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Wenn das Entgiftungsorgan selber vergiftet wird …
Große Fortbildung der Apothekerkammer Nordrhein über Leberkrankheiten
Für Leberschäden können Infektionen, Alkoholmissbrauch, aber auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen verantwortlich sein.
Hepatitis B und C
Prof. Dr. Jörg Petersen vom Leberzentrum in Hamburg informierte über aktuelle Behandlungsoptionen für Patienten mit Hepatitis B oder C. Dabei stellte er heraus, dass eine Diagnose der Hepatitis vor dem Auftreten einer Zirrhose das Leberkrebsrisiko deutlich senkt. Während Hepatitis B mit Entecavir und Tenofovir beherrschbar ist, kann Hepatitis C dank NS5A-Inhibitoren (z.B. Daclatasvir) und HCV-spezifischen Polymerasehemmern (z.B. Sofosbuvir) nebenwirkungsarm innerhalb weniger Wochen bei fast 100 Prozent der Patienten geheilt werden, wobei die Therapiekosten 65.000 bis 100.000 € betragen (s. DAZ 2014, Nr. 45, S. 34).
Neue Lipidsenker
Die Hypercholesterolämie ist ein bekannter Risikofaktor für KHK-Erkrankungen. Bei Patienten mit einer familiären (d.h. vererbten) Hypercholesterolämie ist deshalb bereits in jungen Jahren eine Absenkung des LDL-Spiegels um 50 Prozent notwendig, so Prof. Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen von der Charité in Berlin. Statine sind für sie die Arzneimittel der ersten Wahl. Jedoch vertragen fünf bis acht Prozent der Betroffenen Statine nicht, sodass sie mit anderen Cholesterolsenkern – Cholesterol-Resorptionshemmern, Gallensäurebindern und Nicotinsäure – therapiert werden müssen. Große Hoffnung wird in die neuen PCSK9-Antikörper wie Evolocumab gesetzt (s. DAZ 2014, Nr. 28, S. 27): Sie sollen insbesondere die Therapie und Lebensqualität von schwer kranken Patienten, die eine regelmäßige Apherese benötigen, verbessern.
Lebertoxische Arzneistoffe
Einige Arzneimittel, insbesondere Antibiotika, Antikonvulsiva, Schmerzmittel und Phytopharmaka, können lebertoxisch wirken. Jeder dritte Patient mit einer arzneimittelbedingten Lebertoxizität erleidet ein akutes Leberversagen und benötigt eine Lebertransplantation, um zu überleben. Leider, so Prof. Dr. Christian Strassburg von der Universitätsklinik Bonn, lässt sich nicht immer sofort ein Zusammenhang zwischen Leberschaden und Medikation herstellen. Bei idiosynkratischen Toxizitäten dauert es wegen der sich meist langsam entwickelnden Immunantwort Wochen bis Monate, bevor der Leberschaden diagnostiziert wird. Da die Häufigkeit von Lebertoxizitäten insgesamt nur bei 1:10.000 bis 1:100.000 liegt, sollte ein neu in Verkehr gebrachter Arzneistoff in den ersten beiden Jahren besonders sorgfältig beobachtet werden, um ein lebertoxisches Risiko zu entdecken und sein Ausmaß abschätzen zu können.
Dosierungen anpassen
Bei Patienten mit Leberschaden müssen die Dosierungen zahlreicher Arzneistoffe angepasst werden, denn bei ihnen ist meist die Durchblutung der Leber vermindert. Prof. Dr. Ulrich Jaehde von der Universität Bonn erläuterte, dass die typischen Leberfunktionswerte wie ALT und AST nicht zur Dosisfindung geeignet sind, sondern dass hierfür die Leberclearance und die Extraktionskoeffizienten benötigt werden. Arzneistoffe mit einem hohen Extraktionskoeffizienten (> 0,6), die überwiegend hepatisch eliminiert werden oder eine lange Halbwertszeit haben, sind bei Patienten mit fortgeschrittener Leberdysfunktion deutlich niedriger zu dosieren: Startdosis meist 25 Prozent und Erhaltungsdosis bis etwa 50 Prozent der üblichen Dosis.
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