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Politik

Wer sitzt denn da?

Die Delegierten der Hauptversammlung des Deutschen Apothekertages

Von Thomas Müller-Bohn | Die Hauptversammlung beim Deutschen Apothekertag gilt als zentrales Ereignis im berufspolitischen Jahreslauf der Apotheker. Auch wenn das Gremium keine personellen oder finanziellen Entscheidungen treffen darf, gelten die dortigen Diskussionen als wichtige Orientierung für die Berufspolitik. Doch wer sind eigentlich die Delegierten in dieser Hauptversammlung? Die Stimmenverteilung zwischen den Bundesländern ist klar geregelt, aber die Auswahl der Delegierten liegt bei den ABDA-Mitgliedsorganisationen. Für diese einfache Aufgabe gibt es erstaunlich viele Varianten, wie eine Analyse zeigt.

Gemäß § 4 Absatz 4 der ABDA-Satzung kann jedes Bundesland (bzw. jeder Kammerbezirk in Nordrhein-Westfalen) einen Delegierten für jeweils 200 Apothekerinnen oder Apotheker im Land entsenden. Angebrochene 200 Apotheker zählen voll, sofern 100 überschritten werden. Stichtag für die Zählung ist der 1. Januar jedes Jahres. Außerdem sieht die ABDA-Satzung vor, dass die Hälfte der Kammer­delegierten nicht-selbstständige Apotheker sein „sollen“ (s. auch den Kasten „Aus der Satzung der ABDA“).

Aus der Satzung der ABDA – Bundes­vereinigung Deutscher Apothekerverbände

§ 4

(1) Die Hauptversammlung dient der berufspolitischen Willensbildung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker.

(2) Beschlüsse der Hauptversammlung sind für das Handeln der Bundesvereinigung und ihrer Organe verpflichtend, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliederversammlung nach § 3 Abs. 2 gegeben ist.

(3) An jedem Deutschen Apothekertag findet eine Hauptversammlung statt. Die Einberufung und Leitung der Hauptversammlung obliegt dem Präsidenten. Die Tagesordnung der Hauptversammlung wird vom Gesamtvorstand aufgestellt.

(4) Die Beschlussfassung obliegt den Delegierten, die von den Mitgliedsorganisationen in eigener Zuständigkeit bestellt werden. Auf 200 Apothekerinnen und Apotheker jedes Kammerbezirks entfällt ein Delegierter. Angebrochene 200 zählen als volle 200, wenn die Zahl 100 überschritten wird. Stichtag für die Stimmberechtigung ist der 1. Januar eines jeden Jahres. Die Hälfte der Delegierten der Apothekerkammern sollen Apothekerinnen und Apotheker sein, die ihren Beruf in nichtselbständiger Stellung ausüben.

(5) Soweit die Mitgliedsorganisationen eines Kammerbezirks über die Aufteilung der auf den Kammerbezirk entfallenden Delegiertenstimmen keine einvernehmliche Regelung treffen, erfolgt die Aufteilung nach der Relation ihrer Stimmenzahlen in der Bundesapothekerkammer bzw. im Deutschen Apothekerverband e. V. entsprechend § 11 Abs. 4 S. 3 und 4. Eine Stimmübertragung auf einen anderen Delegierten desselben Kammerbezirks ist zulässig, jedoch kann ein Delegierter nicht mehr als zwei Stimmen vertreten.

(6) Im Rahmen der Hauptversammlung können zu einzelnen Punkten der Tagesordnung mit Ausnahme des Geschäftsberichts Arbeitskreise stattfinden, in denen jede Apothekerin und jeder Apotheker das Wort ergreifen kann.

