Ausbildung

Wir brauchen Akademien!

Ein Meinungsbeitrag von Dr. Udo Puteanus

Apotheker Dr. Udo Puteanus, Münster, Westfalen

Schon heute bildet die universitäre Ausbildung die Grundlage, dass Pharmazeuten in verschiedenen Arbeitsbereichen eingesetzt werden können. Doch wird das Potenzial der Ausbildung noch nicht optimal in der Arzneimittelversorgung eingesetzt, denn die Universitäten bilden kaum für die alltäglichen Praxisprobleme aus. Vor allem dringend benötigte kommunikative Fähigkeiten werden nicht vermittelt. Zudem wird nicht kritisch reflektiert, wie sich Pharmazie als „Wissenschaft und Praxis der bedarfsgerechten, zugänglichen und sicheren Versorgung mit bestmöglichen Arzneimitteln für die gesamte Bevölkerung“ (Rosenbrock 2009) einordnet.

Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie erhalten zurzeit nicht den universitären Stellenwert, der für eine angemessene Arzneimittelversorgung notwendig wäre. Darauf verweisen mit Recht unter anderem die Apotheker, die in den USA die Ausbildung zum PharmD in Klinischer Pharmazie durchlaufen haben.

„Die Umsetzung der evidenzbasierten und patientenorientierten Arzneimitteltherapie muss trainiert werden und das am besten in einem interdisziplinären Umfeld.“

Aktuelle Herausforderungen der Arzneimittelversorgung verdeutlichen die Notwendigkeit, das pharmazeutische Potenzial besser zu nutzen. Nicht mehr akzeptabel ist die Zahl der arzneimittelbedingten Komplikationen, die eigentlich vermeidbar wären. Durch den demografischen Wandel, den wachsenden Wissensstand und durch den sich abzeichnenden Mangel an Fachkräften und finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen wird der Bedarf an pharmazeutischem Potenzial immer höher. Dass Pharmazeuten die Arzneimitteltherapiesicherheit und die Medikationsprozesse verbessern können, haben inzwischen einzelne Projekte – innerhalb oder außerhalb der Apotheke – bewiesen. Zwar hat sich schon einiges getan (z. B. die bundesweite Weiterbildung Geriatrische Pharmazie, die Arzneimittelinformationsstellen oder die Palliativversorgung einiger Apotheken), doch reicht das noch nicht. Wissenschaftliche Kenntnisse müssen besser zur Verfügung gestellt und genutzt werden. Die Umsetzung der evidenzbasierten und patientenorientierten Arzneimitteltherapie muss aber auch trainiert werden. Und das am besten in einem interdisziplinären Umfeld aus Angehörigen der Heilberufe. Es reicht nicht aus, allein auf die Entwicklungspotenziale in den Universitäten zu setzen. Eine Verlängerung des Studiums wäre zwar schön, ist aber derzeit unrealistisch. Eine komplette Neuausrichtung des Studiums ist ebenfalls nicht zu erwarten und wahrscheinlich auch nicht sinnvoll. Denn eine naturwissenschaftliche Grundlage wird auch in der Zukunft gebraucht.

Die Zeit ist reif für die Gründung von Akademien für Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie. Eine Erste gibt es bereits in Bayern (www.ba-klinpharm.de). Diese Akademien sollten Wissen im Bereich Klinische Pharmazie managen, den pharmazeutischen Nachwuchs sowohl im Studium (z. B. durch Summer Schools in den Semesterferien) als auch während des Praktischen Jahrs begleiten. Durch eigene Projekte zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung in Kooperation mit Forschungseinrichtungen wird Know-how entwickelt. Dadurch und durch Orientierung an guten ausländischen Beispielen kann ein Curriculum aufgebaut werden, das als Grundlage dient, die Weiterbildung zum Fachapotheker für Klinische Pharmazie ständig zu verbessern. Ebenfalls wichtig sind internationale Zusammenarbeit und der Anschluss an Public Health.

Die Klinische Pharmazie an den Universitäten wird dadurch nicht überflüssig, sondern profitiert von den Erfahrungen der Akademien. Umgekehrt braucht die Forschung an den Akademien universitäres Know-how.

Viele Länder haben bereits erkannt, wie wertvoll gutes klinisch pharmazeutisches Wissen für eine sichere Arzneimitteltherapie ist. Auch in Deutschland muss die Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie endlich den Stellenwert erhalten, der notwendig ist, um zukünftige Herausforderungen zu meistern. Deshalb brauchen wir Akademien für Klinische Pharmazie!

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