Arzneimittel und Therapie

Zwei Antikörper gegen das multiple Myelom

Elotuzumab und Daratumumab verzögern den Krankheitsprogress

Mit dem CD38-Antikörper Daratumumab und dem monoklonalen IgG1-Antikörper Elotuzumab stehen zwei neue Optionen zur Therapie des vorbehandelten multiplen Myeloms zur Verfügung. Beide Wirkstoffe werden im fortgeschrittenen Stadium eingesetzt und verlang­samen den Krankheitsverlauf.

Elotuzumab

Elotuzumab (Empliciti®) ist ein immunaktivierender, humanisierter, ­monoklonaler IgG1-Antikörper, der sich gegen den Oberflächenmarker SLAMF7 (Signaling Lymphocyte Activation Molecule Family Member 7) richtet, der auf der Oberfläche von Myelomzellen exprimiert wird. SLAMF7 wird unter anderem auch auf natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) exprimiert. Elotuzumab aktiviert direkt die NK-Zellen und über den Fc-Rezeptor, der die Anti-Myelom-­Aktivität verstärkt. Elotuzumab bindet ebenfalls an SLAMF7 der Tumorzellen und erleichtert so die Interaktion mit NK-Zellen, um die Elimination der Myelomzellen durch antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität zu vermitteln. Der Wirkmechanismus basiert also auf einer durch NK-Zellen vermittelten Zellschädigung.

Abb. 1: Elotuzumab bindet an das Glykoprotein SLAMF7 (Signaling Lymphocytic Activation Molecule Family Member 7), das auf Killerzellen (NK-Zellen) und Myelomzellen gleichermaßen lokalisiert ist. Als dualer Immunmodulator aktiviert Elotuzumab Killerzellen und markiert Myelomzellen, die dadurch zum Angriffsziel von Killerzellen werden.

Die Zulassung von Elotuzumab beruht auf den Daten der Phase-III-Studie ELOQUENT-2 mit 646 refraktären Patienten, bei der die Dreierkombination Elotuzumab, Lenalidomid und Dexamethason mit der Zweierkombination Lenalidomid und Dexamethason verglichen wurde. Primäre Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben und die Gesamtansprechrate. Die Ergänzung von Elotuzumab zur Kombination aus Lenalidomid und Dexamethason verlangsamte die Krankheitsprogression. Der Anteil der Patienten, die nach ein und zwei Jahren progressionsfrei waren, lag unter der Dreierkombination höher als unter der Zweierkombination (nach einem Jahr 68% vs. 57%, nach zwei Jahren 41% vs. 27%). Das mediane progressionsfreie Überleben konnte durch die Hinzunahme von Elotuzumab um 4,5 Monate verlängert werden (19,4 Monate vs. 14,9 Monate). Die Gesamtansprechrate lag unter der Elotuzumab-haltigen Therapie ebenfalls höher als unter der Zweierkombina­tion. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Infusionsreaktionen, Durchfall, Husten, Herpes-zoster-Infektionen, Nasopharyngitis, Lungenentzündung, Infektionen der oberen Atemwege, Lymphopenie und Gewichtsverlust.

Elotuzumab ist in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason zur Behandlung des multiplen Myeloms bei Erwachsenen indiziert, die mindestens eine vorangegangene Therapie erhalten haben.

Das multiple Myelom und seine Folgen

Foto: Plasmazellen. CNRI/SPL/Agentur Focus

Das multiple Myelom ist eine malig­ne Erkrankung des Knochenmarks, die zu den B‑Zell-Non-Hodgkin-Lymphomen gerechnet wird. Als Hauptmerkmal zeigt sich eine pathologische Vermehrung von Plasmazellen, die wiederum eine überschießende Produktion von Immunglobulinen zur Folge hat. Klinisch betroffen sind vor allem die Knochen und die Nieren, der Verlauf ist individuell sehr unterschiedlich. In etwa 15% der Fälle geht das multiple Myelom mit einer sogenannten AL-Amyloidose einher, bei der sich fehlerhafte Proteine in Form von kleinen Fasern im Zwischenzellraum anreichern und kardiale, gastrointestinale und neurologische Störungen bedingen. Das multiple Myelom kann nicht geheilt werden. Therapeutische Ziele sind eine partielle Remission und eine verlängerte progressionsfreie Überlebenszeit.

