Kongresse

Beratungs-Highlights aus Meran

Der Pharmacon Meran bot den Teilnehmern eine facettenreiche Fortbildung

MERAN (cel/ck/du) | Herz und Kreislauf, Lipidstoffwechsel, Leber, Magen und Darm, Krebserkrankungen und ihre Therapie, Katastrophenpharmazie, diese Themen prägten den 55. Internationalen Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer vom 21. bis zum 26. Mai 2017 in Meran. Rund 860 Teilnehmer waren nach Südtirol gekommen, davon rund 200 Pharmazie­studierende und Pharmazeuten im Praktikum von den Universitätsstandorten Bonn, Düsseldorf, Frankfurt, Mainz, Münster und Tübingen.

Unter der Moderation von Prof. Dr. ­Peter Ruth, Tübingen, und Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe, Würzburg, konnten die Teilnehmer nicht nur zahlreiche Tipps für ihre Beratungstätigkeit sammeln, sie konnten auch gleich im Anschluss an die Vorträge mit den Referenten diskutieren und offene Fragen klären. Eine Gelegenheit, die intensiv genutzt wurde. Im Folgenden finden Sie einige Beratungs-Highlights dieser hochkarätigen Veranstaltung.

Fotos: DAZ/ck

NSAR bei Bluthochdruck-Patienten

Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) greifen in die Prostaglandin-Synthese ein. Das hat nicht nur Auswirkungen auf das Schmerz- und Entzündungsgeschehen. Denn Prostaglandine zeichnen sich auch verantwortlich für die regionale Nierendurchblutung und sind an der endogenen Blutdruckregulation beteiligt. So senken gefäß­erweiternde Prostaglandine den peripheren Gefäßwiderstand, außerdem fördern sie im dick aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife die Natriurese. Bei einer Hemmung der Prosta­glandin-Synthese durch NSAR kommt es hingegen zu einer Natrium- und Wasserretention. „Das merken Sie auf der Waage, wenn Sie einmal eine Schmerztablette genommen haben“, betonte Apotheker Dr. Eric Martin, Markheidenfeld. Der Blutdruck steigt, was wahrscheinlich die Folge einer Kombination aus Natrium-Retention, vermehrtem Ansprechen auf vasokonstriktorische Reize und Erhöhung des Gefäßwiderstands durch NSAR ist. Patienten, die erfolgreich mit Antihypertensiva eingestellt sind, müssen damit rechnen, dass die blutdrucksenkende Wirkung durch NSAR reduziert wird.

Cave Nierenfunktion

Doch das ist laut Martin nur eine Facette. „Auch die Einschränkung der Nierenfunktion ist hochbedeutsam“. Denn nicht nur Angiotensin II, auch Prostaglandine wirken positiv auf die glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Der potente Vasokonstriktor Angiotensin II erhöht die GFR vor allem durch eine Verengung der efferenten Arteriole. Somit steigt der Druck im Glomerulus und die Menge an abgepresstem Primärharn. RAAS-Blocker wie ACE-Hemmer oder AT-II-Blocker schränken dies ein. Unter physiologischen Bedingungen kompensieren Prosta­glandine jedoch diesen Effekt. Sie dilatieren das zuführende Gefäß zum Glomerulus, das Vas afferens, fördern so die glomeruläre Filtrationsrate und garantieren eine ausreichende Nierenperfusion.

Fotos: DAZ/ck

Triple whammy: RAAS-Blocker, NSAR, Diuretika

Kombiniert man beide Wirkprinzipien – RAAS-Hemmung und NSAR –, sinkt die Nierenfunktion, da beide Substanzklassen die GFR einschränken. Zusätzlich vermindern NSAR die Aktivierung des Renin-Angiotensin-­Aldosteron-Systems. Noch kritischer wird es laut Martin für die Nieren, wenn der Hypertoniker zusätzlich Diuretika einnimmt. Diese führen über eine Volumendepletion zusätzlich zur Verminderung des renalen Blutflusses und tragen so zur Minderperfusion des Organs bei. „Diese Dreier-Kombination sollten Sie im Blick haben: NSAR plus RAAS-Blocker plus Diuretika, als „triple whammy“ bezeichnet, können ein akutes Nierenversagen auslösen,“ warnt der Apotheker. Insbesondere bei Risikopatienten – hohes Alter, Herzinsuffizienz oder eingeschränkter Nierenfunktion. Entgleisungen drohten vor allem auch bei Durchfall oder Exsikkose.

