Arzneimittel und Therapie

Pflanzlich gegen Hitzewallungen und Co.

Zur Evidenzlage von Agnus castus, Cimicifuga, Rhapontikrhabarberwurzel, Soja und Rotklee

Beschwerden im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus, wie Regeltempoanomalien, Mastodynie oder das prämenstruelle Syndrom (PMS), werden, genauso wie die verschiedenen Beschwerden in den Wechseljahren, von Außenstehenden vielfach gerne als Befindlichkeitsstörungen angesehen. Die betroffenen Frauen leiden allerdings häufig stark unter den entsprechenden Symptomen und suchen nach gut verträglichen Behandlungsmöglichkeiten. Im Folgenden sollen einige Alternativen aus dem Bereich der Phytotherapie kurz vorgestellt werden.

Frauen, die unter dem prämenstruellen Syndrom leiden, können eine Reihe unterschiedlicher Symptome entwickeln, so dass verschiedene Subgruppen unterschieden werden. Symptome wie Angst, Depressionen, Gewichtszunahme, Ödemneigung, Palpitationen (Herzklopfen bzw. -stolpern), Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit oder Masto­dynie setzen typischerweise ­regelmäßig kurz vor der Menstruationsblutung ein und klingen anschließend ab. Die genauen Ursachen des Beschwerdenkomplexes sind nicht bekannt, man spricht heute vielfach von einer psychoendokrinen Dysfunktion und beobachtet einen Zusammenhang mit veränderten Serotonin- und/oder Prolactin-Spiegeln.

Fotos: E. Schittenhelm; Emer; Igor; Carmenrieb – alle Fotolia.com

Alternative Mönchspfeffer?

Als phytotherapeutische Therapieoption bieten sich Extrakte aus Mönchspfefferfrüchten (Vitex agnus-castus) an, eine Möglichkeit, auf die z. B. auch der Berufsverband der Frauenärzte hinweist. Zur Wirksamkeit gibt es einige kleinere klinische Studien, wobei allerdings unterschiedliche Extrakte untersucht wurden. So gibt es z. B. für den Extrakt Ze 440 (60% Ethanol m/m, DEV 6 bis 12 : 1) mehrere Untersuchungen, in denen bei einer Dosis von 20 mg/Tag eine Überlegenheit gegenüber Placebo gezeigt werden konnte. Weitere Studien wurden mit den Präparaten Agnolyt® und Mastodynon® (homöopathisches Kombinationspräparat) durchgeführt. In Deutschland auf dem Markt befindliche Monopräparate enthalten üblicherweise 4 mg eines 50 bis 70%-igen ethanolischen Extraktes (z. B. Agnolyt®, Agnucaston®, Castufemin®, Cefanorm®, Femicur®), es sind Tabletten, Kapseln und auch Tropfen erhältlich. Die Therapie mit einer Tablette bzw. Kapsel am Tag sollte mindestens über drei Monatszyklen durchgeführt werden, um das Ansprechen beurteilen zu können. Gegen eine längere Behandlung bestehen keine Bedenken. Eine Einnahme während Schwangerschaft und Stillzeit sollte nicht erfolgen (möglicherweise negativer Einfluss auf die Milchbildung). Nebenwirkungen sind im Allgemeinen milde, es können aber Überempfindlichkeitsreaktionen mit Hautausschlag, Gesichtsschwellungen und Atemnot auftreten, die ein sofortiges Absetzen des Arzneimittels erfordern.

Alternative Cimicifuga?

In der 5. Lebensdekade lassen die Ovarialfunktionen der Frau langsam nach, was zu Symptomen im neurovegetativen, psychischen und somatischen Bereich führt. Häufig klagen betroffene Frauen über Hitzewallungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, genitale Atrophie und Funktionsstörungen im Bereich der Harnwege. Zur Behandlung klimakterischer Beschwerden können laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Östrogene, Östrogen/Gestagen-Kombinationen und Tibolon eingesetzt werden, wobei wegen der bekannten Nebenwirkungen einer derartigen Hormontherapie eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen muss. Eine Alternative, insbesondere bei leichteren Hitzewallungen, können Extrakte aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze (Cimicifuga ­racemosa) darstellen. Hier existiert ­inzwischen eine ganze Reihe von ­kleineren Studien, die in der Mehrheit zumindest eine geringfügige Überlegenheit gegenüber Placebo zeigen. Problematisch ist wiederum die große Heterogenität der Studien, u. a. bedingt durch den Einsatz unterschied­licher Extrakte (ethanolisch, isopropanolisch), so dass die Autoren eines Cochrane Reviews von 2012 schlussfolgern, dass für eine eindeutige Empfehlung weitere Untersuchungen er­forderlich sind.

