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Medizin

Ultima ratio Operation?

Lebensstiländerung und konsequente Nachsorge als Schlüssel zum Erfolg bei krankhaftem Übergewicht

Noch vor Weihnachten hat es das Thema „Magenverkleinerung“ bis in die Schlagzeilen von „Bild“ und „Spiegel online“ geschafft. Und das nicht wegen des drohenden Übergewichts durch Plätzchen und Gänsebraten. Deutschlands Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel sei, so die Meldung, wegen eines schwer einzustellenden Diabetes der Magen verkleinert worden. Mit welcher Methode blieb offen. Im internationalen Vergleich ist die Zahl bariatrischer Operationen in Deutschland gering. Doch die Tendenz ist stark steigend. Im Wesentlichen werden drei Verfahren eingesetzt: Magenband und Schlauchmagen als rein restriktive Verfahren, der Magen-Bypass als restriktiv-malabsorptives Verfahren. Nicht unterschätzt werden dürfen postoperative Risiken, und für den langfristigen Erfolg ist eine Umstellung des Lebensstils notwendig sowie eine umfassende Nachsorge. | Von Beate Fessler

Der Frust ist meist groß, wenn sich trotz aller Diätversuche Übergewicht nicht reduzieren lässt, sondern, im Gegenteil, stetig vermehrt. Immer mehr Menschen mit extremer Adipositas entscheiden sich dann für die bariatrische Chirurgie, sprich einen operativen Eingriff zur Reduktion des Übergewichts. Häufig bessert sich dadurch auch die Stoffwechselsituation. Die Triebfeder ist bei der Mehrzahl der Patienten allerdings weniger die Sorge um einen drohenden Diabetes oder eine übermäßige Belastung der Gelenke, sondern ihre stark eingeschränkte Lebensqualität. „Sie kommen, weil sie die Adipositas als stigmatisierende schwere Übergewichtserkrankung empfinden, die ihre Lebensqualität wesentlich einschränkt“, so Prof. Dr. Thomas P. Hüttl, München (siehe Interview S. 55).

Immer mehr bariatrische Eingriffe

Mit 10,5 bariatrischen Operationen pro 100.000 Einwohner/Jahr gehört Deutschland im internationalen Vergleich noch zu den Schlusslichtern. In Schweden liegt die Zahl bei 114,8, in Frankreich bei 86 und in den USA bei 74,5 (Statistisches Bundesamt, öffentliche Statistiken der Länder, Berechnungen der Expertengruppe-Metabolische Chirurgie aus: [Hüttl TP 2014]). Doch der Trend geht deutlich nach oben. So haben sich im Jahr 2014 insgesamt 1070 Versicherte der Barmer GEK einer Adipositas-Operation unterzogen, sechs Mal mehr als noch 2006. Hochgerechnet auf alle Krankenkassen waren es 2014 etwa 9225 bariatrische Operationen, so der Krankenhausreport 2016 der Barmer GEK [Augurzky B et al. 2016].

Die Bariatrie …

… ist ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit den Ursachen, der Prävention und der Behandlung der Adipositas beschäftigt. Neben der Pharmakotherapie der Adipositas umfasst die bariatrische Medizin vor allem die chirurgische Adipositastherapie.

Indikation sorgfältig stellen

Wen nur einige Speckröllchen stören, der ist kein geeigneter Kandidat für die bariatrische Chirurgie. Hier sind Ernährungsumstellung und Bewegung erfolgreich. In Erwägung zu ziehen ist sie aber bei höhergradiger Adipositas nach Ausschöpfung intensiver konservativer Maßnahmen. Gleichzeitig gilt die Adhärenz des Patienten als wichtige Voraussetzung. Verweigert er die Nachsorge oder versteht deren Notwendigkeit nicht, soll die Indikation sehr kritisch gestellt werden. Ein chirurgischer Eingriff ist laut Leitlinie indiziert

  • bei Patienten mit einem BMI ≥ 40 kg/m2 ohne Kontra­indikation,
  • bei Patienten mit einem BMI zwischen 35 und 40 kg/m2 und einer oder mehreren Adipositas-assoziierten Folge-/Begleiterkrankungen (z. B. Diabetes mellitus),
  • im Einzelfall bei Patienten mit einem BMI zwischen 30 und 35 kg/m2 und einem Typ-2-Diabetes.

