Foto: DAZ/Schelbert

Apothekertag

Das Drehbuch für die Hauptversammlung

Die Anträge zum Deutschen Apothekertag 2016 in München

Nur 33 Anträge wurden in diesem Jahr an die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker gestellt. Im vergangenen Jahr wurden auf dem Deutschen Apothekertag mehr als doppelt so viele Anträge behandelt. Besonders auffallend: Nur zwei Anträge befassen sich mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Apotheken. |  Von Benjamin Wessinger

Am 12. Oktober beginnt einer der Höhepunkte des standespolitischen Jahreslaufs: der Deutsche Apothekertag mit der Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker. Neben Grußworten von und Diskussionen mit Gesundheitspolitikern – in diesem Jahr hat sich auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) angekündigt – beschäftigen sich die Delegierten der 34 ABDA-Mitgliedsorganisationen vor allem mit der Beratung der Anträge. Inzwischen wurden die fristgerecht eingegangenen Anträge an die Mitgliedsorganisationen verteilt.

Kein Antrag zum Honorar oder zum EuGH

Dabei fallen neben der kleinen Zahl der Anträge zwei „Lücken“ in diesem Jahr besonders auf. Erstens: Es gibt keinen Antrag, der explizit eine Erhöhung der Apothekerhonorare fordert. Es gibt nur einen Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands zur Sicherstellung der Versorgung, der ganz allgemein „verlässliche Rahmenbedingungen“ und „ökonomische Planungssicherheit“ fordert. Die zweite „Lücke“ ist das Verfahren um die europarechtliche Zulässigkeit des grenzüberschreitenden Boni-Verbots. Das Schlussplädoyer des EuGH-Generalanwalts hat sich nicht in Anträgen niedergeschlagen. Wenn das Urteil vor dem Apothekertag gesprochen wird, was zwar allgemein erwartet aber keineswegs sicher ist, und die Preisbindung für ausländische Apotheken in Deutschland für unzulässig erklärt werden sollte, so ist wohl mit Adhoc-Anträgen auf dem Apothekertag zu rechnen (s. auch Kasten „Wie kommen die Anträge zustande?“).

Wie kommen die Anträge zustande?

Antragsberechtigt auf der Hauptversammlung sind alle Mitgliedsorganisationen der ABDA, die ABDA-Mitgliederversammlung sowie der Geschäftsführende Vorstand. Daneben dürfen auch Gruppen von mindestens fünf Delegierten Anträge stellen. Die Anträge müssen bis 14 Tage nach Veröffentlichung der Tagesordnung gestellt werden.

Nach dieser Frist sind nur noch sogenannte Adhoc-Anträge möglich. Diese können laut der Geschäftsordnung der Hauptversammlung gestellt werden bei „besonderer Dringlichkeit“, wenn die Hauptversammlung dem mit 3/4-Mehrheit zustimmt. Anträge, die sich aus der Diskussion der Hauptversammlung ergeben, können jederzeit vom Geschäftsführenden Vorstand, einer Mitgliedsorganisation oder mindestens zehn Delegierten eingebracht werden.

Die Anträge im Einzelnen

Das Antragsbuch ist wie in den letzten Jahren immer in fünf Kapitel gegliedert, die in der Rgel auch der Reihe nach „abgearbeitet“ werden. Dabei werden die Anträge von der Sitzungsleitung verlesen, dann hat der Antragsteller die Möglichkeit, seinen Antrag zu begründen. Anschließend wird der Antrag diskutiert, falls es Wortmeldungen gibt. Letzten Endes wird über den Antrag abgestimmt, wobei er angenommen, abgelehnt oder zur weiteren Bearbeitung in einen Ausschuss verwiesen werden kann. Hin und wieder wird ein Antrag auch von den Antragstellern zurückgezogen oder die Hauptversammlung beschließt, ohne Abstimmung zum nächsten Antrag überzugehen.

