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Arzneimittel und Therapie
Biosimilars in der Onkologie – ein No-Go?
Krebstherapeuten stehen Biosimilars skeptisch gegenüber
So warnte Dr. med. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG), beim Euroforum „Biosimilare Antikörper in der Onkologie“ in Berlin vor dem Einsatz der mutmaßlich vergleichbaren, jedoch nicht identischen Biologika in der Onkologie.
Er verwies darauf, dass Biosimilars ein nicht unerhebliches Einsparpotenzial bei der Arzneimittelversorgung bieten. Sie könnten zugelassen werden, wenn Studien in einer Indikation die Vergleichbarkeit mit dem Originalpräparat belegen. Die Anwendung könne ohne weitere klinische Prüfungen auf andere Indikationen für das Biologikum extrapoliert werden. So könne beispielsweise ein Antikörper, dessen Wirksamkeit und Sicherheit im Vergleich zum Originalwirkstoff in der Rheumatologie geprüft wurden, auch bei Krebserkrankungen zum Einsatz kommen.
Bei dieser Regelung finden jedoch die Besonderheiten in der Onkologie keine Berücksichtigung, kritisiert Bruns. Es handele sich hierbei um lebensbedrohliche Erkrankungen, bei denen die Prognose der Patienten wesentlich vom Erfolg der ersten Behandlungssequenz – und somit von der Wirksamkeit der hierbei eingesetzten Therapieregime – abhänge. Auch eine nur leichte Minderung der klinischen Wirksamkeit könne sich somit fatal für den Patienten auswirken.
Mangelnde Überprüfbarkeit
Ob ein Biosimilar optimal bei einer speziellen Tumorerkrankung wirkt, lässt sich jedoch im Einzelfall kaum überprüfen, betonte Bruns. Denn anders als beispielsweise bei inflammatorischen Erkrankungen, bei denen der Therapieerfolg anhand der Entzündungsparameter zu verfolgen ist, gibt es entsprechende Biomarker einer zeitnahen Verlaufskontrolle in der Onkologie in aller Regel nicht.
Es besteht eine zusätzliche Schwierigkeit hinsichtlich der Wirksamkeitskontrolle: Zeigt sich nach einigen Monaten, dass der Patient auf das gewählte Therapieregime nicht angesprochen hat, ist meist nicht zu realisieren, woran dies lag. Es bleibt in aller Regel unklar, ob die Progressionsneigung der Grunderkrankung die Ursache des ausbleibenden Therapieerfolgs ist oder möglicherweise ein Versagen der Medikation eventuell aufgrund einer eingeschränkten Wirksamkeit der eingesetzten Wirkstoffe. Die Therapieregime sind zudem komplex, Antikörper werden üblicherweise in Kombination mit einer Chemotherapie angewandt, was die Beurteilung ihrer Wirksamkeit zusätzlich erschwert.
Schon eingeführt oder vor der Zulassung
Rituximab. Truxima® war das erste Biosimilar, das in der EU für onkologische Indikationen zugelassen worden ist. Es handelt sich um ein Rituximab-Biosimilar der Firma Mundipharma, das in den gleichen Indikationen wie das Roche-Referenzarzneimittel MabThera® eingesetzt werden kann und damit bei Non-Hodgkin-Lymphomen und der chronisch myeloischen Leukämie indiziert ist. Inzwischen bietet Sandoz/Hexal mit Rixathon® ein weiteres Rituximab-Biosimilar an.
Trastuzumab. Im September hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA die Zulassung für Ontruzant® empfohlen, ein Trastuzumab-Biosimilar, das in Referenz zu dem Roche-Original Herceptin® zur Brustkrebstherapie und bei der Behandlung des metastasierenden Magenkarzinoms eingeführt werden soll. Es soll von MSD vertrieben werden.
In den USA hat die FDA im September die Zulassung für ein Bevacizumab-Biosimilar (MvasiTM) in fünf verschiedenen onkologischen Indikationen erteilt. MvasiTM
ist ein Nachbau des Roche-Präparates Avastin®. Es wurde von Allergan und Amgen entwickelt, die in Europa ebenfalls eine Zulassung beantragt haben.
„Keine evidenzbasierte Medizin!“
Mehr als in vielen anderen Bereichen der Medizin basieren die in der Onkologie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erzielten Erfolge auf zahlreichen streng kontrollierten klinischen Studien mit strukturiertem Design und fokussiert auf bestimmte Patientengruppen und Patienten-Subgruppen. Diese Strategie zu verlassen und die Extrapolation von Daten, die in anderen Indikationen erhoben wurden, ohne weitere Überprüfung auf Krebserkrankungen zu übertragen, widerspricht laut Bruns den Prinzipien der evidenzbasierten Medizin.
Das bedeutet nicht, dass Biosimilars schlechter oder besser sind als Originalpräparate. Dies gilt auch für die Krebsmedizin. Gefordert wird aber, dass die Wirksamkeit und Sicherheit von Biosimilars bei Tumorerkrankungen geprüft und dokumentiert werden – zumindest in Pharmakovigilanz- und Registerstudien. Wird mit einem biosimilaren Wirkstoff behandelt, muss der Patient außerdem entsprechend aufgeklärt werden, da anders als bei Generika nicht davon auszugehen ist, dass das Medikament mit dem in Studien hinsichtlich seiner Wirksamkeit und Sicherheit geprüften Biologikum identisch ist. |
Quelle: Euroforum „Biosimilare Antikörper in der Onkologie“ am 5. September 2017 in Berlin
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