Eine chirurgische Therapie kann auch primär ohne eine präoperative konservative Therapie durchgeführt werden, wenn die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist oder der Gesundheitszustand des Patienten keinen Aufschub eines operativen Eingriffs zur Besserung durch Gewichtsreduktion erlaubt. Dies ist etwa der Fall bei besonderer Schwere von Begleit- und Folgekrankheiten der Adipositas oder einem BMI > 50 kg/m2. Kontraindiziert sind bariatrische Eingriffe bei Patienten mit psychischen Störungen und aktiver Alkohol- oder Drogenabhängigkeit sowie bei unbehandelten Essstörungen und Tumorerkrankungen.

Malabsorptive und restriktive Verfahren

Die bariatrische Chirurgie stützt sich im Wesentlichen auf zwei Prinzipien: Bei restriktiven Verfahren, zu denen das Magenband und der Schlauchmagen gehören, wird das Magenvolumen verkleinert, sodass der Patient weniger Nahrung zu sich nehmen kann. Bei malabsorptiven Verfahren werden Darmabschnitte umgangen und dadurch die Resorptionsfläche verkleinert. Die Nährstoffaufnahme aus der Nahrung wird reduziert. Dieses Prinzip wird bei der hierzulande sehr seltenen biliopankreatischen Diversion mit und ohne Duodenal-Switch (BPD-DS) realisiert. Der Magen-Bypass ist ein restriktiv-malabsorptives Verfahren, bei dem nicht nur der Magen verkleinert, sondern auch die Verdauung der Nahrung eingeschränkt wird. Die häufigsten Verfahren der bariatrischen Chirurgie, die in der Regel laparoskopisch durchgeführt werden, zeigt die Abbildung 1. Das verstellbare Magenband wird um den oberen Abschnitt des Magens gelegt und teilt ihn in einen kleinen Vormagen (Fassungsvermögen 15 bis 20 ml) und einen Restmagen. Der Durchgang vom Vormagen in den Restmagen ist eingeengt, die Passage der Nahrung wird verzögert. Der Grad der Einengung ist flexibel, das Verfahren jederzeit reversibel. Die Nahrungsmenge, die der Patient zu sich nimmt, lässt sich so einschränken. Es ist allerdings kein Problem, das Magenband zu überlisten. Denn kalorienreiche Flüssigkeiten wie etwa Säfte oder Bier passieren die Engstelle widerstandslos. Der Erfolg des Magenbandes hängt deshalb auch von der Disziplin des Patienten ab.

Grafik: DAZ/Hammelehle
Abb. 1: Möglichkeiten der bariatrischen Chirurgie

Auch der Schlauchmagen setzt auf Nahrungsrestriktion. Der Großteil des Magens wird entfernt. Es verbleibt ein schlauchförmiger Restmagen in der Größe einer Banane, mit einer Füllmenge von 80 bis 120 ml. Auch hier kann der Patient weniger Nahrung zu sich nehmen, das Völlegefühl setzt früher ein. Da der Magenfundus, und damit die Ghrelin-produzierenden Zellen, entfernt werden, scheint auch der Appetit zurückzugehen. Denn Ghrelin gehört zu den appetitsteigernden Hormonen. Anders als das Magenband kann der Schlauchmagen nicht rückgängig gemacht werden.

Beim Magen-Bypass werden mindestens zwei Drittel des Magens abgetrennt, ein kleiner Magenpouch mit einem Volumen von etwa 30 ml gebildet und unter Umgehung eines Teils des Dünndarms an eine weiter unten liegende Dünndarmschlinge angeschlossen. Die Zusammenführung von Verdauungsflüssigkeit aus dem Restmagen, der Gallenblase und der Bauchspeicheldrüse mit dem restlichen Dünndarm erfolgt erst nach einem bis zwei Metern, so dass weniger Nährstoffe verdaut und aufgenommen werden können. Die Einschränkung der Nahrungsaufnahme plus der Resorption von Nährstoffen aus dem Darm kann das Gewicht besonders wirksam reduzieren.

