Wirtschaft

Benötigt der Großhandel ein Fixhonorar?

Kontra

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„Großhändler bedürfen keines Margenschutzes“

Jörg Geller,  stv. Vorstandsvorsitzender der Kohl Medical AG und Geschäftsführer der kohlpharma GmbH, und Dominik Klahn, Geschäftsführer AVIE GmbH (v. o.)

Der 5. Oktober 2017 war ein guter Tag für die deutsche Vor-Ort-Apotheke. Der Bundesgerichtshof hatte für Recht erkannt, dass pharmazeutische Großhändler nicht verpflichtet sind, bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln einen Mindestpreis zu erheben. Damit hat das oberste deutsche Gericht die seit Jahrzehnten übliche Praxis des gesamten deutschen pharmazeutischen Großhandels für rechtens erkannt, Rabatte und Skonti für vorfällige Zahlungen zu gewähren, die in ihrer Summe über seinen variablen Zuschlag von 3,15% hinausgehen können. Rabatte und Skonti gewährt der pharmazeutische Großhandel vollständig freiwillig an Apotheken, die für ihn besonders wichtig sind oder eine entsprechende Marktmacht besitzen. Damit erkennt der BGH auch die Tatsache an, dass der Apotheker ein Heilberufler ist, der diese Leistung als Muss-Kaufmann über kaufmännisches Geschick finanzieren muss und es die freie unternehmerische Entscheidung des Großhandels ist, welche Konditionen er gewährt.

Die am deutschen Markt tätigen pharmazeutischen Großhändler sind weit überwiegend multinationale Konzerne mit Milliarden-Umsätzen oder im Besitz von Apothekern befindliche, genossenschaftliche Großhändler. Der private Großhandel hat leider an Bedeutung verloren. Die Wettbewerbs­intensität im deutschen Großhandelsmarkt ist enorm. Das ist kein Zeichen von Marktversagen oder gar einer existierenden oder drohenden Unterversorgung deutscher Apotheken mit Großhandelsleistungen. Ganz im Gegenteil! Weiterhin werden neue Großhandelsniederlassungen eröffnet und mit AEP ist ein neuer Marktteilnehmer mit einem neuen Konzept in den Markt eingetreten. Die hohe Wettbewerbsintensität verbessert die qualitative Dienstleistung des Großhandels gegenüber den Apotheken und führt zu Preiswettbewerb, der den Apotheken zusätzliche Margen zufließen lässt, die sie dringend brauchen, um zu überleben.

Wenig nachvollziehbar ist daher die Intention des Bundesgesundheits­ministeriums, das sogenannte „Skonto-Urteil“ des Bundesgerichtshofes durch eine gesetzliche „Klarstellung“ auf­zuheben und damit eine Situation zu schaffen, die so nie bestand. Die Versicherung des Bundesgesundheitsministeriums, man nähme Apotheken damit nichts weg, wird sich in der Praxis jedoch nicht halten lassen. Tatsächlich gewähren Großhändler heute Apotheken Konditionen (Rabatte, Skonti etc.), die durchaus in ihrer Summe bei 6 bis 7 Prozent liegen können. Diese Konditionen finanzieren die Großhändler mitnichten nur aus ihrer fixen und variablen Spanne. Auch Großhändler sind Kaufleute, die sich zu Recht kaufmännisch verhalten und Rabatte und Skonti von den pharmazeutischen Herstellern einfordern und erhalten, die ebenfalls in Wettbewerb zueinander stehen.

Die Beschränkung des Großhandels auf einen Rabatt von 3,15 Prozent wird dazu führen, dass dieser Rabatt überwiegend gewährt werden dürfte und der Preiswettbewerb zwischen den Großhändlern entfällt. Die Apotheken belastet das mit einer Ertragsminderung von mindestens 2 bis 3 Prozent. Das macht pro Umsatzmillion im Rx-Bereich 20.000 bis 30.000 Euro pro Jahr aus. Wie das zu dem erklärten Willen des Gesetzgebers passt, die Vor-Ort-Versorgung erhalten und stärken zu wollen, ist gänzlich unverständlich. Die Ertragsverluste der Apotheken sind Ertragsgewinne des Großhandels, die die Kriegskasse vor allem der multinationalen Großhändler füllen, deren anglo-amerikanischen Eigen­tümer ohnedies nicht an einem Fort­bestand des bewährten Fremd- und Mehrbesitzverbotes interessiert sind und gerne ihre eigenen Apotheken­ketten auch in Deutschland etablieren wollen. Ertragsmäßig deutlich geschwächte Apotheken machen es diesen Großhändlern leichter, genau dieses Ziel zu erreichen. Um dem entgegenzuwirken müsste der gesetzliche Aufschlag der Apotheke zusätzlich zu sonstigen Überlegungen entsprechend angehoben werden. Im Ergebnis hätten wir eine Umverteilung von Geldern aus den Taschen der Beitragszahler an multinationale Großhandelskonzerne. Es würde verwundern, wenn das ein gewolltes Ziel wäre.

