Aus den Ländern

„Letzter Aufruf“ zur Teilnahme an securPharm

BAH-Regionalkonferenz appelliert an Arzneimittelhersteller

BONN (hb) | Der Stichtag 9. Februar 2019 für die Umsetzung der europäischen Richtlinie zum Fälschungsschutz bei Arzneimitteln rückt unaufhaltsam näher. Für die Arzneimittelhersteller bedeutet dies die letzte Phase, in der sie ihre eigenen Prozesse anpassen und trainieren können. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH), der sich von Anfang an stark beim Aufbau des Verifizierungssystems securPharm engagiert hat, hat seine Mitgliedsunternehmen im Rahmen einer Regionalkonferenz am 26. Februar in Bonn noch einmal umfassend über ihre Pflichten aufgeklärt.
Foto: H. Blasius
Referenten auf der BAH-Regionalkonferenz (v. l.): Lutz Boden, IFA; Martin Bergen, securPharm e.V.; Marc Götte, NGDA; Dr. Hermann Kortland, BAH; Dr. Wolfgang Stock, ACS PharmaProtect GmbH; Carsten Büttner, Hevert-Arzneimittel.

Ein kleiner Code auf der Packung, eine Datenbank mit allen Serien­nummern, ein Scanner in der Apotheke – das securPharm-System hört sich einfach an. Nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Pilotbetrieb gibt es aber noch eine Reihe von Fehler­anfälligkeiten. Außerdem wird es für alle, die sich noch nicht dem System angeschlossen haben, langsam Zeit. So lautete der einhellige Appell der Experten an die Industrie bei der Regionalkonferenz des BAH vor mehr als 100 Teilnehmern in Bonn.

Wer ist schon dabei und wer nicht?

Dr. Wolfgang Stock, Geschäftsführer der ACS PharmaProtect GmbH, der Betreibergesellschaft für das der Echtheitsprüfung zugrunde liegende Datenbanksystem, berichtete, dass bis jetzt etwa 200 Arzneimittelhersteller securPharm beigetreten sind. Das ist nicht einmal die Hälfte der ca. 470 Firmen, die derzeit in Deutschland rezeptpflichtige Arzneimittel herstellen und deshalb von der Verpflichtung erfasst sind. Laut Stock fehlen jedoch von den Unternehmen, die mehr als 50 Rx-Arzneimittel in den Verkehr bringen, nur noch 40. Von den rund 200 beigetretenen Firmen haben aber bislang nur 42 tatsächlich Uploads in das Datenbanksystem getätigt, was 40 Millionen Packungen entspricht. Nicht nur ihm, sondern auch dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des BAH, Dr. Hermann Kortland, bereitet das eine gewisse Sorge. „Weil wir eine etwa neunmonatige Testphase für die Echtheitsprüfung einplanen müssen, sollten jetzt möglichst umgehend auch alle übrigen Arzneimittelhersteller teilnehmen“, sagte Kortland, der die Konferenz moderierte.

Einige vermarkten jedoch nur ganz wenige Präparate und werden des­wegen möglicherweise aus Kostengründen entweder auf das weitere ­Inverkehrbringen verzichten oder die Präparate veräußern. Die Experten rechnen damit, dass vor diesem Hintergrund ca. 350 bis 380 Pharmaunternehmen an securPharm an­geschlossen sein werden.

Erfahrungen nach fünf Jahren Testbetrieb

Als Fehlerquellen, die im Rahmen der Pilotphase erkannt wurden, nannte Stock, dass Seriennummern nicht hochgeladen wurden, dass der Upload aufgrund fehlender Produktstamm­daten nicht möglich war oder dass Chargen doppelt hochgeladen wurden. „Ein Fehler beim Chargen-Upload kann dazu führen, dass bei Tausenden von Abgaben in Apotheken die roten Lampen angehen“, warnte Stock. Das aktuelle Berichtswesen des ACS-Systems für die pharmazeutischen Unternehmer (ACS-PU) erfasse aber schon heute aufgetretene Ausnahmen, d. h. Fälle, in denen eine Verifizierung oder Ausbuchung nicht geklappt hat (Rotlicht in der Apotheke). In solchen Fällen soll ein „Ticketmodul“ die Pharmafirmen dabei unterstützen, technische Fehler oder Handlungsfehler zu identifizieren und dabei echte Verdachtsfälle von Fälschungen auszuschließen.