Ein für alle Patienten zu empfehlendes Verfahren existiert nicht (siehe auch Interview S. 55). Die Entscheidung muss individuell unter Berücksichtigung von BMI, Alter, Geschlecht, Komorbidität, Adhärenz und auch des Berufs gefällt werden. Gleichzeitig gilt: Jedes Verfahren kann die Gewichtsreduktion nur unterstützen. Um erfolgreich zu sein, muss der Patient sich gesund ernähren und regelmäßig bewegen.

Und der Magenballon?

Eine Adipositastherapie kann auch durch einen Magenballon erfolgen. Dabei wird ein spezieller Ballon in den Magen eingeführt und mit ca. 500 ml Wasser gefüllt. Da der größte Teil des Magens dann ausgefüllt ist, wird dem Patienten schneller das Gefühl vermittelt, satt zu sein. Er ist aber lediglich eine vorübergehende Lösung und sollte nicht länger als sechs Monate im Magen verbleiben. Derzeit wird er bei extremem Übergewicht vor allem im Vorfeld einer bariatrischen Operation, aber auch einer Hüft- oder Herz-Operation genutzt, um das Gewicht zu reduzieren und Risiken zu senken.

Auf dem Weg in die „metabolische Chirurgie“?

Vorausgesetzt der Patient kommt regelmäßig zur Nachsorge und richtet seinen Lebensstil nach den ärztlichen Empfehlungen, lässt sich mit bariatrischer Chirurgie das Übergewicht erheblich reduzieren (siehe Interview). Aus medizinischer Sicht noch interessanter sind die gleichzeitig verbesserten metabolischen Parameter – mit einem günstigen Effekt auf den Glucose- und Lipidstoffwechsel sowie auf die Hypertonie. Das zeigen auch aktuell publizierte Zehn-Jahres-Daten des deutschen Registers „Bariatrische Chirurgie“ (German Bariatric Surgery Registry; GBSR), das die Daten von mehr als 45.000 Patienten (71% Frauen, mittleres Alter: 42,7 Jahre) zwischen 2005 und 2015 auswertete [Stroh C et al. 2016]. Zum Zeitpunkt der Operation lag bei etwa 90% der Männer und 85% der Frauen mindestens eine Adipositas-assoziierte Komorbidität vor. Mit mehr als 17.000 Eingriffen war der Magen-Bypass der häufigste Eingriff, dicht gefolgt vom Schlauchmagen mit knapp 16.000 dokumentierten Fällen und im Beobachtungszeitraum steigender Tendenz. Lediglich bei etwa 4000 Patienten wurde ein Magenband implantiert – mit abnehmender Tendenz im Beobachtungsverlauf. Ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus (n = 2800) bildete sich bei 37% vollständig zurück. Bei 26% reduzierte sich der Insulinbedarf. Insgesamt verbesserte sich die Stoffwechselsituation bei etwa drei Viertel der Diabetiker. Etwa die Hälfte der Typ-2-Diabetiker war nicht mehr therapiepflichtig. Bei 16% konnten die oralen Antidiabetika reduziert werden. Auch die Häufigkeit von Bluthochdruck ging zurück, ebenso wie Schlafapnoe. Schon vor Längerem zeigte die SOS(Swedish Obesity Study)-Studie die günstigen metabolischen Effekte. Hier wurden 2010 adipöse Patienten operativ, 2037 konservativ behandelt. Nach zwei Jahren wurde eine Remission des Diabetes bei 72% gegenüber 21% erreicht, nach zehn Jahren noch bei 36% gegenüber 13%. Ein neu aufgetretener Typ-2-Diabetes wurde bei 1% gegenüber 8% und 7% gegenüber 24% beobachtet [Sjöström L et al. 2007]. Auch die Lebens­erwartung scheint günstig beeinflusst zu werden: In einer kanadischen Kohortenstudie, die 6781 Patienten beobachtete, kam es zu einem Fünf-Jahres-Überleben von 0,7% nach einer Operation (= 1035) gegenüber 6,2% bei den Kontrollen (n = 5746), und damit zu einer neunfachen Reduktion der Sterblichkeit [Christou NV et al. 2004]. Der Gewichtsverlust soll zudem langfristig anhalten [Maciejewskis ML et al. 2016]. Angesichts der günstigen Effekte auf die Parameter des metabolischen Syndroms ist inzwischen schon die Rede von „metabolischer Chirurgie”, bei der Eingriffe in Abhängigkeit von der Stoffwechselsituation und nicht an den BMI gekoppelt diskutiert werden.