Kammer versus Verband

Auf ABDA-Ebene ist damit nur die Stimmenzahl für die einzelnen Bundesländer geregelt. Die Apothekerkammer und der Apothekerverband jedes Bundeslandes bzw. Kammerbezirks sind aufgefordert, sich einvernehmlich auf eine Verteilung der Stimmen zu verständigen, die dann auch für die Verteilung der Beiträge gilt. Somit entspricht die Stimmenverteilung meistens der Beitragsverteilung. Die begrenzten Rundungsmöglichkeiten bei geringen Stimmenzahlen und Veränderungen in der Stimmenzahl der Länder können in Einzelfällen zu Abweichungen führen. Für den Fall, dass keine einvernehmliche Regelung erzielt wird, sieht die ­ABDA-Satzung eine Verteilung nach einer relativ komplizierten Regel vor, die auf Satzungsbestimmungen der Bundesapothekerkammer und des Deutschen Apotheker­verbandes zurückgreift.

Im Ergebnis erhalten die Kammern meistens zwischen 60 und 70 Prozent der Stimmen eines Landes bzw. Kammer­bezirks. Im Jahr 2015 wichen nur drei Länder deutlich von dieser Quote ab. In Thüringen erhielt die Kammer nur die Hälfte und in Sachsen-Anhalt fünf von neun Stimmen. Den Ausreißer in umgekehrter Richtung bildet Hessen, weil nur dort die Regelung gemäß ABDA-Satzung greift und diese zu ­einem geringeren Anteil des Verbands führt. Dort nahm in den Jahren 2014 und 2015 die Kammer fast 83 Prozent der Stimmen des Landes (24 von 29) wahr.

Stimmen versus Delegierte

Die Zahl der Stimmen ist allerdings nicht mit der Zahl der Delegierten gleichzusetzen. Denn jeder Delegierte kann bis zu zwei Stimmen abgeben. Um alle Stimmrechte auszunutzen, reicht daher die Hälfte der maximal möglichen Delegiertenzahl aus. Allerdings können Delegierte kurzfristig ausfallen und erfahrungsgemäß sind nicht alle Delegierten bei jeder Abstimmung anwesend. Die wichtigsten Gründe, nicht die maximal mögliche Delegiertenzahl auszuschöpfen, sind die Kosten und die Verfügbarkeit reisewilliger Interessenten. Eine kleine Delegiertenzahl macht das Abstimmungsverhalten allerdings auch besser kalkulierbar, wenn die wenigen Delegierten sich untereinander gut kennen. Damit bleibt Raum für Spekulationen, ob geringe Delegiertenzahlen aus mangelnden Kandidatenzahlen, Sparsamkeit oder dem Wunsch nach absehbaren Abstimmungsergeb­nissen resultieren.

Die Kammern und Verbände in Bayern und Baden-Württemberg entsandten in den Jahren 2014 und 2015 jeweils weniger als 60 Prozent der möglichen Delegierten. Auch bei den Kammern in Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie beim Verband in Mecklenburg-Vorpommern zeigten sich Trends, die maximale Delegiertenzahl nicht auszuschöpfen. Die Kammer Baden-Württemberg sowie der Verband Bayern schickten in beiden Jahren jeweils sogar weniger als die Hälfte der möglichen Delegierten, sodass offenbar nicht alle Stimmen genutzt wurden. Doch die meisten Organisationen schöpfen ihre maximal mögliche Delegiertenzahl ganz oder fast ganz aus. Die Kammer Sachsen entsendet sogar Ersatzdelegierte, um auch beim Ausfall von Delegierten mit der vollen Zahl von Stimmberechtigten vertreten zu sein.