Lesetipps:

Startklar für securPharm? EU-weiter Fälschungsschutz für Arzneimittel: Was sich 2018 und 2019 für Apotheken ändert. DAZ 2017, Nr. 49, S. 22 - 29.

securPharm. Statusbericht 2018. Stand des Projektes zur Umsetzung der Fälschungs­schutzrichtlinie; www.securpharm.de/fileadmin/pdf/statusbericht/Statusbericht_2018.pdf

Umsetzung fordert die ganze Firma

Angesichts seiner Erfahrungen glaubt Stock, dass der Aufwand für die Einrichtung der technischen Voraussetzungen für die Produktverifizierung von den Unternehmen teilweise unterschätzt werde. Carsten Büttner, Leiter Supply Chain Management bei Hevert-Arzneimittel, pflichtete ihm diesbezüglich bei und betonte, dass für die Umsetzung weite Teile eines pharmazeutischen Unternehmens eingebunden werden müssen.

Abverkauf von „Altbeständen“ bis Ablauf des Verfalldatums

Ab dem 9. Februar 2019 dürfen pharmazeutische Unternehmen keine verifizierungspflichtigen Rx-Präparate mehr in den Verkehr bringen, die keinen 2D-Code und keinen Erstöffnungsschutz tragen. Neben dem Code müssen weiterhin die Chargenbezeichnung, das Verfalldatum und zusätzlich die individuelle Seriennummer der einzelnen Packung in Klarschrift aufgedruckt sein. Für die Abrechnung mit den Kassen ist außerdem die PZN anzugeben. Produkte, die zu diesem Zeitpunkt bereits in Verkehr sind, dürfen noch bis zum Ablauf des jeweiligen Verfalldatums in den Apotheken abgegeben werden.

IFA: ohne Meldung keine Abgabe

Der Geschäftsführer der Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten GmbH (IFA), Lutz Boden, verwies darauf, dass die Hersteller für betroffene Arzneimittel der IFA zwingend die Verifizierungskennzeichen melden müssen, damit die sichere Abgabe – auch von Bestandsware – ab dem Stichtag gewährleistet ist. Dies sei auch notwendig, um die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten. Würden die Daten nicht ordnungsgemäß bereit­gestellt, so bestehe die Gefahr, dass die Präparate nachher in der Apotheke nicht abgegeben werden dürfen, obwohl sie eigentlich abgabefähig wären. „Ohne Meldung keine Abgabe“, sagte Boden.

Apothekerschaft im Plan

Marc Götte, Leiter Service der NGDA, der Betreibergesellschaft des Apothekenservers und der Verifizierungs­stelle für Großhandel und Apotheken, beschrieb das Programm, das bis zum 9. Februar 2019 noch auf die NGDA zukommt. Hiernach müssen neben den 19.500 öffentlichen Apotheken (ca. 380 Apotheken sind bereits in den Pilotbetrieb eingebunden) auch bis zu 3600 andere Betriebsstätten sowie rund 400 Krankenhausapotheken oder 2000 Krankenhäuser an securPharm angebunden werden. Diese müssen sich zunächst einmal zur Teilnahme legitimieren. Hierzu dient das sogenannte N-Ident-Verfahren, das die Apotheke mit einem elektronischen Zertifikat ausstattet, der N-ID, die wiederum Zugriff auf die securPharm-Infrastruktur gewährt. Götte kündigte an, dass die Apotheken sich ab April für die N‑ID registrieren können sollen. Die Kosten für das Zertifikat sollen bei zehn Euro pro Jahr liegen. „Die Apothekerschaft ist bei der Umsetzung ihrer Verpflichtungen im Plan“, bekräftigte Götte. |

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