Im Umgang in der Offizin mit der „Allerweltssituation Schmerzmittel“ empfahl Martin, Risikofaktoren zu erfragen. Liegt weder eine Herz- noch Niereninsuffizienz vor, dann steht die blutdrucksteigernde Wirkung durch NSAR im Vordergrund. Es gilt: „Befristet, ja – moderat dosiert, ja, aber immer Therapiealternativen prüfen“. Liegt eine Nierenfunktionsstörung, Herzinsuffizienz oder eine Dehydratation vor, sind die Grenzen der Selbstmedikation erreicht. Hier sollten Schmerzmittel nicht ohne Kenntnis des behandelnden Arztes eingesetzt werden.

Myopathie unter Statinen – Nocebo-Effekt ist möglich

Allen Legenden rund um die Cholesterol-­Lüge zum Trotz: Zu hohe LDL-Cholesterol-Spiegel sind nachgewiesenermaßen verantwortlich für die Entstehung einer koronaren Herzerkrankung. Durch konsequente LDL-Senkung lässt sich das KHK-Risiko reduzieren und die Mortalität senken. Das wurde schon 1994 für Simvastatin eindrucksvoll gezeigt. Nach wie vor ist die Statin-Therapie Mittel der Wahl, wenn es um die Therapie erhöhter LDL-Spiegel geht, wie Prof. Dr. Dietmar Trenk, Bad Krotzingen, betonte. Statine seien die am besten unter­suchten Medikamente überhaupt. Daten von über 175.000 Patienten erlauben eine gute Nutzen-Risiko-Einschätzung.

In der Sekundärprävention, also nach einem kardiovaskulären Ereignis, kann die Statin-Therapie das Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse, Myokardinfarkt, Schlaganfall und kardialen Tod um rund 21% senken. Auch in der Primärprävention ist ein Nutzen, wenn auch geringer ausgeprägt, festzustellen. Allerdings wird das Potenzial der Statine in der Praxis nicht ausgeschöpft, beklagte Trenk. Er verwies auf Untersuchungen, nach denen in Deutschland selbst bei Patienten mit sehr hohem Risiko die Zielwerte von unter 70 mg/dl nur von 15% erreicht werden. Dafür machte er Adhärenz-Probleme verantwortlich. Aufgrund unverantwortlicher Berichte zu Risiken der Statine würden viele Patienten diese Medikamente eigenmächtig absetzen. Dabei sei die Angst vor der Entstehung einer Krebserkrankung durch Statine unbegründet. „Dafür gibt es keine Hinweise!“

Zu den schwerwiegenden Nebenwirkungen einer Statin-Therapie zählen Myopathien. Auch über diese wurde und wird ausführlich in Laienmedien berichtet, was dazu führt, dass in der Statin-Therapie in Sachen Myopathie mit einem Nocebo-Effekt zu rechnen ist. Das konnte eindrucksvoll in einer placebokontrollierten Studie mit Atorvastatin gezeigt werden.

Loperamid oder nicht Loperamid?