Kapitel Eins: Pharmazeutische Kompetenz

Beginnen wird die Antragsberatung wohl auch in diesem Jahr mit dem Kapitel Eins des Antragshefts – „Pharmazeutische Kompetenz“. Acht Anträge finden sich zu diesem Themenblock, darunter vier Leitanträge, die jeweils zwei Anträge zusammenfassen.

Der Medikationsplan und seine Folgen

Der erste dieser Leitanträge, der auf den geschäftsführenden ABDA-Vorstand und auf die Landesapothekerkammer Hessen zurückgeht, stellt die Forderung, der Gesetzgeber und die Bundesregierung sollten die Kompetenzen der Apotheker beim Medikationsplan besser nutzen und insbesondere bei der Einführung des elektronischen Medikationsplans (eMP) Sorge dafür tragen, „dass Arzt und Apotheker gleichberechtigte Partner beim Erstellen und Aktualisieren des patientenindividuellen Medikationsplans sind“. Der Apothekertag soll sich dafür aussprechen, Medikationsanalysen und Medikationsmanagement als „eines der inhaltlichen Hauptziele des Berufsstands für die Zukunft verstärkt voranzutreiben“ mit dem Ziel, diese pharmazeutischen Leistungen als Regelleistungen für bestimmte Patientengruppen zu verankern. Dabei sollen auch „weitergehende Implementierungsstrategien, ein entsprechendes Honorierungsmodell, Strategien für die politische Einbettung sowie eine mit der Telematikinfrastruktur kompatible IT-Infrastruktur“ entwickelt werden.

Die Apothekerkammer Berlin möchte, dass die Hauptversammlung den Anspruch auf einen Medikationsplan begrüßt, fordert jedoch eine Begleiterhebung der Erstellung in den Praxen und der Fortschreibung durch Apotheken. Das Geld dafür soll der Gesetzgeber bereitstellen. Die weitere Ausgestaltung des E-Health-Gesetzes, in dem der Medikationsplan verankert ist, und die Honorierung sollen dann auf der Grundlage dieser Erhebung entwickelt werden.

Anregungen aus Berlin

Die Berliner Kammer stellt den Antrag, die Hauptversammlung möge „anregen“, dass Bundesgesundheitsministerium (BMG) und Krankenkassen die Apotheker stärker in die Aufklärungs- und Präventionsarbeit einbeziehen. Immerhin suche ein Großteil der Bevölkerung bei ersten Anzeichen von Unwohlsein zuerst eine Apotheke auf, heißt es zur Begründung.

Ebenfalls anregen möchten die Berliner, dass sich das BMG mit dem Verbraucherschutzministerium, der Bundesärztekammer und der ABDA auf eine gemeinsame Aktion verständige, „die den Nutzen und das Risiko von Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere in der Selbstmedikation, verstärkt in den Mittelpunkt stellt“.

Die Umsetzung der Analgetika-Warnhinweis-Verordnung möchte der Apothekerverband Nordrhein verhindern. Der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber solle von den Plänen Abstand nehmen, einen Warnhinweis auf die Packung zu drucken. Wirkungsvoller sei eine Begrenzung der Packungsgrößen auf die zeitlich begrenzte Anwendungsdauer, für welche die Analgetika verschreibungsfrei zugelassen sind.

Abb. 1: Welche Organisationen stellen Anträge? Anzahl der gestellten Anträge pro Mitgliedsorganisation bzw. ABDA-Organ.

Studentische Anträge

Nachdem es in den vergangenen Monaten sehr still um die im Zuge der Leitbild-Diskussion immer wieder angemahnte Modernisierung des Pharmaziestudiums geworden war, befassen sich nun gleich drei Leitanträge mit Themen der Apotheker-Ausbildung. Diese sind allerdings auf Initiative des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland BPhD zustande gekommen. Da die Studenten kein eigenes Antragsrecht auf dem Apothekertag genießen, haben sie Mitgliedsorganisationen gesucht, die die Anträge einbringen – und in den Kammern Westfalen-Lippe, Niedersachsen, Sachsen und Hessen gefunden. Je zwei von ihnen haben die folgenden drei Anträge gemeinsam eingebracht:

Der BPhD möchte, dass die Studieninhalte evaluiert und ihre Umsetzung optimiert werden. Dazu soll „die Bundesapothekerkammer gemeinsam mit der Hochschulprofessorenkonferenz und/oder der Kultusministerkonferenz eine ständige Arbeitsgruppe“ initiieren. Es sei wichtig, die Studieninhalte im Hinblick auf „zeitliche und inhaltliche Relevanz“ schnell anpassen zu können, um eine gute und von Standort zu Standort vergleichbare Ausbildung der angehenden Apotheker zu gewährleisten.