Risiken nicht unter den Teppich kehren

Trotz aller Euphorie, die sich in Teilen der Mediziner mit Blick auf diese Daten breit macht, sollten die Risiken der bariatrischen Chirurgie nicht unter den Teppich gekehrt werden. Wie bei allen operativen Eingriffen kann es zu Embolien, Thrombosen und, selten, zu Wundheilungsstörungen kommen. Möglich ist auch eine Insuffizienz der Nähte. Bei etwa 3% kommt es zu einer Leckage. Folgeoperationen können notwendig werden. Ein Schlauchmagen kann sich langfristig wieder dehnen, wenn der Patient konstant versucht mehr Nahrung zu sich zu nehmen als der verkleinerte Magen fassen kann. Beim Magenband können technische Probleme auftreten, wenn etwa der Magen durch das Magenband rutscht. In der Phase der raschen Gewichtsabnahme steigt zudem das Risiko für Gallensteine. Beim Magen-Bypass besteht zudem das Risiko eines Dumping-Syndroms (siehe Kasten „Risiko Dumping-Syndrom“). Auch psychische Folgen sind möglich. So wird mehrfach eine erhöhte post­operative Suizidrate bei bariatrischen Patienten berichtet.

Risiko Dumping-Syndrom

Die Sturzentleerung der Nahrung vom Magen in den Dünndarm wird als Dumping-Syndrom bezeichnet. Die Bezeichnung „to dump“ bedeutet so viel wie „plumpsen“. Dabei kommt es zu einem unkontrollierten Absturz von unverdünntem Nahrungsbrei in den Dünndarm. Verlässt zuckerhaltige Nahrung den Magen sehr rasch, gelangt der Zucker plötzlich über die Dünndarmschleimhaut ins Blut. Dadurch schüttet die Bauchspeicheldrüse extrem viel Insulin aus. Der Zucker wird schnell verstoffwechselt und es kommt zu einer Unterzuckerung. Der Patient leidet unter Bauchschmerzen, Blähungen, Völlegefühl, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen. Hinzukommen können Müdigkeit, Kopfschmerzen, Blässe, Schweißausbrüche und Herzrasen.

In der Nachsorge adäquat supplementieren

Nach einer Adipositas-Chirurgie ist eine konsequente Änderung des Lebensstils ebenso erforderlich wie eine regelmäßige Nachsorge. Ein allgemeingültiges Nachsorgeschema existiert bislang nicht. Laut Prof. Dr. Hans Hauner, Direktor der Klinik für Ernährungsmedizin der TU München, sind im ersten Jahr postoperativ vier Nachsorgetermine fällig, im zweiten Jahr zwei und anschließend mindestens eine einmal jährliche Kontrolle. Möglichst lebenslang sollte der Gewichtsverlauf protokolliert und Laborkontrollen zum Erkennen von Mangelzuständen durchgeführt werden (s. Tab. 1). Dazu gehört insbesondere die Bestimmung von Eisen, Vit­amin D und Parathormon sowie Vitamin B12 und Folsäure. Laut S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas“ sollen Vitamine und Mineralien nach malabsorptiven oder restriktiv-malabsorptivem Verfahren routinemäßig supplementiert werden. Nach rein restriktiven Verfahren ist dies nur bei sehr starkem Gewichtsverlust und bei wiederholtem Erbrechen notwendig. Man müsse aber aufpassen, so Hüttl. Denn Adipöse sehen oft wohlgenährt aus, und hätten dennoch einen Mangelzustand. Wegen des verkleinerten oder komplett entfernten Magenfundus entwickelt sich häufig ein Vitamin-B1-Mangel und, weil der intrinsic factor fehlt, auch ein Vit­amin-B12-Mangel. Bei den Mineralien gilt Calcium als besonders kritischer Kandidat. Um einer Osteoporose vorzubeugen sollte zusätzlich zu einer adäquaten Calcium-Versorgung auch auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin D geachtet werden. Weil die proteolytischen Pepsine des Magenfundus fehlen, muss auch das Risiko eines Protein-Mangels ins Auge gefasst werden. Hauner empfiehlt die Zufuhr von täglich 60 g bis 90 g Eiweiß generell nach malabsorptiven Verfahren, bei Magenband und Schlauchmagen bei Bedarf.