Zum Weiterlesen: Plasmazellen außer Kontrollevon Clemens Bilharz, DAZ 2015, Nr. 52, S. 24

Daratumumab

Daratumumab (Darzalex®) ist ein humaner monoklonaler IgG1κ-Antikörper, der an das CD38-Protein bindet, das in hoher Konzentration auf der Oberfläche der Tumorzellen des multiplen Myeloms sowie in unterschiedlichen Konzentrationen auf anderen Zelltypen und Geweben exprimiert wird. In der Folge induziert Daratumumab durch Aktivierung der körpereigenen komplementabhängigen und antikörperabhängigen zellvermittelten Zytotoxizität sowie der antikörperabhängigen zellulären Phagozytose die Lyse von Krebszellen, es kommt also zum immunvermittelten Tumorzelltod. Neben der selektiv zytotoxischen Wirkung zeigen sich Auswirkungen der Daratumumab-­vermittelten Zelllyse auf einen Teil der myeloiden Suppressorzellen sowie der regulatorischen T- und B-Zellen.

Abb. 2: Daratumumab richtet sich gegen das transmembranäre Glykoprotein CD38, das auf Myelomzellen überexprimiert wird. Durch Bindung von Daratumumab an diesen Rezeptor werden Myelomzellen auf unterschiedlichen Wegen zerstört: antikörpervermittelt über Makrophagen, Monozyten oder natürliche Killerzellen (NK-Zellen), komplementvermittelt und durch Induzierung der Apoptose.

Grundlage für die Zulassung von Daratumumab waren die Phase-I/II-Studie GEN501 und die Phase-II-Studie SIRIUS mit insgesamt 196 Patienten, deren Erkrankung nach mindestens zwei vorausgehenden Behandlungen wieder aufgetreten war oder nicht ­angesprochen hatte. Die Gesamtansprechrate betrug 29% der mit Daratumumab behandelten Patienten in der SIRIUS-Studie und 36% in der GEN501-Studie. Die kombinierte Analyse beider Studien ergab eine Gesamtansprechrate von 31%. Das geschätzte mediane Gesamtüberleben betrug 20,1 Monate. Die Therapie mit Daratumumab wurde in der Regel gut vertragen. Sehr häufige und häufige Nebenwirkungen waren infusionsbedingte Reaktionen wie Atembeschwerden, Husten, laufende oder verstopfte Nase und Schüttelfrost, ferner traten Müdigkeit, Fieber, Nausea, Rückenschmerzen, Infektionen der oberen Atemwege, Anämien, Neutropenien und Thrombozytopenien auf.

Daratumumab ist indiziert als Monotherapie für die Behandlung erwachsener Patienten mit rezidiviertem und refraktärem multiplen Myelom, die bereits mit einem Proteasom-Inhibitor und einem Immunmodulator behandelt wurden, und die während der letzten Therapie eine Krankheits­progression zeigten. |

Quelle

Fachinformation Darzalex®; Stand Juni 2016

Fachinformation Empliciti®; Stand Mai 2016

Lonial S et al. Daratumumab monotherapy in patients with treatment-refractory multiple myeloma (SIRIUS): an open-label, randomised, phase 2 trial. Lancet 2016;387:1551-1560

Wang Y et al. Elotuzumab for the treatment of multiple myeloma. Journal of Hemato­logy & Oncology 2016;9:55

Naymagon L et al. Novel agents in the treatment of multiple myeloma: a review about the future. Journal of Hematology & Onco­logy 2016;9:52

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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