Eine weitere Arbeitsgruppe soll die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Lehre fördern und als „festen Bestandteil sowohl an der Universität als auch im praktischen Jahr in die pharmazeutische und medizinische Ausbildung“ implementieren. Zusammensetzen soll sich die Gruppe aus Vertretern der Hochschullehrer, der Bundeskammern und der Studierendenverbände jeweils beider Disziplinen, der Pharmazie und der Medizin. Durch verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit schon im Studium sollen Kenntnisse über die Kompetenzen des jeweils anderen Heilberufs gestärkt und so Vorurteile abgebaut werden. Kommunikation werde trainiert, die Zuständigkeiten geklärt. Durch gemeinsame patientenzentrierte Arbeit könne sich letztlich ein Gesundheitsteam bilden, in dem einzig der Patient im Mittelpunkt stehe, heißt es in der Begründung des Antrags.

Der dritte Antrag fordert verbesserte Rahmenbedingungen für Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) und eine strukturierte Ausbildung für das Praktische Jahr. Dazu soll ein flächendeckendes Verbesserungskonzept ausgearbeitet werden, um die Qualität der Ausbildung anzugleichen. Insbesondere sollen der Leitfaden der Bundesapothekerkammer für den dritten Ausbildungsabschnitt und die Erstellung eines Ausbildungsplans verpflichtend werden.

Abb. 2: Welche Anträge werden gestellt? Verteilung der Anträge auf die Themengebiete

Kapitel Zwei: Sicherstellung der Versorgung

Der Geschäftsführende ABDA-Vorstand fordert in seinem Antrag „Planungssicherheit schaffen – Arzneimittelversorgung sichern“ verlässliche Rahmenbedingungen für den Berufsstand, um die „erheblichen Herausforderungen“ meistern zu können, vor denen der Berufsstand steht. Deswegen soll der Gesetzgeber „die freiberuflich erbrachte, qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung“ sichern, indem er „ordnungspolitische, ökonomische und fachliche Planungssicherheit“ fördert. Ein wesentlicher Grund für die nachlassende Bereitschaft, sich als Apotheker niederzulassen, liege in der wachsenden Unsicherheit über die Rahmenbedingungen der Berufsausübung, heißt es in der Begründung. Die EU ziehe die bewährte Organisation des Apothekenwesens in Zweifel, vor allem aber seien die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht kalkulierbar, weil es an einem Rechtsanspruch auf turnusmäßige Überprüfung des Honorars fehle. Die Apotheken bräuchten verlässliche ordnungspolitische, klare ökonomische und sinnvolle fachliche Rahmenbedingungen, um die Herausforderungen von morgen annehmen zu können. Dazu gehöre ein klares Bekenntnis zum Fortbestand der Freiberuflichkeit, die regelmäßige Überprüfung der Vergütung mit einer verlässlichen Berechnungsmethode sowie eine konsequentere Einbindung der Apotheken in die Betreuung von Patienten im Rahmen eines heilberuflichen Netzwerks.

Eine Sicherung der dezentral organisierten Versorgung fordert die Apothekerkammer Berlin. „Dies dient der Versorgungssicherheit“, heißt es zur Begründung knapp. In einem weiteren Antrag fordern die Berliner, die „Einheit von Logistik und kognitiven pharmazeutischen Leistungen“ zu er­halten. Geschäftsmodelle, „in denen Dritte lediglich als ‚Vermittler‘ bzw. PBM (pharmaceutical benefit manager) zwischen Patienten und Apotheke tätig werden“ gelte es zu unterbinden.