Die auf dem deutschen Markt befind­lichen Präparate enthalten entweder isopropanolische (Remifemin®) oder ethanolische (z. B. Klimadynon®, Feminon®C, Natu-fem®) Trocken­extrakte und sollen je nach Dosierung des Extraktes ein- bis zweimal täglich eingenommen werden. Auch wenn es aus klinischen und tierexperimentellen Studien bisher keine Hinweise auf eine direkte östrogene Wirkung und somit auf eine Stimulation des Wachstums hormonabhängiger Tumore gibt, sollten entsprechende Präparate sicherheitshalber nicht bei Brustkrebspatientinnen eingesetzt werden. Nebenwirkungen treten selten auf und betreffen dann meist den Gastrointestinaltrakt, es sind aber auch Überempfindlichkeitsreaktionen möglich, bei deren Auftreten das Präparat abgesetzt werden muss. Berichte über Leberschäden nach der Einnahme von Cimicifuga-haltigen Präparaten sollten zu einer erhöhten Aufmerksamkeit hinsichtlich der Leberfunktion führen, wobei allerdings ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Einnahme der Präparate und den beobachteten Schädigungen bisher nicht nachge­wiesen werden konnte.

Alternative Rheum rhaponticum?

Mit femi-loges®Tabletten befindet sich ein weiteres Phytopharmakon zur Behandlung klimakterischer Beschwerden auf dem deutschen Markt. Es enthält einen Trockenextrakt aus der Rhapontikrhabarber-Wurzel (Rheum rhaponticum), dessen Effektivität in wenigen kleinen Studien gezeigt wurde. Kontraindikationen und Nebenwirkungen ähneln denen von Cimicifuga-haltigen Präparaten. Da die Tabletten magensaftresistent überzogen sind, sollte die Einnahme nüchtern und nicht zusammen mit Antazida erfolgen, um ein vorzeitiges Auflösen des Überzuges zu verhindern.

NEM mit Soja und Rotklee

Neben den angesprochenen Phytopharmaka gibt es auf dem Markt eine Reihe von Nahrungsergänzungsmitteln, die Extrakte aus Soja oder Rotklee enthalten, und ebenfalls zur ­Linderung von klimakterischen Beschwerden dienen sollen. Die in den Extrakten enthaltenen Isoflavone besitzen eine schwache östrogene Aktivität, die für die Wirkung verantwortlich sein soll. Die Studienlage ist allerdings bisher so uneinheitlich, dass für derartige Präparate keine abschließende Bewertung möglich ist. Zwar hat die EFSA (European Food Safety Authority) kürzlich in einem Gutachten festgestellt, dass bei einer Einnahme von Isoflavonen/Extrakten aus Soja von bis zu 100 mg pro Tag bei einer Einnahmedauer von bis zu zehn Monaten und für Präparate aus Rotklee in Dosierungen von bis zu 43,5 mg Isoflavonen pro Tag bei einer Einnahmedauer von bis zu drei Monaten zumindest keine negativen Auswirkungen auf die Zielorgane weibliche Brustdrüse, Gebärmutter und Schilddrüse zu befürchten sind, über mögliche Langzeitfolgen von östrogenartig wirkenden pflanzlichen Sekundärstoffen ist allerdings immer noch zu wenig bekannt. Außerdem gelten die Aussagen des Gutachtens nur für gesunde Frauen in der Menopause und nicht für Risikogruppen (östrogenabhängige Krebserkrankung der Brustdrüse oder der Gebärmutter, aktuell oder in der Anamnese).

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass zur Linderung verschiedener gynäkologischer Symptome pflanzliche Präparate zur Verfügung stehen, für die in klinischen Studien eine Wirksamkeit gezeigt werden konnte, wobei die Evidenz allerdings aufgrund der Studienqualität und existierender widersprüchlicher Ergebnisse als eher gering einzustufen ist. Dennoch können Behandlungsversuche insbesondere bei leichteren klimakterischen Beschwerden und beim prämenstruellen Syndrom sinnvoll sein. |

Quelle

Schellenberg R et al. Dose-dependent efficacy of the Vitex agnus castus extract Ze 440 in patients suffering from premenstrual syndrome. Phytomedicine 2012;19:1325-1331

Drewe J et al. A systematic review of non-hormonal treatments of vasomotor symptoms in climacteric and cancer patients. SpringerPlus 2015;4:65-94

Leach MJ, Moore V. Black cohosh (Cimicifuga spp.) for menopausal symptoms. Cochrane Database Systematic Reviews 2012;9:CD007244

Heger M et al. Efficacy and safety of a special extract of Rheum rhaponticum (ERr 731) in perimenopausal women with climacteric complaints: a 12-week randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Menopause 2006;13:744-759

European Food Safety Authority. Risk assessment for peri- and post-menopausal women taking food supplements containing isolated isoflavones. EFSA Journal 2015;13(10):4246, www.efsa.europa.eu/efsajournal

Apothekerin Priv.-Doz. Dr. Kristina ­Jenett-Siems

Zum Weiterlesen

Jenett-Siems K: Phytopharmaka bei Wechseljahresbeschwerden: Wie wirken Phytoestrogene?

DAZ 2013, Nr. 48 S. 42

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