Es steht zu hoffen, dass auch der Deutsche Apothekerverband (DAV) rechtzeitig erkennt, dass hierin eine große Gefahr für die wirtschaftliche Stabilität der Apotheke liegt und sich der gesamten Honorardebatte stellt, bevor Fakten ohne die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Apotheker geschaffen werden. |


Pro

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„Angemessener Festzuschlag ist zwingend notwendig“

Dr. Herbert Lang, Vorstands­vorsitzender der Sanacorp

Der vollversorgende pharma­zeutische Großhandel ist ein unverzichtbarer Leistungserbringer im Gesundheitswesen und Garant für die schnelle, zuverlässige und kostengünstige Arzneimittelversorgung in der Fläche. Um die vielschichtigen Aufgaben – deren Aufwand auf den ersten Blick oft nicht ersichtlich ist – auch in Zukunft erfüllen zu können, ist ein angemessener Festzuschlag zwingend notwendig.

Der pharmazeutische Großhandel trägt als Eigentümer nicht nur das volle Warenlagerrisiko für die Bevorratung, sondern finanziert auch die Arzneimittelausgaben bis zur Erstattung durch die Krankenkassen vor. Die Einhaltung der geforderten Leitlinien zur Good Distribution Practice (GDP) bei Lagerung und Transport von Arzneimitteln erfordert ebenso hohe Investitionen wie raumgreifende Kühlzellen und gepanzerte Räumlichkeiten durch den konstanten Anstieg der Menge von Kühlwaren und Betäubungsmitteln. Die Vielzahl neuer Medikamente führt insgesamt zu einem erhöhten Informationsbedarf. Hierfür steht den Apotheken z. B. bei Sanacorp ein pharmazeutisches Fachteam zur Verfügung und auch die exklusive Wissensplattform meamind hilft schnell und unkompliziert. Flankiert wird dieser Service außerdem durch ein umfangreiches Seminarangebot.

Regelmäßig wickelt der Großhandel darüber hinaus maßgeblich die Arzneimittel-Rückrufe der Hersteller ab. Hierbei sind zeitnah große Warenmengen aus den Apotheken zurückzuholen und zu separieren sowie die entsprechenden Chargenüberprüfungen und Gutschriften kundenindividuell zu erstellen. So sind im aktuellen Valsartan-Fall bei Sanacorp eine Vielzahl an Packungen betroffen, die aus den Apotheken zurückgeführt sowie logistisch und systemtechnisch verarbeitet werden mussten. Eine Größenordnung in ganz anderem Ausmaß kann im Pandemiefall eintreten. Die Umsetzung der EU-Fälschungsschutzrichtlinie und die Integration von securPharm ist ein weiterer Kraftakt, denn auch der Großhandel muss die technischen Voraussetzungen für eine reibungslose Umsetzung erst einmal schaffen.

Hinzu kommen laufende Investitionen in Standorte, Kommissioniertechnik und EDV, um die komplexen Betriebsabläufe effizient zu gestalten. Und letztendlich wollen auch unsere Mitarbeiter fair entlohnt und die Dividenden an unsere Mitglieder gezahlt werden, deren Einlagen unseren aufwendigen Geschäftsbetrieb erst möglich machen.

Der aufgezeigte Leistungsbeitrag des vollversorgenden Pharmazeutischen Großhandels an der verlässlichen Arzneimittelversorgung ist hier bei eitem nicht erschöpfend dargestellt. Dass aber all diese Leistungen enorme Kosten verursachen, steht wohl außer Frage. Unter anderem dafür hat der Gesetz- und Verordnungsgeber bislang für den Pharmagroßhandel eine fixe Vergütung vorgesehen. Und diese wird auch dringend benötigt. Nicht zuletzt durch die steigende Zahl der Hochpreiser erodieren zunehmend sowohl die Spanne, als auch die zwingend notwendige Mischkalkulation. |

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