Zuzahlungspflichtige Rabatt-Präparate

Ein ewiges Ärgernis in der täglichen Umsetzung der Rabattverträge wollen Kammer und Verband Westfalen-Lippe gemeinsam beenden: Krankenkassen sollen verpflichtet werden, ihre Versicherten von der Zuzahlung für Rabattvertrags-Arzneimittel zu entbinden, wenn zuzahlungsfreie Alternativen zur Verfügung stehen. Der Zwang zur Abgabe eines zuzahlungspflichtigen Arzneimittels trotz einer zuzahlungsfreien Alternative verstärke die „ohnehin vielfach auftretenden Akzeptanzprobleme“ und sei ein häufiger Diskussionspunkt mit den Patienten. Außerdem widerspreche die heutige Regelung dem Solidargedanken, da zulasten Einzelner Einsparungen für alle Mitglieder erzielt würden.

Der Hessische Apothekerverband (HAV) adressiert ein weiteres alltägliches Ärgernis: die Packungsgrößenverordnung. Diese solle schnellstmöglich durch eine „sinnvollere und praktikablere“ Lösung ersetzt werden. Das könne beispielsweise durch die Stückzahlverordnung unter Beibehaltung des Verbots der „Jumbo-Packungen“ geschehen, schlägt der HAV vor. Die heutige Regelung sei bürokratisch, verwirre Ärzte wie Apotheker und verhindere klare und verbindliche Regelungen zur korrekten Abgabe. Das ursprüngliche Ziel der Verordnung, Transparenz und verbindliche Normen, werde nicht erreicht. Der Apotheker müsse oft den Willen des Verordners ignorieren. „Industrie, Ärzte und Apotheker sind sich einig, dass eine Verordnung nach Stückzahl bei gleichbleibenden Packungsgrößen eine wesentliche Erleichterung wäre“, schreibt der HAV.

Wer ist Delegierter?

Wer fährt eigentlich als Delegierter zum Apothekertag? Wie wird man dazu gewählt bzw. bestimmt? Und wie viele Stimmen hat jede Mitgliedsorganisation? In der DAZ 2016, Nr. 28, S. 22, finden Sie dazu eine Übersicht: „Wer sitzt denn da?“

Ausschreibungen abschaffen, Verträge vereinheitlichen

Ausschreibungen in der ambulanten Arzneimittelversorgung sollen nach dem Willen des Hessischen Apothekerverbands ebenfalls abgeschafft werden. Es gelte das Recht der Patienten auf freie Wahl des Arztes und der Apotheke zu schützen, die flächendeckende Arzneimittelversorgung zu sichern, eine „Atomisierung“ der Versorgung zu verhindern, Oligopolisierungen vorzubeugen sowie attraktive Tätigkeitsbereiche für die öffentliche Apotheke zu erhalten, genauso wie die Innovations- und Investitionsbereitschaft.

Die Berliner Kammer ist ebenfalls gegen die heutige Form der Ausschreibungen in der Zytostatika-Versorgung. Dies müsse heilberuflich gestaltet werden, die Leistungen seien entsprechend zu vergüten. Die Preise der Ausgangsstoffe sollen die Krankenkassen nach Vorstellungen der Kammer direkt mit den Herstellern vereinbaren, „vergleichbar mit den Rabattverträgen“. Industrielle Strukturen seien in der patientenindividuellen Zytostatikaversorgung abzulehnen.

Dem Apothekerverband Schleswig-Holstein macht Sorgen, dass die Verträge, die die Krankenkassen mit unterschiedlichen Leistungserbringern schließen, in sich widersprüchlich sind. Die Praxis zeige, dass die Verträge mit der einen Gruppe Gegenteiliges verlangen wie die Verträge mit der anderen Gruppe. Nicht selten handle es sich dabei „um Verpflichtungen zulasten Dritter, von denen die direkt Betroffenen nichts wissen und an deren Formulierung sie nicht beteiligt wurden“. Der Gesetzgeber solle die Verpflichtung der Krankenkassen, solche Widersprüche zu vermeiden bzw. zu beseitigen, im § 2 SGB V verdeutlichen.