Detaillierte Delegationsregeln

Insbesondere bei der Kammer Hessen besteht kein Beschluss, die Maximalzahl zu unterschreiten. Nur bei wenigen Organisationen gibt es Mechanismen, die systematisch zu einem solchen Ergebnis führen. So hat sich seit Jahren bei der Kammer Bayern etabliert, die Mitglieder des Kammervorstands und die Sprecher der Ausschüsse als gesetzte Delegierte zu betrachten. Darüber hinaus hat der Präsident seit Jahren jeweils eine bestimmte Zahl weiterer Delegierter vorgeschlagen, die gemessen an der Gesamtstimmenzahl eher knapp bemessen war. Die Kammerversammlung stimmte dieser Zahl jeweils zu und wählte diese Zahl von Delegierten aus einer Kandidatenliste, die üblicherweise mehr Kandidaten umfasst, als Delegierte entsandt werden. Bei der Kammer Baden-Württemberg sind die Vorstandsmitglieder gemäß einem Beschluss der Vertreterversammlung als Delegierte gesetzt. Die übrigen Delegierten werden aus der Vertreterversammlung jedes Jahr gewählt. Dabei nimmt jeder Delegierte zwei Stimmen wahr, sodass die geringe Zahl der Delegierten durch das Verfahren vorgegeben ist.

Bei der Kammer Schleswig-Holstein ist nur der Präsident gemäß der Hauptsatzung als Delegierter gesetzt. Dort diskutiert die Kammerversammlung zunächst über die Zahl der Delegierten und hat dann üblicherweise eine Zahl beschlossen, die deutlich unter dem Maximum, aber über dem halben Maximum lag, damit auch beim Ausfall eines Delegierten keine Stimmen verfielen. Erst danach wird in der Kammerversammlung nach Kandidaten gefragt und über die Kandidaturen abgestimmt. Dabei wird angestrebt, bevorzugt Nicht-Selbstständige zu wählen, weil die Selbstständigen bereits über den Verband repräsentiert sind. Neue Mitglieder der Kammerversammlung, die in die Berufspolitik einsteigen, sind als Kandidaten willkommen. Die weitaus meisten Delegierten sind dort Mitglieder der Kammerversammlung, aber dies ist nicht vorgeschrieben. Anders als in Bayern mit einer bereits zuvor angelegten Kandidatenliste ist bei dem Verfahren in Schleswig-Holstein nicht bekannt, ob sich die festgelegte Delegiertenzahl als begrenzend für mögliche Kandidaten erweisen wird.

Delegierte von Fraktionslisten

Im Gegensatz zu den bisher erwähnten Organisationen führt die Vorgehensweise bei den Kammern Nordrhein, Westfalen-Lippe und Berlin zwangsläufig dazu, dass die maximal mögliche Delegiertenzahl ausgeschöpft wird. Denn dort werden die verfügbaren Stimmen nach den Sitzverhältnissen in den Kammerversammlungen auf die dort bestehenden Fraktionslisten verteilt. Die Fraktionen entscheiden dann jeweils selbst über ihre Delegierten. Damit liegt es bei den Fraktionen, ob sie Vorstandsmitglieder oder Nachwuchsapotheker entsenden und welches Verhältnis zwischen Selbstständigen und Angestellten sie wählen. Die Vorschläge der Fraktionen werden dann jeweils im Konsens von den Kammerversammlungen formell bestätigt.

Kandidaten aus Kammerversammlungen

Obwohl auch die Kammerversammlung in Hessen in einer Listenwahl gebildet wird, prägen dort die Listen nicht die Wahl der Delegierten zum Deutschen Apothekertag, sondern es wird in der ganzen Kammerversammlung nach Kandidaten gefragt. Dann wird abgestimmt. So geht auch die Kammerversammlung in Niedersachsen vor, die nicht über politische Listen gewählt wird. Dabei orientieren sich die Vorschläge auch an dem angestrebten Gleichgewicht zwischen selbstständigen und angestellten Delegierten. In den Jahren 2014 und 2015 haben diese beiden Länder ihre Delegiertenkontingente nicht ganz ausgeschöpft.

Auch in den Kammerversammlungen von Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt wird jeweils nach Kandidaten gefragt und dann über die Kandidaturen abgestimmt. Dabei werden neben Vorstandsmitgliedern meist auch andere Interessierte entsandt. Wegen der geringen Zahl werden die verfügbaren Plätze dieser Länder erfahrungsgemäß ausgenutzt und es gibt meist mehr Interessenten als Plätze.

