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- DAZ 26/2017
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Hintergrund
„Eine Chance!“
Interview mit dem Palliativmediziner Dr. Hans-Jörg Hilscher
DAZ: Herr Dr. Hilscher, wenn es um den Einsatz von Methadon in der Krebstherapie geht, fällt immer wieder Ihr Name. Wie kommt das?
Hilscher: Als Palliativmediziner setze ich schon seit 20 Jahren bei allen Tumorschmerzen bevorzugt Methadon ein, weil es von allen Opioiden am einfachsten zu handhaben ist. Es ist sehr preiswert. Die Therapiekosten liegen bei 24 Euro für eine Therapiedauer von vier bis sechs Wochen. Schon früh ist mir aufgefallen, dass Glioblastompatienten unter Methadon-Therapie deutlich länger lebten als erwartet. Darüber hinaus habe ich auch noch festgestellt, dass ich Krebspatienten im Endstadium wesentlich seltener wegen Bauchwassersucht und Pleuraergüssen punktieren muss, wenn ich zusätzlich zu Methadon mit dem Zytostatikum Methotrexat behandele.
DAZ: Also alles interessante Beobachtungen, ohne zu wissen, wie Methadon denn diese Wirkungen auslösen kann.
Hilscher: Ja, so gesehen ein Zufallsbefund, wie auch die Entdeckung von Dr. Claudia Friesen am Institut für Rechtsmedizin an der Universität Ulm. Sie hatte die Wirkung von Drogen näher untersucht und dabei festgestellt, dass Leukämiezellen absterben, wenn Methadon an deren Opioidrezeptoren bindet. Dann hat sie auch noch festgestellt, dass Methadon die Wirkung von Zytostatika bei verschiedenen Krebszellen verstärken kann.
DAZ: Nun wird ja davor gewarnt, Methadon off label zur Krebstherapie einzusetzen, weil einfach Daten fehlen.
Hilscher: Das ist natürlich ein Problem. Ungeachtet dessen gibt es Bemühungen, entsprechende klinische Studien durchzuführen. Das Interesse an solchen Studien ist naturgemäß sehr gering. Denn patentieren lässt sich Methadon nicht und für die Pharmaindustrie sind natürlich Therapien mit mehr als 1000-fach höheren Kosten wesentlich lukrativer. Hier wird intensiv nach Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Ungeachtet dessen konnte an der Charité Berlin eine retrospektive Untersuchung mit Glioblastom-Patienten durchgeführt werden, die zumindest die Sicherheit der Therapie belegte.
DAZ: Zurück zur Schmerztherapie mit Methadon. Da es kein Fertigarzneimittel gibt, muss in den Apotheken eine 1%ige Lösung hergestellt werden. Wie gehen Sie vor?
Hilscher: Anders als in der Substitutionstherapie kommen wir in der Schmerztherapie mit deutlich niedrigeren Dosierungen aus. Ich beginne in der Regel mit 2 mal 10 Tropfen Methadon pro Tag. Bei Bedarf kann dann auf 2 mal 25 bis 35 Tropfen pro Tag gesteigert werden. Als Nebenwirkungen treten Müdigkeit und Schläfrigkeit auf, manchmal Übelkeit. Verstopfung ist weniger ein Problem.
DAZ: Was raten Sie Ihren Kollegen hinsichtlich der vielen Hoffnungen, die Patienten in diese Therapie setzen auf der einen und der unzureichenden Datenlage auf der anderen Seite?
Hilscher: Wenn ich bei meinen in der Regel austherapierten Krebspatienten im Endstadium Schmerzen behandeln muss und diese mit Methadon gut in den Griff bekomme, dann ist das eine zusätzliche Chance, die ich ihnen nicht vorenthalten möchte. Das Gleiche gilt für die Wirkverstärkung von Chemotherapien bei infausten Tumorerkrankungen.
DAZ: Herr Dr. Hilscher, wir danken Ihnen für das Gespräch. |
Schmerzbehandlung mit Methadon
Antiemese: 15 min vor Methadon-Gabe 5 bis 10 Tropfen Haloperidol mindestens über 2 bis 3 Wochen.
Bei unzureichender Antiemese und sonstiger Inappetenz: 8 bis 16 mg Dexamethason am Morgen
Umstellung von Morphin auf Methadon: Methadon-Dosisäquivalente zu Morphin (Tab. 1).
Beispiel: Patient erhält 3 × 60 mg Morphin = 180 mg Morphin/Tag. Interpolationsfaktor nach Tab. 1: 1:6 = 30 mg Methadon. Da 20 Tropfen 1%ige Methadon-Lösung = 10 mg Methadon entsprechen, erhält der Patient nun 2 × 30 Tropfen Methadon-Lsg 1%.
Morphin-Dosis |
Morphin zu Methadon |
Methadon-Dosis in % der Morphin-Dosis |
---|---|---|
< 100 mg |
3 zu 1 |
33,3 |
101 – 300 mg |
5 zu 1 |
20,0 |
301 – 600 mg |
10 zu 1 |
10 |
601 – 800 mg |
12 zu 1 |
8,3 |
801 – 1.000 mg |
15 zu 1 |
6,7 |
> 1.001 mg |
20 – 30 zu 1 |
5,0 – 3,3 |
mit geringer Schmerzintensität: s. Tab. 2
Tag 1 |
morgens und abends |
5 Tropfen |
Tag 2 |
morgens und abends |
10 Tropfen |
Tag 3 |
morgens und abends |
15 Tropfen |
ab Tag 7 |
morgens und abends |
20 Tropfen |
Wenn 2 × 20 Tropfen gut vertragen werden, Steigerung auf 2 × 25 bis 2 × 35 Tropfen versuchen. |
Quelle: Hilscher HJ, Lux EA: Methadon - neben analgetischen auch antineoplastische Eigenschaften? Schmerzmedizin 2016; Nr. 32 S. 37
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