Kritik an „Kontingent-Produkten“

Eine Einschränkung solcher Arzneimittel-Vertriebswege, die den Großhandel umgehen, fordert die Sächsische Landesapothekerkammer. Die Versorgung der Apotheken mit Arzneimitteln soll zukünftig „in der Regel ‚zweistufig‘“ geschehen, „ausgehend vom pharmazeutischen Unternehmer über den Großhandel“. Die Lieferfähigkeit des pharmazeutischen Großhandels müsse möglichst umfassend sichergestellt werden. Das Vorgehen einiger Hersteller, Großhändler nur noch kontingentiert mit Arzneimitteln zu beliefern, gefährde die gesetzliche Pflicht sowohl der Großhändler wie der Hersteller, Arzneimittel so bereitzustellen, „dass der Bedarf von Patienten angemessen und kontinuierlich gedeckt ist“, heißt es in der Antragsbegründung.

Andere Vertriebsstrukturen als der Weg Hersteller – Großhändler – Apotheke gefährde die Versorgungssicherheit, heißt es weiter. Der „Direktbezug“ der Apotheke könne nur eine Ausnahme von diesem „klassischen Bezugsweg“ darstellen. Es entstehe jedoch der Eindruck, „dass durch koordinierte Angebote der Direktbezug vom pharmazeutischen Unternehmer immer weiter ausgedehnt werden soll“. Das gefährde die kurzfristige und umfassende Arzneimittelversorgung der Apotheken durch den Großhandel. Angesichts der Lieferengpässe seien diese Bestrebungen „vollkommen kontraproduktiv“.

Nicht nur im Arzneimittelmarkt greift der Direktvertrieb um sich, auch bei Medizinprodukten wie Geräten führt er zur Verärgerung. Der Apothekerverband Nordrhein fordert, den Herstellern von Blutzuckermessgeräten zu untersagen, ihre Produkte ausschließlich direkt an Patienten zu vertreiben. Es sei insbesondere aus Gründen der Notfallversorgung und der Beratung der Patienten nicht hinnehmbar, dass manche Geräte nicht in der Apotheke erhältlich sind.

Abb. 3: Verband oder Kammer? Verteilung der Anträge auf ­ABDA-Vorstand, Apothekerkammern, Apothekerverbände und Delegiertengruppen

Systematik vereinheitlichen

Die Sächsische Landesapothekerkammer möchte, dass die Angaben zur Wirkstärke im Namen von Arzneimitteln vereinheitlicht werden. Heute verbergen sich „hinter optisch gleichen Wirkstoffstärken im Namen“ oft unterschiedliche „Effektivkonzentrationen im Produkt“, heißt es zur Begründung. Teilweise beziehe sich die Angabe auf das „Basismolekül, teilweise aber auch auf Ester oder Hydrochloride etc.“ Dies könne unter den Belastungen des pharmazeutischen Alltags zu erheblichen Dosierungsfehlern führen.

Hilfsmittelversorgung

Der Verband Nordrhein fordert, die Versorgung mit aufsaugenden Hilfsmitteln wieder auf das System der Festpreise umzustellen. Das derzeitige System, „bei dem sich die Preisspirale nur nach unten dreht“, die Qualitätsanforderungen aber steigen, sei nicht zukunftsfähig. Die Versorgung zu den heute teilweise üblichen Pauschalpreisen sei nicht auskömmlich für die Apotheken. Gleichzeitig seien sie in manchen Regionen die letzten verbliebenen Lieferanten, da andere Leistungserbringer sich aus der Versorgung verabschiedet hätten. „Man könnte derzeit schon meinen, dass manche Krankenkassen gezielt niedrige Konditionen vereinbaren, damit die Versicherten mit Beschwerden im Kontinenzbereich, die in der Regel teuer für die Krankenkassen sind, sich eine andere Versicherung suchen“, vermutet der AVNR.