In Thüringen unterbreitet der Vorstand üblicherweise der Kammerversammlung einen Vorschlag mit Kandidaten. Dabei wird versucht, Delegierte aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen zu entsenden. In den vorigen Jahren war meistens ein Vorstandsmitglied unter den vier Delegierten der Kammer. Auch in Thüringen werden die verfügbaren Plätze ausgenutzt. Da der Präsident und der Geschäftsführer als Nicht-Delegierte zum Deutschen Apothekertag fahren, stehen sie als Ersatzdelegierte zur Verfügung.

Verfahren mit Quoten

Ob bei den bisher beschriebenen Vorgehensweisen Selbstständige und Angestellte in gleicher Zahl entsandt werden, liegt an den vorgeschlagenen Kandidaten oder der Entscheidung der Fraktionslisten. Bei mangelnder Zahl an Kandidaten relativiert sich diese Frage. Dagegen hat sich bei der Kammer Hamburg eine Quote als Schlüssel zur Delegiertenwahl etabliert. Gemäß einem Vorstandsbeschluss entsendet die Kammer zwei Apothekeninhaber, zwei Angestellte aus öffentlichen Apotheken, einen Krankenhausapotheker und einen Apotheker aus Wissenschaft, Industrie oder Verwaltung zum Deutschen Apothekertag. Da die Kammerversammlung in der Hansestadt eine Vollversammlung aller Apotheker ist, wird in dieser Versammlung nach Bewerbern gesucht und dann über die Kandidaturen abgestimmt. Seit vielen Jahren konnten stets Interessenten gefunden werden, mit denen die genannte Quote einzuhalten war. Bei der Kammer Bremen ist der Präsident als Delegierter für den Deutschen Apothekertag gesetzt. Für den zweiten Delegiertenplatz der Kammer Bremen wird in der Kammerversammlung jährlich alternierend ein selbstständiger oder ein angestellter Kandidat gewählt.

Die Kammer Brandenburg wendet eine ähnliche Quote wie in Hamburg an. Sie entsendet einen Apothekeninhaber, drei Angestellte aus öffentlichen Apotheken und einen Krankenhausapotheker. Als Besonderheit in Brandenburg werden dort gezielt Kammermitglieder angesprochen, die sich in der berufspolitischen Diskussion zu einem Thema wie beispielsweise dem Leitbild exponieren. Da die Berufspolitik von der Basis getragen werden soll, sind dies vielfach Einsteiger in die Berufspolitik und weniger Mitglieder der Kammerversammlung. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist der Präsident der Kammer Brandenburg nie als Delegierter tätig.

Die Delegiertenwahl der Kammer Brandenburg kann als Gegenpol zur Vorgehensweise der Kammer Rheinland-Pfalz interpretiert werden. Während die Kammer Brandenburg gezielt auf neue Impulse von Apothekern setzt, die noch kaum in der Berufspolitik tätig sind, vertritt die Kammer Rheinland-Pfalz die Auffassung, dass der Kammervorstand am besten mit den berufspolitischen Themen vertraut ist. Daher ist es bei der Kammer Rheinland-Pfalz langjähriger Brauch, den Kammervorstand und keine weiteren Delegierten zu entsenden. Daher wurden zuletzt nur acht von zehn möglichen Plätzen besetzt. Ähnlich geht die Kammer Saarland vor. Nach Auskunft aus der Kammer sind dort der Präsident und drei weitere Vorstandsmitglieder als Delegierte gesetzt, obwohl die veröffentlichte Statistik zum Deutschen Apothekertag 2015 für das Saarland zwei Delegierte ohne berufspolitische Funktion ausgewiesen hat.