Waren zytostatische Therapien lange Zeit fast ausschließlich eine Domäne der Kliniken, wächst das Portfolio peroral verfügbarer Wirkstoffe und damit der ambulant verordneten Therapien. Capecitabin oder Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Afatinib und Lapatinib sind nur einige Beispiele. Für die öffentliche Apotheke heißt das: Sie hat es plötzlich mit Patienten und Therapieregimen zu tun, mit denen sie bis vor einigen Jahren kaum Berührungspunkte hatte. Und gerade bei Tumor­therapien spielt das Supportivmanagement eine zentrale Rolle für den Erfolg der Therapie. So leiden viele Patienten unter Zytostatika-induzierten Durchfällen. Sind sie die Folge einer klassischen Zytostatika-Therapie, ist Loperamid Mittel der ersten Wahl, betonte Lars Gubelt, Apotheker des St.-Johannes-Hospitals in Dortmund. Zusätzlich indiziert sind Flüssigkeits- und Elek­trolytsubstitution. Anders verhält es sich bei der Pathogenese von Diarrhöen unter Checkpoint-Inhibitoren. Kommt es hier zu Durchfällen, besteht der Verdacht einer immunvermittelten Colitis. Denn Checkpoint-Inhibitoren wie Nivolumab, Ipilimumab und Pembrolizumab aktivieren das Immunsystem. Zwar erhalten diese Patienten ihre Arzneimittel nicht in der öffentlichen Apotheke, dennoch sollte der Apotheker hier aktiv werden, wenn Patienten unter Checkpoint-­Inhibitor-Therapie von Diarrhö berichten. Der Patient muss in diesem Fall sofort zum Arzt. Die Therapie besteht in der Gabe von Methylprednisolon.

Cave invasive Erreger

Und wann ist Loperamid bei Durchfallerkrankungen jenseits der Krebstherapie indiziert? Keinesfalls bei invasiven Erregern, wie Prof. Dr. Thomas Weinke bei der Vorstellung der wichtigsten Infektionsauslöser im Gastrointestinaltrakt betonte. So sind Motilitätshemmer keine Option bei den immer häufiger auftretenden Clostridium-difficile-Infektionen mit mehr als 1000 dokumentierten Fällen pro Jahr. Wie bei allen Durchfallerkrankungen steht auch hier die Rehydratation im Vordergrund.

Foto: DAZ/ck
Lesmüller-Medaille für Ulrich Schlotmann Die Bundesapothekerkammer (BAK) würdigte Apotheker Ulrich Schlotmann für seine Verdienste in der Fort- und Weiterbildung und insbesondere in der Berufsausbildung der Pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten. BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer (li) überreichte die Urkunde und die Lesmüller-Medaille im Rahmen des Pharmacons in Meran.

Reisediarrhö: Elektrolyte, Loperamid und Racecadotril

Bei Reisediarrhö können Motilitätshemmer kurzfristig eine Option sein, jedoch nicht bei schweren Verläufen. Laut Weinke kam in der entsprechenden Leitlinie aus dem Jahr 2015 der Sekretionshemmer Racecadotril zu kurz. Auch er ist zum kurzfristigen Einsatz geeignet, allerdings ebenfalls bei blutiger oder fiebriger Diarrhö kontraindiziert. Probiotika stufte Weinke als im Einzelfall hilfreich ein. Von Kohle, Tannin, Ethacridinlactat und Uzara-Wurzelextrakt riet er wegen fehlender Evidenz ab.

Wie haben Sie das denn eingenommen?

Wenn ein Arzneimittel nicht zu wirken scheint, dann fragen Sie immer beim Patienten nach, wie er es eingenommen hat, diese Empfehlung gab Dr. Hiltrud von der Gathen, Recklinghausen. Denn vielfältig sind die Möglichkeiten dafür, dass ein Arzneimittel und sein Wirkstoff nicht die vielen Klippen umschiffen, die in Mund, Speiseröhre, Magen und Darm die Wirksamkeit negativ beeinflussen können. Das beginnt schon im Mund. Von der Gathen empfiehlt, orale Arzneiformen mit mindestens 250 ml Wasser einzunehmen. Vorher sollte ein großer Schluck Wasser getrunken werden, damit die Speiseröhre angefeuchtet wird und keine Tablette oder Kapsel festkleben kann. Arzneimittel zur lingualen und sublingualen Anwendung haben zwar den Vorteil, dass sie ohne Wasser eingenommen werden können. Bei Mundtrockenheit bereiten beide Darreichungsformen aber Schwierigkeiten. Zur Mundtrockenheit können besonders anticholinerg wirkende Arzneistoffe beitragen – sowohl mit ihrer Hauptwirkung als auch mit entsprechenden Nebenwirkungen. Eine anticholinerge Hauptwirkung besitzen zentral wirksame Antidepressiva, Parkinsonmedikamente, urologische Spasmolytika, inhalative Bronchodilatatoren oder Mydriatika. Mit anticholin­ergen Nebenwirkungen ist unter anderem bei Antiarrhythmika oder Antihistaminika zu rechnen. Die anticholinerge Aktivität der Arzneistoffe addiert sich, und diese additive anticholinerge Last eines Patienten darf nicht unterschätzt werden!

