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Arzneimittel und Therapie
Diabetogene Wirkung ausgebremst
Stoffwechselneutrale Blutdrucksenkung mit Amilorid und Hydrochlorothiazid
In antihypertensiven Kombinationstherapien werden häufig Thiaziddiuretika eingesetzt. Die mit diesen Wirkstoffen verbundene Kalium-Depletion kann allerdings zu einer Erhöhung des Glucose-Spiegels führen. Die gleichzeitige Gabe eines Kalium-sparenden Diuretikums wie Amilorid könnte sich günstig auf die Glucose-Spiegel auswirken. Diese Hypothese wurde in der Pathway-3-Studie untersucht, deren Durchführung von der British Heart Foundation und vom britischen National Institute for Health Research unterstützt wurde.
Das Pathway-Projekt der britischen Hypertoniegesellschaft
Die British Hypertension Society konzipierte drei praxisbezogene Studien zur Verbesserung der medikamentösen Behandlung von Hypertonikern mit dem Ziel einer rationalen Therapieentscheidung. Im Vordergrund steht dabei die Alltagsrelevanz der Pharmakotherapie, die mit bewährten Wirkstoffen erfolgt. Die einzelnen Studien befassen sich mit drei praxisrelevanten Fragen:
- Pathway-1 vergleicht bei der Initialbehandlung eine Monotherapie mit einer Kombinationstherapie.
- Pathway-2 suchte nach der optimalen Therapie bei resistenter Hypertonie. Die Ergebnisse dieser Studie sind bereits veröffentlicht. In Vierfach-Kombinationen zur Behandlung der therapieresistenten Hypertonie erwies sich Spironolacton im Vergleich zu Doxazosin und Bisoprolol als das beste Add-on (s. auch DAZ 2015, Nr. 42, S. 32).
- Pathway-3 zeigte, dass eine Kombination aus Hydrochlorothiazid und Amilorid eine effektive Blutdrucksenkung ohne Veränderung der Kalium- und Glucose-Spiegel ermöglicht.
An der Studie nahmen 441 Hypertoniker teil, die mindestens eine weitere Manifestation eines metabolischen
Syndroms, allerdings keinen Diabetes, aufwiesen. Die aktuelle antihypertensive Therapie der Teilnehmer enthielt kein Diuretikum und war nicht in der Lage, den systolischen Druck unter 130 mmHg zu senken.
Die Probanden wurden in drei Gruppen randomisiert und erhielten zusätzlich zu ihren bisherigen Antihypertensiva täglich entweder 25 mg Hydrochlorothiazid, 10 mg Amilorid oder beides zusammen in jeweils halber Dosis (12,5 mg Hydrochlorothiazid und 5 mg Amilorid). Nach drei Monaten wurde in allen Gruppen die Dosis verdoppelt. Der primäre Endpunkt war die Veränderung der Blutglucose-Konzentration beim oralen Glucosetoleranz-Test (oGTT) nach drei und sechs Monaten im Vergleich zum Ausgangswert. Sekundärer Endpunkt war der systolische Blutdruck nach drei und sechs Monaten.
Stoffwechselneutrale Blutdrucksenkung
Unter der hochdosierten Hydrochlorothiazidtherapie kam es erwartungsgemäß zu einer Verschlechterung der Glucosetoleranz, die sich in einem Anstieg des oGTT-Wertes zeigte. Bei der Behandlung mit der Kombination aus Hydrochlorothiazid und Amilorid wie auch unter der Amilorid-Monotherapie jedoch fiel der oGTT-Wert statistisch signifikant ab, was eine Verbesserung der Glucose-Toleranz anzeigte. Die Blutdrucksenkung unterschied sich in der Amilorid- und in der Hydrochlorothiazid-Gruppe nicht wesentlich und lag bei rund 14 mmHg. Die niedrig dosierte Kombinationstherapie war mit einer Reduktion um rund 18 mmHg am wirksamsten. Das Serum-Kalium stieg unter der Therapie mit Amilorid an, während es unter einer Hydrochlorothiazid-Therapie abfiel und unter der Kombinationstherapie konstant blieb.
Oraler Glucosetoleranz-Test
Mit einem oralen Glucosetoleranz-Test (oGTT) lassen sich Störungen der Glucose-Verwertung feststellen. Nach einer Nüchternperiode von mindestens zehn und maximal 16 Stunden nimmt der Patient morgens innerhalb von fünf Minuten 75 g Glucose in Form einer Trinklösung zu sich. Direkt vorher und zwei Stunden danach wird die Glucose-Konzentration im Kapillarblut gemessen. Eine gestörte Glucose-Toleranz liegt vor, wenn der Wert
- nüchtern unter 120 mg/dl und
- nach zwei Stunden zwischen 140 bis 200 mg/dl liegt.
Bei Magenentleerungsstörungen bzw. Zuständen nach Operationen am oberen Gastrointestinaltrakt, Leberzirrhose, hormonell aktiven Tumoren des Nebennierenmarks (Phäochromozytom) oder Somatotropin-bildenden Hypophysentumoren kann das Testergebnis verfälscht sein.
Quelle: Der orale Glucosetoleranztest (OGTT). www.uniklinik-ulm.de
Mögliche Konsequenzen
Thiazide bewirken eine effektive Blutdrucksenkung, sind aber mit diabetogenen Begleiterscheinungen behaftet, die sich langfristig möglicherweise auf die kardiale und kardiovaskuläre Morbidität auswirken können. Daher führen einige Leitlinien zur Blutdrucksenkung Thiazide nicht mehr als Mittel der ersten Wahl auf. Eine Möglichkeit, die unerwünschten Wirkungen von Thiaziden abzuschwächen und die erwünschten beizubehalten, wurde in der Pathway-3-Studie erfolgreich getestet. Ein Kommentator dieser Studie sieht in der niedrig dosierten Gabe von Hydrochlorothiazid und Amilorid eine geeignete Möglichkeit zur stoffwechselneutralen Blutdrucksenkung. Diese muss allerdings noch weiter bestätigt werden. So fehlen derzeit Belege dafür, dass ein durch Thiazide verursachter Diabetes die gleichen schädlichen kardiovaskulären Wirkungen hat wie ein Diabetes, der sich aufgrund anderer Ursachen entwickelt hat. |
Quelle
Brown M et al. Effect of amiloride, or amiloride plus hydrochlorothiazide, versus hydrochlorothiazide on glucose tolerance and blood pressure (PATHWAY-3). Lancet Diabetes Endocrin 2015, online veröffentlicht 19. Oktober 2015
Mancia G. Preventing new-onset diabetes in thiazide-treated patients. Lancet Diabetes Endocrin 2015, online veröffentlicht 19. Oktober 2015
Informationen zum Pathway-Project der British Hypertension Society (Stand 21. September 2015): www.bhsoc.org
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