Kapitel Drei: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

In diesem Kapitel gibt es in diesem Jahr nur zwei Anträge: Einen des Apothekerverbands Nordrhein, insbesondere bei hochpreisigen Arzneimitteln eine direkte Kostenübernahme von privaten Krankenversicherungen zu schaffen, um das Finanzierungsrisiko der Apotheken zu reduzieren, sowie einen Leitantrag, die gesetzliche Grundlage für Verträge mit den gesetzlichen Krankenkassen über pharmazeutische Dienstleistungen zu schaffen. Dieser Leitantrag fasst Anträge der Verbände Nordrhein und Hessen zusammen. In den letzten Monaten war klar geworden, dass ausgerechnet für die vertragliche Ausgestaltung und Vergütung der im Zuge des Perspektivpapiers zum Zukunftsprojekt ausgerufenen pharmazeutischen Dienstleistungen die gesetzliche Grundlage fehlt. So wurde in Bayern ein Vertrag zur Schwangerenberatung in der Apotheke von der zuständigen Kassen-Aufsicht wieder einkassiert.

Kapitel Vier: Grundlagen der Berufsausübung

Der geschäftsführende ABDA-Vorstand sowie die Berliner Kammer fordern in einem gemeinsamen Leitantrag alle politischen Entscheidungsträger der EU und der Bundesrepublik auf, sich für die Freiberuflichkeit der Apotheker einzusetzen. Dabei werden die Merkmale der Freiberuflichkeit (hohe berufliche Qualifikation, persönliche und eigenverantwortliche Arbeit, Weisungsunabhängigkeit, Gemeinwohlorientierung, Berufsausübung unter staatlichem wie autonom gesetztem Recht, lebenslange Fortbildung, ständige Fortentwicklung des Berufs) ausdrücklich betont.

Datenbank und Datensammeln

Die Apothekerkammer Hamburg möchte, dass in die ABDA-Datenbank andere „externe Datenbanken“ integriert werden. Dazu sollen die technischen Voraussetzungen und der finanzielle Aufwand geprüft werden. Ziel des Antrag ist, die ABDA-Datenbank zur „verlässlichsten Datenbank im deutschsprachigen Raum“ zu machen. Außerdem sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, die Datenbank auch auf mobilen Geräten zur Verfügung zu stellen, damit Apotheker von überall darauf zugreifen können.

Die Kammer Berlin dagegen möchte, dass Apotheker im Rahmen der Versorgung und der epidemiologischen Forschung alle Patientendaten verarbeiten dürfen – wenn die Patienten zustimmen. Diese Daten müssen auch einem Nachfolger als Apothekenbetreiber übergeben werden dürfen. Gleichzeitig solle aber dem „massenhaften Datensammeln zu nicht heilberuflichen Zwecken durch kommerzielle Anbieter“ entgegengewirkt werden.

Weitere Anträge

Die Kammer Bremen dagegen möchte, dass der Gesetzgeber den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung bzw. Tiermedizin strenger reguliert, die Kammer Berlin fordert von den zuständigen Ministerien eine Risikoanalyse der Auswirkungen der geplanten Freihandelsabkommen CETA und TTIP auf das Gesundheitswesen.

Was passiert mit den Anträgen?

Über das „Schicksal“ der angenommenen und der in den Ausschuss verwiesenen Anträge informiert die ABDA die Landesapothekerkammern und -verbände im Rahmen der ABDA-Mitgliederversammlungen. Diesen bleibt überlassen, wie sie ihre Mitglieder, also die Apothekerinnen und Apotheker, darüber in Kenntnis setzen.

Über das „Schicksal“ der DAT-Anträge von 2015 haben wir in der DAZ 2016, Nr. 25, S. 20, berichtet: „Wo sind sie geblieben?“.

