivität dieser Methode ausreichend, um anzeigen zu können, wenn der Maßnahmewert von 50 neuen Fällen pro 100.000 Einwohnern überschritten wird. Außerdem konnten die Forscher feststellen, dass die gefundenen Virus-Fragmente in vitro nicht infektiös waren. Daraus schließen sie, dass eine Übertragung über das Abwasser eher unwahrscheinlich ist [Westhaus et al. Science of The Total Environment 2020. doi:10.1016/j.scitotenv.2020.141750].
Parkinson-Patienten besonders schützen
Wie die Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) jetzt in einer Pressemitteilung mitteilt, sollten Parkinson-Patienten während der Corona-Pandemie besonders geschützt werden. Zwar stellt die Krankheit an sich keinen Risikofaktor dar, jedoch weisen Betroffene häufig Komorbiditäten auf, die einen schweren COVID-19-Verlauf begünstigen könnten. Forscher der Uniklinik Bochum hatten Daten aller hospitalisierten Parkinson-Patienten aus dem Jahr 2018 ausgewertet und stellten fest, dass diese häufig an Diabetes mellitus, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen und Bluthochdruck litten. Besonders auffällig war, dass Parkinson-Patienten im fortgeschrittenen Stadium oft aufgrund von Pneumonien in das Krankenhaus eingewiesen worden waren. Diese waren in der Regel nicht auf Aspirationen, sondern andere Ursachen, wie auch Viren, zurückzuführen. Die Forscher schließen daraus, dass betroffene Patienten nicht nur besonders auf die eigene Hygiene achten müssen, sondern dass auch das Pflegepersonal regelmäßig auf SARS-CoV-2 getestet werden und telemedizinische Arztkonsultationen bevorzugt werden sollten [Richter et al. Neurological Research and Practice 2020. doi:10.1186/s42466-020-00069-x].
Forscher fordern Umdenken im Social Distancing
Von der Politik und von den zuständigen Gesundheitsbehörden wird seit Beginn der Corona-Pandemie ein Abstand von ein bis zwei Metern zum Schutz vor SARS-CoV-2 gefordert. Eine Gruppe um Nicholas R. Jones fordert jetzt ein Umdenken in diesem Punkt und bemängelt, dass diese gewählte Distanz auf einer veralteten Vorstellung der Tröpfchenverteilung ruht. So wurden im 19. Jahrhundert Versuche durchgeführt, die gezeigt haben, dass im Abstand von ein bis zwei Metern zum Sprechenden aufgestellte Agarplatten nachweisbare pathogene Keime enthielten. Bei der damaligen Untersuchung ging man jedoch davon aus, dass Tröpfchen dichotom, sprich nur in zwei Größen (groß und klein) vorkommen. Inzwischen ist die Wissenschaft jedoch weiter vorangeschritten und man weiß, dass beim Ausatmen, Singen, Niesen oder Husten unterschiedlichste Tröpfchengrößen vorhanden sein können. Diese können sich je nach Ausatemgeschwindigkeit unterschiedlich schnell und weit ausbreiten. So weiß man inzwischen, dass Tröpfchen oder Aerosole, je nach Umgebungsbedingungen, auch weit mehr als zwei Meter vom Sprechenden noch nachgewiesen werden können. Deshalb müssen laut Nicholas R. Jones et al. weitere Faktoren wie die umgebenden Luftströmungen, die Viruslast des Infizierten, Expositionsdauer und die Anfälligkeit des Gegenübers für Infektionen bei der Wahl der optimalen Distanz mit einbezogen werden. Die Forscher empfehlen, diese Faktoren ebenso zu berücksichtigen, und daraus folgend unterschiedliche abgestufte Empfehlungen für das Social Distancing zu treffen. So könne ein besserer Schutz in Hochrisikozonen gewährleistet werden, wohingegen größere Freiheiten für Gebiete mit niedrigerem Risiko erlassen werden könnten [Jones NR et al. BMJ 2020. doi: 10.1136/bmj.m3223].
Kaum asymptomatische Kinder
Kinder ohne Symptome können die Infektionskontrolle von SARS-CoV-2 möglicherweise negativ beeinflussen, indem sie unbemerkt Viren übertragen können. Um diesen Faktor genauer mit Zahlen belegen zu können, haben sich amerikanische Forscher die Daten von 28 Krankenhäusern angeschaut, in denen asymptomatische Kinder vor einer anstehenden Operation oder einer Krankenhauseinweisung mittels Polymerase-Kettenreaktion(PCR)-Test auf das neuartige Coronavirus getestet wurden. Insgesamt konnten so bei 33.041 getesteten asymptomatischen Kindern 250 mit einer SARS-CoV-2-Infektion identifiziert werden. Das entspricht einer gepoolten Prävalenz von 0,65% (95%-Konfidenzintervall: 0,47 bis 0,83%). Gleichzeitig konnte festgestellt werden, dass in den beobachteten sechs Wochen die Prävalenz der asymptomatischen Kinder signifikant mit der Inzidenz neuer COVID-19-Fälle in der Allgemeinbevölkerung assoziiert war. Die Forscher merken jedoch an, dass die Prävalenz der asymptomatischen Kinder lokal sehr unterschiedlich ausgefallen ist, und daher ortsspezifisch das weitere Vorgehen zur Einschränkung des Virus festgelegt werden sollte. Außerdem muss beachtet werden, dass Kinder vermutlich länger Viren ausscheiden als Erwachsene [Sola AM et al. JAMA Pediatrics 2020. doi:10.1001/jamapediatrics.2020.4095].
Wer wird zuerst geimpft?
Aktuell werden weltweit etwa 170 verschiedene Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 auf Sicherheit und Nutzen geprüft. Das Robert Koch-Institut (RKI) geht nach eigenen Angaben davon aus, dass Anfang 2021 mindestens ein Impfstoff aus diesem Pool zugelassen werden wird. Doch gleichzeitig ist klar, dass gerade zu Beginn der Zulassung nicht genügend Impfstoff für alle Bundesbürger verfügbar sein wird. Die Ständige Impfkommission (STIKO) möchte deshalb ein Konzept entwickeln, welche Personen vorrangig geimpft werden sollen und welche warten müssen und in der Zwischenzeit sich mit den bestehenden Maßnahmen schützen sollen. In einer aktuellen Stellungnahme spricht die STIKO davon, dass zunächst abgewogen werden muss, wer den größten Nutzen von einer Impfung habe. Nur so können möglichst viele schwere Erkrankungen und Todesfälle vermieden werden. Mittels einer mathematischen Transmissionsmodellierung des RKIs sollen dabei Parameter wie das alters- und berufsspezifische Infektionsrisiko, das Risiko für schwere Erkrankungen, der alters- und risikogruppenspezifisch erreichbare Impfschutz und die Qualität des Impfschutzes mit in die Überlegungen einbezogen werden. Weiterhin sollen im Gesundheitssystem tätige Personen besonders geschützt werden, konkrete Berufsgruppen werden jedoch in der Stellungnahme nicht genannt [Epidemiologisches Bulletin 35/2020]. |
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