Die Seite 3

Möglichkeiten und Grenzen

Foto: DAZ/tmb
Dr. Thomas Müller-Bohn, Redakteur der DAZ

240 Millionen Euro für pharmazeutische Leistungen sind der erfreuliche Teil des Pakets, das Bundesgesundheitsminister Spahn den Apothekern im Dezember präsentiert hatte. Die ABDA hat diesen Ansatz einen Monat später in ihre Vorschläge übernommen. Als Beispiele für patientenorientierte Leistungen wurden inzwischen Interaktionschecks, Medikationsanalysen, Botendienste, Präventionsmaßnahmen, Impfberatungen, Folgeverordnungen und vieles mehr genannt. Einen Monat nach Veröffentlichung der ABDA-Vorschläge erschöpft sich die berufspolitische Diskussion zu diesem Thema in der Frage nach der Art der honorierbaren Leistungen. Doch es stellen sich viel mehr Fragen: Wie sollen die einzelnen Leistungen ausgelöst, honoriert und abgerechnet werden? Wer soll sie erhalten? Was sollen die Apotheker dafür bekommen? Ein Beitrag auf Seite 26 beschäftigt sich damit.

Ein wesentliches Ergebnis dieser Betrachtungen ist, dass die Honorare für die einzelnen Leistungen anhand von Vollkosten mit einem Gewinnzuschlag kalkuliert werden müssen. Dies lässt sich dreifach begründen. Erstens: Wenn die Politik die pharmazeutischen Leistungen als wertvoll einstuft, müssen sie mindestens so gut wie die Arzneimittelabgabe honoriert werden. Zweitens: Wenn die Leistungen zukunftsfähig sein sollen, dürfen sie nicht von einer Quersubventionierung abhängig gemacht werden. Sie müssen selbst etwas einbringen. Und drittens: Wenn Minister Spahn und die ABDA zumindest indirekt zu verstehen geben, dass dies auch ein Ausgleich für die überfällige Anpassung des Festzuschlags sein soll, dann müssen die neuen Leistungen erst recht einen Beitrag zu den Fixkosten der Apotheke und zum Gewinn leisten.

Die Betrachtungen ab Seite 26 zeigen, dass dies möglich ist. Der Kreis der Patienten muss so begrenzt werden, dass die Apotheken nicht in ein Hamsterrad geraten. Dazu ist eine Steuerung nötig, beispielsweise durch die Krankenkassen oder verordnende Ärzte wie in bereits laufenden Modellprojekten. Damit erübrigen sich auch alle ärgerlichen Diskussionen über angeblich überflüssige Leistungen. Solche Begrenzungen sind außerdem nötig, weil für mehr Leistungen überhaupt nicht genug Apotheker existieren.

Damit werden die Grenzen deutlich. Auch wenn die neuen Leistungen gut honoriert werden und später vielleicht ein größeres Budget zur Verfügung stünde, können sie kein Volumen erreichen, mit dem sie das Packungshonorar ersetzen könnten. Der Versorgungsauftrag muss weiter erfüllt und honoriert werden. Dazu dient der Festzuschlag auf Rx-Arzneimittel. Die ABDA hat stets vermieden, die Gegenleistung für diesen Festzuschlag zu definieren, damit er nicht durch mühsam abzurechnende Einzelhonorare ersetzt wird. So ist leider nicht deutlich geworden, dass der Festzuschlag viel mehr als nur die Arzneimittelabgabe und die Beratung honoriert. Da alle anderen Entgelte in der Arzneimittelpreisverordnung nur Zuschüsse zu Teilkosten bieten, ist der Festzuschlag die einzige finanzielle Gegenleistung der Gesellschaft für die Erfüllung des Versorgungsauftrags. Dieser wird zudem immer aufwendiger, wie das Securpharm-Projekt gerade wieder zeigt. Zu diesem Versorgungsauftrag gehören auch die vielen kleinen „Wunder“, die in den Apotheken jeden Tag trotz Liefer­engpässen, Rabattverträgen und diverser Widrigkeiten des Alltags vollbracht werden. Darum ist unabhängig von neuen Leistungen eine Erhöhung des Festzuschlags überfällig.

Daneben bleibt die Hoffnung auf eine bessere Entwicklung bei den neuen Leistungen. Diese Leistungen jetzt mit einer leistungsgerechten Honorierung einzuführen, ist eine gute Gelegenheit für die Politik, die Wertschätzung für die Apotheker nicht nur in Festreden, sondern mit spürbaren Folgen auszudrücken.

Thomas Müller-Bohn

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