Prisma

Bei Blaulicht: Herzschlag normal

Optogenetik gegen plötzlichen Herztod

cae | Der lichtgesteuerte Ionenkanal einer Grünalge lässt sich gentechnisch in die Zellen tierischer Organe einbauen. Dort lässt er sich – wie in der Alge – mit Licht stimulieren, worauf er die Funktionen des jeweiligen Organs verändert. Tierversuche zeigten, dass er bei Kammerflimmern das Herz depolarisieren und einen plötzlichen Herztod verhindern kann.
Grafik: 7activestudio – Fotolia.com
Ein Protein der einzelligen Grünalge Chlamydomonas könnte ein wesentlicher Bestandteil einer künftigen Prophylaxe von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen werden.

Implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) stellen derzeit das beste Mittel dar, um Patienten mit ventrikulären Arrhythmien sicher zu behandeln. Der ICD erkennt die Herzrhythmusstörung und beendet sie durch einen Stromstoß. Diese oft lebensrettende Aktion ist allerdings schmerzhaft, und deshalb wäre ein alternatives Verfahren, das sicher und schmerfrei ist, hochwillkommen. Physiologen der Universität Bonn forschen mit Tierversuchen für dieses Ziel, indem sie die Optogenetik zu Hilfe nehmen.

Die Optogenetik experimentiert seit einigen Jahren mit dem Ionenkanal Channelrhodopsin 2 (ChR2) aus der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii, die als Werkzeug der Gentechnik an Bedeutung gewinnt. Einerseits ist sie als gentechnisch manipulierbares Produktionsmittel von Proteinen entdeckt worden und könnte künftig auch kommerziell zum Einsatz kommen (s. DAZ 2016, Nr. 8, S. 6). Andererseits besitzt sie verschiedene Proteine, die Ionenkanäle bilden. Sie wurden bisher vor allem in Neuronen eingebaut, wo sie durch die kurzfristige Bestrahlung mit Licht bestimmter Wellenlängen Kat- oder Anionen einströmen lassen und so das Aktionspotenzial der Zelle ändern: Sie schalten die Zelle ein oder aus (s. DAZ 2015, Nr. 23, S. 6).

Diese Photostimulation haben die Bonner Forscher jetzt erfolgreich bei Mäusen mit ventrikulären Arrhythmien getestet, in deren Kardiozyten sie durch virale Transfektion das Gen für ChR2 eingeschleust hatten. In den meisten Herzmuskelzellen wurde das Gen auch exprimiert, denn innerhalb von vier bis acht Wochen danach reagierte über die Hälfte der Zellen auf den Lichtreiz. Durch sehr kurze Impulse (1 – 10 ms) mit blauem Licht (470 nm) formierten sich die ChR2 in der Zellmembran zu offenen Ionenkanälen, sodass Kationen in die meisten Zellen eindringen und entsprechende Aktionspotenziale bilden konnten, die dann zu einer „geordneten“ Kontraktion des Herzmuskels führten und das Kammerflimmern sofort beendeten. Noch nach einem Jahr reagierten die Mäuse auf die Lichtimpulse.

Sollte diese Technik beim Menschen zur Anwendung kommen, müsste ihm eine Lichtquelle über dem Herzen transplantiert werden. Dieser Aufwand dürfte die Aussicht auf eine schmerzfreie Defibrillation wohl nicht aufwiegen. |

Quelle

Bruegmann T, et al. Optogenetic defibrillation terminates ventricular arrhythmia in mouse hearts and human simulations. J Clin Invest; Epub 112.9.2016

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