Etablierte oder andere Delegierte

Die Vorgehensweise der Kammern Rheinland-Pfalz und Saarland kann damit als Extremfall eines Konzepts betrachtet werden, das auch die Kammern Bayern und Baden-Württemberg anwenden. In diesen Ländern sind die kompletten Vorstände als Delegierte gesetzt, im Saarland zwangsläufig nur, soweit die geringe Stimmenzahl das erlaubt. Aufgrund der größeren Stimmenzahl von Bayern und Baden-Württemberg müssen dort die Plätze mit weiteren Delegierten „aufgefüllt“ werden, wobei berufspolitisch etablierte Gruppen bevorzugt werden. Die Gemeinsamkeit der vier Länder ist die herausragende Stellung der Kammervorstände unter den Delegierten. In allen anderen Ländern können sich dagegen Mitglieder der Kammervorstände zwar als Delegierte bewerben, haben aber keinen Vorrang vor anderen Kandidaten. Da die Kandidaten meist bei den Sitzungen der Kammerversammlungen gesucht werden, liegt ein großer Anteil von Mitgliedern der Kammerversammlungen unter den Delegierten nahe.

Wie sich diese Verfahren auswirken, zeigt eine Analyse der Delegiertenzusammensetzung des Deutschen Apothekertages 2015. Gemäß der veröffentlichten Statistik waren unter den 209 Delegierten der Apothekerkammern 93 Präsidenten, Vizepräsidenten oder andere Vorstandsmitglieder, 101 weitere Kammerversammlungsmitglieder und nur 13 Delegierte ohne berufspolitische Funktion. Von diesen 13 Delegierten stammten 2 von der Kammer Hamburg, die keine gewählte Kammerversammlung hat, und 3 von der Kammer Brandenburg, die bewusst auf eine „basisdemokratische“ Verteilung setzt. Von allen anderen 15 Kammern zusammen kamen damit nur 8 Delegierte ohne sonstige berufspolitische Funktion. Obwohl in vielen Kammern immer wieder auf die Möglichkeit hingewiesen wird, Delegierte zu entsenden, die nicht zur Kammerversammlung gehören, findet dies also eher selten statt. Das gemäß ABDA-Satzung angestrebte ausgewogene Verhältnis zwischen Selbstständigen und Angestellten wurde im Jahr 2015 gut getroffen. Unter den 209 Kammer­delegierten waren 106 Nicht-Selbstständige.

Fazit für Kammern

Trotz der Vielzahl von Unterschieden in Details zeichnen sich damit drei grundsätzliche Konzepte ab, wie die Kammern ihre Delegierten zum Deutschen Apothekertag wählen. Dabei verfolgt der Süden eine einheitliche Grundidee. Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland geben den Kammervorständen und nötigenfalls weiteren berufspolitisch etablierten Gruppen einen klaren Vorrang. In Nordrhein, Westfalen-Lippe und Berlin übernehmen die politischen Listen die Delegiertenauswahl. In den übrigen Ländern gibt es dagegen nicht so feste Vorgaben. Meistens sind dort die Vorschläge in der Kammerversammlung entscheidend, wobei Einsteiger in die Berufspolitik dort tendenziell größere Chancen auf einen Platz als Delegierte haben dürften als in den zuvor genannten Ländern.

Regeln der Verbände

Weniger Varianten gibt es bei der Delegiertenauswahl der Verbände. In den meisten Ländern begrenzt schon die geringe Zahl der Stimmen die Möglichkeiten zur Auswahl. Fragen nach Quoten für verschiedene Mitgliedergruppen erübrigen sich, weil dort naturgemäß nur Selbstständige vertreten sind. Während dies bei den Kammern nur für den Süden Deutschlands gilt, dominieren bei fast allen Verbänden die Vorstände unter den Delegierten. So entsenden beispielsweise die Verbände Rheinland-Pfalz und Sachsen automatisch jeweils ihren gesamten Vorstand, wobei der Vorstand aus Sachsen sich auf vier Stimmberechtigte verständigen muss. Der Verband Saarland schickt zwei Vorstandsmitglieder zum Deutschen Apothekertag. Der Verband Bayern entsendet den Vorstand und diejenigen unter den zehn Bezirksvorsitzenden, die nicht ohnehin Vorstandsmitglieder sind. In den Jahren 2014 und 2015 ergab dies jeweils zehn Delegierte. Der Verband hatte allerdings jeweils 23 Stimmen. Im Verband Baden-Württemberg sind die Vorstandsmitglieder als Delegierte gesetzt. Weitere Delegierte werden im Beirat ­gewählt. Doch hat der Verband Baden-Württemberg dabei in den beiden vorigen Jahren nur jeweils etwa die Hälfte der möglichen Delegierten entsandt.

