Kongresse

Licht und Schatten 

Ein Kommentar von Doris Uhl

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Ein fröhliches Fortbildungsfest, in traumhafter schöner Umgebung mit spannenden Themen und ausgezeichneten Referenten, das sollte der Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer, der Pharmacon Meran werden. Das ist sicher auch für die Teilnehmer gelungen, bei denen die große Politik und die Berufspolitik nicht ganz oben auf der Interessenliste stehen.

Die Besucher konnten einer geschliffenen Rede eines Europapoli­tikers lauschen. Spürbarer Unmut kam im Saal nicht auf, im Gegenteil: Am Ende der Rede gab es wohlwollenden Beifall. Alles deutete auf einen unbeschwerten Start in eine schöne Fortbildungswoche im sonnigen Südtirol hin.

Doch unter der Decke, sprich in den sozialen Netzwerken, brodelte es. Denn der Europapolitiker hatte einen „Makel“: Es handelte sich um Alexander Graf Lambsdorff, seines Zeichens Präsidiumsmitglied der Bundes-FDP, jener FDP, die sich vor Kurzem – als erste bundesdeutsche Partei überhaupt – die Aufhebung des Fremdbesitzverbots für deutsche Apotheken ins Parteiprogramm geschrieben hat und die sich darüber hinaus explizit gegen ein Rx-Versandverbot ausgesprochen hat. Wie kann man dieser Partei an so exponierter Stelle noch ein Forum bieten, Vertreter als Festredner einladen und dafür auch noch Geld locker machen – so die vorwurfsvollen Fragen.

Fakt ist: In Meran nahm der FDP-Vertreter dazu nicht offiziell Stellung, er wurde auch nicht direkt mit dieser für die deutschen Apotheker so fatalen Marschrichtung konfrontiert. Das verlangte nach einer Erklärung, die der Präsident der Bundesapothekerkammer Dr. Andreas Kiefer auf DAZ-Nachfrage auch spontan und ohne große Umschweife lieferte:

Die Einladung an den FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff war schon lange vor dem fatalen Parteitagsbeschluss ergangen, eine Ausladung und damit eine Brüskierung des Redners kamen nicht infrage. Man wollte die Gelegenheit zum konstruktiven Gespräch nutzen und habe dies am Rande des Pharmacon auch erfolgreich getan, so Kiefer.

Doch die Berichterstattung zu diesem Vorgang auf DAZ.online stieß auf große Verärgerung der Veranstalter. Man witterte Verrat: der Pharmacon solle von der Konkurrenz niedergeschrieben werden.

Deshalb ordneten die Veranstalter wohl kurzerhand an, die zur Kongressmitte erscheinende Printaus­gabe der DAZ mit der entsprechenden Berichterstattung nicht, wie sonst üblich, beim Kongress für die Besucher auszulegen, sondern sie unter Verschluss zu halten.

Ein ungeheuerlicher Vorgang: Den Zugang zu einem unabhängigen Medium wegen unliebsamer Berichterstattung zu verwehren, mit Verlaub, liebe Verantwortliche der den Kongress ausrichtenden Avoxa, das sieht doch sehr nach versuchter Zensur aus. Auch wenn solche Methoden in zunehmendem Maße auf der weltpolitischen Bühne und selbst in Europa wieder salonfähig zu werden scheinen – auf dieses Niveau sollten wir uns in unserer kleinen Berufsgruppe nicht begeben.

Die DAZ berichtet seit Jahrzehnten von den Fortbildungskongressen der BAK. Sie nimmt sich dabei das Recht heraus, als unabhängige Fachzeitschrift auch zu kommentieren und Kritik zu üben. Dabei sind wir immer bereit, mit unseren Leserinnen und Lesern in den Dialog zu treten. Niederschreiben, liebe Avoxa, das ist nicht unsere Mission! Aber kritisch zu hinterfragen, frei zu kommentieren und damit einen Beitrag zur Meinungsbildung zu leisten, das ist unser Selbstverständnis! Schade, dass diese unsägliche Geschichte eine fachlich hochkarätige und ansonsten mit hoher Professionalität durchgeführte wissenschaftliche Fortbildungsveranstaltung jetzt so überschattet.


Lesen Sie hierzu auch den Artikel "Beratungs-Highlights aus Meran" in dieser DAZ.


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.