Wann war Ihr letztes EKG?

Diese Frage sollte man jedem Patienten stellen, der Wirkstoffe einnimmt, die das Potenzial haben, die QT-Zeit zu verlängern. Und das sind etwa 3% aller nicht direkt am Herz angreifenden Arzneimittel, so Dr. Dirk Keiner von der Zentralapotheke am SRH Zentralklinikum Suhl. Das Risiko ist häufig nicht bekannt oder wird unterschätzt. Und bedauerlicherweise erhält gut ein Drittel der Patienten bei einer Zytostatika-Therapie keine Be­ratung. Dabei ist das arrythmogene Risiko der modernen Zyt­oralia bekannt. Hier sollte immer darauf gedrungen werden, dass neben dem Baseline-EKG auch Folge-EKG geschrieben werden. Denn eine Verlängerung der QT-Zeit kann zu Torsade-de-pointes-Arrhythmien führen, die in ein Kammerflimmern übergehen können. Es ist schwierig, das individuelle Risiko abzuschätzen, aber es gibt Faktoren, die klinisch relevant sind. So reagieren Frauen wesentlich empfindlicher auf Wirkstoffe, die das Potenzial einer QT-Zeit-Verlängerung haben. Männer sind eher geschützt, sie haben eine Repolarisationsreserve von ca. 20 msec. Keiner rät, bei den Patienten zu erfragen, ob schon einmal eine QT-Zeit-Verlängerung aufgetreten ist. Wenn ja, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass das Ereignis sich wiederholen kann. Genauso zwingend sei die Frage nach der letzten Kontrolle der Elektrolyte. Das betrifft neben Kalium-Ionen vor allem Magnesium- und Calcium-Ionen.

Foto: DAZ/ck
700 Jahre Meran Im Juni 1317 wurde Meran die erste Stadtordnung verliehen. Die Passer war immer eine Lebensader der Stadt – durch wiederkehrende Hochwasser und Überschwemmungen aber auch eine Bedrohung. Mit großformatigen Jahreszahlen wird an die acht großen verheerenden Überschwemmungen des sogenannten Kummersees 1419, 1503, 1512, 1572, 1721, 1772, 1773 und 1774 erinnert.

Bewegung hilft bei Mammakarzinom und Fatigue

Prof. Dr. Dorothea Fischer vom Klinikum Ernst von Bergmann, Potsdam, gab Tipps, wie man Frauen durch die schwere Zeit nach der Diagnose Mammakarzinom begleiten kann. Zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr ist Brustkrebs zwar immer noch die häufigste Todesursache, doch es gibt sehr viele Langzeitüberlebende, die Sterblichkeit in Europa ist rückläufig. Entscheidend ist es, den Brustkrebs früh zu erkennen und in zertifizierten Brustzentren behandeln zu lassen. Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, antihormonelle und zielgerichtete Therapien – so individuell wie die Therapie sollte auch die Prophylaxe von unerwünschten Wirkungen sein. Fatigue ist gefürchtet, auch Jahre später fühlen sich 60% der Frauen noch müde, erschöpft und nicht belastbar. Tritt eine Fatigue auf, so sollte eine Anämiebehandlung durchgeführt und auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden. Die Frauen sollten zu körperlicher Aktivität angehalten werden. Fischer empfahl ein anaerobes Training, am besten täglich. Dabei liegt die Belastungsintensität bei 70 bis 80% der maximalen Belastbarkeit. Positiv sei auch ein Intervalltraining. Der Erfolg von Bewegung sei beachtlich, so Fischer: Mit den heutigen Therapiemöglichkeiten kann eine Besserung um 10% erreicht werden, durch Bewegung kann das Erkrankungsrisiko um 30% gesenkt werden, das Rückfallrisiko um 30%.