Andere große Verbände schöpfen ihre maximale Delegiertenzahl dagegen mehr aus. So schickt der Verband Nordrhein seinen gesamten Beirat zum Deutschen Apothekertag. Der Verband Westfalen-Lippe rekrutiert seine Delegierten aus dem Kreis des Vorstands und des Beirats. Letzterer umfasst die Vorsitzenden der Bezirksgruppen und deren Stellvertreter. Die Vertreter der Bezirke werden turnusmäßig gefragt, ob sie als Delegierte am Deutschen Apothekertag teilnehmen wollen und dann nominiert.

In Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen wählt der Vorstand jeweils die Delegierten. Dadurch werden zwar überwiegend, aber nicht zwangsläufig nur Vorstandsmitglieder entsandt. Bei dieser Variante liegt die Entscheidung also ebenfalls beim Vorstand, aber dessen Dominanz ist gegenüber den zuvor genannten Verbänden abgemildert. Im Gegensatz dazu entscheidet beim Verband Niedersachsen satzungsgemäß die Delegiertenversammlung, wer die Stimmen beim Deutschen Apothekertag wahrnimmt. Dabei hat der Verband Niedersachsen die mögliche Delegiertenzahl in den Jahren 2014 und 2015 nicht ausgeschöpft.

Fazit für Verbände

So gibt es bei der Delegiertenauswahl der Verbände einige unterschiedliche Nuancen hinsichtlich der Ausschöpfung der Delegiertenzahl und der Stellung des Vorstands, aber insgesamt einen starken Trend, Vorstände und Beiräte als Delegierte zu entsenden. Auch die formale Verantwortung für die Entscheidung über die Delegierten liegt in den meisten Verbänden beim Vorstand. Die Einflussmöglichkeiten der einzelnen Mitglieder auf diese Entscheidung sind damit tendenziell geringer als bei den Kammern. Im Ergebnis hat dies beim Deutschen Apothekertag 2015 dazu geführt, dass unter den 106 Verbandsdelegierten 71 Vorsitzende oder ­übrige Vorstandsmitglieder, 26 Beiratsmitglieder und nur neun sonstige Delegierte waren.

Ideen hinter den Konzepten

Der große Anteil der berufspolitisch Etablierten unter den Delegierten erscheint in vieler Hinsicht konsequent. Die Befürworter einer solchen Praxis argumentieren, dass verantwortungsvolle Entscheidungen fundiertes Hintergrundwissen erfordern. Umgekehrt benötigen die Entscheidungsträger auf Landesebene für ihre Arbeit die Erfahrungen aus dem Meinungsaustausch in der Delegiertenversammlung. Dagegen wird allerdings angeführt, dass interessierte Berufsanfänger als Delegierte beim Deutschen Apothekertag den besten Einblick in die Berufspolitik erhalten. Außerdem können damit Gruppen der Apothekerschaft repräsentiert werden, die in den Vorständen der Berufsorganisationen nicht vertreten sind. Möglicherweise kann der Blick auf die Varianten in anderen Bundesländern zu neuen kreativen Konzepten führen. |

Autor

Dr. Thomas Müller-Bohn ist Apotheker und Diplom-Kaufmann. Er ist externes Redaktionsmitglied der DAZ.

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