Die Seite 3

Bearbeitet und begraben

Foto: DAZ/Kahrmann

Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

Es ist eine deprimierende Bilanz, die Thomas Müller-Bohn zum Bearbeitungsstand der Apothekertagsanträge zieht: 42 Arbeitsaufträge haben die Delegierten ihrer Standesvertretung aufgegeben – nicht ein einziger kann heute, fast ein dreiviertel Jahr später, als erledigt bezeichnet werden (s. „Wo sind sie geblieben?“, S. 20 dieser DAZ). Bei zwei Drittel der Anträge konstatiert Müller-Bohn, dass die bisherige Bearbeitung kaum ein, kein erkennbares oder schlicht gar kein Ergebnis gebracht habe – oder die Verfolgung des Antrags aufgegeben wurde.

Nun muss man der Fairness halber sagen, dass etliche Anträge auch eine Resolution hätten werden können, vielleicht sogar hätten sein sollen. Etwa wenn „die Ärzteschaft“ aufgefordert wird, besser mit den Apothekern zusammenzuarbeiten oder der GKV-Spitzenverband, die Apotheker in ihrem Leitfaden Prävention zu berücksichtigen. Wie soll die ABDA solche Anträge umsetzen? Mehr, als den Adressaten die Forderungen mitzuteilen, kann sie schwerlich tun.

Doch bei anderen Anträgen ist das anders. Sie formulieren beispielsweise, welche Forderungen die Organisationen der Apothekerschaft gegenüber dem Gesetzgeber oder anderen Institutionen im Gesundheitswesen vertreten sollen oder welche Ergebnisse bei zukünftigen Verhandlungen anzustreben sind. Teilweise erteilen sie auch ganz konkrete Arbeitsaufträge.

Doch wie die Beschlüsse der „Hauptversammlung der deutschen Apotheker“ wirklich umgesetzt werden, ist oft nur schwer nachzuvollziehen. Manche Themen, über die die Delegierten leidenschaftlich gestritten haben, spielen anschließend zumindest keine öffentlich wahrnehmbare Rolle mehr. Und die oft besonders kontroversen Themen, die „an den Ausschuss verwiesen“ werden, werden damit eher still und leise „beerdigt“, als dass sie von Experten in einer Arbeitsgruppe intensiv diskutiert und im nächsten Jahr den Delegierten zu einer fundierteren Entscheidung vorgelegt würden.

Dazu kommt, dass die Ergebnisse aller Umsetzungsbemühungen nur der ABDA-Mitgliederversammlung berichtet werden. Ob und wie die Mitgliedsorganisationen diese Informationen in ihrem Bezirk weitergeben, bleibt ihnen überlassen – Fakt ist, dass es keine öffentliche Stellungnahme dazu gibt, weder auf dem Apothekertag noch in einer anderen Form.

Dass sich nicht nur „einfache Apotheker“, sondern auch Apothekertagsdelegierte und Vertreter von Berufsorganisationen nicht ausreichend informiert fühlen, zeigt ein Antrag des Hessischen Apothekerverbands aus dem letzten Jahr: Um eine transparente Bearbeitung der Anträge sicherzustellen, solle diese im Internet dokumentiert werden. Der Antrag wurde nach langer Debatte nur ganz knapp abgelehnt – zur sichtbaren Erleichterung der haupt- und ehrenamtlichen Funktionäre auf dem Podium.

So bleibt das ungute Gefühl, dass die Hauptversammlung der Apotheker von der oft zitierten Funktion eines „Apothekerparlaments“ weit entfernt ist. Nicht nur, dass sie weder ein Haushalts- noch ein Wahlrecht besitzt, es bleibt auch zu oft unklar, ob ihre Beschlüsse wirklich mit Nachdruck vertreten werden.

Dr. Benjamin Wessinger


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