Wenn Tumortherapie auf Polymedikation trifft

Durch die häufigen Komorbiditäten bei älteren Tumorpatienten treten viele Arzneimittelinteraktionen und unerwünschte Wirkungen auf. Prof. Dr. Ulrich Jaehde vom Pharmazeutischen Institut der Universität Bonn zeigte, wie mit einem Medikationsmanagement die Risiken reduziert und die Adhärenz gefördert werden können. Und das gerade in der öffentlichen Apotheke, denn zunehmend werden oral applizierbare Tumortherapeutika verordnet, die eine Therapie im häuslichen Umfeld ermöglicht. Zu den unerwünschten Wirkungen einer konventionellen Chemotherapie (Übelkeit, Erbrechen) kommen klassen- oder substanzspezifische Nebenwirkungen der neuen Tumortherapeutika hinzu. So ist die dermale Toxizität unter Inhibitoren des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR, epidermal growth factor receptor) ein bekanntes Problem. Zum Anfang der Therapie tritt ein akneiformes Exanthem auf mit zum Teil schmerzhaften Hautveränderungen. Darauf folgt eine Austrocknungsphase, in der die Haut sehr (licht-)empfindlich und trocken wird. In Abhängigkeit von der Krankheitsphase wird eine spezielle Hautpflege benötigt. In der akuten Phase beim Auftreten von Pusteln werden Gele eingesetzt (auch mit Erythromycin oder Metronidazol), Lotio alba aquosum oder eine „beruhigende Lokaltherapie“ mit Schwarzteekompressen. In der Übergangsphase mit Krustenbildung sind Lotionen empfehlenswert, z. B. erythromycinhaltige Linolaemulsion oder Feuchtigkeitscremes. Die trockene Haut der xerotischen Phase bedarf leicht rückfettender Cremes, harnstoffhaltiger Lipolotio oder pflegender Ölbäder. Entscheidend sei, dass man solche bekannten Erscheinungen immer aktiv angeht und unerwünschte Reaktionen nicht einfach geschehen lässt!

Sonnenbaden kann tödlich sein

Teresa Amaral vom Zentrum für Dermatologische Onkologie der Universität Tübingen forderte in Bezug auf Hauttumore klare dermatologische Botschaften. Sonnenschutzcreme schütze beim Sonnenbaden nicht vor Hautkrebs, der Lichtschutzfaktor spiegele nur eine falsche Sicherheit vor. Häufig werde viel zu wenig Creme aufgetragen, um einen wirksamen Schutz zu erreichen. Dabei muss es gar nicht ein „richtiger“ Sonnenbrand sein, um Hautkrebs auszulösen. Schon wenn die Haut gebräunt ist, zeigt das schon einen Hautschaden an. Ihr Fazit: „Sonnenbaden gefährdet Ihre Gesundheit.“ Wirklich schützen kann die Haut nur das Tragen von Kleidung. In Untersuchungen mit Kindern konnte so signifikant das Hautkrebsrisiko gesenkt werden.

Innovationspreis für Entresto®

Foto: DAZ/ck
Der Innovationspreis wurde von Sven Siebenand (stellvertretender Chefredakteur der PZ) an Dr. Michael Hemker, Geschäftsleiter Cardio-Metabolic Süd/West bei Novartis Pharma (re.), überreicht.

Der 23. Innovationspreis der Pharmazeutischen Zeitung (PZ) wurde im Rahmen des Pharmacon an die Fixkombination aus den Wirkstoffen Sacubitril und Valsartan (Entresto® von Novartis Pharma) verliehen. Insgesamt 32 neue Arzneistoffe standen der achtköpfigen Jury aus Hochschulprofessoren und Offizinapothekern zur Auswahl. Der supramolekulare Salzkomplex aus Sacubitril und Valsartan ist der erste Vertreter der Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI). Valsartan wirkt als AT1-Antagonist, der aktive Metabolit des Sacubitrils hemmt das körpereigene Enzym Neprilysin. Dadurch wird der Abbau von natriuretischen Peptiden blockiert, so dass Vasodilatation, Natriurese und Diurese gefördert, die Freisetzung von Renin und Aldosteron gehemmt und die Sympathikus-Aktivität gebremst wird. In den zulassungsrelevanten Studien führte Entresto® im Vergleich zur Therapie mit dem ACE-Hemmer Enalapril zu einer besseren Lebensqualität und weniger Krankenhausaufenthalten. Novartis will weiterhin zur Indikation Herzinsuffizienz und auf dem Gebiet der Neprilysin-Hemmung forschen: Im Augenblick laufen 30 Studien zu weiteren Indikationen oder sind in Planung, die insgesamt 70.000 Probanden weltweit einschließen.

