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DAZ aktuell
Sollten Arzneimittelverfügbarkeiten an- oder abgefragt werden dürfen?
Was Branchenkenner von zukünftigen (E-Rezept-)App-Funktionen halten
Der Satz stammt aus einem online veröffentlichten rund 100-seitigen Dokument der Gematik, die im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums in dieser Legislaturperiode bekanntlich mit Hochdruck an der flächendeckenden Einführung des E-Rezepts arbeitet. Die Gematik, eine GmbH an der das Bundesgesundheitsministerium inzwischen die Mehrheitsanteile übernommen hat, ist u. a. damit beauftragt, eine E-Rezept-App zu bauen, mit der die Versicherten ihre digitalen Verordnungen an Apotheken weiterleiten können. Um einen bisher noch nicht offiziell bewerteten Entwurf einer E-Rezept-Spezifikation ranken sich aktuell so einige Gerüchte. „Eine zusätzliche Funktionalität ist beispielsweise die Verfügbarkeitsabfrage der Verordnung in einem Warenwirtschaftssystem“, heißt es dort auf Seite 62.
In einem weiteren Gematik-Papier, das der DAZ vorliegt, wird klarer, welche Funktion die E-Rezept-App hinsichtlich einer Verfügbarkeitsabfrage genau haben soll. In der „Spezifikation E-Rezept-Frontend des Versicherten“ wird detailliert ausgeführt, wie das Handling der App aussieht. Das Kapitel 5.2.4.10 unter dem Titel „Verfügbarkeit von per E-Rezept verordneter Medikamente bei einer Apotheke anfragen“ wird mit sogenannten „User Stories“ eingeleitet. Dieses Format nutzt die Gematik, um dem Leser (und damit auch den politischen Entscheidern) zu veranschaulichen, welche Absichten des Nutzers in Verbindung mit dem E-Rezept-Frontend des Versicherten (-FdV), also der geplanten App, gebracht werden. Die „User Stories“ dienen als Lesehilfe zu den fachlichen Anwendungsfällen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, so ein Disclaimer. Wie genau die Aussagen der potenziellen Nutzer gewonnen und ausgewertet wurden, wird in dem Dokument nicht näher beleuchtet. Womöglich handelt es sich um fiktive Anregungen, die sich die Gematik-Entwickler selbst haben einfallen lassen (s. Kasten auf der nächsten Seite).
Was auffällt: Im Dokument werden die Begriffe An- und Abfrage synonym verwendet. So wird beispielsweise für die Anforderung Nr. 19189 „E-Rezept-FdV: Verfügbarkeitsabfrage – Apotheke auswählen“ ausgeführt: „Das E-Rezept-FdV MUSS es im Anwendungsfall ‚Verfügbarkeit eines E-Rezepts anfragen‘ dem Nutzer ermöglichen, eine Apotheke für die Verfügbarkeitsanfrage auszuwählen.“
Der Nutzer soll demnach auswählen können, ob er für die Anfrage eine Apotheke suchen möchte oder eine zuvor als Stammapotheke konfigurierte Apotheke verwendet werden soll.
Dem App-Nutzer soll darüber hinaus ermöglicht werden, ein E-Rezept auszuwählen und eine freie Textnachricht (ohne Hyperlinks) zu verfassen und an die ausgewählte (Stamm-)Apotheke zu verschicken.
Aus den bisher vorliegenden Entwürfen der Gematik zur E-Rezept-App und -Infrastruktur wird also nicht konkret deutlich, dass eine Schnittstelle an die Warenwirtschaftssysteme der Apotheken vorgesehen ist, über die der App-Nutzer eine Verfügbarkeitsabfrage einleiten kann. Diese Information wurde der DAZ auch aus Kreisen der Gematik bestätigt. Vielmehr sollen die E-Rezept-Patienten per Textnachricht und aktiver Auswahl mit Apotheken in Kontakt treten und die Verfügbarkeit ihrer benötigten Rx-Präparate erfragen können.