Kapitel Fünf: Berufsständische Organisation

Dauerbrenner auf dem Apothekertag ist neben der Honorierung auch die Öffentlichkeitsarbeit der Standesorganisationen, vor allem der ABDA. In diesem Jahr fordert die Apothekerkammer Westfalen-Lippe eine grundlegende Umstrukturierung der Öffentlichkeitsarbeit der Apotheker. Dabei sollen sich die Bundesapothekerkammer und die Landeskammern verstärkt der „qualitativ-pharmazeutischen“ Inhalte annehmen und für die Qualität und die Angebote der Apotheker werben. Die wirtschaftlichen Themen, deren „eigentlicher Adressat (…) weniger die breite Öffentlichkeit denn die politischen Entscheidungsträger“ sein sollten, sollen vom Deutschen Apothekerverband und den Landesapothekerverbänden kommuniziert werden. Heute träten vor allem die Honorarforderungen der Apotheker in den Vordergrund – „vielfach auch durch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der ABDA e. V. und ihrer Mitgliedsorganisationen evoziert“, heißt es in der Begründung des Antrags. Dazu kämen „Negativthemen“, die aus dem Berufsstand heraus besetzt werden.

Darum, auf diesem Gebiet Geld zu sparen, geht es den Antragstellern offenbar nicht. Die Begründung endet mit der Feststellung, dass die Stabsstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Berlin gegegebenfalls mit weiteren Ressourcen auszustatten sei, um die Ausweitung der ABDA-Imagekampagne auf die klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu koordinieren.

Die Apothekerkammer Hamburg dagegen fordert, dass die ABDA verstärkt auf Veranstaltungen im Gesundheitsbereich Präsenz zeigen solle. Der Antrag nennt beispielhaft den „Hauptstadtkongress“, die Jahrestagung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit und Pflegekongresse. Hier sei eine regelmäßige, deutlich wahrnehmbare Präsenz erforderlich.

Bearbeitung der Anträge

Die Landesapothekerkammer Thüringen macht einen weiteren Anlauf, mehr Transparenz und Übersicht in den Bearbeitungsstand der in einen Ausschuss verwiesenen Apothekertagsanträge zu bringen. Innerhalb von drei Jahren soll eine entsprechende Datenbank eingerichtet werden. Bereits vorher sollen die Antragsteller in die Bearbeitung bzw. Umsetzung ihrer Anträge eingebunden werden, etwa indem sie zu den entsprechenden Ausschusssitzungen eingeladen werden. Außerdem soll der Antragsteller informiert werden, wenn sein Antrag als „praktisch erledigt betrachtet“ wird, damit er dazu Stellung nehmen kann. Ein ähnlicher Antrag des Hessischen Apothekerverbands war im vergangenen Jahr mit zwei Stimmen Mehrheit abgelehnt worden. Die Einbindung der Antragsteller in die Bearbeitung sei aber ein „wichtiges Element verantwortlicher Demokratie“, heißt es in der aktuellen Antragsbegründung aus Thüringen.

Nur zwei Anträge kommen dieses Jahr von einer Gruppe von Delegierten und nicht von einer Mitgliedsorganisation: Fünf Delegierte fordern gemeinsam zum Einen die Bildung eines Delegiertenbeirats aus 20 Apothekertagsdelegierten, der u. a. die Umsetzung der Beschlüsse verfolgt, an der ABDA-Mitgliederversammlung und den ABDA-Vorstandstreffen teilnimmt, um der Hauptversammlung im darauffolgenden Jahr zu berichten. Zur Begründung heißt es, der Einfluss der Hauptversammlung, deren Beschlüsse für das Handeln der ABDA und ihrer Organe verpflichtend seien, solle nicht nur auf drei Tage im Jahr beschränkt sein.

Zum anderen fordert die Gruppe, die ABDA-Mitgliedsorganisationen „in die Aufgabenverteilung und -zuordnung innerhalb der ABDA-Organisation“ einzubeziehen und ihnen einzelne Themen bzw. Projekte zu übertragen. Dazu solle ein „ABDA-Geschäftsverteilungsplan“ festgelegt werden. Eine solche Übertragung bestimmter Aufgaben auf eine Landeskammer oder einen Verband könne die föderalen Ressourcen besser nutzen und so Beitragsgelder einsparen, so die Begründung. |

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