Tab. 1: Vergleich der verschiedenen Möglichkeiten der Magenverkleinerung (nach: Ernährungsempfehlung nach bariatrischer Chirurgie. Klinik für Ernährungsmedizin, Klinikum rechts der Isar, TU München)
Magenband
Schlauchmagen
Roux-Y-Bypass
reversibel/irreversibel
reversibel
irreversibel
irreversibel
Speicherfunktion des Magens
Vormagenvolumen = 20 bis 30 ml
Magenvolumen = ca. 200 ml
Volumen der Magentasche 20 bis 90 ml
Veränderungen im Gastrointestinaltrakt
Fehlen des Magenfundus
Fehlen von Ghrelin, Intrinsic-Factor, Proteinverdauung↓
Umleitung der Verdauungs-säfte aus Pankreas und Galle
ca. 40% Fett werden unverdaut ausgeschieden
Kostaufbau
flüssig
1. Woche
1. bis 2. Woche
püriert
2. bis 4. Woche
3. bis 4. Woche
2. bis 4. Woche
Übergang zurLangzeitversorgung
ab 4. Woche
ab 5. Woche
Nahrungsmenge
kleine Portionen, Unterbrechung der Nahrungszufuhr bei ersten Anzeichen der Sättigung
Fettarm
ja
ja
Eiweiß-Substitution
bei Bedarf
ja
Verträglichkeit
keine faserreichen Lebensmittel
alles
kein Zucker
häufigste Nährstoffdefizite
Eisen
+
++
+++
Thiamin
+
++
+
Vitamin B12
+
++
+++
Folsäure
+
++
++
Calcium
+
++
++
Vitamin D
+
+
++
Eiweiß
+
+
+
fettlösliche Vitamine und essenzielle Fettsäuren
+
+
+

Nicht vergessen werden darf die frühzeitige Anpassung medikamentöser Therapien, etwa mit Antidiabetika, Antihy­pertensiva oder Antikoagulanzien. Nach Bypass-Verfahren muss die Art der Schwangerschaftsverhütung unbedingt mit dem Frauenarzt besprochen werden, da orale Kontrazeptiva häufig keinen ausreichenden Schutz mehr bieten.

Empfehlenswertes Essverhalten nach bariatrischer Operation

  • regelmäßig mehrere kleine Mahlzeiten
  • Essen und Trinken trennen
  • je 30 Minuten vor und nach den Mahlzeiten trinken, ­insgesamt 1,5 bis 2 Liter pro Tag
  • langsam essen und gut kauen
  • keine Süßigkeiten, kein Alkohol
  • fettarme Lebensmittel
  • eiweißreiche Nahrungsmittel zu jeder Mahlzeit essen
  • keine kohlensäurehaltigen Getränke
  • bei Sättigungsgefühl das Essen beenden

Quelle: Informationen des Interdisziplinären Adipositaszentrum der Charité. www.adipositaszentrum-berlin.de