„User Stories“ der Gematik zur Nutzung einer Verfügbarkeitsabfrage in der E-Rezept-App
- „Als Patient möchte ich bei einer Apotheke anfragen können, ob alle Medikamente, die auf den E-Rezepten stehen, die ich einlösen will, vorrätig sind, bevor ich die Rezepte einlösen gehe oder sie der Apotheke zuweise, so dass ich keine unnötigen Wege gehen muss.“
- „Als Patient möchte ich in der Lage sein, die E-Rezepte auszuwählen, für die ich eine Verfügbarkeitsanfrage bei einer Apotheke stelle, so dass ich selbst kontrollieren kann, was an welche Apotheke geht, und ich meine Wege optimieren kann.“
- „Als Patient möchte ich, dass die App mich bei der Formulierung einer Verfügbarkeitsanfrage weitgehend unterstützt und mir die Anfrage quasi vorformuliert, so dass ich nicht viel tippen muss, wenn ich diese Anfrage stelle.“
- „Als Patient möchte ich in der Lage sein, in die Verfügbarkeitsanfrage zusätzliche Informationen in Form von Freitext aufzunehmen, so dass ich bspw. zusätzlich zu den verschriebenen Medikamenten auch rezeptfreie Medikamente oder Hilfsmittel (Bsp. Teststreifen) anfragen kann und alles in einem Aufwasch erledigen kann.“
- „Als Patient möchte ich meine fertige Verfügbarkeitsanfrage verschicken können, so dass die von mir ausgewählte Apotheke reagieren kann.“
- „Als Patient möchte ich Rückmeldung darüber erhalten, ob meine Verfügbarkeitsanfrage verschickt worden ist, so dass ich weiß, was als nächstes passieren wird.“
- „Als Patient möchte ich auf Nachrichten Antworten formulieren können, so dass ich Rückfragen stellen kann.“
- „Als Patient möchte ich Antworten, die ich bereits formuliert habe, an den Apotheker tatsächlich versenden können, so dass meine Rückfragen auch ankommen.“
Quelle: Kapitel 5.2.4.10 „Verfügbarkeit von per E-Rezept verordneter Medikamente bei einer Apotheke anfragen“ im Gematik-Dokument „Spezifikation E-Rezept-Frontend des Versicherten“
Froese: „Abfrage nicht sinnvoll“
Die DAZ hat zu diesem Thema die Meinungen einiger Branchenkenner eingeholt.
Dr. Peter Froese findet es wichtig, vor jeglichen Detaildiskussionen erst einmal zu klären, ob es sich bei den Verfügbarkeits-Checks um An- oder Abfragen handelt. So könnten Missverständnisse und Aufregung vermieden werden, die auch er zuletzt immer wieder beobachtet hat. Froese ist Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein und gilt in der ABDA als Experte für IT und Telematik in der Apotheke. „Verfügbarkeitsabfrage bedeutet für mich, dass der Patient die Verfügbarkeit eines bestimmten Präparates in einer bestimmten Apotheke über einen automatisierten Softwareprozess selbst überprüfen kann, also in die Warenwirtschaft der Apotheke reinschaut“, so Froese. Diese Form des Checks hält er nicht für sinnvoll – und zwar sowohl bei verschreibungspflichtigen Präparaten als auch bei OTC-Produkten.
Anders sieht es der IT-Experte bei der Verfügbarkeitsanfrage, bei der der Patient der Apotheke seiner Wahl über einen Kommunikationskanal Verordnungsdaten bzw. einen Präparatewunsch mitteilt und dann von einer pharmazeutischen Fachkraft, die sich die Anfrage anschaut, Informationen zur Lieferbarkeit bekommt. Diese Verfügbarkeitsanfrage sei für Rx und OTC sinnvoll, und viele Patienten würden sie sich wünschen. „Deshalb hat ja auch die ABDA in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Patientendatenschutzgesetzes auch die Anfrage befürwortet, nicht aber die automatisierte Abfrage“, macht Froese deutlich.
Dabei sieht er gerade die Rabattvertragsregeln als einen der wesentlichen Gründe, warum eine Abfrage durch den Patienten im Rx-Bereich keinen Sinn macht: „Der Patient kennt die Austauschregeln nicht, er weiß nicht um die Versorgungsalternativen, und er kann auch nicht bewerten, wie schnell die Apotheke ein bestimmtes Präparat besorgen kann, das in der Warenwirtschaft zum Zeitpunkt der Abfrage nicht gelistet ist.“
Bedarf an „Komfortfunktionen“
Unterstützung in dieser Argumentationsweise findet Peter Froese bei Christian Krüger. Krüger ist als Geschäftsführer der NGDA, einer Tochterfirma der ABDA-eigenen Avoxa, u. a. mit der Entwicklung des E-Rezept-Modellprojekts GERDA betraut. Im Hinblick auf die Diskussionen regt auch er an, zunächst zwischen An- und Abfragen zu differenzieren. „Eine Verfügbarkeitsabfrage gerade bei Rx halte ich für nicht sinnvoll und sogar gefährlich, bei OTC wird man so was vermutlich nicht vermeiden können, sinnvoll oder nicht“, so Krüger.