Sind Erbkrankheiten bald heilbar und Organe keine Mangelware?

Über CRISPR/Cas9 hört und liest man überall. Die „Genschere“ wird immer dort aktiv, wo eine CRISPR-RNA (crRNA) an ihre komplementäre doppelsträngige DNA bindet, und ermöglicht so ein gezieltes Schneiden von DNA. Das eröffnet ungeahnte Möglichkeiten, wie Prof. Dr. Theo Dingermann, Frankfurt, zeigte. Über CRISPR/Cas9 können sehr viel effizienter und schneller transgene Schweine gezüchtet werden, die keine alpha-1,3-Galaktosyltransferase exprimieren, die hauptverantwortlich für Abstoßungsreaktionen ist. Eine Xenotransplantation mit Schweine-Organen kann dadurch realistisch werden. Auch wird es prinzipiell möglich, z. B. die HIV-DNA exakt aus infizierten, humanen T-Zellen zu entfernen. Genetische Fehler wie bei der Duchenne Muskeldystrophie können korrigiert werden: In Mäusen ist es gelungen, in die Zellen, die ein defektes Dystrophin-Protein exprimieren, das CRISPR/Cas9-System einzuschleusen. So ließen sich die Muskelfunktion in der Skelett- oder Herzmuskulatur teilweise wieder herstellen. Auch ermöglicht es CRISPR/Cas9, in einem Schritt gezielt Mutationen in verschiedenen Genen einzufügen. So können ganze Genfamilien ausgeschaltet werden. Als ein problematisches Beispiel nannte Dingermann die Verbesserung der Haltbarkeit von Lebensmitteln. So wurde bei Zuchtchampignons mittels CRISP/Cas9 eines von den sechs Genen ausgeschaltet, die für Polyphenoloxidase kodieren. Das Enzym ist mit verantwortlich, dass Pilze schnell braun werden und nur kurz haltbar sind. In den USA wurde der Pilz vom amerikanischen Landwirtschaftsministerium ohne weitere Regularien zugelassen. Damit gilt der erste mit CRISPR-Cas9 hergestellte Pilz nicht als gentechnisch veränderter Organismus.

Gezieltes Einschleusen an den Wirkort

Unter dem Drug Targeting oder Targeted Drug Delivery versteht man die zielgerichtete und selektive Anreicherung oder Freisetzung eines Arzneistoffs am gewünschten Wirkort nach systemischer Gabe eines Arzneimittels, wie Prof. Dr. Achim Göpferich von der Universität Regensburg erläuterte. Ein mühsamer Entwicklungsprozess steckt dahinter. So habe es über 20 Jahre gedauert, bis nach der Entdeckung der monoklonalen Antikörper ein erstes Präparat marktreif war. Göpferich stellte als neueste Entwicklung Antikörper-Wirkstoff-Konju­gate vor, bei denen der Antikörper eine reversibel gebundenen Arzneistoff (z. B. Doxorubicin, Gemtuzumab) genau an die Zielzelle bringen und darin freisetzen soll. Zukünftig werden auch mit Wirkstoffen beladene Nanopartikel eine immer größere Rolle spielen. Problematisch ist, dass Nanopartikel und auch Antikörper nach parenteraler Gabe nicht einfach aus der Blutbahn heraus an den Zielort gelangen. Nach subkutaner Applikation werden sie vorwiegend vom Lymphsystem aufgenommen, wandern in Lymphknoten und gelangen dann teilweise in den Blutkreislauf. Das lässt an ein lymphatisches Targeting denken, z. B. für die Behandlung von Tumoren oder entzündlichen Erkrankungen. |

Lesen Sie hierzu auch den Kommentar "Licht und Schatten" von Dr. Doris Uhl.

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