Magenbypass ist auch nach zehn Jahren vorteilhaft

In zwei Langzeitstudien wurde verfolgt, wie sich das Körpergewicht von adipösen Jugendlichen verändert, die vor zehn Jahren einen Magen-Bypass bekommen haben, bei dem der Magen verkleinert und auch die Absorptionsstrecke im Dünndarm verkürzt wurde. In USA wurden 58 Kinder und Jugendliche nach einem Magen-Bypass im Mittel acht Jahre nach der Operation beobachtet. Ihr BMI sank im ersten Jahr von 58,5 kg/m2 auf 36,3 kg/m2, stieg aber bei der letzten Untersuchung wieder auf 41,5 kg/m2. Vor allem verbesserte sich ihre Stoffwechselsituation: Die Insulin-Empfindlichkeit normalisierte sich, bei sieben der acht Patienten, die an einem Typ-2-Diabetes erkrankt waren, normalisierten sich die Blutzuckerwerte, bei den meisten der Patienten mit Hypertonie normalisierten sich die Blutdruckwerte [Inge TH et al. 2017]. In Schweden wurden die Daten von 81 Jugendlichen ausgewertet, die im Alter von 13 bis 18 Jahren einen Magen-Bypass erhalten hatten. Auch hier nahmen die Patienten ab und die Stoffwechsellage besserte sich [Olbers T et al. 2017]. In beiden Studien traten aber auch Komplikationen auf: Bei einigen Patienten mussten endoskopische und operative Eingriffe durchgeführt werden, da Probleme beim Bypass auftraten. Es kam bei vielen zu einer Eisenmangelanämie, zum Vit­amin-B12- und zum Vitamin-D-Mangel. Die Autoren ziehen das Fazit, dass es zwar mit einer bariatrischen Operation durchaus möglich sei, deutlich das Gewicht zu reduzieren, aber aufgrund des Vitamin-Mangels werde eine dauerhafte medizinische Betreuung notwendig. Gerade bei Kindern sollten Nutzen und Risiken eines Magen-­Bypasses unbedingt genau abgewogen werden. |

Literatur

Hüttl TP. Aktueller Stand der Adipositas- und metabolischen Chirurgie: Adipositaschirurgie: Indikation, Operationsverfahren und Erfolgsaussichten. Klinikarzt 2014;43(4):198-204

Augurzky B, Wübker A, Pilny A, Fels K et al. Krankenhausreport 2016 der Barmer GEK, Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 40, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, www.rwi-essen.de

Christou NV et al. Surgery decreases long-term mortality, morbidity, and health care use in morbidly obese patients. Ann Surg 2004;240(3):416-424

Maciejewskis ML, Arterburn DE, Van Scoyoc L et al. Bariatric Surgery and Long-term Durability of Weight Loss. JAMA Surgery publ online 31. August 2016, doi:10.1001/jamasurg.2016.2317

Stroh C et al. Bariatrische Chirurgie: Magenbypass bevorzugte Operation. Dtsch Arztebl 2016;113(20):A-980/B-826/C-810

Register „Bariatrische Chirurgie“ (GBSR). Kompetenznetz Adipositas, www.kompetenznetz-adipositas.de

Sjöström L, Narbro K, Sjöström CD et al. Effects of Bariatric Surgery on Mortality in Swedish Obese Subjects; N Engl J Med 2007;357:741-752

Chirurgie der Adipositas. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e.V. (DGAV), AWMF-Register-Nr. 088–001, www.awmf.org

Prävention und Therapie der Adipositas. S3-Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG), AWMF-Register-Nr. 050/001. www.awmf.org

Informationen des Interdisziplinären Adipositaszentrum der Charité. www.adipositaszentrum-berlin.de

Inge TH, Jenkins TM, Xanthakos SA et al. Long-term outcomes of bariatric surgery in adolescents with severe obesity (FABS-5+): a prospective follow-up analysis. Lancet Diabetes Endocrinol, online 5. Januar 2017, dx.doi.org/10.1016/S2213-8587(16)30315-1

Olbers T, Beamish AJ, Gronowitz E et al. Laparoscopic Roux-en-Y gastric bypass in adolescents with severe obesity (AMOS): a prospective, 5-year, Swedish nationwide study. Lancet Diabetes Endocrinol 2017, online 5. Januar 2017, dx.doi.org/10.1016/S2213-8587(16)30424-7


Autorin

Dr. Beate Fessler ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin unter anderem für die Deutsche Apotheker Zeitung.

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