Dagegen ist er sich „ziemlich sicher“, dass wenn ein Patient mit einem E--Rezept ausgestattet wird und dieses mit dem Smartphone verwaltet, „wird er heutzutage an den weiteren Prozessen ganz von selbst gewisse Erwartungen haben, einfach weil er das so ‚gelernt‘ hat“. Der Bedarf an bestimmten „Komfortfunktionen“ würde irgendwann auch zu entsprechenden Angeboten führen. „Demzufolge ist es [...] unbedingt sinnvoll, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen“, sagt der NGDA-Chef und weist darauf hin: „Wir sollten [...] grundsätzlich vermeiden, dass es solche Angebote nur von Versandhändlern gibt und die öffentlichen Apotheken hier einen gefühlt ‚schlechteren Service‘ bieten.“ Doch neben Komfort weist Krüger auch auf die (Lebens-)Notwendigkeit von Arzneimitteln hin: „Andererseits ist es doch auch oder sogar erst recht bei Rezeptverordnungen wichtig für den Patienten, dass er schnell eine Information erhält, ob, wann und wo er an sein Medikament kommen kann.“ Für GKV-Patienten müsse dieser Bedarf mit den Rabattvertragsregeln abgeglichen werden – und zwar bevor der App-Nutzer eine vielleicht falsche Rückmeldung erhält. Ansonsten drohe als Folge eine spätere Enttäuschung des Patienten.
„Notwendig wird demzufolge ein Ansatz sein, der – unter Berücksichtigung aller notwendigen Randbedingungen – einen für Patienten wie Apotheken einfach nutzbaren Service und vor allem zutreffende Auskünfte ermöglicht.“
Florian Giermann, Client Liaison Manager bei Noventi, hatte sich zuletzt bezüglich Verfügbarkeitsabfragen im Rabattvertragssystem etwas optimistischer geäußert. Wenn verordnete Präparate aufgrund von Rabatt- und Rahmenverträgen substituiert werden müssten, sei dieser Vorgang prinzipiell einfach zu lösen, indem ein Algorithmus eine Stufe zuvor integriert wird – nichts anderes würden die Warenwirtschaften schon jetzt machen, indem sie bei der Kombination von Pharmazentralnummern mit IK-Nummern eine Auswahl an Möglichkeiten anzeigen. Dieser Algorithmus könne bei Verfügbarkeitsabfragen dann auch in einer Schnittstelle vorgeschaltet werden (DAZ 2020, Nr. 23, S. 14).
Krüger gibt zu bedenken, dass „ein automatisierbarer Abfrageprozess mehrerer PZN auch Zuschläge an mehrere Apotheken ermöglicht“. Drei zeitgleich erhaltene Rezepte könnten so also auch von drei unterschiedlichen Apotheken beliefert werden. „Dies wird Apotheken vor ganz andere Herausforderungen im Medikationsmanagement stellen und nicht unbedingt zur besseren Patientenversorgung beitragen“, resümiert Krüger.
Anfragen beantworten per Algorithmus?
Christian Krüger und sein NGDA-Team hatten schon für das GERDA-Modellprojekt eine entsprechende Funktion vorgesehen, mit der E-Rezept-Patienten und Apotheken kommunizieren können und sich über die Verfügbarkeit der benötigten Arzneimittel austauschen – also eine Interaktion, die durch „aktives“ Anfragen des Patienten ausgelöst wird. „Die Frage ist doch, ob sie in jedem Fall aktiv einzeln beantwortet wird, oder ob sie aufgrund von gespeicherten Verfügbarkeitsdaten „passiv“, also z. B. von einem Algorithmus beantwortet wird“, stellt Krüger zur Aussicht. „Da das [...] nicht immer sofort möglich sein wird und ggf. auch, weil unbezahlt, zu einer gefühlten Mehrarbeit führen könnte, sollten wir überlegen, ob es möglich ist, datengestützt und mit einem intelligenten Algorithmus zumindest ähnlich gute Antworten zu generieren. Das Ganze natürlich unter Berücksichtigung der Interessen und Datenschutzbelange der Apotheken.“ Als Gefahr sieht er auf Patientenseite, dass auch Massenanfragen an die Vor-Ort-Apotheken gestellt werden könnten. Dies gelte es abzuwehren: „Hier könnte eine einzige durch die gematik erlaubte oder betriebene Rezept-App tatsächlich helfen.“
Dennoch sieht Krüger ein Potenzial in der Möglichkeit, dass Patienten ihre aktive Anfrage nicht nur einzelnen Apotheken, sondern auch einer Liste von Apotheken stellen, auch wenn solch ein Ansatz nur „passiv“ zu lösen wäre. „Hierdurch könnten allerdings die Apotheken quasi „mit vereinten Kräften für einen exzellenten Service sorgen.“
Problem: Massenanfragen
Bei dieser grundsätzlichen Diskussion – gerade in Detailfragen, wenn es um den Rx- oder OTC-Bereich in Apotheken geht – kommt man nicht drumherum, seinen Blick auch wieder zu heben und das Service- und Produktangebot der Vor-Ort-Apotheken als Ganzes und vor allem aus der Kundenperspektive zu betrachten. „Patienten als Verbraucher sind heute aus der digitalen Einkaufswelt gewöhnt, vor Produkt-, Anbieter- und Einkaufsentscheidungen bei einem digitalen Angebot, valide Echtzeit-Informationen zu Preis und Verfügbarkeit oder Lieferzeit zu erhalten. Diese Erwartung werden sie auch auf digitale Angebote im Bereich der Arzneimittel projizieren,“ sagt Lars Polap, Leiter der Produktentwicklung beim Softwarehaus Pharmatechnik und Mitglied der Geschäftsführung. „Eine Apotheke ist gleichzeitig Heilberufler und Einzelhändler und muss sich der Erwartungshaltung auch entsprechend stellen.“ Im Bereich der freiverkäuflichen Arzneimittel und weiteren apothekenüblichen Produkte sieht Polap auch grundsätzlich kein Problem in der Umsetzung von Verfügbarkeitsabfragen. Anders im Bereich Rx, vor allem im GKV-Markt: Zwar sei ein modernes EDV-System durchaus in der Lage, automatisiert und anhand vorher einzustellender Prioritätsregeln, einen Rabattvertragsartikel zu ermitteln, zu dessen Verfügbarkeit eine Rückmeldung zu geben und diesen dann auch verbindlich zu reservieren bzw. zu bestellen, doch ob dies aus berufspolitischer Sicht für richtig befunden werde, sei eine andere Diskussion.
„Die ABDA hat sich hierzu klar positioniert und fordert eine Verfügbarkeitsanfrage, welche erst manuell nach entsprechender pharmazeutischer Bearbeitung beantwortet wird. Ob das dann die ‚Convenience‘ Erwartung des Verbrauchers trifft, ist wieder eine andere Frage“, fasst Polap zusammen. Er weist in dem Zusammenhang auch auf eine technische Herausforderung hin: „Die heute eingesetzten EDV-Systeme bei den Apotheken sind grundsätzlich bereits sicher mit dem Internet vernetzt. Allerdings sind diese Lösungen heute definitiv nicht dafür ausgelegt, beliebig aus dem Internet heraus von Verbrauchern einzeln oder gar systematisch mit Massenanfragen angesprochen zu werden. Das hat sowohl Datenschutz- als auch IT- und Betriebssicherheitsgründe sowie Aspekte der Skalierbarkeit und damit auch wirtschaftliche Gründe.“ Das gelte auch für die dahinterliegenden Systeme beim Großhandel.
AKWL-Modellprojekt „Frag das A“ – Verfügbarkeitsanfragen im Nacht- und Notdienst
Im Januar 2019 starteten die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) und die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) ein Modellvorhaben, das die Kommunikation zwischen Ärzten, Apothekern und Patienten im Nacht- und Notdienst weiter verbessern soll. Drei Monate lang wurde das Konzept in Bochum und in Detmold erprobt und wissenschaftlich evaluiert.
Patienten mit ärztlichen Verordnungen oder Arzneimittelempfehlungen aus den Notfalldienstpraxen stellen sich meist drei Fragen: „Welche Apotheke hat jetzt Notdienst?“, „Bekomme ich dort meine Medikamente?“, „Wie finde ich schnell zur Apotheke?“ Die Antworten darauf erhielten die Patienten in den Modellregionen an einer Info-Stele, mittlerweile eine App. Diese gibt Auskunft über die vier nächstgelegenen notdiensthabenden Apotheken. Darüber hinaus können die Patienten ihre Rezeptinformation auf digitalem Weg an eine notdiensthabende Apotheke übertragen und abfragen, ob die verordneten Arzneimittel dort vorrätig sind. Damit lassen sich unnötige Wege sparen und notdiensthabende Apotheken, die das benötigte Präparat an Lager haben, können gezielt angesteuert werden. Innerhalb weniger Minuten erhalten die Patienten eine Rückmeldung. Die jeweiligen Präparate werden dann für die Patienten in der Apotheke bereitgestellt.
Die Digitallösung beinhaltet auch eine Chatfunktion zwischen Apotheke und Notfalldienstpraxis: So kann Rücksprache bei unklaren Verordnungen, bei Arzneimittelunverträglichkeiten oder Lieferengpässen gehalten werden – und zwar direkt mit dem verordnenden Arzt.
Im Modellvorhaben wurden parallel mehrere Kommunikationswege getestet: So arbeiteten einige Apothekenteams mit einer Smartwatch, auf der die Informationen über eine Rezeptanfrage eingehen. Hauptsächlich verliefen die Anfragen aber über eine Applikation.
Der Pilotzeitraum dauerte von Januar bis Mitte April 2019 an. Insgesamt beteiligten sich 283 Apotheken im Umfeld der vier Notfallpraxen in Bochum und Detmold, das im Vorfeld auch mit dem Landesgesundheitsministerium abgestimmt wurde. Die Evaluation hat sich verzögert und läuft derzeit noch.
Abfragen auf Großhandelsebene
Die Verfügbarkeit von Arzneimitteln und anderen apothekenüblichen Produkten auf Ebene der pharmazeutischen Großhändler abzufragen, findet ABDA-IT-Experte Froese erst recht sinnlos: „Soll der Patient dann bei fünf Großhändlern gleichzeitig nachfragen? Eine solche Option würde doch bestenfalls zur Verschärfung von Lieferengpässen führen, weil Patienten, die den Eindruck gewinnen, dass ein bestimmtes Präparat schwer zu bekommen ist, verfrüht und verstärkt zum Hamstern neigen.“ Froese weist auf die Erfahrungen in der Hochzeit der Corona-Pandemie hin. Damals hätten die Patienten Desinfektionsmittel, Schutzmasken und viele weitere Produkte übermäßig gekauft und es wäre auch zu einer erhöhten Nachfrage von Rx-Arzneimitteln gekommen, weil ärztliche Verordnungen vorgezogen worden wären. Dr. Michael P. Kuck, Vorstandsvorsitzender des Pharmagroßhändlers Noweda, sieht die Verfügbarkeitsabfrage sowohl auf Apotheken- als auch auf Großhandelsebene kritisch. „Der Patient bekommt eine Information, die ihn unter Umständen verunsichert“, so Kuck im Interview mit der DAZ in der vergangenen Woche (DAZ 2020, Nr. 23, S. 16).
Rein technisch wäre es grundsätzlich machbar, auch komplexere Verkettungen der Vorlieferanten zu integrieren und abzubilden, meint Lars Polap von Pharmatechnik. „Das macht aber nur dann Sinn, wenn die Angaben über die gesamte Lieferkette genauso valide und in Echtzeit zur Verfügung stehen, damit der Patient sich darauf verlassen kann.“ Doch gerade beim Austausch von Rx-Präparaten durch beispielsweise sozialrechtliche Regelungen könnte es auch zu unwirtschaftlichen Fehlbestellungen beim Großhandel kommen.
Ungeachtet dessen erkennt NGDA-Chef Krüger durchaus ein Potenzial darin, die Lieferfähigkeit des pharmazeutischen Großhandels für den Endverbraucher abzubilden: „Da wir heutzutage mit mehreren täglichen Großhandelslieferungen, teilweise sogar im Zwei-Stundenabstand arbeiten, sind selbstverständlich intelligente Varianten denkbar.“ So könnte dem Patienten eine genaue Abholzeit der in der Apotheke fehlenden Produkte angezeigt werden. Vor dem Hintergrund, dass große EU-Versender mit ihren immensen Lagerkapazitäten quasi als Großhändler fungieren, weist Krüger abschließend darauf hin: „Wichtig ist die unmittelbare Berücksichtigung der Liefermöglichkeit auch schon deshalb, weil eine Versandapotheke die Anfrage zu einer spezifischen PZN wohl immer mit ‚lieferbar‘ beantworten würde, wenn diese kurzfristig beschaffbar ist. Hier wären die öffentlichen Apotheken sonst klar im Nachteil.“ |
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